@moo
Ich mag Deine Texte. Das ist für mich so wie wenn ich ein schönes Musikstück höre... Das emotionalisiert einen einfach, ohne dass man sich dagegen wehren könnte. Ich mag Deine feine Beobachtunsgabe und wie Du Deine Erkenntnisse dann für andere sprachlich zum Ausdruck bringst. Wenn man Deine Texte liest, dann ist es, wie wenn man einem Künstler beim Malen zusieht. Er arbeitet mit Pinsel die Farben filigran und gestochen scharf auf die Leinwand und zaubert so nach und nach Schritt für Schritt ein Bild auf das *beep* Weiß. Es ist wie Magie. Und der Thread hier hat mich ein Stückchen weit verzaubert.
So und danke für das nette Kompliment. Wenn ich getriggert bin, dann schreibe ich total verdreht, verwunden und verschwurbelt und verkanntet. Das ist kein Vergnügen für den Leser. Mea culpa und sorry dafür!
Aber wenn ich es schaffe, mich runter zu regeln, dann bemühe ich mich um eine eingermaßen klare Aussage. Aber ich war schon besser. Mir wurde früher oft vorgeworfen, dass ich überheblich wäre und arrogant, nur weil mich das Studium geprägt hatte, auch sprachlich. Letztlich war es ja nur so, dass man im Hamsterrad der Welt gefangen war und sich bemüht hat, professionell seine Frau zu stehen. Dass das auch Nebenwirkungen haben kann, ist eben der leidige Teil der Veranstaltung. Daher habe ich mich dann privat wieder auf eine einfachere, laxe Sprache eingependelt, mit der man weniger Konflikte an Land ziehen sollte. Aber auch das ist nicht garantiert. Denn wenn man es den einen recht macht, dann kritisieren andere. Wenn man nicht ganz so eloquent auftritt, wie man könnte, dann wird man schnell für dumm gehalten. Ich bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass man es nicht allen gleichzeitig recht machen kann und somit versuche ich heute, einen Mittelweg zu gehen, der für die meisten Menschen erträglich bis gangbar ist.
Und ja, die westliche Denkweise ist eine andere als die der tibetischen Mönche und anderer asiatischen Vorstellungen.
Ich glaube auch, dass alle formellen und auch informellen Achtsamkeitsübungen nicht annähernd den gleichen Effekt haben, wenn man die grundsätzliche Lehrer dahinter nicht verstanden hat. Ich habe das Buch Glück hier und es half und hilft mir schon seit langer Zeit mit dieser Welt zurechtzukommen. Es hat mir viele Aha-Momente vermittelt. Aber ob ich dieses Buch verstanden hätte, wenn ich nicht zuvor von jemandem in die buddhistische Denkweise eingeführt worden wäre, wage ich zu bezweifeln. Der Buddhismus ist nicht eine Religion wie wir im Westen sie definieren würden, wie Christentum, Islam oder Judentum, sondern es ist eine Anleitung wie man mit sich selbst und der Welt umgehen muss, um Leid zu verringern und weniger Leid zu erleben. Ich sage immer, Buddhismus und Yoga sind Handlungsanleitungen für den Umgang mit uns selbst, während die anderen Religionen eher so eine Art moralischen oder ethischen Kodex predigen. Im Christentum wird der Mensch als unvollkommen angesehen, der sich erst entwickeln muss, geprüft wird. Im Buddhismus betrachtet man jedes Kind, das zur Welt kommt, so wie ist, als richtig. Das ist eine grundsätzlich andere Haltung, die wir schon am ersten Tag auf die Kinder loslassen. Man sieht, das sind zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Und das zieht sich durch das ganze Leben durch.
Wir schauen auf andere Länder und Sitten oft herab, in Wirklichkeit sind sie uns aber oft voraus. Aber sie sind uns eben nicht in allen Bereichen voraus. Und da wir nur auf unsere Werte und Statussymbole schauen, fühlen wir uns überlegen. Wir sind es aber nur im Moment in Bereichen wie Wirtschaft, Technik, politische Strukturen, Wohlfahrt. Das kann sich aber wieder ändern.
Und ja, es gibt eben kein festes ICH. Selbstwertstörung, was zu 80 % bei Patienten in psychosomatischen Kliniken gesehen wird, beruht auf der Vorstellung, dass man ein Ego hätte, dass man ein Ich hätte. Dabei haben wir das nicht. Wir sind ein Wechsel von Bewusstseinszusänden, von Gefühlsanflutungen und von Körperwahrnehmungen. Unsere Psyche ist eher das Außen eines Berg-und Talfahrt-Karussells und glauben aber, wir wären das fixe Zentrum in der Mitte des Karussells. Und das ist eben der Irrtum. Und wenn sich Menschen mit einer Selbstwertstörung angegriffen fühlen, dann ist es, als ob sie das Zentrum im Karussel verteidigen müssten. Das hilft aber nicht. Sondern eigentlich müsse man im Außen arbeiten, wo die Wagen sind und die sich drehen und auf und ab schwingen. Das meint der Buddhismus, wenn er seine Schüler lehren will, wie man stabil bleibt. Wir müssen diese Gefühlszustände und Bewusstseinszustände kennenlernen und erkennen lernen und sie dann wahrnehmen und dann steuern. Das meint der Buddhismus, um emotionale Stabilität zu erlangen. Das war Jahrtausende so. Und es funktioniert. Das ist bewiesen. Wenn man das mal verstanden hat, dann kann man sich auch auf dieses Auflösen des Ichs einlassen. Wenn man gelernt hat, dass man gar keine Ego hat, dass man verteidigen könnte bzw. dass dessen Verteidigung nicht oder so nicht möglich ist, da es nicht existiert, verlieren diese ganzen Diskussionen um Auf- und Abwertung oder innere Kritiker einfach ihren Sinn.
