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Ich werde demnächst Märchen, Märe sowie Sagen über rätselhafte Gestalten wie das Moosweiblein, den ursprünglichen europäischen Drachen, der schlangenartig und klein wie ein Huhn daherkommt, aber genauso gefährlich sich darstellt, wie man ihn in seiner heutigen Größe kennt, aber auch über Jahreszeiten, Götter, Menschen wie Mönche, Nonnen, Kaufleute usw. schreiben.

Das Moosweiblein wird eine besondere Rolle spielen, weil es zum einen die Hauptrolle im ersten Märchen innehat, zudem soll sie später immer wieder als Erzählerin auftauchen, gerade wenn ich über bestimmte Feste des Jahres in Geschichten erzählen werde, wie oder was sie vorher darboten und dementsprechend mit heute vergleiche oder eben nicht.

Sie hat viel erlebt unter der Menschheit, auch wenn sie heutzutage ewig woanders existiert, hat sie wiederum ein langes Leben unter uns verbracht. Ihre Buschgroßmutter wird ihr stets als Erscheinung begleiten und somit ebenfalls dabei eine Rolle spielen, obschon sie ihre Mutter ist, kann sie ihre Liebe ihrem Kind nicht derart offenbaren, wie sie es sich wünschen würde, deswegen ist sie so glücklich, dass dieselbe unter den Menschen ebenjene gefunden hat, obwohl es ihr weidlich schmerzt, liebt sie dafür nicht minder die Familie, in der das Moosweiblein sich heimisch fühlt.

Ich hoffe, diese langsam stetig wachsende Sammlung wird bei euch Anklang finden und ihr habt hierbei Vergnügen, diese Märe zu lesen. Manche werden kurz sein, andere werden dementsprechend ausufern.

Viel Vergnügen wünsche ich euch allen beim Lesen.

Vielen Dank für eure kostbare Zeit im Voraus, die ich wahrlich keineswegs verdiene.

16.11.2023 04:12 • 18.08.2024 x 9 #1


28 Antworten ↓


Ich werde alle Märchen seitenweise (DIN A4) auf dieser Seite herübersenden und mit Absätzen strukturieren, damit alle es leichter haben zu lesen. Jenes tue ich extra für diejenigen, die bei längeren Texten beim Lesen es schwer haben.

A


Märchenstunde lauter Märe, Märchen, Sagen etc

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Das kleine Moosweiblein

Ich möchte euch eine Märe wiedergeben, von derselben man selbst erst vor kurzem erfahren hat, obwohl es mir bedauerlicherweise an Talent mangelt, dieselbe niederzuschreiben, ebenjene wird euch mitnehmen in einer Zeit, als vielerlei Frostjahre aufeinanderfolgend in Mitteleuropa auftraten, in der die Winter mit eisig klirrender wie schneebeladener Kälte daherkamen und einen langen Zeitraum die Landschaft in ewig schneeweißer Ummantelung bedeckten.

In diesem Jahr setzte weidlich früh der erste Frost an, gegenüber die Kalenderjahre zuvor, es war gerade einmal Anfang September, jene frostige Luft verließ die Lande so schnell wie dieselbe ankam, jedoch war jenes nur ein eiskalter Vorbote für das, was auf die Menschen, Tiere sowie der Flora zukommen sollte. Ein Mond später am Tag der Schutzengel, kam die Eiseskälte gnadenlos zurück und wollte nimmermehr fort, ebenjenes brachte die Erdlinge in vielerlei Zwickmühlen aufgrund dessen, dass die Vorbereitungen für die Winterjahreszeit erst normalerweise im Monat Nebelung stattfand, indem man die Schweine vor deren Schlachtung Eicheln, Bucheckern wie Kastanien in den Wäldern futtern ließ, ferner für die Wärme des Hauses sich mit genügend Holzscheit versorgte.

Die Bauernfamilie, um die die Erzählung handelt, hoffte, dass das Wetter für eine kurze Phase sich etwas abmildern werden würde, damit ebendiese sich während solchen Momentums wenigsten mehr Brennholz beschaffen könne, jenes ward jedoch immerdar minder, sodass die Not ins Unermessliche wuchs. Die Familie versuchte ebenjenes einzusparen, dafür tat dieselbe alles Erdenkliche, was in ihrer Macht lag.

Vier Tage vor Sankt Nikolaus entschied leiderfüllt der Familienoberhaupt namens Yannis mit Absprache seiner entzückenden Gemahlin Johanna, trotz der fortwährenden Grabeskälte außerhalb ihres Gebäus hinauszugehen, um im Wald Holz zu hacken, weil sein Sohn unbedingt mit wollte und keineswegs nachließ darum zu betteln, zogen sie ihm mehrere warmhaltende Kleidungstücke an mit der Hoffnung, dass ihm dadurch die bittere wie erbarmungslose Frostkälte nichts antun könnte. Vater und Sohnemann verabschiedeten sich herzlich von ihren Liebsten, demzufolge verblieben die Herrin des Hauses wie Tochter Emmeline an Ort und Stelle und warteten gemeinsam heiß ersehnt auf deren Rückkehr.

Yannis sah vorab aus dem Fenster hinaus, das an den Rändern geschmückt war, mit allerlei Frostblumen und erblickte hierbei eine matte Sonne durch die Schneewolken schimmern, er war heilfroh, dass das Schneetreiben ein Ende hatte. Er nahm sein Filius an die Hand und öffnete die Holztür, einen winzigen Spalt, es kam ein Hauch von winterlicher Frostluft ihm entgegen, er quetschte sich und seinen Begleiter durch die schmale Öffnung, damit keinesfalls allzu viel Wärme das Haus verließ und schloss sofort dieselbe. Er holte einen breiten Schlitten aus der Scheune und setzte seinen Sohn darauf, derart zogen sie gemeinsam los.

Obschon er sich gut gerüstet hat vor der eisigen Luft, schlich sich die Froströte auf seinem gesamten Körper voran und derselbe fing an, dabei zu frösteln, wobei ihm auch immer öfters ein heftiger Frostschauer durch die Glieder fuhr. Seine Handschuhe gaben seinen Händen keineswegs genug Schutz, den froststarren Fingern versuchte er schmerzhaft mit schnellen Bewegungen Wärme einzuhauchen. Er warf des Öfteren einen besorgten Blick nach hinten, aber Erwin, so hieß sein Knabe, zeigte ihn immerwährend an, dass mit ihm alles in Ordnung war.

Sie erreichten den Rand des Waldes, Erwin durfte ab hier sich auf seinen eigenen Füßen fortbewegen. Gemeinsam schritten sie immer tiefer in die Waldung hinein, weswegen immerfort der Baumbestand dichter ward. An einem geeigneten Platz blieben sie stehen, Yannis holte seine Axt mit viel Mühe heraus und versuchte mit seinen steifen Händen ans Werk zu gehen, dabei achtete er jederzeit auf Erwin, damit derselbe in keiner Gefahr geriet.

An allerlei Stellen knackte und knirschte es an dem ausgesuchten Baum, sodass er es beileibe zu spät bemerkte, dass ein knorriger Ast über seinem Kopf durch die schwere Last des Schnees nachgab und hinabstürzte, es verblieb für ihn selbst derart wenig Zeit, dass von ihm aus keine Reaktion möglich war, und es ward hiernach winterstill. Erwin, der vorab herumtobte, damit ihm warm blieb, starrte vor Schock auf seinem Vater, der unter dem bleischweren Geäst bewegungslos lag. Es vergingen anscheinend Minuten, bis er sich von seiner Lähmung befreien konnte und stürzte sich daraufhin zum Ort des Unglücks. Er trug das sperrige Astwerk von seinem Vater hinweg und versuchte ohne zu wissen, wie es funktionieren sollte, demselben zum Leben zurückzuführen.

Er sah, wie sich der weiße Schnee rot verfärbt hat, hierdurch fing jener an, bitter zu greinen, wegen des Totgeglaubten ward sein Jammer immerfort klagender, dasselbe hörte ein kleines Moosweiblein, ihr saß noch all die Geschehnisse der vorigen Nacht in den Knochen, sie wäre beinahe nicht mehr unter den Lebenden aufgrund der wilden Jagd. Sie hatte Glück gehabt, das wiederum bedeutete ein anderes ihrer Art hatte es leiderfüllt keinesfalls. Sie musste in ihrem Versteck mit ansehen, wie einer der Reiter ihre Schwester in die Luft hochwirbelte und hiernach in sämtlichen Einzelteilen zerlegte.

