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Hallo zusammen und schon jetzt vielen Dank an jeden, der sich die Zeit nimmt, meine Zeilen zu lesen.

Ich bin in einer Situation, die nach außen recht geordnet und gewöhnlich aussieht.
Ich bin 38 Jahre alt, verheiratet, habe einen Sohn und wir bekommen im Herbst unser zweites Kind. Meine Frau und ich haben gute und sichere Jobs und die kleine Doppelhaushälfte, in der wir leben ist abbezahlt. Meine Frau ist derzeit im Mutterschutz und wird danach (auf eigenen Wunsch) mindestens ein Jahr Elternzeit nehmen. Ich selber werde zwei Monate Elternzeit nehmen und noch den ein oder anderen Monat Überstundenabbau und Urlaub, um die Zeit zwischen der Rückkehr in den Job meiner Frau und dem Beginn der KiTA des zweiten Kindes (so mit 1,5 bis Jahren etwa) zu überbrücken, Eingewöhnung zu machen, etc.

Aber ich schweife ab - das sind nur unwichtige Details.

Eigentlich sollte mich die baldige Geburt des zweiten Kindes beschäftigen, ich sollte mich darüber freuen, wie sich das erste Kind entwickelt, ich sollte mich an meiner Arbeit erfreuen und mich bemühen, vor der Geburt eine positives Klima der Geborgenheit zu schaffen.

Leider gelingt es mir nicht - im Gegenteil.
Mich beschäftigen im negativen Sinn meine Ehe und meine Arbeit und ich denke, dass in beiden Fällen ich das Problem bin. Das fatale ist, dass ich in keiner Weise motiviert bin, es zum Positiven zu ändern, sondern am liebsten alles hinschmeissen und weglaufen würde. Dass dies so ist bereitet mir schlimme Schuldgefühle, denn als Vater sollte ich jetzt einfach funktionieren.

Meine Arbeit:
Ich bin, wie schon geschrieben in der äußerst komfortablen Situation, einen guten und sicheren Job zu haben. Ich bin an diesen Punkt in meiner beruflichen Laufbahn gekommen, weil ich als verlässlicher und verträglicher Kollege eingeschätzt werde. Ich habe keine Ambitionen, sondern möchte einfach nur solide Arbeit in einem möglichst netten Team leisten.
Ich war immer schon jemand, der sein Potenzial nicht ausgeschöpft hat, sondern Stabilität und geordnete Bahnen gebraucht und gesucht hat. Ambitionen jeglicher Art sind mir fremd. Ängste haben immer schon eine gewisse Rolle gespielt, aber sie sind gekommen und gegangen und am Ende waren immer alle zufrieden: Chefs, Kollegen, die Familie und bis zu einem gewissen Punkt ich selber auch.
Jetzt gerade und auch schon die letzten Monate bin ich leider in einer Phase der Angst gefangen. Ich bin seit Jahresanfang in einem neuen Bereich und habe eine halbwegs gute Einarbeitung bekommen, die aber natürlich nicht in die Tiefe gegangen ist. Ich werde in dem Bereich auch nur zwei Jahre bleiben, so dass ich nicht zum Experten werden muss, sondern es genügen sollte, wenn ich einfachere Dinge fleissig wegarbeite. Die gestellten Aufgaben sind allerdings bisweilen komplex und schwer zu verstehen und ich bekomme es nicht hin, mir die schaffbaren Teile herauszupicken. Bzw. sind die schaffbaren Dinge immer schnell weggearbeitet. Der Kollege, mit dem ich arbeite und der gut bescheid weiss ist gerade im Urlaub. Aber auch wenn er da ist, bin ich immer in Angst etwas nicht zu schaffen, da er als Experte auch noch viele andere Dinge zu tun hat und ich mich nur selten mit ihm austauschen kann. Team und Chef wissen darüber bescheid, dass ich nicht alles kann und auf den Kollegen angewiesen bin. Ich versuche das transparent zu machen. Dennoch tickt die Uhr, die geplanten Aufwände sind einfach da und ich liefere nicht die erwartete Leistung. Ich bin so in meiner Angst gefangen, dass ich einfach nicht in einen Modus komme, in dem ich mich (langsam aber stetig) herantaste, wie ich es sonst mache. Es wird sicher besser, wenn mein Sparringspartner wieder da ist, rede ich mir ein. Aber die Angst werde ich irgendwie nicht mehr los und er wird ja immer mal wieder nicht verfügbar sein.

