Ich hab als ich noch in der Schule war zusammen mit meiner Familie meinen Opa daheim gepflegt, als er immer weniger selber machen konnte. Und es war die Hölle. Ich rate dir nur: Mach es nicht. Nicht komplett alleine. Holt euch Hilfe durch Fachpersonal oder lasst ihn ein paar mal die Woche abholen und auf kleine Ausflüge und Fahrten mitnehmen, damit er auch Kontakt zu anderen Betroffenen findet.
Man schafft es als Angehöriger seelisch kaum, sich komplett um einen Menschen zu kümmern, der einem sehr nahe steht. Das zerfrisst einen innerlich, weil es einem richtig nahe geht, was der Mensch, den man als ehemals so tatkräftigen und aktiven Menschen in Erinnerung hatte, plötzlich immer mehr zerfällt sag ich mal.
Als Angehöriger kann man sich, anders als Pflegepersonal, da nur kaum bis gar nicht abgrenzen.
Allerdings ist ein Blinder ja nicht komplett pflegebedürftig. Ich war früher oft in einer speziellen Augenklinik, und die blinden Leute da konnten fast Alles noch selber machen. Konnten sich in ihrem Zimmer und auch auf der Station orientieren (man durfte halt nix weg stellen oder aufräumen, sonst haben sie's nicht mehr gefunden) und sie konnten alleine essen, sich waschen, und auch auf's Klo gehen. Das konnte mein Opa z.B. alles gar nicht mehr. Allerdings muss man meistens Fahrten übernehmen, oder einkaufen gehen und Amtsgänge erledigen. Es wäre sinnvoll, wenn ihr z.B. bei der Bank eine Vollmacht holen würdet, jetzt schon, damit ihr dann Geld von seinem Konto holen könnt.
Das Kochen könntest du, wenn du selber daheim bist, erledigen, wenn du aber mal keine Zeit hast gibt's vom Essen auf Rädern tolle Angebote für Menüs. Jeden Tag was Anderes. Das hat meine Uroma bekommen, die auch ein Pflegefall war, und das schmeckt echt gut und erspart den Angehörigen viel Arbeit.
Wenn dein Papa erblindet, sieht er zwar nicht mehr, aber man kann sich auch anders noch orientieren und sich gut zurecht finden. Das geht erstaunlich schnell. Als ich operiert wurde an den Augen (ich hab auch jahrelang gegen die Blindheit gekämpft) dann hatte ich immer eine Augenklappe über dem einen Auge und konnte das andere vor Schmerzen nicht öffnen, bin also auch eine Woche lang blind durch die Gegend gelaufen. Ich hatte schnell raus, wie viele Schritte es zum Bett sind, wie viele zum Tisch, wie viele zum Fenster. Ich hab trotzdem meine Zahnbürste gefunden und mich duschen können, Essen ging auch nach einigem Kleckern ganz gut. Ich hab auch die Besucher anhand ihrer Schritte erkannt. Es gab da auf der Station auch viele, die einen Blindenhund hatten, die konnten auch zum Amt gehen, mit der S-Bahn fahren und sich Zuhause komplett selber versorgen. So ein Hund ist eine massive Erleichterung. Allerdings muss man den normalerweise selber bezahlen, wisst ihr das? So ein Blindenhund, hat mir mal ein Blinder erzählt, kostet an die 10.000€ und davon zahlt nix die Kasse, weil man ja auch einen Stab nehmen kann. Er kann sich deswegen keinen Blindenhund leisten. (Man muss ja auch bedenken, dass die Hunde nur um die 10-15 Jahre alt werden. Dann muss man einen Neuen für teures Geld kaufen.)
Es ist trotzdem ein hartes Schicksal, das deinen Papa da erwartet. Bekommt er seelische Unterstützung, wird er irgendwie aufgefangen in einer Selbsthilfegruppe oder so? Es gibt auch diverse Aktionsbündnisse, da treffen sich erblindete Meschen und unternehmen gemeinsam Ausflüge. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass er sich nicht komplett zurück zieht und nur noch Zuhause ist. Das wäre zwar verständlich, aber bestimmt nicht gut für ihn. Es gibt auch viele Vereine, die holen die blinden Menschen zu Tagesausflügen ab. Macht eigentlich allen Beteiligten einen riesen Spaß. Und da kann er mit Menschen reden, die sein Schicksal teilen, und das ist sehr wichtig. Denn solche Gespräche mit anderen Betroffenen wird man, egal wie gut man sich einfühlen kann, nie ersetzen können. Auch tut es vielen blinden und auch behinderten Menschen gut, eine Aufgabe zu haben. Viele, die ich kennen gelernt habe, waren zweimal die Woche in einer Behindertenstätte arbeiten. Da haben sie kleine, einfache Arbeiten ausgeführt und hatten so Kontakt zu anderen behinderten Menschen und das Gefühl, dass sie was wert sind, was leisten können, obwohl sie nicht mehr sehen können. Das ist für viele Menschen mit Behinderung sehr wichtig, dieses Gefühl. Da solltet ihr schauen, was es an Angeboten gibt, und ob ihm das gefallen würde, sowas zu machen.
Wenn Angehörige pflegebedürftig werden, ist es eine Gratwanderung für die Familie. Auf der einen Seite will man helfen, auf der anderen Seite muss man sich abgrenzen lernen. Kleinere Aufgaben an Außenstehende delegieren oder Profis kommen lassen. Alles alleine zu machen, das ist zu viel, das schafft man nicht.
Informiert euch, welche Unterstützung von Außen euch zu steht, und traut euch auch, die einzuholen. Ich weiß, dass das oft mit einem schlechten Gewissen verbunden ist oder man sich denkt: Aber ich will das Alles alleine schaffen!
Aber das wird auf Dauer nicht gut gehen. Irgendwann lebt man sonst nur noch für einen anderen Menschen und gar nicht mehr für sich selbst. Und das ist ein schlimmer Zustand, aus dem man kaum noch raus kommt. Deswegen lieber schon vorher delegieren und Aufgaben abgeben und aufteilen, dann ist es zwar immer noch anstrengend, aber nicht mehr gar so schlimm.
Liebe Grüße,
Bianca
02.04.2010 06:37 •
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