Sie hatte in diesem Moment nach wie vor rote Augen vor lautem Tränentauwetter, gerade deswegen konnte sie es im Augenblick keinesfalls verkraften, noch ein Lebewesen mit so einem Verlust erleiden zu sehen. Sie ging direkt auf den Jungen zu, Erwin bemerkte dieses Wesen und erschauderte vor dessen Anblick. Es sah aus wie ein kleines Geschöpf, bestehend aus Holz mit Haaren voller Moos und es trug zerlumpte Kleidung, kein schöner Blickfang. Die Stimme von diesem Wesen klang lieblich, deswegen verflog die Furcht schnell.

„Erschreckt euch nicht vor mir, mein liebes Kind, ich möchte euch und eurem Vater helfen, wenn ihr mir vertraut und es zulässt, ihr braucht mir allein ein Versprechen geben, dass ihr für mich drei Kreuze an einem Baumstamm in der Nähe eures Hauses einschnitzt, ihr werdet es mitnichten bereuen, eure Familie hätte künftig allein Gutes von mir zu erwarten. Es wird euch nie mehr an Nahrung fehlen, eure Gesundheit wird von mir behütet, alle Aufgaben, die mir erteilt werden, erfüllt meinesgleichen, außer sie entsprechen nicht meinem edlen Geiste. Hütet euch aber vor Streitereien sowie vor Flüche, seit keine Wüteriche beleidigt mein Aussehen keinesfalls, lacht mich kein einziges Mal aus und schenkt mir auf keinem Fall ein Kleidungsstück. Haltet ihr euch daran, werdet ihr Friedsamkeit, Wohlsein sowie Glück in euer Leben zu Genüge erfahren.“

„Woher soll ich kleiner Mann wissen, ob ihr mich nicht hintergeht und somit meine gesamte Familie. Seid ihr uns geheuer oder nicht und warum die Kreuze was bewirken dieselben?“ „Ich bin edler Herkunft, unsereine ist eine Tochter von Frau Buschgroßmutter, die ihr kennt in dieser Region als Frau Holle. Menschen, die hochwohllöbliche Eigenschaften besitzen, wird meinesgleichen mit allumfassender Liebe wie Güte entgegentreten, andere werde ich vermeiden zu begegnen oder weidlich selten für deren Elend sorgen. Wird ihr meinen Wunsch erfüllen, wird unsereins vor der wilden Jagd geschützt sein für mein ganzes Dasein, ich darf euch hierfür aus purer Dankbarkeit kein Haar mehr krümmen, auch wenn ihr schlechte Menschen sein solltet oder euch nicht an die genannten Regeln haltet, in diesen Fällen werdet ihr mich aber nie wiedersehen, mit diesen Worten aus meinem Munde habe ich mich euch in ihrer Gänze offenbart. Entscheidet euch in dieser Minute, sonst gesundet euer Vater nimmermehr, meinesgleichen hat auf das Totenreich keinen Einfluss, er ist am Verbleichen und fast im Schattenreich angelangt.“

„Ich schwöre hoch und heilig, dass ich eure Aufgabe erfüllen werde, aber bitte rettet hierfür meinen lieben Vater geschwind, damit er keinesfalls ins Reich des Todes hinabgleiten wird.“ Nachfolgend führte das Moosweiblein ihre mystischen Heilkünste bei Yannis aus, langsam kam das Leben in seinem Körper zurück. Erwin fiel auf, dass er eigentlich hätte bitter frieren müssen, aber ihm war so warm, als wäre er zu Hause, wie konnte das sein, er fragte sich jedoch bald nicht länger selbst, weil er es ahnte, an wem es lag.

Yannis erwachte ohne Schmerzen, als ob nichts geschehen wäre, er sah das Blut im Schnee und betrachtete seinen ganzen Körper, blickte sich fragend um und bekam beim Anblick des fremdartigen Wesens einen Schreck, wiederum flog dieser schnell hinweg, aufgrund dessen, dass sein Sohn mit demselben sich wohl gut verstand, trotzdem hatte er Fragen und stellte dieselben, nachdem er Erwin innig umarmte.“ Wer seid ihr fremdes Wesen?, Wieso habe ich keine Wunden?, obwohl man geblutet hat, wieso hat unsereins kein einziges Leiden? Warum spüre ich die eisig klirrende Luft nicht, anstatt dessen ist mir angenehm warm?, dieses geht mitnichten mit rechten Dingen zu. Seid ihr dafür verantwortlich, alsdann habt vielen Dank hierfür dessen ungeachtet macht ihr mir damit weidlich bang ums Herz.“

„Seid beruhigt, euer Sohn wird mich vor der wilden Jagd retten, deswegen werde ich euch dienen, wenn ihr darauf verzichten wollt, weiß euer Sohn, wie man mich wieder loswerden kann. Ich habe euch zurück ins Leben gerufen sowie gesunden lassen. Man sorgt dafür, dass um euch herum die Luft angenehm temperiert wird, weil ich die Feen vor Ort veranlasse, euch Wärme zu spenden, wenn wir die Waldung verlassen, werdet ihr wieder frieren. Ich bin die Tochter von Frau Holle, bekannt als das Moosweiblein. Ihr braucht euch, um das Scheitholz nimmermehr zu kümmern, dasselbe wird man zu euch ab heute herbeitragen, außer ihr wollt es unter keinen Umständen. Lasst uns bitte zu eurem Haus gehen, damit euer Sohn mir den Schutz gewährt, wie er es mir versprochen hat, das Brennholz liegt schon bereit für eure Familie neben eurer Behausung.“

Gemeinsam verließen sie den Wald und kehrten auf dem Bauernhof ein. Während des Heimweges ward es den beiden Menschen wieder bitterkalt, trotzdem klärte Erwin seinem Vater auf, was im Einzelnen genau be- und versprochen ward, dem Moosweiblein tat die Kälte nichts an und damit sie schneller vorankamen, zog sie den Schlitten gern ob der hereinbrechenden Nacht. Es ward ihr ziemlich mulmig zumute und ihr Blick war die ganze Zeit auf dem Himmel gewidmet, absuchend nach der todbringenden Jagd ferner ihr Gehör nahm ebenfalls jedes Geräusch wahr, um nach dem rauen Klang ebenjener zu lauschen. Sie war weidlich froh, heil angekommen zu sein, und wiederum begeistert vom Knaben, der gleich sein Versprechen erfüllte, obschon sie noch in Trauer war, wartete ihr ein inneres, wohliges Lächeln heimlich auf.

Sie hatte das erste Mal das Gefühl, sie könnte eine Familie gefunden haben, in der sie selbst dazugehören würde, ob es wirklich so kommen sollte, würde ihre Zukunft aufzeigen. Sie ward herzlich wie dankbar von der Herrin des Hauses Johanna und ihrer Tochter Emmeline aufgenommen, wenngleich ebenjene bei ihrer ersten Begegnung ebenso in Angst versetzt worden sind durch ihr äußeres Erscheinungsbild. Sie gewöhnten sich dennoch alle beachtlich schnell daran, dass sie ab diesem Tag ein frisches Familienmitglied gewonnen haben und behandelten sie dementsprechend liebevoll.

Was ansonsten Pflichten für das Moosweiblein war, ward in diesem neuen Heim ein pures Vergnügen. Ihr Herz gewann alle lieb, genauso verhielt es sich andersherum. Für die Kinder war sie wie eine Schwester und für Johanna sowie Yannis war sie wie eine leibliche Tochter. Alle hielten sich an die festen Regeln, sie gingen miteinander in Würde um, waren höchlich gerne beieinander, sie wandelten alle zusammen Schritt auf Schritt aufeinander zu, somit herrschte eine wonnige Heil bringende wie selige Harmonie über allesamt, niemand kam nur ein einziges Mal auf die Idee, sich über das Moosweiblein lustig zu machen, ihr verweilen an einem Orte, brachte allein puren Segen.

