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Zitat von Chingachgook:
Ohne Ich-Bewusstsein ist das nicht denkbar.

Sehe ich genauso!

Langeweile

Obwohl Langeweile, wie jede Emotion, ein mentales Konstrukt, eine mentale Gestaltung darstellt, ist sie aufgrund ihrer relativ neutralen Anlage eine gutes Kontemplationsobjekt wenn es darum geht, uns vor Augen zu führen, wie getrieben unser Geist ist.

Weshalb finden wir etwas schön, angenehm, liebenswert? Weil dieser jeweilige Sinneseindruck unseren Neigungen entspricht.

Weshalb finden wir etwas hässlich, unangenehm, abstoßend? Weil dieser jeweilige Sinneseindruck unseren Abneigungen entspricht.

Es ist daher relativ simpel, die Bedingung für Zuneigung und Abneigung zu erkennen.
Schwieriger ist es, sie rechtzeitig zu erkennen und ihnen nicht zu folgen. Denn die Bewertung und die daraus resultierende Reaktion erfolgen blitzschnell – gefühlt nahezu gleichzeitig mit der Wahrnehmung des Sinneseindrucks.

Wie steht es nun mit der Langeweile?

Langeweile ist streng genommen weder zuneigungs- noch abneigungsbedingt. Sie entsteht aus Unachtsamkeit, aus Nicht-Wissen, aus Verblendung. Zwar fühlt sie sich an wie eine ablehnende Emotion, doch ihr Wesen ist es,

nicht in Frieden mit dem Jetzt und Hier zu sein

– und zwar aus objektiv unersichtlichem Grund. Sobald wir uns nämlich der Langweile bewusst werden, hat sie aufgehört, zu "existieren". Weshalb? Weil wir dabei wieder ins Denken kommen. Denken spielt sich subjektiv immer zeitlich und örtlich ab (entweder zukünftig oder vergangen bzw. hier oder anderswo) - also dualisierend.

Die Abwesenheit dieses dualisierenden Denkens als Langeweile zu bezeichnen ist somit Unbewusstheit in Reinkultur – und bietet somit eigentlich ein bemerkenswertes Potenzial zur Einsicht. Indem wir sie "zu-lassen" (also unerkannt, unbezeichnet, unbedacht lassen) kann sie einsichtsfördernd wirken.

Das Ego, die Ich-Illusion will immer etwas sein. Das "erreicht" sie, indem sie sich in den Sinneseindrücken nach außen spiegelt. Man blickt nicht Farben oder Formen herein sondern hinaus. Man denkt nicht Gedanken herein, sondern hinaus. Man handelt nicht in sich hinein, sondern von sich heraus. Man erschafft ein "Außen", um zu "sein".

Dies ist der ursächliche (An-)Trieb des menschlichen Geistes: Sein-wollen, Nicht-sein-wollen und Erfahren. Die sogenannte Langeweile stellt eigentlich eine erholsame Pause dieses Dauertriebes dar...und ist deshalb dem Ego so unangenehm. Der reine Zustand der Abwesenheit dieser Antriebe ist also nicht Langeweile sondern pure Meditation.

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Sammelthread Kontemplationen für individuelle Probleme

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Zitat von moo:
nicht in Frieden mit dem Jetzt und Hier zu sein

dem stimme ich voll und ganz zu. Mir ist langweilig, ich weiß nicht was ich machen soll, nichts befriedigt mich.

wie kann sowas also pure Meditation sein?

Ich vermute, dass du vielleicht - nur in sich ruhen - als Langeweile bezeichnest? Wenn mich das aber befriedigt, dann habe ich keine Langeweile zumindest nicht das, welches Gefühl ich mit Langeweile verbinde.

Zitat von hereingeschneit:
Dem stimme ich voll und ganz zu. Mir ist langweilig, ich weiß nicht was ich machen soll, nichts befriedigt mich. Wie kann sowas also pure Meditation sein?

Um dieses Paradoxon zu erhellen, biete ich diese kurze Kontemplation ja an. Im Grunde habe ich alle Transferhinweise die mir dazu nützlich erscheinen, genannt. Die Einsicht kann jedoch letztendlich mit Argumenten nicht vermittelt werden (siehe auch den einleitenden Beitrag dieses Threads). Argumente spielen immer in der interpretativen, bewertenden, dualisierenden Liga.

Es kann vielleicht (!) eine Hilfe sein, Dein Augenmerk auf den dualisierenden Aspekt Zeit in diesem Zusammenhang zu legen. Wie jedes Konstrukt besteht auch die (empfundene) Langeweile aus mehreren Komponenten, die der menschliche Geist nicht nur erschafft, sondern auch für objektiv wahr hält. Indem er solche Komponenten erschafft (Raum ist ebenso eine Komponente), definiert er gleichzeitig auch sich selber als Wesenheit. Die beiden Koordinaten Raum und Zeit ermöglichen erst die Illusion eines Selbst. Schopenhauer war einer der ersten Westler, die sich darüber m. E. sehr fruchtbar den Kopf zerbrochen (im positiven Sinne) hat

Was wäre Langeweile also ohne den Faktor Zeit? Du wirst schwerlich eine tragfähige Anwort darauf finden, denn das Eine bedingt das Andere. Wo stehen nun wir zwischen diesen beiden Polen? Und schon kommt der Raumfaktor ins Spiel, der ebenso unmöglich objektiv zu rechtfertigen ist.

