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weiß und schwarz – eine Bilanz


Ich sah gestern in mein Bücherregal:
Postiv: dort stehen einige psychologische Bücher zur Selbsthilfe.
Negativ: ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, diese Bücher zu besitzen.

Ich nahm heute mein Bett auseinander, um das Fußteil zu erhöhen.
Positiv: gut daß ich das noch kann, es wird dem Kreislauf gut tun.
Negativ: ich hatte Luftnot dabei.

Ich ging in den Keller zum Waschautomaten.
Positiv: Vorsatz von gestern ohne Ausreden ausgeführt.
Negativ: ich traf jemanden, den ich vielleicht kennen müßte, wußte aber nicht, wer es ist.

Trotz meines konstanten Angstzustandes beschäftige ich mich ständig mit irgend etwas
Positiv: es lenkt ab.
Negativ: ich werde heute wieder nicht spazieren gehen.

Ich habe eine neue Körperwaage bestellt.
Positiv: gut, wenn man trotz Depression sein Gewicht unter Kontrolle halten will.
Negativ: bereits eine Stunde nach der Bestellung bereute ich diese Geldausgabe.


Ich habe die Wäsche zum Trocknen aufgehängt.
Positiv: bald ist wieder Ordnung im Wäscheschrank.
Negativ: die Wäsche war gar nicht so wichtig wie es die Fußböden sind.

Ich habe heute jemanden gesehen, der mich nicht leiden kann.
Positiv: nichts.
Negativ: alles.

Diese DIN A4-Seite ist nun bald voll beschrieben.
Positiv: die Leser können sich wieder entfernen.
Negativ: es liegt noch mehr Papier im Drucker.

Mir ist nach Lachen zumute.
Positiv: Lachen ist gesund.
Negativ: es könnte ein irres Lachen sein.

Das war es nun.
Positiv: jetzt fällt mir Nietzsche ein.
Negativ: der war auch irre.

24.07.2010 20:22 • 26.07.2010 #1


luzide Träume


„Hier ist Ihre Haut,“ sagt sie. Über dem linken Unterarm trägt sie ein langes, schlaffes, dunkles Gebilde. Das muß meine Haut sein. Sie ist die Pflegerin, die sie mir zugeordnet haben -, die mit dem runden Kopf und dem noch runderen Körper -, diejenige, die mit fahrigen Handbewegungen demente Menschen als „Leute ohne Hände“ beschreibt. Ich kann sie nicht leiden. Und sogleich – wie um meiner Antipathie zu entfliehen - zieht es mich träumend in ein Röntgengerät, in dem ich vor achtundfünfzig Jahren stehend aus einer Bewußtlosigkeit aufgewacht bin, nachdem mich eine Straßenbahn angefahren hatte. Irgendwo links hinter mir steht mein Vater, den sie später zur Polizei zitieren werden, um ihn wegen mangelnder Aufsichtspflicht zu beschimpfen. Dabei war er gar nicht zugegen, als das mit der Straßenbahn passierte. Der Polizist meinte, mein Vater solle sich bei dem Straßenbahnführer bedanken, daß er so schnell gebremst hatte. (Im Klar-Bewußtsein denke ich: wäre er doch weitergefahren.) Weshalb wohl fand ich mich ‚stehend’ in einem Röntgengerät und nicht liegend auf einem Tisch? Vielleicht haben mir ja damals die Streustrahlen mein Gehirn zerstört. - Ein Arzt – rechts von mir sagte -: „Sie hat einen Schlüsselbeinbruch.“ Der Raum war dunkel -, doch seltsam, in meiner heutigen Sicht erscheint er strahlend hell erleuchtet. -
Dann wechselt die Szene, und ich verlasse den Vorraum einer orthopädischen Klinik, an deren Pforte ich um das Herbeiholen eines Taxis gebeten hatte. Nach einem langen Spaziergang zwecks Sammelns schöner Fotos war ich nun zu müde gewesen, den Rest des Heimweges zu Fuß noch schaffen zu können. Für das notwendige Telefonat hatte der freundliche Pförtner nicht einmal Geld haben wollen. Und so tatsächlich, wie sich mir heute diese Szene im Halbschlaf zeigt, so real war auch vor Jahren der Vorfall.

Es ist Sonntag zehn Uhr. Die Nachbarn rücken Möbel und lassen schwere Gegenstände fallen. Es macht mich wach. In der Ferne läuten Kirchenglocken. Ich finde es albern. Wo denn ist dieser „barmherzige Gott“? Ein Gott, der sich nicht gleichermaßen um alle Menschen kümmert. Sieht er nicht, wie es mir geht? Wie sehr ich Barmherzigkeit nötig hätte? Ich werde die Hölle wiedererkennen, habe ich sie doch zu Lebzeiten schon durchlitten. Ohne Gottes Hilfe.

Viele kleine gelbe Dreirädchen zeigen mir, daß ich wieder in die luziden Träume versunken bin. Sie stehen hintereinander aufgereiht bis auf eines, das sich mir zugewandt hat. Alle sehen aus, als wenn sie auf ihre Fahrer warteten. Und das vorderste scheint mir etwas sagen zu wollen.
Ich aber sehe auf den Wecker auf meinem Nachttisch. Seit meinem ersten Aufstehen habe ich nun noch einmal fünf Stunden im Bett verbracht. Zumeist in diesen Halb-Träumen um jene Pflegerin mit meiner Haut über dem Arm, um jene stattgehabte Situation des Röntgens in meiner Kindheit – und um die kleinen gelben Dreirädchen. Mir ist übel. Beide Schlüsselbeine schmerzen. Ich friere bei vierundzwanzig Grad im Raum. Ein starker Schwindel ist objektiv nicht begründbar. So in der Mitte eines Tages frage ich mich nun: wo ist mein ICH?

A


"Nahtod"- Fortsetzungen

x 3


Zitat von MissTake:
luzide Träume

http://de.wikipedia.org/wiki/Klartraum

Dieser Thread ist meinerseits ab heute geschlossen.



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