Meine Familie:
Ich liebe meinen Sohn. Und ich freue mich so sehr auf das zweite Kind.
Und während ich das schreibe, habe ich Tränen in den Augen, aber das war es. Mit meiner Frau verbindet mich nichts weiter. Nichts. So fühlt es sich an.
Wenn man genau darüber nachdenkt, hatten wir uns schon vor dem ersten Kind nichts mehr zu sagen. Auch schon vor der Heirat nicht und vermutlich auch vor dem Hausbau nicht. Natürlich muss ich mich fragen, warum ich es so weit habe kommen lassen, aber ist das jetzt noch wichtig?
Ich bin trotz Frau und Kind einsam. Meine Frau interessiert sich nicht für mich. Auch das oben geschilderte Problem mit meiner Angst interessiert sie nicht. Sie weiss natürlich davon, weil ich manchmal nicht mehr anders kann, als davon zu erzählen. Sie sagt einfach nichts dazu. Ich weiss auch nicht, wann sie mich das letzte mal von sich aus in den Arm genommen hat, oder von ihr ein Kuss ausgegangen ist.
Ich stehe jeden Morgen um 6 Uhr auf, dank Homeoffice und Corona sitze ich spätestens um 7 am Schreibtisch. Mittags essen wir zusammen, reden über unseren Sohn oder ihren Job (von dem sie auch im Mutterschutz keinen kompletten Abstand nimmt). Irgendwann, meist so zwischen 16 und 17 Uhr mache ich Feierabend. Wir wechseln ein paar Worte, klären meistens etwas, das Kind oder Schwangerschaft betrifft. Ich frage, wie es ihr und ihm geht, mich fragt niemand irgendwas. Danach will mein Sohn beschäftigt werden. Ich gebe mir alle Mühe, ihm gerecht zu werden. 18 Uhr essen, 19 Uhr Kind ins Bett bringen (das machen wir immer abwechselnd). Da das manchmal lange dauert und ich auch hin und wieder einschlafe ist dann im Schnitt um 20 Uhr Feierabend. Danach meist keine gemeinsamen Dinge mehr. Es gibt oft etwas zu klären (Haus, Versicherungen, Anschaffungen), aber ob wir uns darüber unterhalten und wer sich darum kümmert hängt ausschließlich von meiner Frau ab. Was mir wichtig ist oder auf dem Herzen liegt, wird nicht thematisiert oder einfach ignoriert, wenn es doch zur Sprache kommt. Vieles tut sie mit den Worten da habe ich gerade keinen Kopf für ab. Auch wenn man es nach einigen Tagen erneut anspricht.
Ich muss zugeben, dass mir auch einiges im Zusammenleben auf die Nerven geht. Wer sich worum kümmert. Wer wann putzt und einkauft. Wer welche Erledigungen macht. Aber das ist jetzt gerade nebensächlich, weil in der Schwangerschaft sowieso andere Regeln gelten. Davor habe ich gefühlt viel mehr als die 50% gemacht, die mir richtig vorkommen würden, obwohl ich Vollzeit arbeite und meine Frau Halbtags arbeitet.
Mit meinem Sohn verbringe ich viel Zeit und ich bin (auch wenn ich arbeite) in alles stark eingebunden: Anziehen, Zähne putzen, KiTa, Spielen. Als er etwa ein Jahr alt war und meine Frau wieder angefangen hat zu arbeiten war ich etwa ein Jahr mit ihm zuhause. Er ist trotzdem sehr auf seine Mutter fixiert. Dazu bin ich auch der strengere und strukturiertere Part, so dass es sehr lange gedauert hat, bis ich für ihn einen gewissen positiveren Stellenwert bekommen habe. Trotzdem ist er natürlich im Zweifelsfall lieber bei seiner Mama, als bei mir.

