Komm ich erzähl dir eine Geschichte von Jorge Bucay
Für alle die gerne übers Leben nachdenken. Ein wundervolles Buch.... Leseprobe: Ein Gespräch zwischen dem Dicken (Therpeuten) und Demian:
»Offenbar muß man sich dazu zwingen, jemand zu sein, der man nicht ist, wenn man nicht allein bleiben will.«
»In der ersten Person, bitte.«
»Wenn ich nicht allein bleiben will, muß ich schleimen, muß ich klein beigeben, muß ich zahm und mild sein, muß ich die Schnauze halten oder sie nur aufmachen, um zu sagen, daß…«
»Sicher ist das auch ein Weg. Der andere ist der des Diogenes.«
»Und welches ist der Weg des Diogenes?«
»Der Weg des Diogenes.«
Eines Tages saß Diogenes auf der Schwelle irgendeines Hauses und aß einen Teller Linsen. In ganz Athen gab es kein billigeres Essen als dieses Linsengericht. Anders gesagt, einen Teller Linsen zu essen bedeutete, daß man sich in einer äußerst prekären Situation befand.
Ein Minister des Kaisers sagte zu ihm: »Wie bedauerlich für dich, Diogenes! Wenn du lernen würdest, etwas unterwürfiger zu sein und dem Kaiser ein bißchen mehr zu schmeicheln, müßtest du nicht so viele Linsen essen.«
Diogenes hörte auf zu essen, hob den Blick, sah den wohlhabenden Gesprächspartner fest an und antwortete: »Bedauerlich für dich, Bruder. Wenn du lernen würdest, ein paar Linsen zu essen, müßtest du nicht so unterwürfig sein und dem Kaiser ständig schmeicheln.«
»Das ist der Weg des Diogenes. Das ist der Weg des Selbstrespekts, der Verteidigung der eigenen Würde, über die eigenen Bedürfnisse der Selbstbestätigung hinaus. Wir alle brauchen die Bestätigung von anderen. Aber wenn das nur um den Preis der Selbstaufgabe geht, ist das ein zu hoher Preis.«
30.09.2013 19:43 •
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