Danke für die Rückmeldungen.
Zitat von Phoebe2022:... ich persönlich sehe es nicht als Weiterentwicklung an, wie sollte ich auch?!
Stimmt: wie sollte man das auch!? Ging mir
unmittelbar nach meinem Burnout nicht anders. Wenn mir in diesem Zustand jemand etwas von Fortschritt gefaselt hätte, wäre ich wohl etwas deutlicher geworden als Du jetzt...
Zitat von Phoebe2022: Ich war immer charmant, immer einen flotten Spruch auf Lager und stets empathisch.... hatte Nerven wie Drahtseile und jedes Problem sah ich als Herausforderung.... und nun?
Es ist verständlich, dass Du dem nachtrauerst. Diese Fähigkeiten bestimmten zu einem erheblichen Teil Dein Selbstbild (also das Bild, das Du Dir selbst gemalt hast). Jedoch hat jedes Bild einen Makel: es ist
begrenzt. Wie bei einem Bilderrahmen beginnt außerhalb desselben alles, was
nicht Du bist (die Umwelt, die Anderen etc.). Und dazu gehören auch Erlebenszustände, die Dir ungewohnt, unbekannt und/oder gar unwillkommen sind.
Sich mit dem Unwillkommenen existenziell auseinander zu setzen, bezeichne ich (heute) definitiv als Fortschritt.
Kein Licht ohne Schatten. Ohne Freud´ kein Leid´. - dies alles sind Weisheiten, die wir erst wirklich schätzen lernen (können!), wenn wir sie in
ungewohntem Umfang persönlich erfahren.
Zitat von Phoebe2022:... und nun? Könnte ich beim kleinsten Problem heulen, hab mich zurück gezogen und ertrag kaum noch Menschen...
Warum wohl? Versuche mal, nicht gegenwartsorientiert nach hinten zu blicken sondern von ganz hinten Richtung heute. Gehe in Deiner Analyse quellenorientiert vor und nicht ergebnisorientiert. Letzteres ist idR die übliche Lebensweise: wir planen, setzen uns Ziele und arbeiten
darauf hin. Das inflationäre fokussiert-sein führt nicht selten dazu, die Umgebung, das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren (sofern man dies jemals auf dem Schirm hatte). Wenn überhaupt mal nach hinten geblickt wurde, dann lediglich, um den künftigen Weg zu den gesetzten Zielen
noch effizienter zu gestalten. Unser Leben wurde dabei zu einem Trichter, der letztlich nur eine Richtung kannte.
Auf diesem Wege verkümmern und verwildern potenziell angelegte Seitenpfade, Möglichkeiten, andere Lebensentwürfe, wie man so schön sagt. Senta Berger sagte mal über Franz-Xaver Kroetz, dass er aus ihrer Sicht mindestens zwei zusätzliche Leben parallel laufen hatte. Ihm genügte eines nicht...
Ist das Leben nur dann erfolgreich oder zumindest richtig, wenn stets ein flotter Spruch und stahlharte Nerven verfügbar sind?
Zitat von Phoebe2022: Mein Nervenkostüm ist so unglaublich dünn geworden dass der Alltag so unglaublich anstrengend geworden ist, schließlich möchte ich ja gar nicht permanent meckern oder heulen...
Verstehst was ich meine? Ich fühl mich einfach nicht wohl in dieser neuen Position und ja, ich möchte zurück zu meinem alten Ich.
Was man mal erlebt, kann man nie vollständig ignorieren oder gar auslöschen. Du hast nun einen Blick hinter den Vorhang getan und erspäht, dass Dein Bilderrahmen offenbar viel weiter gesteckt ist als bisher vermutet. Das muss wehtun, ganz klar!
Ganz pragmatisch gibt es nun zwei Wege:
1. Augen verschließen und Dich zurück kämpfen
oder
2. Augen (noch weiter) öffnen und das nun Erlebte in Dein Selbstbild
integrieren.
Ganz ehrlich - findest Du Variante 1 sehr mutig und weise?
Zitat von Phoebe2022: Und da meine ich keine Gewohnheiten sondern mein altes Ich, dem man nichts anhaben konnte.
Konnte man offenbar doch, oder?
Zitat von Phoebe2022: Ein Punkt leuchtet mir aber definitiv ein. Das es jetzt an der Zeit ist, bewusster zu leben...
Wäre es nicht ein erster, wesentlicher Schritt zu mehr Bewusstheit, diese neue (eigentlich
zusätzliche) Seite Deines Ichs anzunehmen und diese (vermeintliche!) Verletzlichkeit als
Öffnung zu begreifen?