Insofern bietet Langeweile eben das Potenzial, Einsicht zu gewinnen. Langeweile mal wirklich auf diese Frage (!) (und nicht auf mich) wirken zu lassen, ist pure Meditation - zumindest das, was ich darunter verstehe.

Zitat von moo:
Was wäre Langeweile also ohne den Faktor Zeit?

Ich verbinde damit ein ganz bestimmtes Gefühl im Hier und Jetzt. (also in dem Moment wo ich Langeweile verspüre, was wirklich sehr selten vorkommt.)

Ich werde aber zu gegebener Zeit noch mal über deinen Text nachdenken, dafür brauche ich aber Zeit, die ich mir aber erst später nehmen möchte. Diese Antwort wollte ich dir aber jetzt schon zukommen lassen.

So jetzt kommt mir doch gleich noch was.
Zitat von moo:
Insofern bietet Langeweile eben das Potenzial, Einsicht zu gewinnen. Langeweile mal wirklich auf diese Frage (!) (und nicht auf mich) wirken zu lassen, ist pure Meditation - zumindest das, was ich darunter verstehe.

Das klingt für mich als ob du die Langeweile nützt um sie zu durchleuchten und zu hinterfragen. Das geht dann in Richtung Meditation - denk ich, mit Meditation habe ich nicht wirklich Erfahrung.
Aber indem du die Langeweile hinterfragst und dich damit beschäftigst, hast du ein Ziel gefunden, die Langeweile ist zu Ende. Mir ist nur so lange langweilig wie ich nicht weiß, was ich tun möchte. Ich habe einen inneren Trieb in mir (und zwar die Suche, was könnte ich jetzt machen) und keine Ruhe.

Gut, das ist nur meine Sichtweise, liegt vielleicht an den verschiedenen Gefühlswelten.

Zitat von hereingeschneit:
Mir ist nur so lange langweilig wie ich nicht weiß, was ich tun möchte. Ich habe einen inneren Trieb in mir (und zwar die Suche, was könnte ich jetzt machen) und keine Ruhe.

Genau! Das ist diese Getriebenheit von Wollen und Nicht-Wollen (s. o.). Diese Spannung ist die Bedingung für Langeweile...die Unzufriedenheit mit dem Hier und Jetzt Erkennst Du den Kreislauf?

Ich kann deinen Text über Langeweile eigentlich folgen, nur mit deiner Schlussfolgerung habe ich meine Probleme. Also mit den letzten zwei Sätzen.

Zitat von moo:
Die sogenannte Langeweile stellt eigentlich eine erholsame Pause dieses Dauertriebes dar...und ist deshalb dem Ego so unangenehm. Der reine Zustand der Abwesenheit dieser Antriebe ist also nicht Langeweile sondern pure Meditation.

Wahrscheinlich meinst du, wenn man das Ego raus nimmt, dann gibt es keine Langeweile sondern wandelt sich in Meditation. Aber so wie es da steht empfinde ich es als ob du sagst, Langeweile ist die Abwesenheit dieser Antriebe und das stimmt für mich nicht, dann genau das macht die Langeweile aus.

Ich verschandel schon wieder mal deinen schönen Thread. Sorry.

Zitat von hereingeschneit:
Ich verschandel schon wieder mal deinen schönen Thread. Sorry.

Gar nicht! An meiner Ausdrucksweise hapert es aber schon manchmal... Neuer Versuch:
Die Unterbrechung des Dauerbetriebes (= gedanklich dem Wollen und/oder Nicht-Wollen folgen) empfindet der verblendete (triebgesteuerte) Geist als nahezu unaushaltbar (= Langeweile), obwohl diese Unterbrechung eigentlich aufgrund ihres Weder-Noch-Modus hervorragend zur Einsicht eignen würde.

Insofern stimme ich Deiner Formulierung voll zu:

Zitat von hereingeschneit:
Wahrscheinlich meinst du, wenn man das Ego raus nimmt, dann gibt es keine Langeweile sondern wandelt sich in Meditation. Aber so wie es da steht empfinde ich es als ob du sagst, Langeweile ist die Abwesenheit dieser Antriebe und das stimmt für mich nicht, dann genau das macht die Langeweile aus.


Dieser Weder-Noch-Modus ist, sofern er als Langeweile wahrgenommen wird, bereits vertan. Doch mit etwas Aufmerksamkeit und einer gewissen Sturheit im Aushalten kann man durchaus wieder dahin zurückkehren. Dabei erfährt man bestenfalls, wie und vor allem warum Ergreifen (verMEINen) stattfindet.

