Erst einmal vielen Dank für Deine Antworten und Deine Offenheit. Ich möchte den Versuch unternehmen und die Dinge aus meiner Sicht etwas beleuchten
Du hast geantwortet:
Ich vermute, meine Komplexe kommen auch daher, weil ich mathematische und strategische Fähigkeiten als wertvoller betrachte als meine eigenen / andere Stärken… dass Mathematik bspw viel wichtiger ist als sprachlich gut zu sein bzw man als Zahlenmensch intelligenter ist. Das wurmt mich bzw gibt mir ein schlechtes Gefühl. Oft habe ich auch das Gefühl, dass eben diese Menschen das ebenfalls so sehen und auf einen herabsehen…
Wie ich bereits angeführt hatte, hat jeder Mensch individuell ausgeprägte Stärken. Als Zahlen- oder Mathebegabter ist man allerdings nicht unbedingt intelligenter als ein Sprachbegabter. Was ist schon Intelligenz? Die kann auf vielerlei Ebenen zur Wirkung kommen. Neben der Kognitiven Intelligenz, die mittels IQ-Tests ermittelt wird, gibt es eben auch die ebenso wichtige Emotionale Intelligenz. In letzterer spielt die Sprache, die Art und Weise des Ausdrucks, eine viel grössere Rolle als die mathematischen Fähigkeiten eines Menschen. Zahlenmenschen sind oft kalte, berechnende, an Empathie verarmte Menschen, die eher distanziert sind und somit nicht unbedingt gut mit ihren Mitmenschen zurecht kommen. Aufgrund dessen oft auch nur schwer einen Partner fürs Leben für sich gewinnen können.
Die grössten Denker und die mächtigsten Menschen in der Geschichte der Menschheit waren vor allem eines: Visionäre die eine grosse Idee hatten und weise Entscheidungen trafen die richtigen Mitstreiter um sich zu scharen, welche all die Fähigkeiten mitbrachten die sie selbst nicht hatten aber dringend benötigt wurden, um ihre Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich glaube kaum, dass z.B. ein Mahatma Gandhi ein Zahlenmensch war. Als studierter Jurist und Anwalt war der sicher kein schlechter Stratege, doch er war viel mehr als das. Ein emphatischer Mensch der andere gewinnen konnte. Diese Empathie und seine sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten ihm dazu verhalfen ein 300 Mio Volk und drei Weltreligionen hinter sich und seine Vision eines freien und unabhängigen Indiens zu vereinen.....
Wenn Dir Menschen, die bessere Mathematiker und Strategen sind als Du wichtiger und bedeutender erscheinen als Menschen die sehr gut dabei sind Wissen, Mitmenschlichkeit und sprachlichen Ausdruck zur Vollendung zu führen, dann wäre die Welt in der Tat eine erbärmliche, wäre sie arm an Farben und Freude.
Alleine schon wenn in Dir das Gefühl aufkommt, dass andere in betreffenden Situationen mitleidig auf Dich herabschauen, dann solltest Du Dir vielleicht einmal Gedanken darüber machen ob Du in dieser, ihrer gefühlsarmen und herablassenden Welt, überhaupt einen höheren Stellenwert besitzen möchtest.....?
Du hast weiter geantwortet:
Die Frage bezüglich jemanden zu haben, den man dann quasi um Rat fragen kann: Das ist das Beunruhigende oder Schwierige daran: ich bin neidisch und mache mich selbst fertig. Ich möchte genauso gut / intelligent sein. Vor ALLEM bei meinem Partner. Ich möchte mit meinem Partner auf Augenhöhe sein. Aber wer möchte das nicht? Für mich führt das Ganze bis zu Trennungsgedanken.
Es ist für mich z.B. unmöglich auf Augenhöhe mit meiner Frau über Gefühlsthemen zu sprechen. Das nach nun immerhin 32 Ehejahren. Du wirst Dich nun vielleicht fragen: Warum nicht? Ganz einfach weil ich noch so viel von meiner Frau zu lernen habe und dennoch nie an sie heranreichen werde, Ganz einfach weil ich ein Mann bin und sie eine Frau. Unsere Gehirne funktionieren vollkommen verschieden und ich finde das einfach nur toll und spannend. Ich fühle mich nicht unterlegen und meine Frau sich ebenfalls nicht. Wir sprechen über alles und so findet sich immer ein Konsens in allen Fragen eben genau weil wir nicht intellektuell und emotional nicht auf Augenhöhe sind. Was im Gespräch entsteht ist Kohärenz und eben nicht Konkurrenz. Das letzte was ich und meine Frau möchten ist zu konkurrieren. Wenn Du mit Augenhöhe gleichberechtigt meinst ist das in Ordnung auf dem gleichen Wissensstand, was könnt ihr dann einander noch geben?
