Yalp
"Hallo Meeeeeedchen!" kreischte diese mit ihrer nervigen Fistelstimme in die Kamera. "Ihr wisst es alle, nur eine kann Germany’s next Topf-Model werden! Packt eure Sachen, in einer halben Stunde werdet ihr abgeholt. Es geht ins Weltaaaaaaaall!" Kreischen.
Linda, die mandeläugige Außenseiterin der auf acht Models (w/d) geschrumpften Gruppe, schaukelte nervös und wie verrückt in der Hängematte auf dem Balkon herum. Sie sonderte sich meistens von den anderen ab. War klar. War immer so, seit die Staffel begonnen hatte. Während Linda aus den Augenwinkeln dem Display ihres Telefons folgte, ließ sie sich dunkle, lange Nudeln in den Mund hängen, die ein wenig an Regenwürmer erinnerten. Dann saugte sie sie in einem Zug ein. Sie hätte allerdings auch echte Würmer oder Käfer gegessen. Nur Frösche rührte sie niemals an. Aus Tierschutzgründen. Sich Frösche beim Shooten auf den Kopf setzen zu lassen, war gerade noch so vertretbar für Linda. Auch schon grenzwertig.
Vor der neuen Staffel hatten sich die Medien ja fast überschlagen: Es tobte der absolute Kitch-Fight unter den internationalen Markenanbietern von Küchentöpfen. Bis zuletzt war unklar geblieben, wer den Zuschlag als Sponsor für die Topf-Model-Wahl bekäme. Letztlich machte W*F das Rennen mit seinen High-Class-Arbeitsgeräten und durfte Germany’s Next Topf-Model ausrichten – GNTM, wie Insider wissen.
In dieser Staffel sollten auch die Locations ganz besonders ausgefallen sein. Nicht kleckern, klotzen war die W*F-Devise. Oder darf man Markennamen ausschreiben? WMF ist gemeint. Eine Location war ein aktiver Vulkan auf der Hawaiianischen Insel Maui, wo auch die Villa lag. Eine andere: Weltraum-Kulisse mit sich rasend schnell bewegenden Asteroiden, auf denen die Möchtegern-Models wild posieren mussten, während sie alles taten, um das Gleichgewicht zu halten. Das waren sündhaft teure Spezial-Maschinen. Klar, die Zuschauer konnte man längst nicht mehr mit altbackenen Ideen abspeisen. Topf-Model muss trendy sein und se xy und Quoten-Renner. Die Verbreitung des Formats unter jüngeren Zuschauer*innen hatte zuletzt sehr gelitten und rapide abgenommen – auch im Online-Segment. Kids schauen ja kaum noch Fernsehen. Aber sie fielen auch zu Tausenden von den Online-Angeboten ab. Das hatte sogar die Moderatorin aus ihren inflationären Selbstinszenierungen mit ihrem Gatten aufgeschreckt. Achtungs-Erfolge waren ihr natürlich zu wenig, sie wollte Show-Runnerin bleiben.
Eine Idee, passend zum Space-Shoot, war der polygone WMF-Topf. Das Ding war sofort nach Ausstrahlung der Sendung der Vorbestellungs-Renner im Internet. Das www glühte! Synergien zwischen GNTM und Produkten waren ja eine sehr alte Tradition, die sie bei Pro7 pflegten. Längst waren es nicht mehr nur Kosmetika.
In wenigen Wochen war das große Finale.
Das Topf-Model-Finale konnte endlich, endlich wieder mit Zuschauern stattfinden. Was jedoch noch niemand ahnen konnte… Achtung Spoiler-Alarm: Der sorglose Umgang mit Vulkanen und Asteroiden hatte ein Tor in der Raum-Zeit-Dimension geöffnet. Und durch dieses würde am Tag des großen Finales eine Kreatur am Finale teilnehmen, die… Ach, sehen Sie einfach selbst, was am Ende des Catwalks wartet. Aber seien Sie gewarnt: Die GNTM-Moderatorin war noch nie so spektakulär und zugleich verstörend-eklig. OMG!
Trigger
https://www.youtube.com/watch?v=xpNcs3RtB-Q
500 / 15
04.06.2022 09:39 • x 2 #281