Was jetzt die Frage ist? Ich weiss es nicht.
Ich habe Angst vor Verantwortung (vor allem im Job) und ich spüre in meiner Familie keinen Rückhalt. Ich fühle mich unfähig und allein, muss aber für meinen Sohn (und das Kind, das noch kommt) irgendwie ein positives Umfeld gestalten. Gleichzeitig habe ich die Verbindung zu meiner Frau verloren und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie das jemals wieder positiv funktionieren kann. Liebe weg, Vertrauen weg, Zuneigung weg, körperliche Nähe weg.

Natürlich weiss ich, was die Lösung ist.
Aussprache mit meiner Frau.
Wir suchen uns gemeinsam Hilfe.
Für das Wohl der Kinder raufen wir uns zusammen.

Ich habe dafür nicht die Kraft. Ich kann das nicht. Und eigentlich will ich das nicht.

Gibt es keine andere Möglichkeit?

Irgendwas einfaches?

Auch die Antwort kenne ich.

18.08.2021 12:45 • 27.08.2022 x 2 #1


16 Antworten ↓


Hi

ich werde niemals verstehen, wenn man VOR dem ersten Kind sich schon nichts mehr zu sagen hatte und das Bauchgefühl höchstwahrscheinlich NEIN geschrien hat, wieso dann noch ein Zweites?

Ist es so wichtig, nach außen hin zu tun, alles ist perfekt (Haus, Kind, Gartenzaun), das man so tut als ob?

Deine Kinder werden merken, wenn sie etwas größer sind, das die Liebe rar zwischen Euch ist, Kinder spüren so etwas.

Du schreibst, das Vertrauen ist weg. Wieso? Ist einer von Euch fremdgegangen oder was meinst Du genau?

A


Einsam und Verloren in Beruf und Familie

x 3


Die wichtigste Frage ist, ob du sie noch liebst, denn die Antwort entscheidet meiner Meinung nach über eure Zukunft. An Problemen kann man gemeinsam arbeiten, aber wenn die Liebe erloschen ist, hat das nicht viel Sinn.

Hallo Menschenskind,
ersteinmal danke fürs Teilen deiner Geschichte/deiner Sorgen! Bei mir ploppen folgende Fragen auf:
Hast du deiner Frau schonmal dein ganz konkretes Bedürfnis geäußert, über dein Befinden sprechen zu wollen? Hast du ihr schonmal gesagt, dass du dich überfordert/einsam fühlst oder dass du mit der Beziehung nicht glücklich bist?

@portugal
Ich denke nicht, dass die Kinder es bewusst merken. Viel schlimmer ist aber, dass sie es unbewusst in ihren Erfahrungsschatz aufnehmen und dadurch negativ geprägt werden. Das macht mir natürlich große Sorgen. Um dem aber entgegen zu wirken, muss ich mich erstmal selber in Ordnung bringen.

Weder meine Frau, noch ich sind Blender, denen es wichtig ist, den schönen Schein zu wahren. Im Gegenteil. Wir sind die mit dem billigen Kleinwagen, obwohl auch die Edelmarke zwei Nummern größer drin sitzt und die mit der Doppelhaushälfte, obwohl wir auch das frei stehende Haus hätten haben können. Wie ich schon schrieb: Ambitionen sind mir fremd und das ist, wie mir auffällt etwas, das ich mit meiner Frau gemeinsam habe.

Für Kinder haben wir uns entschieden, weil wir uns an einem gewissen Punkt für eine gemeinsame Familie entschieden haben. Wenn man an dem Punkt ist, stellt man das nicht wieder in Frage, sondern man bleibt dabei. Auch wenn es vielleicht gerade nicht gut läuft, oder Mal nicht gut gelaufen ist. Die Frage nach dem Kinder ja oder nein macht man doch nicht an den Symptomen einer Sinnkrise fest, die man zu dem Zeitpunkt noch garnicht als Ganzes begreift.