Ja, diese Aussagen sind für mich stimmig und nachvollziehbar. Jetzt passt es auch für mich.

Wieder mal ein wie ich meine aufschlussreicher Gastbeitrag eines guten Freundes, soeben ergossen zum Thema:

Vertrauen vs. Zutrauen (von B. Golz)

Sich mit einer solchen Fragestellung im trauten Heim beschäftigen zu können, bedeutet auf jeden Fall, dass man keine anderen allzu großen Probleme hat, sondern über genug Vertrauen in seine derzeitige Lebenssituation verfügt und sich dann auch zutraut, zu diesem Thema auch etwas Vernünftiges beisteuern zu können.

Geht es hier nun bloß um eine semantische Haarspalterei oder kann man durch die Beschäftigung mit diesen Begriffen auch etwas Grundlegendes zur eigenen Welt- und Selbstsicht herausfinden? Ich denke man kann.

Sowohl das Vertrauen wie auch das Zutrauen haben eine interne und eine externe Komponente, die sich über verschiedene Fragestellungen deutlich unterscheiden lässt:
Wie viel Vertrauen habe ich in meine körperlichen und geistigen Fähigkeiten und meine (charakterlichen) Eigenschaften und wie viel derartiges Vertrauen habe ich in andere Personen?
Was traue ich mir zu und was den anderen?

Vertrauen also auch Zutrauen, intern wie extern, beruhen aber immer auf Informationen. Diese sind entweder theoretischer Natur, stützen sich also auf reines Wissen, gespeist durch Medien, Hörensagen, Vermutungen und Erfahrungen aus zweiter Hand oder sie sind praktischer Natur und beruhen auf einer direkten eigenen Erfahrungen mit bestimmten Situationen und mit bestimmten Menschen und/oder Dingen.

In jeder Lebenssituation versuchen wir immer Schaden zu vermeiden und, wenn möglich, größtmöglichen Nutzen zu generieren. Dies liegt in der Natur eines jeden Lebewesens und ist an sich nichts Verwerfliches.

Kommt es nun zu einer Wiederholung einer Situation oder zur Wiederbegegnung mit einer Person, werden diese Informationen abgerufen und zur Entscheidungsfindung herangezogen. Da wir aber nicht zu jeder Lebenslage über einen ausreichenden eigenen Erfahrungsfundus verfügen, sind wir häufig gezwungen, uns auf theoretische Informationen zu stützen. Die aktuelle Erfahrung wird aber so bereits von Faktoren beeinflusst, denen wir ungeprüft vertrauen, die aber dann nicht selten eine Situation wiederum so erleben lassen, dass die vorgefassten Entscheidungsfaktoren wieder bestätigt werden.

Ich möchte diese etwas abstrakte Aussage an einem Beispiel verdeutlichen:

Ein Mensch der noch nie in seinem Leben von einer Biene attackiert wurde, geschweige denn gestochen, wurde jedoch von überängstlichen Menschen erzogen und so mit Vorurteilen geimpft. Wenn dieser Mensch dann tatsächlich in näheren Kontakt zu einer Biene kommt, kann seine panische Überreaktion tatsächlich dazu führen, dass die Biene sich angegriffen fühlt und ihn zur Verteidigung sticht. Das vorher unbegründete Weltbild wird so bestätigt. Wenn zudem der Umgang mit ähnlich denkenden Menschen dieses Bild zusätzlich untermauert, ist es sehr schwer die so gewonnene Überzeugung wieder zu revidieren.

Eine Überzeugung ist aber noch längst keine Tatsache! Wenn wir beim Beispiel bleiben, könnte o.g. Person einen Imker kennenlernen und so erfahren, dass Bienen sehr wohl ihren Stock verteidigen, abseits davon aber nur auf Angriffe reagieren und niemals von sich aus Menschen angreifen, denn sie verlieren bei einem Stich ja mit ihrem Stachel auch ihr Leben. Ein bösartiges Bienenvolk wäre sehr bald zum Aussterben verurteilt.

Die direkte Auseinandersetzung mit den Bienen und Menschen die mehr und umfangreicheres Wissen über jene verfügen, führt dazu, dass der Informationsfundus deutlich erweitert wird und man mehr seinen erworbenen Urteilen vertraut, als den überlieferten Vorurteilen. Dies kann dann soweit kommen, dass unsere Beispielfigur auf Grund des erworbenen Vertrauens in den Imker, sich selbst zutraut mit Bienen zu arbeiten!

Was sich hier sehr deutlich herausschält ist der gewaltige Unterschied zwischen Ansicht und Meinung. Eine Ansicht ist, wie der Name schon sagt, die jeweilige Sicht auf eine akute Situation. Diese Sicht hängt vom jeweiligen Standpunkt ab.