Daher ist vieles, was die westliche Psychotherapie erfunden hat und als Lösungsansatz verkauft hat, schlicht Unfug. Und deshalb lasse ich mich auf solche Diskussionen gar nicht ein. Das ist mir alles zu veraltet und auch zu ineffektiv. Ich sehe da vieles eher als konraproduktiv. Und manche Therapeuten schaffen es wunderbar, ihre Patienten in noch tiefere Grübelprozesse zu lotsen, in denen dann Emotionen hochgeholt werden, die sie selbst nie aushalten und besiegen könnten.
Wir haben auch viel an Wissen dazu gewonnen, neue Methoden sind in Arbeit. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir veraltete ineffektive Therapiemethoden und dieses ewige Analysieren von Verhalten oder Emotionen langsam einmotten können. Einen Teil wird man immer wieder noch davon brauchen, weil Menschen eben auch mit dem Verstand an ihre Problematik herangehen müssen und sollen und werden. Wir haben ein Bedürfnis danach, dass wir verstehen, was mit uns passiert. Aber wir brauchen sicher weitaus mehr als nur Reden und logisches Verstehen, sonst passiert das, was immer passiert: Man sitzt in der Therapiestunde und ist total erwachsen und vernünftig, zeigt seine Schokoladenseite und kaum ist man aus der Praxis des Therapeuten herausgegangen, schon schießen die Tränen in die Augen, weil der Rest vom Menschen eben nicht bekommen hat, was er gebraucht hätte. Und so sieht der Heilungsweg eben nicht aus.
Da ich andere Erfahrungen gesammelt habe und auch aber früher die gleichen wie andere User und Patienten kann ich sehr genau unterscheiden zwischen dem, was wirklich hilft, und dem, was nur den Schein von wirksamer Hilfestellung ist.
Was man sagen kann, ist, dass auch die meisten Profis heute die Problematik verstanden haben und dass sehr eifrig nach Lösungen gesucht wurde, auch viele gefunden wurde und dass - zumindest ist es bei uns so - sich die KV und die Landespsychotherapeutenkammer und viele andere Institutionen und die jüngeren Therapeuten heute anstrengen, eine moderne und wirksame Therapieszene für die Betroffenen zu schaffen. Es war nicht so erfolgreich, wie man es lange verkauft hat. Das haben die Profis inzwischen selbst gemerkt. Und die Qualität der Therapien und Behandlungen steigt von Jahr zu Jahr. Die sind aufgewacht. Und aufwachen tun die nur dann, wenn sie informierte und kundige, mündige Patienten antreffen, die das Neueste vom Neuen einfordern und suchen.
Leider habe ich nicht Dein malerisches Geschick, mit Worten und Sätzen zu zeichnen, um Bilder vor dem geistigen Auge zu erschaffen, aber mein eher sachliches und oft auch überzeichnendes digitales Zeugnis meiner Erfahrungen ist, denke ich, zumindest hier und da informativ und manchmal auch ein wenig überraschender vom Mainstream abweichender Input. Ich persönlich bin immer auf der Suche nach Impulsen, war schon immer ein Reiz-Junkie. Das ist auch ein Teil unserer Zeit heute, wir wollen das Neue, das weckt unser Interesse. Ich finde, dass ist auch ein Zeichen dafür, dass man noch vital ist und wieder gesund leben will. Ich habe mich lange genug verkrochen und meine Wunden geleckt. Irgendwann muss damit auch mal wieder Schluss sein. Das Leben - so denke ich - hat mich wieder.
Ich schau' mir ab und zu Comedian an. Da kam Alain Frey, er ist ja aus der Schweiz. Manche seiner Witze zünden prima, andere sind eher nicht so der Brüller. Aber ich fand sehr lustig, als er von den seltsamen Fähigkeiten mancher Tiere erzählt hat. Es gibt einen Frosch, der hat als Überlebenstaktik, dass er sich den ganzen Winter physiologisch total ausschaltet. Das Tierchen ist sozusagen biologisch tot. Und wenn der Frühling kommt, wird es wieder lebendig. Und Alain Frey hat dann diesen Frosch gespielt und hat gemeint: Der Frosch kommt zu sich, steht auf, schau sich um und sagt: WER IST JESUS?!.
Und ich glaube, sowas in der Art erlebt man auch nach psychischen Erkrankungen, wenn man gesünder wird, wenn man langsam wieder auftaut und wieder lebt. Man hält eine Menge aus. Und dann muss man ins Leben wieder eintauchen. Dabei hilft es, sich an Menschen zu orientieren, die das Leben und sich selbst feiern können, aber in einer spielerischen Weise, die sich selbst nicht zu ernst und nicht zu wichtig nehmen, die fünfe grade sein lassen. Nicht alles und jedes, was uns gegen den Strich geht, ist auf dieser Welt, um uns zu ärgern oder zu verletzten. Das gehört einfach zum Leben dazu. Das ist wie beim Autofahren. Ab und zu hupt halt einer, weil es ihm selbst grade nicht so toll geht.
Es macht echt Spaß bei Dir zu lesen. Ein schönes Talent hast Du, dass einem was gibt. Es hat so eine heitere, wärmende Note. Sehr liebenswert, das Ganze! Es könnte was mit Deiner Persönlichkeit zu tun haben.....
27.01.2023 20:43 •
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