Willst Du Deinen Partner lieben oder möchtest Du ihn besiegen? Diese Frage solltest Du vielleicht einmal für Dich beantworten... Was ist Liebe
Womit wir zur letzten Antwort gelangen:
JA, leider ist es mir scheinbar sehr wichtig, was andere von mir denken. Ich habe leider keine Ahnung, wie man das los wird. Es ist sehr belastend. Vor allem, wenn jeder eine andere Meinung hat. Das führt regelmäßig zu einer ziemlichen Zerrissenheit. Ich bin leider sehr beeinflussbar. Mich treffen auch Kommentare anderer regelmäßig sehr und ich mache mir viele Gedanken.
Leider weiß ich nicht, woher das alles genau kommt und wie man das ändern kann.
All das kommt aus Deinem (verletzten) Inneren Kind. Schon in frühen Jahren, lange bevor wir überhaupt ein entsprechendes umfassendes Bewusstsein für das Geschehen rund um uns herum entwickelt haben, werden wir und unser Verhalten geformt. So wie ich aus Deinen Worten entnehme hast Du schon früh (ggf. nicht reale doch zumindest gefühlte) Ablehnung, die Angst vor dem Verlassen-Sein kompensieren müssen. Dazu zu gehören, das sog. Belonging ist der wohl mit stärkste Antrieb in unserem Leben. Nun kann sich allerdings ein Kleinkind sein Umfeld nicht aussuchen und wird in eine Welt geboren und wächst in einer Kultur auf die es nach und nach adaptiert um sich darin zurecht zu finden und seinen Weg zu machen.Bei Dir erscheint es mir, als dass Du Liebe, Zuneigung und Zugehörigkeit offenbar primär dann intensiv erfahren hast, wenn Du weniger den eigenen als vielmehr den Ansprüchen anderer entsprochen hast.
So hast Du irgendwann, durch welche äusseren Einflüsse auch immer gefördert, gelernt, dass es zielführend ist sich an den Wünschen und Bedürfnissen der jeweiligen Zielperson, von der Du Dir diese Form der Wärme und Geborgenheit ersehnst, zu orientieren.
Zum inneren Konflikt wird dies immer dann, wenn sich bei diesem Bemühen die Meinungen zwei Zielpersonen, die Dir emotional besonders nahe stehen, (wie die erwähnten Schwestern) gegenseitig in die Quere kommen. Das führt dann zur Inneren Zerrissenheit (Wer bzw. wessen Meinung ist Dir die wichtigere/liebere) . Das passiert aber nicht weil zwei Meinungen im Raum stehen, sondern weil Dein ICH, Dein EGO, dein verschüttetes natürliches Kind in Dir, offensichtlich keinen eigenen Raum (mehr) hat in diesem Szenario, bzw. sich keinen angemessen Raum verschaffen kann.
Du bist einfach zu wenig Du! Du bist viel mehr die Anderen als Du selbst!
Dasselbe passiert beim Partner wenn Du glaubst seinen Ansprüchen, die nicht einmal direkt von ihm selbst als vielmehr aus Deinem Inneren kommen, nicht genügen zu können. Dann werden die vermeintlichen Ansprüche des Partners plötzlich zu den Deinen, projizierst sie jedoch auf den Partner wie ein, mit Verlaub, Kind, dass sich als der Mittelpunkt der Welt, den Auslöser allen Geschehens betrachtet. Ladest alle Last der Welt auf Deine Schultern unter der Du nicht umsonst oftmals zusammenzubrechen drohst.....
Wie Du das ändern/abstellen kannst? Hier in diesem Forum kann ich Dir das leider nicht in der Tiefe ändern. Dafür bräuchten wir ein paar Stunden, um das aufzuarbeiten.
Was Du jedoch tun kannst ist, einmal in Dich zu gehen, weit zurück in die Vergangenheit, um vielleicht einige Schlüsselerlebnisse noch einmal zu erfahren, welche Dir Dein natürliches inneres Kind zugeschüttet haben könnten.
Am besten geeignet wäre hierzu wahrscheinlich ein guter Hypnose-Therapeut der bestehende Blockaden im Wachzustand brechen könnte, um Dir den Zugang zu diesen Ereignissen zu verschaffen und aufzulösen. Sprich mit diesen Erlebnissen so zu versöhnen, dass sie zwar da sind (das ist auch vollkommen okay) aber nicht mehr unbewusst Macht über Dich, über Deine Gefühle, Dein Denken und Handeln ausüben können.
Mehr kann ich leider von hier aus nicht für Dich tun. Sofern ich Dir überhaupt etwas Gutes tun, bzw. ich mich mit meiner Analyse etwas näher an die Realität herantasten durfte.
In diesem Sinne verbleibe ich
Ganz liebe Grüsse
Achtsamkeit
13.01.2023 19:04 • x 1 #21