Schlafen
Wir lagen am Schattenrand eines ausgewachsenen Ahornbaums. Ein Lichtteppich aus Goldmünzen funkelte herab, schmückte unsre Gesichter. Diese majestätischen Lebewesen säumten in andächtiger Entfernung das gesamte Feld; große Bäume, deren Kronen sich in der Brise leise Hallo sagten. Ich fühlte das Leben in mir, als wäre es mit der Atemluft gekommen und das war es auch, Atmen war ein Impuls, ein Gelübde ans Leben, das mit jedem Atemzug erneuert wurde: ja ich will, ich will leben! Warme Lichtstrahlen drangen durch mein Lid, wenn ich die Augen schloss, und erfüllten mich mit lebendigen Farben. Der Boden auf dem wir eingebettet lagen, ... warmer Schoß der Natur. Mutterbauch. Ich spürte den melancholischen Bass in meinem Brustkorb, wenn wir uns nah waren. Und manchmal war er sich unserer Nähe bewusst. Es deutete ein einzelnes Blatt auf uns, wenn es losgelöst sich seinen Weg zu uns bahnte und uns berührte, von ewiggrüner Baumkrone beim zaghaften Rascheln befreit, wenn die von Grasblumenduft erfüllte Mailuft erwachte und Äste streichelte. Dann waren wir längst Kopf an Kopf, Hand in Hand eingeschlafen; mit dem Blatt zwischen uns.
Wachen
Ich lag alleine am Schwefelrand einer schwarzen Baumruine. Zitternd krächzten die von beißend sauren Böen verkrüppelten Äste, dass einem der Mundraum faulte und ein pechschwarzes Gebälk aus totem Fleisch hinterließ, aus dem sich sturzbachartig Eiter und Galle in meine Hände ergossen. Ich fühlte den Tod in mir, als wäre er mit der Atemluft gekommen und so war es auch, Atmen war eine Entsagung: ich will nicht, ich will nicht leben! Ich lag gebettet in Staub und Asche und spürte das kostmische Grauen nach meinem Herzen greifen. Der einstige warme Mutterboden, blass und wund, riss unter mir entzwei und offenbarte seinen zyklopisch geschändeten Grottenschlund, in den ich unsagbar tief hinabstürzte, bis der stinkende Schlitz zu einem dimensionslosen Punkt kollabierte und mich unter gammelnder Fäulnis begrub.
M.R.
Wir lagen am Schattenrand eines ausgewachsenen Ahornbaums. Ein Lichtteppich aus Goldmünzen funkelte herab, schmückte unsre Gesichter. Diese majestätischen Lebewesen säumten in andächtiger Entfernung das gesamte Feld; große Bäume, deren Kronen sich in der Brise leise Hallo sagten. Ich fühlte das Leben in mir, als wäre es mit der Atemluft gekommen und das war es auch, Atmen war ein Impuls, ein Gelübde ans Leben, das mit jedem Atemzug erneuert wurde: ja ich will, ich will leben! Warme Lichtstrahlen drangen durch mein Lid, wenn ich die Augen schloss, und erfüllten mich mit lebendigen Farben. Der Boden auf dem wir eingebettet lagen, ... warmer Schoß der Natur. Mutterbauch. Ich spürte den melancholischen Bass in meinem Brustkorb, wenn wir uns nah waren. Und manchmal war er sich unserer Nähe bewusst. Es deutete ein einzelnes Blatt auf uns, wenn es losgelöst sich seinen Weg zu uns bahnte und uns berührte, von ewiggrüner Baumkrone beim zaghaften Rascheln befreit, wenn die von Grasblumenduft erfüllte Mailuft erwachte und Äste streichelte. Dann waren wir längst Kopf an Kopf, Hand in Hand eingeschlafen; mit dem Blatt zwischen uns.
Wachen
Ich lag alleine am Schwefelrand einer schwarzen Baumruine. Zitternd krächzten die von beißend sauren Böen verkrüppelten Äste, dass einem der Mundraum faulte und ein pechschwarzes Gebälk aus totem Fleisch hinterließ, aus dem sich sturzbachartig Eiter und Galle in meine Hände ergossen. Ich fühlte den Tod in mir, als wäre er mit der Atemluft gekommen und so war es auch, Atmen war eine Entsagung: ich will nicht, ich will nicht leben! Ich lag gebettet in Staub und Asche und spürte das kostmische Grauen nach meinem Herzen greifen. Der einstige warme Mutterboden, blass und wund, riss unter mir entzwei und offenbarte seinen zyklopisch geschändeten Grottenschlund, in den ich unsagbar tief hinabstürzte, bis der stinkende Schlitz zu einem dimensionslosen Punkt kollabierte und mich unter gammelnder Fäulnis begrub.
M.R.
03.03.2022 22:09 • • 03.03.2022 x 1 #1