Zitat von gefuehlsmensch:Wer hat sich schon mal überlegt, Aussteiger zu werden oder das gar getan?
Ich war wohl für ein Weilchen sowas wie eine Aussteigerin. Ich habe in den 70-er Jahren für fast 2 Jahre auf Kreta gelebt, einen Großteil davon in den Höhlen von Matala und der Umgebung. Die Matala-Höhlen waren zum Zeitpunkt meiner Ankunft bereits vom großen Hippieansturm zwangsgeräumt, was uns aber nicht daran gehindert hat, sie mit neuem Leben zu bevölkern. Wir wurden in schöner Regelmäßigkeit immer wieder von der Polizei vertrieben und verbrachten dann einige Woche an anderen Stränden, kehrten aber immer wieder zu den Höhlen zurück.
Mein einziger Besitz war mein Rucksack mit ein paar Klamotten, ein Schlafsack und eine Isomatte, Tasse, Teller, Besteck und zwei Töpfe, von denen ich einen am Strand gefunden hatte. Gelebt haben wir von dem, was sich bot: Silberschmuck, gehäkelte Kleidungsstücke, wie Mützen, Westen oder Schals, Straßen- und Strandmusik und ab und zu einem Kellner- oder Küchenhilfsjob. Letztere gab es kaum, und wir haben die wenigen untereinander weitergereicht, wenn wir nach ein paar Tagen, selten Wochen keine Lust mehr auf regelmäßige Arbeit hatten.
Auch von den Kretern kriegten wir immer wieder Lebensmittel gespendet, denn es gab viele, die unsere Anwesenheit gut fanden. Allerdings auch viele, die das nicht taten und uns das Leben schwer machten, indem sie die Polizei schickten oder die Höhlen verwüsteten, wenn wir nicht da waren. Wir alle waren fast immer hungrig und dürr wie Windhunde, aber das hat niemanden gestört. Das wilde, freie Leben und die Gemeinschaft untereinander waren das, was zählte.
09.12.2020 14:53 •
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