Vielen Dank für Eure interessanten Antworten!
Zitat von Feuerschale:Entschuldigen wirkt auf mich schnell wie eine Floskel. Kann ich so als rein wörtliche Transaktion nicht
verstehen oder annehmen. (oder aussprechen)
Ich glaube, die wörtliche Tat ist zumindest besser als nichts - zumindest wenn sie freiwillig vom Schuldner erbracht wird, ist davon auszugehen, dass es ihm leidtut und er seine Schuld anerkennt. Ein erster Schritt, sozusagen - der auch beim Geschädigten einiges Heilsames auslösen kann!
Zitat von Feuerschale:Für mich wäre das wie ein Prozess, dass der jenige, der Schuld hat ganz genau hinsehen kann,
und versteht, worin genau die Schuld oder das Leid liegt und es ihm dann aufrichtig um den anderen
Leid tut, er das Leid quasi mitempfinden kann.
Ja, genau diesen Prozess meine ich. Ich finde, er stellt für eine echte (d. h. hier: vollständige) Entschuldigung sowohl die Voraussetzung als auch den aktiven Anteil des Schuldners dar.
Zitat von Feuerschale:Das braucht Zeit, Vertrauen, Empfinden, Einsicht und am besten auch noch eine Wiedergutmachung.
Das ist für mich ein so langer Weg, der noch an vielen vorherigen Hürden scheitern kann.
(überhaupt Leid und Schuld anerkennen, zuhören).
Ja, da hast Du Recht - sehe ich genau so.
Zitat von Feuerschale:Ich denke nicht, dass ich mich alleine entschuldigen kann, weil das für mich eher ein Prozess / Begegnung
ist und der andere ja entscheidet, wie aufrichtig das wohl ist oder ob es entschuldbar ist.
Ja, alleine kann keine vollständige Entschuldigung zustande kommen.
Aber ich denke, wirklich aufrichtig um Entschuldigung zu bitten, kann (!) - trotz verweigerter Annahme - sehr vieles zum Positiven verändern: Sich selber Schuld eingestehen und dies zum Ausdruck zu bringen, kann auch einseitig sehr erleichtern. Schuldgefühle können furchtbar viel Energie rauben, sie können langfristig krank machen.
Ein Beispiel: Ich habe mal versehentlich einen Nachbar abgewiesen (das war beruflich), weil ich ihn nicht mehr erkannt hatte (er darf offiziell nicht bei mir einkaufen, aber bei ihm hätte ich natürlich eine Ausnahme gemacht). Wir liefen uns bis dahin in der Tat jahrelang einfach nie über den Weg - er hatte seine Frau durch eine tragische Krankheit verloren und war sichtlich gealtert. Als er dann ziemlich beleidigt (verständlich!) abgezogen ist, kam mir sein Gesicht doch irgendwie erkannt vor und ich erinnerte mich. Da war es allerdings schon zu spät. Obwohl das für Außenstehende vielleicht eine Lappalie ist, mir hat das ziemlich arg zugesetzt. Irgendwie schaffte ich jahrelang nicht, mich bei ihm zu entschuldigen und ihm die Sache zu erklären. Ich habe mich geschämt und ging davon aus, dass er mir nicht glauben würde. Obwohl wir uns dann einige Zeit auf der Straße sahen, kam es seinerseits zu keinem Blickkontakt mehr. Nach ca. 3 Jahren (!) schrieb ich ihm einen Brief, in dem ich ihn um Entschuldigung bat und ihm die Sache erklärte. Das war für mich sehr wichtig - ich fühlte mich einfach wohler danach. Es mussten weitere 1-2 Jahre vergehen, bis wir uns wieder auf der Straße grüßten und kürzlich redeten wir gar ein paar Worte miteinander, als wir uns beim Straßenkehren trafen. Ich glaube, wir sind wieder im Reinen, obwohl er meine Entschuldigung wörtlich nie akzeptiert hat.
Zitat von MutigerMäuserich:Hab Mal einen Pastor drüber reden hören, das man nur selbst entschuldigen kann, also jemandem die Schuld erlassen. Möchte man um Entschuldigung bitten, bittet man um Verzeihung.
Stimmt - die Formulierung machts! Unsere schöne, deutsche Sprache...