Es fühlte sich für alle so an, als ob in ihrem Leben sich eine Fee hineinfand und deren erdenschweres Dasein erheblich erleichterte. Sie half bei allem tatkräftig mit, ferner übernahm ebendiese die allerschwersten Aufgaben. Sie kümmerte sich um den Haushalt, um die Gesundung aller Lebewesen, die zum Hof gehörten, sie brachte es im Stande, dass sich die Tiere reichlich vermehrten sowie die angebauten Pflanzen doppelt bis dreifach mehr Ertrag bei deren Ernte ergaben, obschon die Jahreszeiten Frühling, Sommer und Herbst wahrlich nur kurz andauerten. Im Winter sorgte sie dafür, dass kein einziges Vieh den Tod ereilte, indem sie jene zu den Elfen hinführte, die ihnen Wärme schenkten, sie kam jeden Tag zu ihnen zu Besuch, sah nach dem Rechten, schaffte jeweilig genug Nahrung heran und beseitigte deren Hinterlassenschaften.

Die Kinder spielten mit ihr weidlich gerne und die Eltern unterhielten sich mit ihr über Gott und die Welt. Groß und Klein lachten zusammen, obendrein fühlten Jung und Alt sich mit ihr in Liebe eng verbunden. Kurz gesagt, es verhielt sich durch ihre Anwesenheit so, als ob an diesem Ort auf Erden ein Paradies entstanden war. Sie genossen überdies seit dem das Moosweiblein bei ihnen einzog, zusammen die wunderschöne tiefwinterliche Landschaft. Die Kälte hatte an Bedrohung verloren, hierdurch offenbarte sich allen die bildhafte Schönheit des Winters, sie sahen alles mit anderen Augen.

Allein wie herrlich war der Klang, wenn der Wind aufdrehte und anfing, am Dach des Anwesens eine Eiszapfensymphonie erklingen zu lassen, wie schön war es anzusehen, wenn die Gewässer zu einem Eismantel erstarrten, aber am wunderschönsten war der Schneefall, es tanzten im allerallerbesten Fall die Schneeflocken mit dem Winde zusammen, so ward einem das feinste Menuett vorgeführt, ebenjenes war ein Augenschmaus für Jung und Alt und brachte alle zum Lachen.

Romantisch ward es für Johanna und Yannis, wenn sie ohne Begleitung durch die glitzernde weiße Landschaft lustwandelten oder sich das Haus von weitem betrachteten, dasselbe schien wie ein Eispalast zu funkeln, bei anderer Begebenheit war das Sternengewölbe in klaren Nächten märchenhaft, indem wimmelte es derart von allerlei glänzenden Juwelen, das einem der Atem vor Staunen stockte, das Leben ward eine pure Freude aufgrund des Verlustes an Sorgen.

Auf das beschwerdelose Sein dieser Familie wurden Mitmenschen aufmerksam, aufgrund des grauslichen Leidens dieser bitterkalten Frostjahre, gerade als ein Jahr ohne Sommer in deren Erdenleben auftrat. Viele hatten Glieder durch den eisigen Frost verloren wie Nase, Ohren, Finger oder Zehen, oft sogar eine Hand oder ein Bein, viele bekamen kälte Beulen auf der Haut mit bleibenden Schäden, allerlei liebe Menschen sind elendig verhungert, manches Tier war einfach so im Stehen erbarmungslos erfroren.

Es entstand keineswegs einzig und allein Verwunderung unter jenen, sondern Scheelsucht heutzutage bekannt als Neid oder Missgunst, genauso fanden unter ihnen im Geiste Gelüste nach Übelwollen sowie Rachgier gegenüber dieser Familie, man wollte sie bestrafen für deren schönes Leben. In der ansonsten trostlosen Welt wurden sie warum auch immer bis jetzt verschont, dasselbe sollte ein schnelles Ende haben nach deren Meinung. Es kam wie leidvoll, allzu oft unter der Menschheit zum Äußeren.

Mehrere Dorfbewohner trafen am frühen Morgen ein und verbarrikadierten das Haus, die Familie erschreckte aus dem Schlaf infolge des Ansturms, sie sahen und hörten, wie Frauen, als auch Männer lauthals sie beschimpften, ferner trugen dieselben alle brennende Fackeln. Die Furcht ging jedem Familienmitglied bis zum Mark ihrer Knochen, der Vater versuchte sachte ins Gespräch zu kommen, aber er ward nicht angehört. Sie wollten die Tür öffnen, was ihnen in keiner Weise gelang, danach beabsichtigten ebenjene aus dem Fenster zu klettern, worin sie von den anderen gehindert worden.

Auf einmal schmiss jemand eine Fackel auf das Haus, dieses entzündete sich im gleichen Moment und es entstanden lodernde Flammen, hiernach lachten viele gehässig auf und einer schrie: „Jetzt spürt ihr genauso Leid, wie wir es ertragen mussten in den letzten Jahren, dieses Unheil geschieht euch zurecht.“ Wenige waren von all dem geschockt und peinlich berührt, anstatt zu helfen, flohen sie vor dem Geschehenen, als ob sie selbst hierdurch ihre Mitschuld verlieren würden. Einem einzigen kam die Vernunft im Sinn und wollte die Holzbalken entfernen, damit die Familie sich nach draußen retten konnte, diesem schlug man auf dem Kopf, sodass er fast ohnmächtig ward, nur durch Glück verbrannte er nicht mit den anderen.

Nachdem das Moosweiblein das Vieh gefüttert hatte bei den Feen, machte sie sich auf dem Weg zurück. Sie sah hinaus in der herrlich anzuschauenden Winterlandschaft und strahlte voller Glückseligkeit, nun verweilte sie seit vier Lenzen bei ein und denselben lieb gewonnen Erdlingen. Es ward die schönste Lebensspanne in ihrem bisherigen Dasein, auch wenn jenes ihre Mutter in der Tat keinesfalls hören mochte. Sie war davon angetan, gleich nach Hause zu kommen und alle lieblich aufzuwecken obendrein ihnen den aufgedeckten Frühstückstisch zu präsentieren.

Übergangslos bei diesen Gedanken erblickte sie Rauch aufsteigen aus der Richtung ihrer Behausung. Sie rannte durchdrungen vor lauter Sorgen zu ihren Liebsten, was sie dort zu sehen bekam, machte sie auf einem Schlag todtraurig. Das Haus ward abgebrannt und ihre Familie ebenfalls. Sie konnte den Anblick des Aschenhaufens von denselben nur mit Hängen und Würgen ertragen. Sie weinte bitterliche Schmerzenstränen, ihr Schutz vor der Jagd war zwar ungeschädigt, aber der Verlust dieser Erdbewohner zersprang fast ihre Seele in allerlei Einzelteilen, solche Schmerzen hat sie noch nie zuvor erlebt. Es war so, als ob alles Innere zerfressen ward und dafür sich eine unheimlich dunkle wie schwarze Finsternis breitmachte, die alles Schöne verdunkelte.

