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Zur Einleitung:

Ort X ist meine Heimat, dennoch stecke ich viel Zeit in die Reaktivierung unserers alten landwirtschaftlichen Betriebes, welcher seit 30 Jahren ruht. Es ist eine Vielzahl an historischen Geräten vorhanden, und seit meiner Kindheit träume ich davon wieder mit den Oldtimern zu arbeiten, und den Betrieb wieder zu führen, dennoch ist Ort X meine Heimat, und mein eigentlicher Heimatbetrieb und ich liebe diesen Hof sehr tief.

Warum tue ich mir das an ? Wozu mache ich das alles ? Ich habe keinen Nutzen davon, sollen mich die 500 Euro Heugeld befriedigen ? Ich weiß es nicht, werde ich womöglich nur ausgenutzt, werden meine Arbeitskraft, sowie meine Leidenschaft nur missbraucht, um einem Anderen den Hof zu entrümpeln.
Von Wertschätzung ist keine Spur zu fühlen, weder von Musterstadt (ehemaliger Betrieb) oder von Ort X (Heimatbetrieb).
In Musterstadt habe ich Angst, dass ich dem dortigen Wille nicht pariere.
Deswegen zögere ich, und stehe in Unsicherheit. Was soll ich tuen, meiner Leidenschaft folgen, oder meinem Gewissen recht geben. Ich weiß es nicht, wenn ich draußen stehe weiß ich nicht mehr was ich tuen soll. Ich habe Druck von meiner Familie, ich muss auf Abruf sein, muss Arbeiten, und eben meine Pflicht zu Hause tuen.
Dieses tue ich seit Jahren, dennoch kam Ende 2021 etwas dazwischen.
Ich hatte die Chance eine ehemalige Grünfläche zu erben, und diese für mich zu nutzen.
Aus dieser Chance machte ich eine riesen Problematik, ich sah mich aufeinmal in der Pflicht, dass ich den kompletten Hof wieder auf Vordermann bringe, und meine eigene Existenz aufbaue.
So banal es klingt, so stark kann nicht mal ein halber Hektar Wiese, sowie eine Hand voll uralter Maschinen auf einen jungen Geist wirken.
Das Gefühl von Verantwortung, sowie der innere Druck endlich vorranzukommen.
Doch bin ich da angekommen wo ich hin wollte ?
Nein, ich bin täglich unglücklich.
Ich bin nicht entschlossen, und habe keinen inneren Kompass mehr, welcher mein Handeln bestimmt. Könnte doch bloß das Leben einfacher sein, und könnte ich wieder so Fröhlich und Leidenschaftlich wie früher sein.Im Rückspiegel blicke ich so sehnsüchtig zurück, was habe ich alles aufgegeben.
Versuche ich evtl. nur wieder diesen alten Zustand zu erreichen, und baue mir damit einen Haufen Luftschlösser ? Oder muss ich diese Zeit durchleben, um endlich eine Art inneren Kompass zu entwickeln, falls ja, wann treffe ich endlich eine Entscheidung welche Seite ich möchte.
Hinter mir verhärten sich die Fronten, die Familien distanzieren sich, Familienteile haben den Kontakt abgebrochen, und wieder andere führen eine Art "kalten Krieg" eben Worte, welche beide denken, aber keiner ausspricht. Mein Vater ist seit Kindertagen an mein Vorbild, wir haben zusammen gelacht, geweint und immer zusammengehalten. Diese Allianz scheint nun geschwächt, habe ich zu viel gewollt, habe ich vergessen was wirklich zählt.
Irgendwie fühle ich mich nicht mehr frei und ich fühle mich schuldig, doch für was ?
Ich habe weder meine Lüste erfüllt, noch meine Arbeit vernachlässigt, ich habe sie nur verlagert, offenbar ein großer Fehler.
Kann denn Fleiß und Arbeit Sünde sein ?
Ich war mein Leben lang bescheiden, und entschlossen meine Familie stolz zu machen.
Doch es bröckelt, die Menschen werden älter, der gesellschaftliche- und politische Rahmen wird härter. Diese Entwicklung merke ich stark, doch wie kann ich ihr entgegentreten ?
Meine Großeltern sind ebenfalls älter geworden, mein Kinderbild verblasst immer weiter, langsam erkenne ich, wie sehr sie und meine Eltern gegenseitig verstimmt sind.
Jahrzehntelang wurde man gegenseitig nicht einig, Gutmütigkeit meiner Eltern stieß auf Sturheit und Missachtung.
Dieses machte auf Dauer mürbe, ein großer Konkurrenzkampf zwischen beiden. Einer, welcher aber still ausgetragen wird.
Ich habe das Gefühl, dass ich zum Spielball geworden bin. Meinen Bruder hat es stärker getroffen, er steckt so viel Liebe und Hoffnung in dieses Projekt, und scheint dabei komplett sich selbst zu verlieren, aufgrund dieses Projektes sind schon so viele Streitereien entstanden, zwischen uns, aber auch mit meinen Eltern, da ich offenbar die Bodenhaftung verloren habe, und die eigenen Pflichten vernachlässige. Und ich nehme diese Kritik an, ich sehe was ich angerichtet habe, wo einst Ordnung und Sauberkeit herrschte ist heute ein riesiges Chaos, und überall liegen Reste meiner Leidenschaft herum. Ich habe schon oft versucht es zu ändern, aber ich bin immer gescheitert.