Aber natürlich hast Du Recht. Ich habe mir eingeredet, dass schon alles gut gehen wird und nicht rechtzeitig die Konsequenzen gezogen.

Jetzt ist daran aber nichts mehr zu rütteln.

Mit Vertrauen ist das Vertrauen in gemeinsame Ziele und eine gemeinsame Zukunft gemeint.

@Buschwindrose
Ich habe immer nur einzelne Dinge angesprochen. Das große Ganze in Frage zu stellen und darüber zu reden, habe ich mich noch nicht getraut.
Ich habe allerdings schonmal ausgesprochen, dass ich mich alleine fühle und nicht weiss, wie ich damit umgehen soll. Das war aber eher in einer Konfliktsituation, in der das sicher nicht richtig bei ihr angekommen ist.

@Islandfan
Wenn ich mir überlege, wie wenig wir noch auf einer vertrauten Ebene interagieren und wie wenig wir füreinander da sind, kann ich gerade keine Liebe mehr erkennen. Aber als ausgewiesener Pessimist rede ich mir das vielleicht auch nur ein.

Die Angst kommt wohl daher, zweites Kind, noch mehr Verantwortung und das ungewisse. Aus Erfahrung kann ich Dir sagen, nach 7 Tagen kannst Du Dir gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne den zweiten Knirps war

Du müsstest Dich mit Deiner Frau mal zusammen setzen und das klar ansprechen sonst ändert sich nie was.

Vielleicht hört Dich Deine Frau und Deine Sorgen aber hat im Moment auch viel mit ihrer Schwangerschaft zu tun und vielleicht zeigt sie einfach nicht, dass sie hört was Du sagst?
Manche Menschen können Gefühle einfach nicht zeigen ....

Zitat von Menschenskind:
Ich habe dafür nicht die Kraft. Ich kann das nicht. Und eigentlich will ich das nicht


Bin jetzt mal bissle böse. Guck mal: Kann ich nicht, will ich nicht. Gilt für Job und Familie.

Sag ich auch immer, wenn mich was nicht wirklich interessiert. Und hier hast du den Salat, denn das, was wir aussenden, kriegen wir zurück.

Jetzt alles in Frage zu stellen, deine Frau verantwortlich zu machen, ist falsch.

Dir ist entweder kotzlangweilig, oder bist überfordert, magst dein Spiesserleben überhaupt nicht und dann eben: Kann ich nicht, will ich nicht..

Empfehlung: Suche dir ein tolles Hobby, dann hast du wieder Schwung. Bissle Auszeit vom Familiengedöhns bringt wahre Wunder.

Zitat von Icefalki:
Bin jetzt mal bissle böse. Guck mal: Kann ich nicht, will ich nicht. Gilt für Job und Familie. Sag ich auch immer, wenn mich was nicht ...


Der Satz von mir war sicherlich nicht ganz passend.
Langeweile in dem Sinne habe ich nicht. Es gibt nur Arbeit und Familie für mich. Dass ein Hobby Schwung bringen kann ist aber eine gute Idee, danke dafür. Ich denke halt immer, dass ich eher mehr Zeit in die Familie investieren muss, anstatt weniger.

Zitat von Menschenskind:
dass ich eher mehr Zeit in die Familie investieren muss,


Immer Qualität vor Quantität. Ich hatte einen Abend frei. Ging mit dem Mädels dann reiten und meistens sehr spät heim gekommen. War Balsam für die Seele.

Und mein Mann ist Flieger, der hatte dann die Wochenende , mit und ohne uns. Geht alles.

Zitat von Menschenskind:
Ich denke halt immer, dass ich eher mehr Zeit in die Familie investieren muss, anstatt weniger.