Sie schrie auf vor lauter Pein, genau in diesem Moment bemerkte sie ein Lufthauch und nahm damit wahr, dass ihre Mutter hinter ihr stand.“Was weinst und schreist du, mein liebes Kind? Hast du keine schöne Zeit bei dieser Familie erleben dürfen?, halte dieselbe in Erinnerung, so leben sie weiter in deinem Herzen. Ich werde mich um ihre Seelen kümmern, sie werden es bei mir gut haben, obschon sie durch Gewalt starben und gläubige Christen sind, werde ich sie in meinem Reich aufnehmen, weil sie so gut zu dir waren, mein Kind dürfen ebendiese in meinem Palast in aller Ewigkeit hausen.“

„Ach Frau Mutter, ich möchte bei ihnen sein und nicht mehr hier auf Erden weilen, oder könntest du sie wieder zum Leben erwecken?“ „Du weißt, dass ich sie keinesfalls auferstehen lassen darf, zu ihnen zu gelangen kannst du ebenfalls nicht, du bist kein Menschenkind.“ „Ach, Frau Mutter, ich wünschte mir vom tiefsten Herzen ein Mensch zu sein und gleich danach zu sterben, damit ich bei ihnen sein darf, um ein Leben zu führen, wie wir es gemeinsam auf Erden taten.“ „Mein liebes Kind, möchtest du tatsächlich all das Leben auf Erden aufgeben, das höchste Gut, was du besitzt, wenn jenes der Fall ist, werde ich es dir erfüllen, aber überlege es dir gut.“

„Ach, Frau Mutter, der Ort des Lebens macht mich zutiefst betrübt, in deinem Reich zu leben, wenn ihr es mir ermöglicht, mit meinen Lieben nicht in euer Schloss zu leben, sondern wie hier vor Ort, so wäre es mein sehnlichster Wunsch.“ „Gut, so soll es geschehen, nimm meine Hand, ich verspreche dir, du wirst kein einziges Leid spüren.“ Göttin Hel nahm die Hand ihrer Tochter, verwandelte sie zum Menschen und ließ sie zugleich sterben, ferner führte sie das ehemalige Mossweiblein in ihr Reich. „Wie du selbst zu erkennen vermagst, lass ich deine Lieben derart weiterleben genauso wie auf Erden. Gehe zu ihnen ruhig hin, du wirst erlangen ihre Herzen, wie du es schon einmal getan hast.“

„Ich danke euch, meine liebe Frau Buschgroßmutter.“ „Mein liebliches Kind, du bist jetzt in meinem Reich, hier nennt man mich Hel, vergesse den zuvor genannten Namen.“ „Ja, liebes Mütterlein.“ Einige Zeit verging im Reich der Göttin Hel, aber das damalige Moosweiblein traute sich keineswegs in der Nähe des Hauses dieser entzückenden Familie, sie schlich sich um das Gebiet herum und wagte nur vereinzelte Blicke auf diejenigen zu werfen, die sie so weidlich ins Herz geschlossen hatte. Manchmal fing sie an zu weinen, weil sie solche Sehnsucht spürte nach deren Herzenswärme, andererseits befürchtete sie beim Zusammentreffen von ihnen abgelehnt zu werden. Göttin Hel verfolgte diese Begebenheit und ihr Mutterherz blutete hierbei höchlich, eines Tages hielt sie es nimmermehr aus und erschien ihrer Tochter.

“Warum traust du dich nicht?, wovor hast du solche Furcht? Sie haben dich in Lebzeiten als Moosweiblein aufgenommen, wieso sollten sie ein kleines Menschenkind, keine Gastfreundschaft gewähren wollen? Also habe Mut, deine Mutter ist mit dir stets verbunden, so zage unter keinen Umständen und verbleibe keineswegs hier an Ort und Stelle. Im allerschlimmsten Fall wirst du bei mir im Schloss unterkommen. Vielleicht hilft dir die Möglichkeit, die ich dir gewähre. Du darfst und kannst dich einmalig selbst verletzen, was in diesem Teil meines Reiches ansonsten ausgeschlossen ist. Hierdurch hast du einen guten Grund, um Eintritt zu bitten in deren Heim, damit sie dich heilen und pflegen können.“

„Ach erlauchte Göttin Hel, ihr habt Recht, warum zage ich so weidlich? So spreche ich euer Mutterherz an, mit der Bitte, mir den Wunsch zu erfüllen, dass ihr mir eine Wunde zufügt, auch wenn es euch schwerfallen werdet.“ „Mich selbst zu verwunden ist für mich ein leichtes Spiel, aber euch mein liebes Kind, das geht zu weit. Ich habe schon mit bitterreicher Pein euch hier hergeholt und akzeptiert, dass ihr mich nicht so liebt wie jene Familie, aber aus Herzenswärme für euch tat ich alles, was ihr euch erwünscht habt, erbitte keinesfalls noch diese ungeheure Untat von mir.“ „Dergestalt bleibt mir nichts anderes übrig, als hier zu verbleiben, um wenigsten aus der Fern ihnen nah zu sein.“

„Du tust mein Gottesherz zerbrechen bei der Tat, die du mir abverlangst, wie schwer es mir doch fällt, dir wehzutun.“ Göttin Hel lies ihre Tochter schwer erkranken und verschwand in Trübnis eilig davon. Das kleine Mädchen konnte mit allerletzter Kraft den Weg auf sich nehmen, um das ersehnte, hoffentlich baldige zu Hause zu erreichen, ihr fehlte durch gänzliche Erschöpfung Lebenskraft, um an der Tür zu klopfen, derohalben sackte sie vor jener völlig kraftlos zusammen. Das dabei entstandene Geräusch gelangte ins Gebäude und ward von Johanna wahrgenommen.

Sie öffnete die Haustür und sah das kleine Mädchen entkräftet am Boden liegen. Sie rief ihren Gemahl herbei, gemeinsam hoben sie dieselbe vom Erdreich auf. Sie ward gesund gepflegt und hierbei von allen herzlich aufgenommen, aufgrund das sie keinen Namen trug, gaben sie ihr einen neuen, derjenige lautete Almut. Das Leben, was sie führten, erinnerte Almut, wie es vorab auf Erden war, allein dass sie die Einzige war, die wusste, dass sie sich alle einschließlich sie persönlich im ewigen Schlummerschlaf befanden. Sie selbst fragte sich, warum sie nur solche Furcht hatte, jetzt konnte sie es nicht mehr begreifen, ihre auserwählte Familie hätte sie nie verstoßen.

In gleichem Maße warf sich ihr die Frage auf, ob ihre leibliche Mutter sie von nun an verachtete, aber würde dieselbe es tun, hätte ebenjene dieses Zusammenleben in keiner Weise zugelassen. Sie bemerkte einen bekannten Lufthauch und sah sich um. „Mein liebes Kind, du hast mich tief verletzt, als du es erwünscht hast, von mir verletzt zu werden, auch wenn ich leiderfüllt meine Liebe keineswegs so zeigen kann wie eine menschliche Mutter, wird mein inneres warmes Herz mit dir stets in Herzenswärme verbunden sein. Dieserhalb habe ich dir längst vergeben und bin weidlich glücklich, weil du es hier und jetzt ebenfalls bist. Komm bitte zu mir, mein Inneres erbittet eine Umarmung von dir.“

Almut geht zu Hel und umarmt sie weidlich liebevoll. „Ich danke euch vom ganzen Herzen für all das Schöne in meinem Leben als Gestorbene in deinem Reich und bitte dich hiermit um Entschuldigung für meine dauerhaft kindliche Einfalt trotz meines hohen Alters.“ „Wie gesagt, es ist alles schon längst vergessen.“ Sogar Göttin Hel bekam hierbei ein freundliches Lächeln ins Gesicht, mit demselben verschwand sie wieder für unbestimmte Zeit.

Almut und ihre Lieben lebten fortan voller Glück und Harmonie in der Mitte des Reiches von Hel in aller Ewigkeit, es ward ihnen gestattet, so fortzuleben wie auf Erden mit all den Jahreszeiten sowie deren Feste und dem bekannten Dorfleben in der Ferne. Wollten sie etwas einkaufen oder verkaufen konnten sie es wie durch Zauberei mit all den altvertrauten Gesichtern praktizieren. Sie gingen am Sonntag zur Kirche, als ob sie noch auf Erden verweilen würden, für all jenes sorgte Göttin Hel und ihre kleine Tochter das Moosweiblein dankte ihr jeden Tag hierfür in einem stillen Gebet.

Hiermit endet die Märe, ob dieselbe eine Botschaft oder mehrere enthält, meinesgleichen hätte sie ungern erzählt, wenn es nicht so wäre, aber welche, sollte man selbst herausbekommen, ansonsten wandern ebenjene zu einem Herzen, dass dieselben keineswegs von allein zu verstehen vermag.

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Das umfangreiche Märchen von Königin Frieda, die keine sein wollte, dauert leider noch an. Dafür habe ich eine kleine Legende geschrieben. Ich hoffe, Euch gefällt es. Ich entschuldige mich nochmals für die lange Wartezeit und hoffe, dass Frieda bald von mir komplett korrigiert und um eine Szene ergänzt wird. Insgesamt ist die Märe mir sehr ans Herz gewachsen und ich möchte diese so gut wie möglich euch präsentieren, obwohl es mir wahrscheinlich nicht gelingen wird, weil ich traurigerweise des Schreibens nicht mächtig bin - zumindest nicht gut genug für mich selbst.