Eine Meinung muss man sich bilden, d.h. man benötigt mindestens eine andere Ansicht, einen neuen Blickwinkel auf diese Situation. Je mehr man in der Lage ist, seine Standpunkte zu variieren, umso fundierter wird die Meinung. Dies setzt allerdings neben einer geistigen Flexibilität auch sehr viel Empathie voraus, also die Fähigkeit, sich in den Standpunkt anderer Menschen einzufühlen und einzudenken.

Leider geschieht viel zu häufig, dass geglaubt wird, sich eine Meinung zu bilden, wobei aber immer nur die gleichen Ansichten addiert werden. Die Psychologie nennt dies den Bestätigungsfehler.

Besonders die Corona-Krise ist ein ebenso anschauliches wie trauriges Beispiel dafür:

Menschen sehen sich einer außergewöhnlichen Situation ausgesetzt. Diese Situation wird als Bedrohung empfunden, entweder als Bedrohung der eigenen Gesundheit oder die der Freunde/Familie oder als Gefährdung des eigenen Lebensstils durch Beschränkungen, Verbote und Zwangsmaßnahmen. Auf Bedrohungen reagieren alle Wesen mit Angst. Da aber Angst einer der unangenehmsten Zustände ist die wir erleben können, versuchen wir auf diese Situation so zu reagieren, dass sie möglichst viel dieser Angst nimmt. Um reagieren zu können, müssen wir aber zur Entscheidungsfindung auf Informationen zugreifen. Im Falle einer für uns nie so erlebten Situation wird es sehr schwer auf Erfahrungswerte zurückzugreifen, wir sind auf Wissen (Theorie) angewiesen.

Aber welchem Wissen vertrauen wir und wem trauen wir zu, richtiges Wissen zu verbreiten? Hier stecken wir bereits in einer Sackgasse, denn nun müssen wir uns selbst vertrauen, sprich: zutrauen eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Aber worauf beruhen diese Entscheidungskriterien? Entweder auf Glauben, d.h. Nichtwissen in Kombination mit Hoffnung oder auf Zweifel, d.h. mangelndes Vertrauen in diverse Informationsquellen. Beides sind sehr unzuverlässige Gesellen.

Da wir aber in unsicheren Zeiten nichts mehr benötigen als Sicherheit, landen wir sehr schnell in o.g. Bestätigungsfalle: Du siehst das doch auch so, oder? Ich bestätige deine Welt, wenn du mir meine bestätigst. Schon ist man zu zweit und das gibt ein Gefühl der Sicherheit. Je mehr Menschen nun sich gegenseitig ihre Ansichten(sic!) bestätigen, umso größer wird das Gefühl von Halt und umso größer wird das Vertrauen in die eigene Sichtweise, was automatisch dazu führt, dass anders Denkenden weniger zugetraut wird etwas richtig zu sehen.

Für Menschen die Ansichtenwiederholung mit Meinungsbildung verwechseln, gibt es dann letztlich nur zwei Meinungen: Die eigene und die falsche!

Dieses Verhalten kann man nicht nur in der Corona-Krise sehen, sondern es zeigte sich auch in der Flüchtlingskrise und ist auch in der Klima-Problematik leider inzwischen dominierend.

Die ehemals pluralistische Gesellschaft verwandelt sich zunehmend und sehr zügig in ein Schachbrett, gemäß dem Bush'schen Motto der Achse des Bösen: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Alle kritisch denkenden Menschen, die wenigsten noch Grautöne zulassen wollen, werden zwischen diesen Lagern aufgerieben. Ein vernünftiges Verhalten gegenüber hochkomplexen Themen wird so unmöglich.

Das Problem ist also weniger Vertrauen oder Zutrauen unterscheiden zu können, als vielmehr der eklatante Mangel an Reflexion. Denn egal worauf ich vertraue oder wem ich was zutraue: Wenn die Grundlagen dafür nicht hinterfragt werden, sondern es ausschließlich um die Verteidigung des Selbst- und Weltbildes geht, kann man weder dem Zutrauen vertrauen noch dem Vertrauen etwas zutrauen.

Heilung

Der Begriff Heilung hat viele Aspekte, die weit über den medizinischen Bereich hinausreichen. Früher, als es noch den Begriff des Heilers gab, war damit gemeint, dass dieser Heilung herbeiführen solle - das, was heute Ärzte durch sogenannte Heilmittel und Medizin erreichen wollen (zumindest hoffe ich das... ). Doch was bedeutet es eigentlich, wenn mir jemand Heil wünscht oder wenn ich jemanden Heil wünsche? Ist es nicht eine Heilshaltung, die man dem Adressaten wünscht? Heiler der letzten ca. 100 Jahre arbeite(te)n hauptsächlich - und so kommunzier(t)en sie das auch - mit der Heilsfähigkeit des Patienten selbst.