In allen Familien, die ich kenne, hat jeder Partner auch etwas Eigenes, das er nur für sich macht. Sei es ein Sport, ein Hobby, Unternehmungen mit Freunden etc.

Zitat von Schlaflose:
In allen Familien, die ich kenne, hat jeder Partner auch etwas Eigenes, das er nur für sich macht. Sei es ein Sport, ein Hobby, ...

Wenn ich mich aber zeitweise ausklinken, um etwas für mich zu machen, dann ist das doch wieder für meine Frau eine größere Belastung.
Das würde dann vielleicht mir gut tun, von dem schlechten Gewissen abgesehen, aber meine Frau würde es Zeit und Kraft kosten. Das wäre doch für unser Verhältnis auch nicht gut. :-/

Jeder braucht in der Beziehung auch Zeit für sich, ich finde das normal. Fang doch klein an und reserviere einen Abend in der Woche nur für dich. Vielleicht kannst du dich mit einem Freund treffen oder einfach nur einen Spaziergang machen. Trifft deine Frau denn außerhalb eurer Ehe niemanden?

Mein Freundeskreis ist sehr klein. In Fahrweite habe ich niemanden. Meine Frau trifft sich unregelmäßig mit ehemaligen Kolleginnen. Sie hat noch einige Kontakte, die durch Pekip und co. entstanden sind. Da schreibt sie täglich sehr viel übers Handy.

Ich hatte mir immer Mal vorgenommen, an meinen freien Abenden einfach raus zu gehen und ein paar Schritte zu gehen. Das setze ich mir nochmal als Ziel - hilft mir vielleicht auch, beruflich den Kopf etwas frei zu bekommen.

Willkommen Menschenskind (toller Nick!),

Zitat von Menschenskind:
Eigentlich sollte mich die baldige Geburt des zweiten Kindes beschäftigen, ich sollte mich darüber freuen, wie sich das erste Kind entwickelt, ich sollte mich an meiner Arbeit erfreuen und mich bemühen, vor der Geburt eine positives Klima der Geborgenheit zu schaffen.

3x sollte, 0x will, 0x darf

Zitat von Menschenskind:
Ich bin, wie schon geschrieben in der äußerst komfortablen Situation, einen guten und sicheren Job zu haben. Ich bin an diesen Punkt in meiner beruflichen Laufbahn gekommen, weil ich als verlässlicher und verträglicher Kollege eingeschätzt werde. Ich habe keine Ambitionen, sondern möchte einfach nur solide Arbeit in einem möglichst netten Team leisten.

Comfortably Numb von Pink Floyd fällt mir dazu ein.

Zitat von Menschenskind:
Ich war immer schon jemand, der sein Potenzial nicht ausgeschöpft hat, sondern Stabilität und geordnete Bahnen gebraucht und gesucht hat. Ambitionen jeglicher Art sind mir fremd.

Sicherheit sticht Kreativität. Stabilität sticht Wagemut.

Zitat von Menschenskind:
und am Ende waren immer alle zufrieden: Chefs, Kollegen, die Familie und bis zu einem gewissen Punkt ich selber auch.

Dieser gewisse Punkt ist die Wasserscheide eines möglichen Lebensentwurfs.

Zitat von Menschenskind:
Natürlich muss ich mich fragen, warum ich es so weit habe kommen lassen, aber ist das jetzt noch wichtig?

Wenn man sich das bewusst erst zu einem als zu spät empfundenen Zeitpunkt fragt, sollte man eher seine Fähigkeit zur Selbstreflektion in Frage stellen.

Zitat von Menschenskind:
Ich bin trotz Frau und Kind einsam. Meine Frau interessiert sich nicht für mich.

Blinde Passagiere von Johannes Oerding fällt mir dazu ein. Oder Sachliche Romanze von Erich Kästner.

Zitat von Menschenskind:
Ich frage, wie es ihr und ihm geht, mich fragt niemand irgendwas. Danach will mein Sohn beschäftigt werden. Ich gebe mir alle Mühe, ihm gerecht zu werden.