Gute Seelen

Es gibt gute Seelen tatsächlich überall auf der Welt, jedoch werden sie oft nicht gesehen - sogar gemieden als auch gedemütigt. Vor nicht allzu langer Zeit lebte eine von denselben als ein junges Mädchen, nicht fern von Hamburg. Wie es dazu kam, dass sie zu denen gehörte, von denen im Übrigen die Gebrüder Grimms oftmals schrieben, wie bei „Die Sterntaler, „Die heilige Frau Kümmernis, „Die himmlische Hochzeit, „Arme und Reiche, „Marienkind und in vielerlei weiteren Märchen wie Legenden werde ich mit meinen Möglichkeiten versuchen zu schildern. Jene tauchen nicht nur in der Art Märe auf, sondern ebenfalls in der Mythologie sowie in der Bibel als auch in vielerlei anderen Büchern.

Das junge Geschöpf wuchs bei braven Eltern auf und wurde ein wahrhafter Sonnenschein. Nie kam ein böses Wort aus ihrem Mund. Bösartige Handlungen waren ihr ebenso völlig fremd. In Friedsamkeit und Sanftmut war sie eine wahre Königin des Herzens, und in Vergebung wie Nächstenliebe war sie engelsgleich. Sie liebte es, gute Taten aus Herzensgrund zu bewältigen, um anderen zu helfen. Sie mochte jedoch keinen Dank hierfür erhalten, dieses fanden viele als befremdlich. Schon in der Schulzeit fiel sie hierdurch negativ auf. Gleich vorweg hat dieses Mädchen ihren Eltern nie verraten, woher ihr Leid in der Schule herkam. Zum einen nahm sie es durch ihr fehlerhaftes Verhalten einfach an und zum anderen wollte sie alle Personen in Liebe und Vergebung weidlich gerne schützen. Sie half so manchem gehänselten Kind und wurde selbst hierdurch zum Opfer. Sie war schockiert, dass auch vorige Mitschüler, die vorab gepeinigt wurden, sie bestraften, obwohl eben jene von ihr Hilfe bekamen.

Am Anfang waren sie ihr hierfür dankbar, aber weil sie keinen Dank hören wollte und somit nicht empfangen hatte, wurde sie von den gleichen vergleichsweise geschwind missachtet. So waren alle Schüler gegen sie und deren ungeteilter Hass richtete sich wiederum allein auf sie. Als die Schulzeit vorbei war, mit allerlei blauen Flecken, Knochenbrüchen und Verstauchungen sowie Ausgrenzungen, begann alles von Neuem, als sie eine Lehre antrat. Niemand außer ihren Eltern verstand, warum sie keine Anerkennung annehmen konnte und jede gute Tat als eine Selbstverständlichkeit ansah. Alles, was sie tat, war somit unwürdig eines Dankes. Wenn jemand eine redliche Seele besitzt, ist jedes selbstlose, gute Werk seinerseits etwas völlig Normales - jenes begreifen leider allzu wenige Mitmenschen.

Zu der Zeit fühlte sie sich immer zunehmender im Abseits. Ihr wurde klar, bedingt durch den Tod ihrer beiden liebevollen Elternteile, dass ihr Leben an Ort und Stelle so keinen Sinn mehr hatte. Sie nahm ihre bewegliche Habe in der Menge, die sie tragen konnte, und verließ die Stadt in der Dunkelheit. Es war draußen in einer sternklaren Nacht bitterkalt, und sie kam an bitter leidenden Obdachlosen vorbei. Jeder Einzelne sah aus, als ob der Tod bei jedem bald anklopfen würde. Sie bedachte demzufolge jedem, mit etwas Warmem zum Anziehen sowie etwas zu essen. Hiernach erreichte sie einen Bach und sah ein kleines Rehkitz, dem gab sie all ihr Essbares, weil es verhungert aussah. Darüber hinaus war ihre Mutter weit und breit nicht zu sichten. Sie kam in das nächste Dorf, die Kälte kroch ihr überall in den Kleidern hinein, dadurch wollte sie sich an einem Feuer aufwärmen, jedoch wurde sie wie ein Straßenköter hinfort gejagt, dabei verlor sie die letzte Habe. Sie hatte nur noch im Besitz die Kleidung, die sie an ihrem Leib selbst trug. In der nächsten Siedlung durfte sie zwar an einer Feuerstelle verweilen, um sich zu erwärmen, aber sie sah wieder viel Leid um sich herum. Sie konnte nicht anders und so beschloss sie leiderfüllt ihr eigenes Leben aufzugeben, um anderen zu helfen. Sie übergab ihre gesamte Kleidung außer einem kleinen Hemdchen an bedürftige Fremde. Dieselben waren bewusst, dass es ihr Tod sein würde, und wollten die Gaben nicht annehmen. Sie lächelte stets ihnen zu vor Dankbarkeit und Geborgenheit und legte das jeweilige Kleidungsstück sorgfältig neben die Person, die sie bedachte, damit zu beglücken. Sie fühlte sich das erste Mal von Erdenbürgern geliebt, und dieses erwärmte ihr Inneres für einen Moment.

Jene Wärme verschwand sehr schnell und ihr gesamter Körper begann zu zittern wie Espenlaub. Das Herz schlug mit Leibeskräften, doch es wurde allmählich immer schwächer. Es fing an zu schneien, und der Wind lebte auf. Sie fror so weidlich und jeder Schritt schmerzte wie tausend Nadelstiche. Sie hatte nur noch ein Ziel und hoffte, es zu erreichen. Die junge Frau suchte eine Birke auf, um zu erhoffen, dass die Dryade jenes Baumes ihr ein sanftes Sterben ermöglicht. Sie fing an zu lächeln, trotz heftiger Schmerzen wegen der eisigen Kälte, die ihre Knochen steif frieren ließen. Das Fräulein blieb stehen, aufgrund dessen, dass sie im Mondenschein eine Birke erblickte. Sie ging auf diese zu und zog ihr Unterhemd aus, um es der Baumelfe zu reichen. Sie hatte keine Kraft, etwas zu sagen und hoffte, die Gabe reiche. Es lehnte sich sitzend am Baumstamm und machte erschöpft ihre Augenlider zu. Sie fing an zu träumen von ihren lieben Eltern. Es wurde ihr hierbei herrlich warm ums Herz und es breitete sich ein gar wunderbares Lächeln in ihrem engelsgleichen Gesicht aus. Was die junge Frau nicht ahnen konnte: Jemand anders war auf ihr geführtes Leben aufmerksam geworden. Als sie ihre Lider zu machte, kam jene vom Himmelreich herunter und umgab sie mit Wärme. Dieselbe ließ sie friedvoll sterben, begrüßte ihre herauskommende Seele und nahm diese mit ins Jenseits.

Am nächsten Tag fand man ihren leblosen Körper am Baum liegend. Es sah aus, als ob der gefallene Schnee sie zugedeckt hätte, um sie zu erwärmen. Alle erschraken, als sie ihr Gesicht zu Gesicht bekamen. Es schien, dass sie einen freundlich anlacht, so als ob sie friedvoll gestorben sei, was aber nicht sein konnte in dieser eisig frostigen Kälte, außer Maria hätte sie heimgeführt. Man beschloss, jenes anzuerkennen. Hierdurch wäre sie ein ganz besonderes Menschenkind gewesen, sodass man sie für alle Zeit behüten sollte. So wurde sie am Ende ungeachtet dessen von jedermann gut behandelt, in der Umgebung, wo sie gelebt hatte. Sie bekam ein großes Grab und dieses wird bis heute umsorgt und gepflegt.

Dort, wo ihr Herz begraben wurde, wachsen von jeher nach dem Winter viele Kalendertage im Voraus gegenüber allen anderen Blumen drei sommerliche rote Lilien. Wer sie ohne Vorsatz erspäht, wird an diesem Tag mit Fortuna gesegnet. Wer hiernach aber nach Glück strebt und die Lilien mit Absicht sehen möchte, wird mit Pech versehen. Dieser bleibt so lange haften, bis derjenige, ein anderes Wesen, ohne Hintergedanken etwas Gutes vermag zu tun.

