Hallo Lovis20,
ich habe deinen Beitrag schon vor Monaten gefunden, konnte mich aber nicht überwinden zu antworten. Das schreiben dieser Sätze fällt mir schwer. Dein Beitrag ist schon fast ein Jahr her, aber vielleicht liest du das hier trotzdem, oder jemand anderes, der/die (leider) ähnliches erlebt hat.
Zur ersten Zeile deines Textes, ja ich kenne ähnliches. Also wirklich ähnlich. (Bei mir war es auch ein Mitschüler und teilweise überschneidet sich das was du beschreibst genau mit dem wie es bei mir war.)
Zu Lehrkräften bin ich deswegen nicht gegangen. Zum einen weil sie schon gegen das massive Mobbing (dem ich ausgesetzt war) kaum bis nichts gemacht haben (oder es verschlimmert haben). Zum andere habe ich damals einfach nicht überrissen, was eigentlich gerade passiert.
Aufgehört hat es, als ich aufgehört habe zur Schule zu gehen. Mir ging es so schlecht, dass ich dazu nicht mehr in der Lage war.
Erst als ich mehrere Jahre aus der Schule draußen war (meine Psychologin hat mir erklärt, dass ich mich inzwischen in einem sicheren Umfeld befinde) war es mir möglich meinen Eltern davon zu erzählen.
Darauffolgend wurde mir eine PTBS diagnostiziert.
Ich habe Therapie, war wegen der PTBS in einer Klinik und stehe auf mehreren Wartelisten für Therapieangebote.
Die Diagnose habe ich schnell akzeptiert, aber dass das was (ich schreibe hier bewusst was mir angetan wurde und nicht was mir passiert ist) mir angetan wurde schlimm ist (ich möchte sein soll schreiben), das zu realisieren und akzeptieren tue ich mich immmer noch schwer. Ich habe aber festgestellt, dass ich es bei einer anderen Person schlimm finden würde, bei mir selber aber nicht so. Obwohl ich auf logischer Eben weiß, dass es so ist (beides schlimm).
Es hätte ja schlimmer sein können (wobei das logisch in Richtung Er hat mit nur einen Arm abgeschnitten, er hätte mir auch beide oder noch mehr abschneiden können geht).
Manchmal denke ich mir so vielleicht war ja gar nichts und ich bilde mir alles nur ein aber kurz darauf werden bei mir durch irgendwas (z. B. ein bestimmtes Wort auf einem Werbeplakat, das mal der WhatsApp Status des erwähnten Mitschülers war) Trigger ausgelöst.
Ich war bei einer echt guten Anwältin, die auf Sexualstrafrecht spezialisiert ist und zusätzlich noch eine Traumaausbildung hat. Sie hat mir erklärt, wie eine Anzeige ablaufen würde etc. In meinem Fall hat sie mir geraten mir gut zu überlegen, ob ich ihn anzeigen möchte. es ist davon auszugehen, dass es bei mir zu einer Retraumatisierung kommen würde.
Und wenn ich mir meine Vorgeschichte (Suizidalität wegen massivem Mobbing in Kombi mit aktivem Weg schauen der Lehrkräfte plus noch ein paar andere Dinge die vorgefallen sind) so anschaue, weiß ich, dass ich das höchst wahrscheinlich nicht überleben würde.
Es tut gut zu wissen, dass ich ihn theoretisch anzeigen könnte (die Fristen sind noch lang genug), aber der Preis dafür...
Es gibt in meinem Leben mehrere Dinge und Menschen, die mich glücklich machen (würden wenn das was in der Schule passiert ist mir nicht täglich dazwischenfunken würde) (z.B. mein Studium), aber ehrlich gesagt ist meine Lebensqualität miserabel.
Ich habe seit Jahren fast jede Nacht massivste Albträume, deshalb Angst vor dem Einschlafen, Angst vor alltäglichen Dingen, bin unter Dauerstress und verschiedenste körperliche Symptome.
Für mein Umfeld bin ich eine starke Belastung, sowohl nervlich, als auch finanziell (Therapiekosten, Spritkosten weil ich oft nicht in der Lage bin den ÖPNV zu nutzen (Trigger lassen grüßen), verschiedenstes anderes. Ich habe das mal versucht auszurechnen, das war echt erschreckend).
Meine (zum Glück ehemalige) Schule ist darüber informiert, was damals passiert ist. Zusammenfassend würde ich sagen: Hm...sie hätten noch schlechter reagieren können? (= Negativbeispiel, so richtig (das so richtig ist hier als Verdeutlichung der Beschreibung gedacht))
Ich fühle mich oft (inzwischen nicht mehr so oft wie früher, aber immer noch zu oft) so zu verletzlich, zimperlich etc. weil es hätte ja schlimmer sein können, andere erleben schlimmeres und kommen damit besser klar, ich lebe ja noch, so schlimm kann es also nicht gewesen sein.
Noch zu deiner Lehrerin. Ihre Aussage finde ich völlig daneben.
Ich hoffe, dass du einen guten Weg findest mit dem, was dir angetan wurde, umzugehen.
21.11.2022 18:32 •
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