vielen Dank schon einmal im Voraus für das Lesen meiner Zeilen. Ich erhoffe mir hiervon das Aufzeigen neuer Perspektiven... und gleich im Voraus: Wäre ich noch selbst in der Lage, mich an meine mir immer wieder selbst auferlegte Kontaktsperre zu halten, würde ich mich nicht hierher wenden. Mir fehlt es an der Durchhaltekraft, diese konsequent umzusetzen, was wohl wiederum meiner Hörigkeit geschuldet ist. Kontakt mit Ihm versetzt mich in einen rauschartigen Zustand. Fehlt er, fühle ich mich auf Entzug gesetzt. Innere Unruhe, manchmal Schlafstörungen, Aufgeriebenheit und zum Teil zitternde Hände, wenn bereits in Aussicht stand, dass es an jenem Tag keinen weiteren Kontakt geben wird, gehören mittlerweile zu den Reaktionen auf seine Handlungen.
Aber zurück zum Anfang: Vor ungefähr einem Dreivierteljahr lernte ich Ihn in einem Forum für Dominanz und Devotion kennen. Er war mehrere Jahrzehnte älter, was mich sofort ansprach, da ich schon seit meiner Jugend bemerkte, dass ich mit gleichaltrigen Freunden nicht viel anfangen konnte. Dafür ursächlich ist wohl mein Vaterkomplex... der sich mir in der Kindheit so gut wie gar nicht widmete. Zuvor kam ich aus einer neunjährigen Verbindung mit einem ebenfalls Jahrzehnte älteren Mann. Schon mit diesem geriet ich ab und an aneinander, weil er genau merkte, dass ich eben nicht nur den Freund und Liebhaber, sondern in ihm immer wieder eine Vaterfigur gesehen habe. Das Thema war sehr häufig ein Streitpunkt bei uns, weil ich an die (unterbewusste) Vaterprojizierung ziemlich engschnürende Ansprüche knüpfte. Meine ohnehin schon stark ausgeprägte Anlehnungsbedürftigkeit mündete in meiner Aufforderung, dass er niemals gehen solle (ähnlich eines „normalen“ Vaters, von dem sich das Kind irgendwann abnabelt, der aber immer zum Kind steht, wenn es Hilfe benötigt o.ä.). Jener Ex hat die Bindung beendet; daraufhin fiel ich in einen tiefen Abgrund, die intensiven Trauergefühle ließen selbst nach Monaten nicht nach – bis Er in mein Leben trat. Obwohl wir uns in diesem speziellen Forum kennenlernten, drehten sich die Gesprächsthemen längst nicht nur darum. Meine Besessenheit und meine Vaterfiguransprüche, glaube ich, übertrug sich von dem Ex auf ihn. Es waren vor allem die Gespräche, die mich mit Ihm begeistert und euphorisiert haben. Ich habe selbst gemerkt, dass ich immer wieder seine Nähe (im Rahmen von Mail- oder Telefonkontakt) suchte. Eine Beziehung stand nie zur Debatte. Mit Neugier, was er meiner devoten Veranlagung entlockt, tauchte ich weiter ein in seine Gedanken und ließ mich darüber hinaus emotional direkt auf ihn fixieren mit Schmeicheleien, dass er meine Zuneigung nicht ausnutze, wir Seelenverwandte seien. Allerdings wog ich mich in Sicherheit, mich nicht in ihn zu verlieben, weil er augenscheinlich von ein paar hin- und hergesandten Bildern so ganz und gar nicht meinem Typ Mann entsprach. In den werde ich mich niemals verlieben; der kann dir gefühlstechnisch wenig anhaben, dachte ich noch so bei mir. Nun, die Gespräche häuften sich. In dieser Zeit lernte ich einen liebenswürdigen, charmanten, aber auch sehr schnell jähzornig werdenden Mann kennen. Ein Beispiel für letzteren: Wir haben verabredet, dass ich um eine bestimmte Uhrzeit anrufe... ich war früher mit meiner Arbeit fertig, rief ihn etwa fünf Minuten vor der Zeit an. Ergebnis war eine verbale Abreibung. Entschuldigt hat er sich im Nachhinein nie, gleichwohl er beim einem Telefonat eingestand, vielleicht etwas überreagiert zu haben.