In diesem Fall starb eine gute Seele, ohne dass jemand sie außer ihren Eltern liebte. Dergestalt ist es zu meinem Bedauern fast immer: Die Edlen werden oft verspottet und oftmals misshandelt, anstatt dieselben zu mögen. Sie wollen keinen unehrlichen, dahingesagten Dank, statt dessen wollen sie Geborgenheit unter den Menschenkindern, die sie leiderfüllt, allzu selten erhalten. Ach du arme, graue wie bedauerliche Menschenwelt, du könntest so viel paradiesischer sein, wenn man es doch nur möchte, und jenes wäre weidlich einfach.

Seraphim-Chor singt im herrlichen Klang:

In ihrem neuen Heim
ist sie nicht mehr allein.
Dort fühlt sie sich daheim
unter den Engelein,
hier herrscht ein derart Geist
von großer Lieblichkeit.
So wird sie eingekreist
von der Geborgenheit,
die sie auf der Erde
bei weitem vermisst hat.
In der Engelsherde
gedeiht sie zum Herzblatt
unserer lieben Frau.
Ihr Leid wird vergütet,
als wäre sie ein Pfau.
Sie wird gar behütet
von deren Sohnemann,
daran erfreut sie sich.
Schmerzensleiden sodann
erbleichen ewiglich.



Bemerkungen: Damit man den Abschluss richtig versteht, möchte ich den verehrten Lesern drei Hinweise bekannt geben. Unsere liebe Frau ist ein Synonym für Maria; Der Pfau hat im christlichen Mittelalter die Bedeutung von der Auferstehung des Fleisches. Mit Sohnemann ist Jesus gemeint, der sie als Schwester anerkennt und behütet, weil Maria sie als ihr eigenes Kind betrachtet. Somit wird sie von all den Engeln als jemand angesehen, der von den Toten auferstanden ist, obwohl sie es nicht war.

Das nächste Märchen ist nicht für zarte Gemüter, es handelt sich um eine Hochzeit zwischen Zwang und Depression. Jenes erzählt ein Teil von meinem eigenen Leben. Weil es sich um eine Märchenerzählung handelt, ist das Ende märchenhaft, dieses wird mir nicht zuteil, aber mir gefiel es nach so einem schweren Stoff, den Ausklang der Erzählung mit Hoffnung zu versehen, bei solch Lebensbahn lauter Leid, dass jene Frau erdulden musste. Zur Erklärung, warum ich nicht mich erwähne, sondern eine weibliche Person, darauf möchte ich nur kurz eingehen:

Ich habe bestimmte Gründe, warum ich wahrscheinlich ausschließlich in einer Märe eine männliche Hauptfigur einfüge, ansonsten sollen es allein weibliche sein. Dieses ist deswegen, weil ich keine Frau in den Kampf nach der Minne schicken möchte, jenes ist eine vergessene Sagenerzählung aus dem Mittelalter, die ich als wunderschön empfinde und dementsprechend in heutiger Sprache umsetzen möchte mit mehr Inhalt, hierbei tretet man entweder gegen die Natur wie das Labyrinth des Waldes, die Ödnis etc. oder gegen Ritter an wie Wut, Neid, Lust, Einsiedelei, Eifersucht, Verlockung usw., um zu beweisen, dass man für die wahre Liebe gerüstet ist.

Für mich waren immerfort Frauen die wichtigsten Vorbilder in meinem Leben für Barmherzigkeit, Vergebung, Hilfsbereitschaft etc., in der Wirklichkeit (z. B. Kaiserin Theophanu), aber auch in Sagen, Mythen (Antigone, Göttin Isis, etc.) usw. Natürlich gibt es wenige männliche Ausnahmen, aber über die wird schon oft genug berichtet. Es ist eine Art Minne oder Wertschätzung im Allgemeinen für die weibliche Gestalt des Menschen. Ich hoffe, ihr versteht mich und nimmt es mir nicht böse.

Das vermaledeite Hochzeitspaar

Vor nicht allzu langer Zeit lebte eine junge Frau ganz allein für sich. Sie hatte niemanden mehr, ihre lieben Eltern verstarben am gleichen Tag, aber in unterschiedlichen Kalenderjahren. Sie litt darunter weidlich nicht nur am Sterbetag ihrer Liebsten, sondern das ganze Jahr, und die Pein wurde mit der Zeit nicht weniger, statt dessen vermehrte sich das Leid um ein Vielfaches.

Als junges Mädchen eckte sie bei anderen Kindern an. Jenes lag daran, dass sie für sich gerne blieb. Sie liebte es, sich selbst zu beschäftigen, und mochte erst recht Literatur durchlesen, die in dem Alter nicht üblich war. Sie mochte es höchlich gern, Werke von Goethe und Heinrich Heine zu lesen, aber sie schmökerte indes auch allerlei Märchen aus vielerlei Teilen der Welt und Epochen, gerade aus dem Mittelalter. Im Kindergarten blieb sie somit gerne allein und spielte mit anderen Kindern keinesfalls. Jenes führte dazu, dass man sie zuerst hänselte und später körperlich angegangen war. Sie musste hierdurch eines Tages zum Kinderarzt, der dachte anfangs, dass sie von ihren Eltern misshandelt wurde und schmiss die Mutter aus der Praxis heraus. Erst als man das Kindlein zu Wort ließ, bekam man mit, dass ihr andere Kinder das Leid angetan haben. Hierdurch entschuldigte der Arzt sich bei der braven Mutter, jedoch erschrak sich das Mädchen durch das Geschehene weidlich, und es verletzte ihre Seele allzu sehr. Sie bekam ebenfalls mit, dass man zwei Kindergärtnerinnen entlassen hatte. Dessen fühlte sie sich schuldig. Ihre Eltern wollten trotzdem, dass ihr Kind in einer anderen Kindertagesstätte untergebracht wird. Sie musste zwar nicht direkt vorm Gericht, aber sie sprach mit der Richterin. Sie fühlte sich dabei unwohl und war mit allem keinesfalls glücklich.

Sie sah alles mit Kinderaugen und empfand, dass hierbei nur Unschuldige bestraft wurden oder wie ihre wunderbare Mutter völlig unverschuldet beschuldigt wurde, ihrer eigenen Tochter Schmerzen zugefügt zu haben. All dieses führte dazu, dass sie sich schwor, nie wieder jemand etwas zu erzählen, wenn man ihr künftig wehtat, auch wenn sie dafür durch die Hölle gehen und alle dafür anlügen müsste. Hierbei würde sie sich schäbig sowie verkommen fühlen, aber es wäre für alle das Beste. Im anderen Hort war es ihr nicht besser gegangen, aber sie sorgte jetzt dafür, dass es keiner mitbekam, und zu Not versteckte sie ihre Wunden.

Als sie die Grundschule besuchte, nannte sie es ihre erste goldene Zeitepoche. In jener war alles wunderschön. Sie war beliebt und sie hatte Mitschüler, mit denen sie die private Zeit verbrachte. Das Mädchen war hierbei so glücklich, dass sie die Ferien überhaupt nicht mochte. Sie freute sich tierisch, wenn der letzte Ferientag anlief und endlich die Schulzeit wieder begann. Leider endet jede schöne Epoche irgendwann einmal, so war es auch im Leben jenes Mädchens.

Als sie die Schule wechselte, sah sie, wie ein anderer Mitschüler geschlagen wurde, allein weil er ein verkürztes Bein besaß. Jener setzte sich zu Wehr. Hierdurch wurde es immerfort schlimmer. Sie konnte dieses nicht länger mit ansehen, wollte aber keine Petze sein. Sie entschied sich dazu, sich als lebender Sandsack dem Rädelsführer anzubieten unter der Voraussetzung, dass sie den Mitschüler künftig in Ruhe lassen. Derselbe ging darauf ein und so bekam sie fortan die Schläge. Sie erhoffte sich, dass es den Schlagetötern langweilig sein würde, auf jemanden einzuschlagen, der sich nicht wehrt. Darin täuschte sie sich leiderfüllt erheblich. Sie versteckte ihre blauen Flecke vor ihren Eltern, und wenn sie es übertrieben, sodass ein Knochen brach, sagte sie beim Unfallarzt aus, dass es beim Sport unglücklicherweise passiert sei.

