LonesomeMan
in den letzten drei Jahren ist mein komplettes soziales Netz mit allen meinen teils sehr langjährigen Freundschaften kaputt gegangen. Auslöser war teilweise Corona, aber nicht nur.
Ich frage mich, warum diese Personen den Kontakt zu mir abgebrochen habe und warum mir die Schuld für den Stress gegeben wurde. Ich möchte exemplarisch von vier Situationen schreiben.
Aus meiner Sicht habe ich kaum etwas falsch gemacht, außer dass ich in der ein oder anderen Situation etwas zu zaghaft war und meine Gefühle hätte äußern können.
Da ich leider schon seit zehn Monaten auf einen Therapieplatz warte, möchte ich das gerne hier niederschreiben, weil mich das alles immer noch sehr bewegt.
Vielleicht könnt ihr mich ja bestätigen. Oder ihr seht das genauso wie meine früheren Freunde.
1. Situation:
Ich war bis letzten Februar/März in einer Handballmannschaft aktiv. Acht Jahre lang und dienstältester Spieler. Davor war ich schon die ganze Jugend in dem Verein und kannte auch einige aus der Mannschaft schon so lange.
Während Corona wurde ich dann aus der Mannschaft ausgegrenzt. Ich nutze aus Anger vor Datenmissbrauch kein WhatsApp, aber Zoom. Die Mannschaft hat sich dann während der Lockdowns per WhatsApp zu Zoom-Meetings verabredet und da zum Beispiel so Escape Rooms, Biertastings usw. gemacht.
Ich wurde nicht eingeladen und habe das alles erst nach Corona erfahren. Es ist aber nicht so, dass ich untätig war. Meinen langjährigen Freunden aus der Mannschaft habe ich auch SMS geschrieben. Es ist also nicht so, dass ich untätig war. Auf meine Fragen, wie es den anderen aus der Mannschaft gehe wurde mir nur geantwortet, dass ja Corona und da entsprechend tote Hose sei. Von den Zoom-Meetings sagte mir niemand etwas. Wenn überhaupt geantwortet wurde. Eine SMS koste ja neun Cent.
Außerdem war es in der Mannschaft immer so üblich, dass zu runden Geburtstagen, langen Krankheiten und Verletzungen sowie Hochzeit gesammelt wurde. Im Lockdown 2021 hatte ich einen Hodentumor und war auch im Krankenhaus und in Reha. Für mich wurde nicht gesammelt, es gab nicht mal eine Genesungskarte oder zumindest eine SMS.
Nach dem Lockdown habe ich dann noch an den Trainings und den Spielen teilgenommen, wie immer. Nur ich war insgesamt ein bisschen distanzierter. Auch, weil ich da in der Kabine von den ganzen Zoom-Meetings erfahren habe, zu denen ich nicht eingeladen war.
Im Januar/Februar 2022 zog sich dann unser Rechtsaußen in einem Spiel einen Sprunggelenksbruch zu. Beim nächsten Training wurde gesammelt. Ich habe nichts gegeben.
Einen Monat später wurde dann für eine Hochzeit gesammelt. Ich gab wieder nichts. Dann wurde ich in der Kabine von allen verbal angegangen. Ich war so perplex, dass ich mich nicht mehr äußern konnte. Letztlich wurde ich aus der Mannschaft rausgeschmissen.
Ich kann da das Verhalten der Mannschaft nicht verstehen. Als ich krank war wurde nichts gemacht. Ich wurde von den Aktivitäten ausgegrenzt während dem Lockdown. Aber dann bin ich der Böse, weil ich mich auch nicht mehr finanziell beteiligen mag?
2. Situation:
Im September 2021 habe ich mit drei Freunden noch aus der Schule Karten für ein kleines Konzert im März 2022 gekauft. Da wussten wir noch nichts von 2G.
Ende Februar 2022 bekam ich (ich hatte die drei Karten gekauft) eine Mail vom Veranstalter. Ich solle unsere Impfnachweise auf einer Webseite hochladen. Andernfalls würde der Zutritt verweigert.
Das war gegen die geltende Corona-Verordnung. Eine Speicherung von Impfnachweisen durch Veranstalter war nicht gestattet. Nur die Einsichtnahme am Eingang. Ich war schon 100 Prozent gegen diese 2G-Maßnahme und wollte dann nicht mehr tun, als gesetzlich vorgeschrieben war. Außerdem ging es mir um meine Datensicherheit. Das sind ja Gesundheitsdaten.
Das teilte ich dem Veranstalter mit. Dieser stornierte die Tickets und lehnte die Erstattung der Karten mit Verweis auf die AGB ab.
Meine beiden Freunde schrieben mir dann, dass sie von mir sehr enttäuscht seien und sie mich nicht mehr sehen möchten, wenn mir meine Belange wichtiger seien als ihre. Woher hätte ich aber wissen sollen, dass der Veranstalter storniert?
