Zitat von Leviathan:Zitat:Und auch bei chronischer Suizidalität könnte es doch sein, dass es an der richtigen Hilfe fehlt und dem Betroffenen krankheitsbedingt (ohne das als Wertung zu verstehen) der Blick dafür verstellt ist.
Kommt es da nicht auch auf die Gründe an ?
Jemand der alles erlebt hat was er erleben wollte sagt sich wenn es am schönsten ist soll man gehen. Er schmeist noch ne Party um von allen Abschied nehmen zu können und will danach gehen.
Ist der auch krank nur weil er über sein Ende selbst bestimmen und vielleicht verhindern will irgendwann mal von anderen abhängig zu sein was für ihn unerträglich wär ?
Soll er ein für ihn unerträgliches Leben führen nur weil andere es so wollen ?
Ob man krank ist, hängt primär davon ab, ob man selbst unter dem
leidet, was anderen als krank erscheinen könnte. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Suizidgedanken
nicht mit ausgeprägtem Leid einhergehen... Es ist ja weit verbreitet, die mögliche Abhängigkeit durch Alter und Krankheit zu fürchten und viele Menschen haben deswegen entsprechende Patientenverfügungen. Bei unheilbaren körperlichen Leiden gibt es außerdem im benachbarten Ausland die Möglichkeit der Sterbehilfe. Das alles hat aber mit einer psychisch bedingten chronischen Suizidalität nichts zu tun, denn da muss man zumindest einkalkulieren, dass der Wunsch zu sterben nichts anderes als das Symptom einer Krankheit ist, die eben nicht unheilbar sein muss.
Und nein, ich finde es nicht so ganz gesund, wenn Abhängigkeit in jeder Form völlig unerträglich ist, wenn man sich gar nicht vorstellen kann, sich anderen Menschen ein Stück weit anzuvertrauen. Das scheint mir ebenso krank wie das andere Extrem, die völlige Abhängigkeit. Aber krank oder nicht, es erscheint mir legitim, eine solche Angst vor Abhängigkeit zum Lebensende hin nicht bearbeiten zu wollen, sondern sie gar nicht entstehen zu lassen. Einer meiner Dozenten hat mal erzählt, er wisse ganz genau, wie er sterben wolle: Mit dem Schalter für die Elektrode, die sein Glückszentrum im Hirn stimuliert, in der einen Hand und in der anderen Hand ein Glas Rotwein. Aber ein solches Szenario lässt sich kaum einrichten, und ein zufriedener Selbstmörder, der auf sein erfülltes Leben zurückblickt und geht, wenn es am schönsten ist, scheint mir auch sehr unrealistisch.
Zitat von Leviathan:Alle wollen das ich Rücksicht auf sie und ihre Gefühle nehme aber was ist mit mir und meinen Gefühlen ?
Es ist ein Dilemma. Laut Gesetz und sicher auch entsprechend einem allgemeinen ethischen Empfinden geht die Freiheit des Einzelnen zur Selbstverwirklichung nur so weit, wie andere dadurch nicht eingeschränkt bzw. geschädigt werden. Bringst du dich um, verletzt du andere, tust du es ihnen zuliebe nicht, fühlst du dich im Leben gefangen. Das wird sich nicht lösen lassen und egal, wie du dich entscheidest, du wirst immer einen Preis dafür zahlen. Die Hoffnung, dass deine Entscheidung für den Selbstmord akzeptiert würde, ist m.E. der Versuch, diesen Preis runterzuhandeln - von du wirst anderen dadurch Leid zufügen zu es ist deine Entscheidung über dein Leben und das wiegt in jedem Fall schwerer als das Leid anderer. Das kann aber niemand objektiv beurteilen. Vielleicht ist deine Tochter der Ansicht, dass du am Leben mehr leidest als sie unter deinem Selbstmord leiden würde, und kann deine Entscheidung deshalb akzeptieren. Es kann auch niemand beurteilen, ob es dir nicht doch möglich wäre, deine Suizidalität zu bearbeiten und dadurch zu lindern oder gar zu heilen. Wenn du das nicht willst, ist das natürlich wiederum deine Entscheidung, aber sie katapultiert dich direkt in das oben beschriebene Dilemma und verschärft es noch. Deine Entscheidungen werden immer andere Menschen berühren und Konsequenzen für sie haben.
Liebe Grüße
Christina