Wie sie das zu erreichen glaubten (und auch oft taten), war zwar unterschiedlich, aber festzuhalten bleibt, dass letztlich ich selbst es bin, der - ja - sich heilt. Oder sollte es besser heißen, der heilsam wird (= Haltung!)? Den kleinen aber m. E. wesentliche Wandel vom Verb (heilen) ins Adjektiv (heilsam) möchte ich nun näher erklären.

Was verstehe ich persönlich unter einer heilsamen Haltung? Um diese Frage aus tiefstem Herzen zu beantworten, müssen wir weit hinab steigen in existenzielle Bereiche unseres Daseins. Denn bereits die Definition von Heilsamkeit verlangt uns eine Überprüfung unserer Lebensüberzeugungen ab. Gerade wir psychisch Bedrängten (ich vermeide den Begriff Krankheit aus tiefster Überzeugung!) müssen eigentlich irgendwann erkennen, dass es letztlich immer der Geist ist, der heilsam oder unheilsam ist.

Ich möchte nun einige Qualitäten aufzählen, die m. E. einen heilsamen Geist ausmachen. Dabei gebe ich zu Bedenken, dass Qualitäten nicht so einfach zu generieren sind. Sie sind die induktive Folge eines umfangreichen Lebensweges in Form von Denken, Reden und Handeln. Unbedingt ist dabei zu beachten, dass die Abwesenheit dieser heilsamen Qualitäten noch lange nicht ihr Gegenteil, also die Anwesenheit von unheilsamen Qualitäten impliziert! Man kann Heilsamkeit nicht messen, denn sie ist absolut subjektiv - wie jeder Geist einzigartig ist. Daraus folgt, dass wir bei der Entwicklung eines heilsamen Lebens nicht unbedingt die Abwendung von Unheilsamem erreichen wollen. Es gibt, wenn man genau hinsieht, auch gar nichts zu erreichen, sondern zu sein.

Um das an einem Beispiel zu verdeutlichen: Wenn wir unsere geliebte Partnerin im Geist vor uns haben, fühlen wir schlicht das, was wir Liebe nennen. Wir können es weder konkret beschreiben noch messen. Auch haben wir im Akt des Liebens (sowohl geistig als auch körperlich) niemals die Abwendung des Gegenteils (also Hass etc.) im Sinn. Liebe ist insofern non-dualistisch, oder schöner formuliert, allumfassende Einheit. Sobald wir beginnen, Liebe als das absolute Gegenteil von Hass zu interpretieren, begeben wir uns in die Welt des Zweifels.

Somit können wir Liebe (nicht Verliebtheit!) auch jederzeit als Heilsamkeit in Reinkultur begreifen. Jeder, der schon mal geliebt hat, kennt diese befreiende Selbst-losigkeit, die damit einhergeht. Ich wage sogar zu behaupten, dass es diese Selbstlosigkeit (Selbstfreiheit) ist, die die Liebe im wahrsten Sinne heilig (= ultimativ heilsam) macht.

Wenn wir nun diese Prämisse (Liebe als Heilsamkeit) zugrunde legen, führt das nach und nach automatisch zur Überprüfung unseres Lebens, ja unseres Er-Lebens - denn dieses geht nun mal zweifelsohne vom Geist aus. Somit ist unser Er-Leben der Spiegel unseres Geistes. (Kleiner Exkurs hierzu: soziale-angst-erroeten-redeangst-zittern-f1/alles-persoenlich-nehmen-t112921.html#p2459114 )

Sobald wir diese Prämisse in unserem Geist gegenwärtig haben, prüfen wir,

ob unser Handeln dieser Prämisse entspricht,
ob unser Reden dieser Prämisse entspricht,
ob unser Denken dieser Prämisse entspricht.

Handeln, reden und denken wir aus einer heilsamen, liebevollen Haltung heraus? Und, wenn nicht, wie wäre es, wenn wir es täten? Sofern wir uns wirklich diese (jederzeit realistische) Möglichkeit vor Augen führen, erkennen wir das, was man durchaus als unsere im wortwörtlichsten Sinne existenziellste Verantwortung bezeichnen darf: der liebende, heilsame Geist fragt (= sendet) in die Welt und die Welt spiegelt diese Antwort. Der Geist beantwortet sich quasi selbst.

Heilsame Qualitäten (Fortsetzung d. letzten Beitrags)

Die Qualität, weder sich noch anderen Wesen jedwedes Leid zufügen zu wollen (durch töten, verletzen oder nötigen in Handlung oder Rede).

Die Qualität, nur nehmen zu wollen, was einem gegeben wurde bzw. zusteht.

Die Qualität, niemanden sexuell unterdrücken oder missbrauchen zu wollen.

Die Qualität, seinem Partner treu sein zu wollen und die Partnerschaft anderer Menschen zu respektieren.

Die Qualität, stets die Wahrheit sagen zu wollen.

Die Qualität, keine den Geist beeinträchtigenden Substanzen konsumieren zu wollen.