Gerecht werden liest sich hier wie Pflichtschuld abarbeiten.

Zitat von Menschenskind:
Was mir wichtig ist oder auf dem Herzen liegt, wird nicht thematisiert oder einfach ignoriert, wenn es doch zur Sprache kommt. Vieles tut sie mit den Worten da habe ich gerade keinen Kopf für ab. Auch wenn man es nach einigen Tagen erneut anspricht.

Hat sie Deine Herzensthemen vielleicht schon zu oft gehört?

Zitat von Menschenskind:
Was jetzt die Frage ist? Ich weiss es nicht.

Die Frage könnte lauten: Wie lautet die Antwort?

Zitat von Menschenskind:
Liebe weg, Vertrauen weg, Zuneigung weg, körperliche Nähe weg.
Natürlich weiss ich, was die Lösung ist.
Aussprache mit meiner Frau.
Wir suchen uns gemeinsam Hilfe.
Für das Wohl der Kinder raufen wir uns zusammen.

Vielleicht wartet sie auf ein Handeln, nicht auf eine (weitere) Aussprache?

Zitat von Menschenskind:
Ich habe dafür nicht die Kraft. Ich kann das nicht. Und eigentlich will ich das nicht.

Dann tue das nicht! Stehe ein für Dich und gehe das Wagnis ein, einen Fehler zu begehen!

Zitat von Menschenskind:
Viel schlimmer ist aber, dass sie es unbewusst in ihren Erfahrungsschatz aufnehmen und dadurch negativ geprägt werden. Das macht mir natürlich große Sorgen.

Und diese Sorgen sind berechtigt.

Zitat von Menschenskind:
Um dem aber entgegen zu wirken, muss ich mich erstmal selber in Ordnung bringen.

Ein entscheidender (und weit verbreiteter) Denkfehler. Wie stark willst Du Dich denn noch an der Ordnung (anderer) orientieren? Hat Dich diese Art zu leben nicht dahin gebracht, wo Du jetzt stehst?

Zitat von Menschenskind:
Wie ich schon schrieb: Ambitionen sind mir fremd und das ist, wie mir auffällt etwas, das ich mit meiner Frau gemeinsam habe.

Deswegen stabilisiert Ihr Euch in gemeinsamer Einsamkeit.

Zitat von Menschenskind:
Ich habe immer nur einzelne Dinge angesprochen. Das große Ganze in Frage zu stellen und darüber zu reden, habe ich mich noch nicht getraut.

1. Tue es!
2. Tue es!
3. Tue es!

Zitat von Menschenskind:
Ich denke halt immer, dass ich eher mehr Zeit in die Familie investieren muss, anstatt weniger.

Zeit ist menschengemacht und deshalb relativ. 5 Minuten Lebendigkeit können 5 Jahre Apathie aufwiegen.

Zitat von Menschenskind:
Wenn ich mich aber zeitweise ausklinken würde, um etwas für mich zu machen, dann ist das doch wieder für meine Frau eine größere Belastung.
Das würde dann vielleicht mir gut tun, von dem schlechten Gewissen abgesehen, aber meine Frau würde es Zeit und Kraft kosten. Das wäre doch für unser Verhältnis auch nicht gut. :-/

Wenn mein Gewicht lediglich nach Anwesenheit und nicht nach Präsenz wahrgenommen wird, dann wäre es einen Versuch wert, erstere zu verknappen.

Menschenskind - bitte nimm meine Kommentare als das was sie sind: Kommentare. Wenn Dir zu irgendeinem Punkt der Finger juckt (was ich schwer hoffe! ), lass uns das gerne vertiefen.

Mir fällt grad ein, magst Du evtl. Joggen? Gut um einen freien Kopf zu bekommen....

Zitat von Menschenskind:
reden über unseren Sohn oder ihren Job (von dem sie auch im Mutterschutz keinen kompletten Abstand nimmt). Irgendwann, meist so zwischen 16 und 17 Uhr mache ich Feierabend. Wir wechseln ein paar Worte, klären meistens etwas, das Kind oder Schwangerschaft betrifft. Ich frage, wie es ihr und ihm geht, mich fragt niemand irgendwas.