Ich habe den Veranstalter verklagt und Recht bekommen. Das Geld wurde mir dann rund zehn Monate später mit Zinsen zurückgezahlt. Ich habe den Freunden dann einen Scheck geschickt mit einem netten Brief, ob wir uns nicht nochmal treffen sollten.
Eine Rückmeldung kam nie. Es hat auch nur einer der beiden den Scheck eingelöst. Ich weiß aber nicht, wer von den beiden.
3. Situation:
Eine Freundin, die ich schon recht lange kannte, hat die Angewohnheit, immer zu spät zu kommen, teils mit abstrusen Ausreden (Waschmaschine brauchte länger als erwartet, der Anruf mit einer Freundin habe sich hingezogen, sie musste noch schnell in den Supermarkt, weil sie den Feiertag vergessen hatte etc.).
Teilweise sagte sie auch sehr kurzfristig ab. Auch ein Mal, als ich für uns im Lockdown gekocht habe und schon mittendrin war.
Als ich letztes Jahr mit ihr in einem Restaurant verabredet war, war sie 15 Minuten später schon wieder nicht da. Dann kam eine SMS. Sie sei in die falsche Straßenbahn eingestiegen und komme in 25 Minuten. Als sie dann immer noch nicht da war schrieb ich ihr, dass mir das jetzt zu bunt wird und ich gehe.
Sie war dann sehr beleidigt. Sie habe sich extra auf den Weg gemacht und ich würde das so kurzfristig canceln. Sie hat sich nicht mehr bei mir gemeldet und ich mich aber auch nicht mehr bei ihr.
4. Situation:
Und die war für mich mit am schmerzhaftesten.
Eine sehr langjährige Freundin von mir hatte vor vier Jahren einen Schwangerschaftsabbruch. Sie hatte eine wilde Zeit und sich von irgendeinem Tinder-Match schwangern lassen ohne zu wissen, von wem.
Ständig lag sie mir damit in den Ohren. Das hat mir eigentlich auch nichts ausgemacht. Ich war mit ihr auch immer mal wieder im Urlaub und konnte mit ihr über alles reden.
Als es mir dann im Lockdown mit dem Tumor und der sozialen Ausgrenzung von mir im Freundeskreis schlecht ging, sagte sie zu mir, dass sie sich mein Gejammer nicht mehr anhören könne. Ich sei an meiner Lage selbst schuld, weil ich mich ja allem technischen Fortschritt verweigern würde. Ich sei ein Jammerlappen und ich solle froh sein, keinen Schwangerschaftsabbruch erlebt zu haben. Mich hat das sehr verletzt, ich konnte dazu aber nichts sagen in der Sekunde. Ich war wie versteinert, wie in der Situation in der Handballkabine.
Bei unserem nächsten Treffen drei oder vier Monate später (wir wohnen 250 Kilometer entfernt) fing sie wieder mit der Schwangerschaft an. Ich sagte ihr dann wortwörtlich:
Ich kann dein Gejammer über den Abbruch nicht mehr hören. Du hast wie ein billiges Fl*ttchen deine F*tze besamen lassen und trägst dafür die Verantwortung. Sei froh, dass du noch keinen Tumor hattest.
Sie fing dann richtig an zu weinen und hatte die ganze Nacht durchgeweint (sie hat bei mir in der Wohnung im Gästezimmer geschlafen).
Sie hat dann irgendwann die Wohnung verlassen (muss so gegen 6 Uhr gewesen sein) und wir hatten keinen Kontakt mehr. Auf SMS von mir hat sie nicht mehr geantwortet.
Vielleicht hätte ich hier das nicht sagen dürfen. Andererseits hat es mich schon sehr geärgert, dass sie mir kein Ohr geliehen hat und meine Sorgen als harmlos abgewiesen, mich dann aber wieder als Mülleimer missbraucht hat.
Abschluss:
Ich danke euch sehr für eure Antworten. Gerade am letzten Beispiel habe ich mich nicht mit Ruhm bekleckert. Aber in den ersten drei Fällen kann ich nicht verstehen, warum die Menschen so reagiert haben.
Bin ich ein schlechter Mensch?
Es fällt mir mittlerweile sehr schwer, Anschluss zu finden. Ich habe private Badminton-Freizeotgruppen und ähnliches über die VHS gebucht. Es wurden dann immer von einer Person Telefonnummern gesammelt - gehört habe ich aber nie mehr etwas. Egal ob Sport, Koch- oder Handwerkskurse. Ich weiß echt nicht, was ich falsch mache.
Danke und LG
Lonesome
P.S.: Nochmal danke, dass ihr bis hier gelesen habt.
10.02.2023 20:44 • • 25.03.2023 x 9 #1
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