Bei Gelegenheit will ich jede dieser einzelnen Qualitäten näher betrachten und die vielfältig heilsamen Auswirkungen verdeutlichen. Festzuhalten sei hier jedoch bereits, dass mit dem Wollen eine wirklich tief überzeugte Haltung (= Qualität) gemeint ist. Sie wird einerseits durch das Einhalten der genannten Grundsätze erzeugt, wirkt aber auch selber schöpfend (= erzeugend, erhaltend, verstärkend, charakterisierend).

Enthaltsamkeit

Oberflächlich betrachtet verbinden wir damit idR Entbehrung, Askese, Sich-etwas-verbieten, Entsagung, Mangel, Fasten - vielleicht auch im etwas weiteren Sinne Klosterleben, Exerzitien etc. Also im Grunde meistens das Abstehen von Gewohntem bzw. Liebgewonnenem wie z. B. materiellen Genüssen (Essen, Trinken, Medien etc.).

Ich möchte heute die tieferen Aspekte dessen kontemplieren, was wir gemeinhin Enthaltsamkeit nennen und dabei mit einer Wortbetrachtung beginnen.

Als Wortstamm bieten bereits die Haltung bzw. das Halten interessante Pfade auf:

Haltung:

Als Individuum habe ich eine Haltung zu den jeweiligen Dingen und verhalte mich gemäß meiner Wahrnehmung und meiner dadurch bedingten Entschlüsse dementsprechend. Eine Haltung kann bewusst oder unbewusst vorliegen. Was dabei jedoch stets unabdingbar ist, sind Objekt und Subjekt.
Wenn ich mich also z. B. einer Meinung enthalte, beziehe ich dadurch keine Stellung. Auf Objekt (Ich) und Subjekt (Welt) bezogen bedeutet das konkret: Ich äußere mich nicht (dazu). Diese vermeintlich banale theoretische Einsicht wirkt sich in der Praxis jedoch sehr entscheidend aus. Ent-scheidend deshalb, weil mit dem Wegfallen der Stellungnahme auch keine wie auch immer geartete Positionierung (zu einer Sache) stattfindet.
Etwas simpler ausgedrückt: Man nimmt sich raus.

Halten:

Das Halten ist ein aktiver Vorgang - es wird getan. Und braucht somit bereits wieder mich als Objekt. Im Vergleich zur o. g. Haltung kann man das Halten jedoch als deutlich subjektbezogener, also innerlicher verstehen. Sowohl anhalten, festhalten, aushalten oder durchhalten kann immer nur ich.
Wenn ich also den Halt lockere oder gar löse, beende ich eine Aktivität - und spare dadurch Energie.

Hierbei erkannt man bereits, den durchaus weiter wirkenden Wert der Enthaltsamkeit. Es geht weniger darum, wovon man sich enthält (Sinnesreize, Meinungen, Gedanken), sondern um die Ent-Haltung selber!

Welche Folgen kann es haben, enthaltsam zu sein?

Jeder, der schon mal gefastet hat oder sogar versucht hat, eine Sucht abzulegen, wurde dabei mitunter äußerst intensiv mit sich konfrontiert. Und wer beides geschafft hat, fühlte sich sicherlich dadurch ebenso vitalisiert, lebendig, voller Freude. Das ist durchaus berechtigt und angemessen doch könnte dabei auch die Möglichkeit ergriffen werden, eine tiefere, strukturelle Einsicht, ein echtes (erlebtes) Verständnis daraus zu entwickeln:

- sind meine Haltungen grundsätzlich eigentlich angemessen, verhältnismäßig, vertrauenswürdig?
- könnte anstelle des Durchhaltens ein Anhalten mein Erleben vielleicht wesentlich heilsamer machen?
- würde anstelle des Festhaltens oder Aushaltens ein Lösen des Griffs nicht mehr Zufriedenheit schaffen?

Beim Kontemplieren dieser Fragen könnte im Laufe der Zeit eine weitere, noch fundamentalere Einsicht dämmern:

Was bleibt, wenn ich meine Haltungen und mein Halten aufgebe?

Die Antwort auf diese Frage ergibt sich ausschließlich aus der Praxis. Nur wer es mal ausprobiert, kann an den Punkt kommen, an dem er leibhaftig versteht, dass letztlich alles, wirklich alles Schall und Rauch ist. Wer wirklich enthaltsam ist, verliert nichts, weil er erkennt, dass es tatsächlich nichts zu verlieren gibt. Das Objekt, dessen er sich enthält, verliert buchstäblich seinen Wert, der ihm vorher verliehen wurde, indem man [i]sich immer wieder auf das Objekt bezog[/i]! Das gilt für Materielles, Meinungen, Glaubenssätze, Emotionen, Gedanken etc.

Die Folge ist bemerkenswerterweise keine stumpfe Neutralität oder Apathie sondern ganz im Gegenteil ein direktes Erleben, so wie es ist. Ein haltungsfreies, bezugsfreies Erleben.