So vergingen drei Jahre Schulzeit, die keineswegs leicht zu ertragen waren für das Mädchen, aber es gab auch glückliche Zeiten, eben während eines Armbruches. In den sechs bis acht Wochen, die die Heilung in Anspruch nahm, wurde sie von den Raufbolden in Ruhe gelassen. So viel Anstand hatten diese Mitschüler. Für ihre Seele war es Erholung pur, und daher genoss sie solch Zeitraum höchlich. Es hört sich etwas merkwürdig an, aber sie freute sich obendrein, wenn eines ihrer Knöchlein brach, wegen jener Schonzeit. Die Jungs hatten immerwährend mehr Einfälle und Ideen, wie man jemand anderem Schmerz zufügen konnte, und so wurde es immer schlimmer für die junge Schülerin. Sie schreckten selbst davor nicht ab, sie auf einem Stuhl zu stellen und ihren Hals in eine Schlinge zu legen. Sie machte sich vor lauter Angst selbstverständlich in die Hose, weil sie meinte, dass ihre letzte Stunde geschlagen hätte. Als die Mitschüler jedoch den Stuhl unter ihr wegzogen, fiel sie nur auf den Boden hin und das Seil blieb an der Decke hängen. Der Knoten löste sich bei Druck auf, was sie selbst natürlich nicht ahnen konnte. Sie wurde darauf vom Lehrer dumm angemacht, nach dem Motto: Wie kann man in so einem Alter sich noch in die Hose machen? Und erst hiernach durfte sie mit allerhand verletztem Schamgefühl nach Hause gehen.

Zuerst wurde ihr von den anderen weiblichen Jugendlichen geholfen, so gut sie es konnten, aber deren Verhalten änderte sich im Laufe der Jahre. Bald wurde sie von dieselben wie eine Aussätzige behandelt. Jedes Mal, wenn sie im Klassenraum eintrat, hörten alle anderen auf zu reden und gingen in die äußerste Ecke. Erst wenn das Mädchen sich an ihrem Sitzplatz befand, schritten sie wieder an ihren vorherigen Platz zurück. Die Schläge, egal wie brutal sie waren, konnte sie einigermaßen seelisch gut verkraften, aber diese Aussätzigkeit hielt sie in keiner Weise aus. Sie bekam einen Nervenzusammenbruch und lag deswegen im Krankenhaus. Weil sie aber unterzuckert war, nahm man fälschlicherweise an, dass es davon herrührte.

Die Eltern merkten jedoch schnell, dass sich das Kind verändert hatte. Sie war vorab eine gute Schauspielerin, aber jetzt konnte sie nicht mehr der Welt etwas vorgaukeln. Es kam jemand in ihr Leben, derjenige bot ihr einen Ausweg aus der gesamten Misere. Der Fremde wurde ihr allerbester Freund, und sie ließ es zu, dass er bei ihr einzog. Keine Menschenseele bekam am Anfang etwas mit von dieser heimlichen Freundschaft. Jener Fremdling genoss das Leben weidlich in der Seele dieses armen Mädchens und sie hatte zuerst ein wohliges Gefühl dabei. Jener sagte innerlich zu ihr: Wasch dich nur, und du wärst schon sehen. Du fühlst dich danach nicht mehr wie Dreck. Dir wird es vorkommen, als würde man dich erlösen von all deinem negativen Gedankengut - du wärst endlich frei wie ein Vogel. Ach, wie derart trügerisch dieser grausige Gesell vorgegangen war, kann und darf man nicht anders beschreiben als heimtückisch. Dieses Mädchen ahnte keinesfalls, auf welchem mitleiderregenden Weg sie sich damals drauf zu bewegte. Es war so wie versprochen: Nach dem Waschen fühlte sie sich nicht mehr aussätzig und erst recht keinesfalls wie Dreck. Sie erlebte sich zum ersten Mal wieder glücklich, doch dieses wunderschöne Gefühl, so schnell es in sie aufkam, verflog dieses aufs Neue. Dergestalt begann eine Leidensphase für ihre Seele und erst recht für mancherlei Körperteile wie ihre Hände anzulaufen, die als Spirale allein eine Richtung zu kennen vermag: nämlich abwärts ohne einen einzigen Hoffnungsschimmer auf Besserung.

Die Furcht, nochmals in die gleiche Schulklasse gehen zu müssen, wurde so gewaltig, dass sie solcherart Kopfschmerzen sich einbildete, dass beim Aufstehen es ihr vorkam, als ob ein Schlag mit einem Hammer auf ihren Vorderkopf einschlug, allein um den Schulbesuch auszuweichen. Als sie merkte, sie würde sitzen bleiben mangels Schulunterricht wegen Krankschreibung, wollte sie gerne die Schule wieder aufsuchen, aber die Schmerzen in ihrem Kopf ließen es nicht zu, obwohl sie sich diese keinesfalls mehr imaginierte - waren dieselben jedoch vorhanden. Dergestalt bekam sie schreckliche Angst, gerade weil Fachärzte auch ihr Gehirn ansahen wegen Verdacht eines Tumors, aber Gott bewahre, fand man derart nichts.

An ihrem Verhalten und Wesen veränderte sich allzu vieles während eines halben Jahres, dass man sie keineswegs wiedererkennen konnte. Jene heuchlerische Gestalt namens Zwang benahm sich wie ein Platzhirsch. Auf einer gewissen Art war derselbe ein inneres Segment ihrer eigenen Seele, aber wiederum war ebenjener aus dem höllischen Pfad ihres persönlichen Abgrundes hochgestiegen - einen Bereich, der ihr höchstselbst dermaßen fremd war, als wäre es ein anderes Universum. Sie wurde seine Leibeigene und musste ihm in allem gehorchen.

Ansonsten gab es grausige Bestrafungen. Eine führte sie geradewegs zu einem magersuchtähnlichen Zustand, aufgrund dessen sie sich durch Verzicht von Essen dauerhaft sühnen musste, um sich wohlzufühlen, nachdem sie sich erfolglos gegen ihn gewehrt hatte, sodass sie als ein hageres wandelndes Gerippe ihr letztes Menschsein verlor. Alles passierte weidlich schnell, ihre Eltern waren machtlos und litten mit ihr höchlich. Das Mädchen hörte ihrem Elternpaar oftmals heimlich zu, wie sie nachts vor Sorgen nicht einschlafen konnten und beide irgendwann anfingen zu weinen: Sie selbst hasste sich dafür über alle Maße. Wie konnte sie Vater und Mutter derartig traurig machen?
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Es gab in ihrer Zeit im hohen Norden des Landes fast nur geschlossene psychiatrische Einrichtungen, aber die Eltern wollten auf keinen Fall, dass ihr liebes Kind in solch einer Psychiatrie unterkommt. Hierdurch kam der Kontakt zur Gemeindepastorin zustande, jene half der Familie. Sie fand eine kirchlich unterstützte Kinderpsychiatrie, die ohne Tabletten auskam, und deren Patienten durften in ihrer Freizeit die Stadt Lübeck unsicher machen. Die Pastorin sorgte dafür, dass es keine Wartezeiten gab, weil auch der Zustand des Mädchens bedenklich war. Sie begleitete die Familie, um ihnen eine Stütze zu sein. Sie wurde wie eine zweite Mutter für das Mädchen, und bis zu deren Tod war sie es geblieben. Sie führten oft miteinander lange Gespräche über den Sinn des Lebens und andere wichtige Lebensfragen.