Nicht nur diese, sondern auch andere Situationen, in die ich mit ihm immer wieder geraten bin, haben mich zu Recherchen über Soziopathen getrieben. Erschreckend viele der dort aufgezählten Eigenschaften treffen auf ihn zu. Für mich zumindest trägt er Züge derselben. Das, was und vor allem WIE er es sagt, sind in ihrer beabsichtigten Wirkungsweise sehr wohl genauestens durchdacht. Sehr wohl habe ich es bemerkt, als er am Anfang noch sein Talent zum Umgarnen eingesetzt hat. Da das aber seit etwa einem Jahr der allererste Mann wieder war, der mich fasziniert hat, habe ich mitgespielt und rutschte so immer weiter in den Sog. Ich genoss diese Aufmerksamkeit und die teils väterlichen Attitüden.
Entfernungstechnisch trennen uns knapp 400 km. Bis dato haben wir uns nicht gesehen, lediglich via C2C. Eine offizielle Beziehung war es zu keinem Zeitpunkt, obwohl ich davon überzeugt bin, dass er alles daran gesetzt, mich in sich verliebt zu machen - nur, um seine seelensadistischen Spielchen mit mir abzuziehen. Beispielsweise bin ich ein sehr gefühlsbetonter Mensch. So ich jemanden mag, äußere ich das natürlich auch. Er entgegnet in nahezu 95 Prozent der Fälle nichts Gleichwertiges, vielmehr aber etwas Themenfremdes darauf. Nachfragen schmettert er mit einem charmanten Lächeln und der Bemerkung, das müsse er sich noch überlegen, ab. Er sagt es genau dann, wenn wir uns grundsätzlich nicht mehr im D/s-Spiel befinden und auf die vermeintliche Freundschaftsebene gewechselt sind. Seine Begründung dafür lautet, dass er eben nicht so offen über seine Gefühle sprechen könne. Ich frage mich dann immer, ob er überhaupt positive Gefühle für jemand anderen außer sich selbst entwickeln kann. Vor einigen Wochen hat er mir eiskalt an den Kopf geworfen, dass ich mich mit ihm nur auf der D/s-Ebene bewege, weil ich in ihn verliebt sei. Erschrocken hat mich daran tatsächlich am meisten die Eiseskälte, mit der er das geäußert hat - so, als spräche er gerade über den Kauf eines Tischdeckchensets.
Zusätzlich besteht ein „Informationsungleichgewicht“ zwischen uns: Er kennt meine Daten, auch das Unternehmen, für das ich arbeite. Ich kenne seinen Vornamen und noch einige irrelevante Daten. Seine Begründung: Er gebe nicht gern seine Daten preis. Er hat auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er ein Schürzenjäger ist und meinetwegen seinen Drang, seine Wünsche und Neigungen real mit Frauen auszuleben, nicht unterdrücken würde. Das, was sich zwischen uns abspiele, sei eben geistiger Natur. „Kopf-/Seelen-F...“ nannte er das. Auch das Wildern in seinen heimischen Gefilden hat mich – zunächst – nicht gestört. Erst seit mehreren Monaten bin ich eifersüchtig. Ist er abends nicht zu erreichen, spielt sich das ganze Gedankenkarussell „Er-eine Frau-oder doch mehrere“ ab. Diese Empfindung gipfelte in seiner Aussage vor ein paar Tagen, dass er die Bettgenossin, die nach seiner Meinung lediglich als „Objekt“ diene, sich „in ihr auszutoben“, und zu der er immer führe, „lieb habe“. Im vorangegangenen doch ernsthaften Gespräch fragte ich ihn schon reflexartig, ob er mich möge. Dieser Fragebeantwortung hat er sich erneut entzogen, deshalb stellte ich diese Folgefrage. Seine Antwort zerriss mir das Herz.
Er stellt mich in eine Ecke, unterbindet tagelang den Kontakt; ich will von ihm weggehen, aber schon bei seiner nächsten Nachricht würde ich bestimmt wieder parat stehen - und zwar mit freudigem, erwartungsfrohem Blick. Wie kann ich diesem Teufelskreis entkommen?
23.05.2015 14:37 • • 28.04.2018 #1