@Disturbed gewidmet ( tagebuecher-f97/carpe-noctem-naechtebuch-und-habitat-fuer-nachtfalter-t114433-140.html#p2599184 )

Freude und Liebe

Sowohl Freude als auch Liebe unterscheide ich darin, ob und welchen Bezug sie haben. Dabei versuche ich zu ergründen, welcher Anspruch der Freude oder der Liebe zugrundeliegt.

Beispiel:

Wenn man sich über etwas freut, das einem gefällt (z. B. ein Geschenk), dann setzt das als Ursache voraus, dass 1.) sich im Laufe des Lebens eine Zuneigung zu diesem Etwas entwickelt hat. Diese Ursache reicht aber noch nicht aus, denn zuerst muss 2.) jemand daherkommen und mir sowas als Geschenk überreichen. Dass ich mich daran auch wirklich erfreuen kann, bedarf 3.) der Tatsache, dass er es nicht für mich gestohlen hat, weil 4.) Stehlen etwas ist, was ich ablehne. Dieser Makel würde meine Freude komplett zunichte machen, usw...

Was wir gemeinhin als Freuen definieren, beschreibt eigentlich lediglich ein Zusammentreffen von Umständen, die wir als positiv bewerten und idR auch immer die Abwesenheit von negativ bewerteten Umständen. Man freut sich also nicht nur über etwas Gutes, sondern auch über nichts Schlechtes . Und wenn man ganz ehrlich ist, ist es bei der Liebe zu einer oder mehreren Einzelperson/en sehr ähnlich.

So sehe ich beide Emotionen tatsächlich als schwammig, unklar, unkonkret an. Und wieder komme ich zu der Einsicht, dass wir uns meist über sicht- und wahrnehmbare Phänomene Gedanken machen, aber nur sehr selten um ihr tatsächliches Wesen bzw. ihre, wie Du sagst, Undefinierbarkeit: Alles ist letztlich immer in Abhängigkeit von Bedingungen entstanden, was, bei genauem Hinsehen wieder von dergestalt entstandenen Bedingungen abhing usw...

Ein großes Problem, nicht nur bei der Entwicklung psychischer Probleme, ist, dass wir diesem Umstand keine oder zu wenig Aufmerksamkeit schenken und uns tagtäglich mit dieser (selbst geschaffenen) Begrenzung das wahre Leben (weg)nehmen. Wenn wir (an)erkennen würden, dass wirklich nichts so ist, wie wir es gemeinhin erleben, würde zur Abwechslung mal eine sehr heilsame, umfangreiche Ursache geschaffen, um eben nicht zuzugreifen und uns nicht die Welt gemäß unseren Vorlieben und Abneigungen zu verhackstückeln, sondern eben die Unzuverlässigkeit dieses bedingten Entstehens (und Vergehens!) zu sehen.

Dabei kommt dann eine Freude auf, die in der Tat bedingungslos ist. Lustigerweise verhält es sich mit der Liebe auch so. Es gibt eine bedingungslose Liebe, doch sie hat mit uns und der Welt wenig zu tun, sondern mit Einsicht.

(Gastbeitrag eines guten Freundes, der soeben eine durchaus heftige Infektion durchgestanden hat. Man möge bei seiner Wortwahl das durchscheinende Buddha-Dhamma mit berücksichtigen. Er lebt sehr abgeschieden, hat - selbst gewählt - nur noch wenig gesellschaftlichen Kontakt. Ich drucke ihn hier unkommentiert mit seiner Genehmigung ab. Lediglich Kursiv- und Fettdruck sind von mir.)

A.K.T. (Alter - Krankheit - Tod) oder B. Golz und die Welt

Nun haben mich also die Götterboten (= A.K.T.) mit einem mehrtägigen Besuch beehrt. Konnte
ich etwas daraus lernen? Zumindest drei Aspekte sind mir deutlich vor Augen geführt
worden:

1.) Kein Ding, auf das ich im weltlichen Sinne so viel Wert legte, wie etwa Wissen, Erlebnisse, Erfahrungen, Erreichtes und Erworbenes, konnte mir auch nur im Geringsten in der akuten Krankheitssituation helfen. All dies entpuppte sich – wieder einmal – als halt- und wertlos.

2.) Diese erste Erkenntnis machte mir noch viel klarer, wie viel ich von meiner kostbaren Lebenszeit für völligen Humbug verschwendet hatte. Unglaublich viel Zeit und Energie wurden für größtenteils völlig irrerelevante Dinge vergeudet, die ich entweder ohnehin nicht ändern konnte, oder deren Änderung keinen Einfluß auf die maßgeblichen Themen meines Daseins hatten.