Der Zwang war nicht nur auf das Waschen fixiert, sondern löste auch einen Kontroll-, Zähl- und Wiederholungszwang sowie Rituale aus. Die Behandlung war soweit erfolgreich, dass die Kombination von Wiederholungs- und Waschzwang aufgehoben wurde und dass die Zwänge allgemein sich abschwächten, sodass ihr Leben wieder leichter zu meistern war. Aufgrund dessen, dass ein innerlicher Drang hinter der Magersucht steckte, genas sie sich davon völlig. Allein ihre Familie wusste, dass sie im eigentlichen Sinne immerfort verharrt im Zustand des seelischen Krankseins, aber sie konnte zumindest ihr Leben wieder in die eigene Hand nehmen, weil sie den Zwang im Griff hatte, jedoch war jenes bloß ein Istzustand, und jener änderte sich in der Lebenszeit ihrer Mutter mal zu seinen Gunsten, mal zugunsten von ihr wie bei einer Meereswelle: Entweder war sie im langwierigen Wellental oder sie schwamm auf dem oberen Wellenkamm, obwohl für sie künftig die Gischt unerreichbar blieb.

Ich weiß nicht, warum, aber sie wollte unbedingt wieder zur alten Schule, vielleicht um den anderen zu zeigen, dass sie es geschafft hat, gesund zu werden. Auf jeden Fall wollte der Schuldirektor dies verhindern. Was für Gründe er dafür hatte, man weiß es nicht. Der Vater überzeugte besser gesagt, er erpresste ihn, sodass sein Kind zurückkommen durfte, und zwar mit der Presse, nach dem Motto: Der Schulleiter möchte verhindern, dass ein misshandeltes Opfer nicht seine Schule besucht, dafür aber die Täter gerne dort sieht. Das Kuriose an der ganzen Sache war, dass die Schülerin vorab eine schlechte Benotung hatte und nach der psychischen Behandlung zur leistungsstärksten aller Klassen wurde und der Direktor ihr Lieblingslehrer wurde. Somit begann der zweite goldene Abschnitt ihres Lebens. Die Mitschüler waren im Umgang untereinander einfach wunderbar, jeder war für den anderen da. Sie gedieh prächtig auf und der Zwang wurde immer minder.

Sie absolvierte nachträglich die Fachhochschulreife. Hierbei lernte sie eine Deutschlehrerin kennen, die an ihr einen Narren gefressen hatte. Hierdurch bekam sie von ihr privaten Unterricht am Wochenende in der Schule für zwei Kalenderjahre völlig umsonst. In allen Fächern stand sie auf einer Eins, aber in den Sprachfächern war es nicht möglich. Dies lag daran, dass sie fast eineinhalb Jahre keinen Laut von sich gegeben hatte. Auch in ihren Träumen wurde die Sprache durch eine Binärsprache ersetzt.

Ein sanfter junger Mann, ihre erste und einzige wie immerwährende Liebe, schaffte es mit viel Geduld, dass sie sich mit Worten wieder zurechtfinden wollte, wobei sie bei den ersten Versuchen stotterte, weil ihr die Worte nicht mehr in den Sinn kamen. Sie wurde aber nicht ausgelacht von ihm und den anderen Kindern in der Jugendpsychiatrie, denn jeder hatte seinen Buckel zu tragen, und deswegen bestand jeder aus Nächstenliebe, bedeutet, ein jeder half den anderen. Es gab nur ein Liebes- sowie sanftes Miteinander und nie und nimmer ein Gegeneinander. Es war trotz tränenreicher Therapie wie ein Paradies auf Erden.

Jene Lehrerin verbrachte ein Wunder und das Kind wurde geradezu in der Sprache ebenfalls eine gute Leistungsträgerin. Die Lehre war ein Kinderspiel, nur dass am Ende jenes Zeitabschnitts ihr Vater verstarb. Sie verdrängte auf Jahre den Verlust, jedoch im Krankenhaus hustete jemand wie ihr alter Herr. Sie konnte nicht mehr auf der Station verweilen. Der Stationsarzt schickte einen Psychiater zu ihr und jener richtete es ein, dass sie die Krankenhausstation wechseln konnte. Hiernach besuchte sie ein weiteres Mal eine Psychiatrie. Das passierte noch mehrmals in ihrem Leben.

Sie merkte langsam, dass sie durch ihre beharrliche Treue zu ihrer ersten Liebe keine Kinder bekommen konnte. Als Jungfrau ist es schwer, schwanger zu werden. Sie hörte sich häufig traurige Musik an und sah dabei nach draußen mit einem Leichmansblick hinaus in die Ferne und verlor sich dabei im Gesamten ohne eine winzige Hoffnung. Sie büßte ihre Arbeitskraft ein, sodass sie zwar bei ihrer Firma angestellt blieb, jedoch durch lange seelische Erkrankung Erwerbsminderungsrente erhielt. Ihr Dasein schien ihr weidlich sinnlos, alle Gedanken waren mit Bitterkeit, Trübsal und Tod verbunden. Hierdurch, und weil ihr Anker verstarb, ihre Mutter, die für sie ein Fels in der Brandung war und der einzige wahrhafte Grund, sich für das Leben jeden Tag zu entscheiden, verfiel sie in tiefer Trauer. Sie fühlte sich dabei wie ein Häufchen Elend.

Ihr folgte seitdem auf jedem Schritt ein schwarzer Hund und der krallte sich fest an ihr. Es war ihr so, als ob auf ihrer Seele eine Schwere lag, die einen in den Abgrund zieht. Es folgten eine Antriebslosigkeit sowie eine Grabeskälte im Innersten ihres Seelenlebens. Grauenschwer war dadurch ihre Stimmung, sodass sie von der Leere völlig ausgelaugt wurde.

An reichlich Tagen war sie in solcher Weise todtraurig, dass keine einzige Träne ihre trüben Äuglein verließ. An den anderen Kalendertagen weinte sie einen Tränensee aus Schmerz und Kummer. Ihre Tränenbecher sammelten sich ins Unendliche, es bildeten sich daraus Rinnsale aus Wehmut. Dieselben entwickelten sich zu einem Bächlein voller Sorgen, das sich mit weiteren Bächen hiernach als Fluss des Elends zusammenschloss, um in einem Tränenmeer von Betrübnis hineinzufließen.

Es war dergestalt, dass sie sich manchmal wie eine Wandelleiche empfand, und es schien ihr dabei, dass eine Leicheneule sie umflog, die ihre aufkeimende Todeswonne bezeugte. Alles Glück auf Erden war verflogen - die Lust am Leben genauso, die Zufriedenheit war ebenfalls verschwunden. Die pechschwarze wie nachtdunkle Finsternis kroch in ihr ein - kein einziges Licht, noch nicht einmal ein wärmender Sonnenstrahl kam an ihrer Seele an, weil sämtliche blauen Teufel es verhinderten, die um ihr Inneres sich in Schwärmen aufhielten. Sie fiel immer tiefer in ein erst sumpfiges Loch, das immerfort sich dunkler verfärbte und ins Bodenlose endete.

Jeder Schritt vorwärts war wie ein kompletter Weg rückwärts. Jeder Gang war wie eine Tortur und lief sich aus an einer unüberwindbaren Mauer von Trostlosigkeit. Sie fühlte sich in einem tiefschwarzen sowie entsetzlich grauenhaften Grab lebendig begraben. Diese Seelenfinsternis sorgte für tiefste Pein wie Melancholie, zerriss ihre Seele mehrfach und führte ihr allerlei nicht heilbare Seelenschnitte zu. Der schwarze Hund umhüllte sie mit Leibeskraft und schob alle grauen Wolken auf ihrem Gemüt fortwährend dichter zusammen. Somit war sie stets grauumwölkt und wandelte hilflos in dichtesten Nebelschwaden.

In ihrem Inneren regnete es permanent in Schauern, bloß diese hörten nie auf, als wäre in ihr eine zerstörerische Sintflut im Gange. Hinzu kam der immerwährende wie peitschende und schmerzliche Gegenwind, der ständig mit voller Kraft in ihr Gesicht stürmte. Alle Glieder fühlten sich derart an, als ob Felsbrocken auf ihnen lag. Ständig waren dunkle Schatten um sie herum, die ihr Licht für immer verdunkeln wollten. Sie war in einer grauen Wolke voller Kummer und Sorgen gefangen, jene folgte ihr auf Schritt und Tritt. Es wäre so leicht gewesen, sich das Leben zu nehmen, wenn nicht ihre Mutter sie aus Liebe geboren hätte. Obwohl jene entschlafen war, gab diese ihr einen Grund, auf Erden zu verweilen.

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