Das hört sich furchtbar traurig an! Wie hälst Du das bloß aus? Das geht doch gar nicht!

Ich glaube, dass es ziemlich vielen Menschen so geht.
Gerade in dieser Phase, Mitte 30, viele Verpflichtungen und vor allem die Langzeitbeziehung. Manchmal schläft die Beziehung ein, manchmal war man einfach nie miteinander kompatibel, merkt es aber erst spät und vor allem wenn schon zu viele Verpflichtungen vorhanden sind.

Mit kompatibel meine ich, dass man vielleicht nie die gleiche Wellenlänge hatte, gleiche Werte, wenig gemeinsame Interessen und man sich irgendwann nichts mehr zu sagen hat. Vielleicht war es vorher schon so, vielleicht kam es aber über die Jahre. Man wird bequem, achtet nicht mehr auf sein Äußeres, ob man dem Partner gefällt, die gegenseitigen Komplimente und das Begehren bleiben aus. Gemeinsame Zeit wird selbstverständlich und begrenzt sich häufig nur noch auf alltägliche Dinge wie Haushalt, Anschaffungen ... etc. Es geht nicht mehr um die Partnerschaft. Freunde werden rar und irgendwann steht man da und merkt, dass es sehr einsam geworden ist.

Ich denke es sind viele Faktoren, die da zusammen kommen. Auswege gibt es, aber man muss den nötigen Schritt dazu gehen. Vielleicht hast du einfach wann anders Kraft dazu? Es ist jedenfalls gut, dass dir überhaupt bewusst ist worum es geht. Um eine Aussprache wirst du nicht herum kommen.

Vielleicht hilft es dir, wenn du eine Art Brief schreibst. Einen Brief an deine Frau? Wann oder ob du ihn übergibst ist ja egal. Es tut jedenfalls immer gut, die Gedanken loszuwerden.

Dass du etwas ändern solltest, das weißt du selbst. Und ich kann es einfach nur empfehlen, da das Leben zu wertvoll ist um schwierige Phasen auszusitzen. Dabei gehen viele Jahre ins Land, die verloren gehen weil man unglücklich ist. Es wäre gut, wenn du als erstes Kraft tanken könntest und es wann anders schaffst. Hauptsache du schaffst es.

Und ich glaube, dass dieser Teufelskreis in dem du bist, so viele Menschen betrifft. Auch Menschen ohne Erkrankungen. Es wird fast schon zur Normalität einen solchen Zustand in verschiedenen Lebensphasen zu erreichen. Vor allem beruflich, aber auch im sozialen Bereich. Wie viele Leute kündigen nicht weil sie einen gut bezahlten Job haben? Aber zu tiefst mit der Situation unglücklich sind.

Klar ist das jedem selbst überlassen was einem mehr wert ist. Aber vielleicht bringt dir ja eine imaginäre Waagschale etwas? Was ist dir wichtiger, Geld, Zeit, Glück ... ? Klingt jetzt alles ziemlich esoterisch, aber wie will man durchhalten, wenn man dauerhaft viel Kraft aufbringen muss, um die Fassade aufrecht halten zu können. Auf Dauer ist die Energie verbraucht.

Vielleicht wäre vorerst mal eine Therapie für dich alleine ganz gut?

Ich spreche aus Erfahrung, ich hatte letztens eine ähnliche Lebenskrise und habe durch verschiedene Aussprachen eine Änderung erzielt. Auch persönliche Ziele haben mich dabei bestärkt, z.B. berufliche Veränderungen und der Gedanke, dass mir beruflich die Welt quasi offen steht (kommt natürlich auf den Arbeitsbereich an). Und manchmal braucht man einfach Mut. Ohne eine Veränderung, egal welcher Art hätte ich das auf Dauer nicht aushalten. Das ist kein Patentrezept, aber mir hats ganz gut geholfen.

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