Entweder weil ich keine Zeit fand, und andere Dinge vorschob, aber auch weil ich nicht weiß was ich verbessern soll.
Verlagern, Verlagern Verlagern, es sind keine Lösungen…
Was soll ich tuen, mein gesamtes Einkommen finanziere ich dort hinein, ich habe kaum andere Hobbies mehr, meine Freizeit ist nur diesem Projekt geschuldet.
Habe ich mich selber verloren ? Ich bin ein Junge in meinen besten Jahren, sollte ich nicht hinausgehen und meine Jugend genießen, jemanden kennenlernen oder meine Karriere in die Hand nehmen.
Ich will nur wissen, wie ich diese Zeit überwinde.
Als ich heute auf diesem Betrieb unterwegs war sah ich etwas ganz normales, was mich total aus der Bahn warf.
Es lag eine Warnweste, ein Kugelschreiber, sowie ein kleines Gefäß mit Bremsflüssigkeit herum.
Es gehört meinem Vater, ein Rest von ihm, das einzige was von ihm dort geblieben ist.
Er verkaufte seinen Mähdrescher, da er sich nicht mehr in der Lage sah selber körperlich ihn zu fahren, und die Maschine zu wartungsintensiv wurde, ebenfalls verkaufte er ihn, da er nicht länger an diesem Standort arbeiten wollte, der Betrieb diente seit jeher als Stellplatz für wenige Maschinen.
Alle hat er wieder zurückgeholt, nun steht nichts mehr von ihm dort, nichts, außer diese drei Gegenstände
Ich habe sie genommen und sehr sorgfältig in meinem Auto verstaut. Und das zeigte mir wo ich hingehöre, dass ich in Mitten des ganzem Fremden und Neuen etwas vertrautes und verwandtes fand. Es löste irgendetwas in mir auf, etwas beruhigendes, etwas was mir zuruft, dass ich erkenne, wie sehr mein Vater bereits gescheitert ist, und dass ich ihm folgen solle, dahin wo ich hingehöre.
Ich fühle mich tief schuldig, dass ich eben endlich wieder umkehren muss.
Das ich wieder zurück zu meinem Vater muss, ansonsten verfalle ich einen tiefen Graben, welcher mein altes Ich komplett verschlingt. Und ich habe es zu Hause nie schlecht gehabt, der Toleranz meines Vaters verdanke ich es, dass ich überhaupt solche Projekte annehmen kann.
Ich werde komplett ausgefüllt von diesen Projekten, aber nicht mit Hoffnung und gutem Gefühl, ich werde ausgefüllt mit Belastungen, Verpflichtungen und immer neuen Reparaturen und Bestellungen welche mich langsam auszerren, und ebenfalls meine Zeit rauben.
Ich habe keine Zeit für die Schule, meine Gedanken sind immer fort. Egal was ich tue, ich finde keinen Freiraum, und wieder frage ich mich, warum tue ich das ?
Wem soll ich etwas beweisen ? Es fühlt sich alles so falsch an… Vor 2 Jahren war noch alles anders.
Zeiten haben sich geändert, doch viele Dinge blieben gleich. Und ich habe diese gleichbleibenden Dinge eben vergessen, ich habe sie bei Seite geschoben. Damit habe ich einen großen Teil meiner alten Lebensfreude verloren. Ich habe sie ersetzt mit Verpflichtungen, Belastungen und immer neuer Verzweiflung, und wieder die Frage: Warum tue ich das ?
Ich bin nicht mehr der lustige, lebensfrohe Junge der ich mal war.
Und was ist der Preis davon, ich weiß nicht wofür ich es tue, es verschlingt meine gesamten Ersparnisse, meine Familie enttäuscht es, ich finde keine Freuden mehr,…
Dafür habe ich einen veralteten Betrieb, welcher komplett zugemüllt ist.
Ich habe auch Erfolge gehabt, Ich und mein Bruder haben schon vieles bewegt.
Aber irgendwie füllt es einen nicht aus, es fehlt der Sinn sowie der Rückhalt in der Familie.
Die Wertschätzung, und die beruhigende Stimme "Du tust das Richtige".
Es fühlt sich an wie ein Burn-Out innerhalb von 2 Jahren, kann so etwas so schnell gehen, oder muss ich mich zusammenreißen.

08.04.2022 22:34 • 09.04.2022 x 1 #1


1 Antwort ↓

Ich habe Mal gelesen, dass man alles immer nur für sich selbst macht. Du kannst so weitermachen, oder du triffst eine Entscheidung . Nur du kannst diese Entscheidung treffen. Oftmals quälen sich Menschen nur, weil sie diese Entscheidung nicht treffen möchten. Hier sind auch viele Erwartungen. Ob du das Richtige tust, kannst nur du entscheiden. Zufrieden und glücklich ist man, wenn man seinem Herzen folgt. Du bist niemandem verpflichtet, du gestaltest dein Leben. Gestalte es so, dass es dich dahin bringt, wo du hin möchtest. Im Prinzip kennst du die Antwort, aber Loslassen ist nicht einfach.




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