Dies zeigte mir erneut den himmelweiten Unterschied zwischen wichtig und bedeutend: Das Meiste womit wir uns befassen, ist komplett unbedeutend, wird von uns aber für wichtig erklärt. Aber das was heute wichtig ist, kann morgen bereits passé sein, denn Wichtigkeit hat einen situationsbezogenen Tageskurs, der sich ständig ändert. Bedeutung hingegen ist innewohnend und entzieht sich dem Einflußbereich unserer Willkür. Man erkläre z.B. die Atmung einmal für ein, zwei Tage für nicht so wichtig: Wenn man keine Luft mehr bekommt, erkennt man die Bedeutung der Atmung.

Macht man sich hingegen klar, dass etwa felsig sich von Fels ableitet, oder schwammig von Schwamm, dann sind natürlich all die Dinge und Menschen tatsächlich enorm wichtig! Wichtiges bietet somit niemals Halt und kann auch keine Zuflucht bieten, wenn eine solche dringend benötigt wird.

Das einzige was mir in diesen Tagen geholfen hat, emotional mit der Situation umzugehen, war das, was sich nicht zusammen mit der Fieberkurve mitbewegt hat, nämlich Sati – dieses Gewahrsein
dessen was ist, so wie es ist
, in Kombination mit der Lehre um die bedingte Zusammen-Entstehung aller Phänomene.

Sehr deutlich wurde dies, als ich die Gefühlswaschmaschine eines Krankheitstages etwas deutlicher betrachten konnte. Da zeigte sich sehr klar und wie in Majjhima Nikaya N 44 sehr schön dargelegt, dass nicht nur angenehme Gefühle angenehm und unangenehme Gefühle unangenehm sind, sondern eben auch ein bereits nachlassendes angenehmes Gefühl, das aber durchaus noch als solches vorhanden ist, bereits als unangenehm erlebt wird.

Ganz besonders deutlich machte ich die Erfahrung im umgekehrten Fall: Wie schön(!?) ist es doch, wenn die Schmerzen / das Fieber bereits etwas nachlassen. Besser ist bei weitem noch nicht gut, aber wie der Komperativ ja zeigt, lebt unser Gefühlshaushalt nur vom ständigen, kurzfristigen Vergleich. Daher ist es dann auch kein Wunder, wenn nach einem längeren Zeitraum angenehmer Erfahrungen, diese mehr und mehr als Standard angesehen werden und diese dann, um wieder ein positives Erlebnis zu haben, natürlich eine Steigerung benötigen, um sich relativ davon abzuheben. Aber jeder Höhenflug ist letztlich nur die neue Fallhöhe.

3.) Trotz dieser kleinen Einsichten, die mir übrigens nicht einmal neu waren, konnte ich dann auch mit Verblüffen und Erschrecken feststellen, wie wenig tiefgreifend diese dann tatsächlich waren! War ich in der akuten Krankheitsphase mehr oder minder gezwungen, die gegebene Situation zu akzeptieren und konnte somit auch ein zumindest leidlich (sic!) gelassenes Gewahrsein entwickeln, so trat mit Einsetzen der Rekonvaleszenz Avijja (=Verblendung) wieder mit voller Vehemenz in Kraft: Als hätten die gerade erlebten Tage und vor allem Nächte nie stattgefunden, wurde das Thema Alter, Krankheit und Tod geradezu brutal verdrängt und genau der, zuvor als völlig unnütz erkannte,
lebenszeitraubende Blödsinn machte sich wieder breit: Hoffnungen, Befürchtungen, Pläne, Wünsche, Sorgen, Gedanken um Golz und die Welt.

Es ist tatsächlich ein sehr weiter Weg vom Kopf zum Herz.

Fazit:

Dukkha ist eine Krankheit, für die es nur eine Heilmethode gibt: den Edlen Achtfachen Pfad. In Samsara begnügen wir uns aber stets mit einem Schmerzmittel namens "Sinnenfreude" und lassen uns vorgaukeln, wir wären geheilt, so wie bei einem schmerz- und fiebersenkenden Mittel auch das Gefühl von Gesundheit entsteht – aber nur solange das Mittel wirkt. Wehe, wenn bei nachlassender Wirkung kein Nachschub vorhanden ist: Die Realität der Krankheitslast ist dann erdrückend.

Auch wenn ich weit von z. B. einer Nahtoderfahrung war, so waren doch ein paar interessante Ausflüge in Richtung des Grand Canyon des Lebens dabei. Aber selbst diese konnten die Anhaftung an den fragilen und leidbehafteten Körper nicht lösen. Und das nach fast zwanzig Jahren Praxis zu diesem Thema!

Einzig, dass sich meine psychische Befindlichkeit nicht synchron mit der physischen bewegt hat, sehe ich als einen deutlichen Fortschritt auf dem Weg, denn d.h. der zweite Pfeil dringt bereits nicht mehr so tief ein, wie der erste. Immerhin.

Stolz

Stolz wird allgemein negativ bewertet. Gemeint ist damit schlicht ein übersteigertes (unangemessenes?) Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns über alle Maßen wertig. Wer aber legt den Maßstab fest, was ist angemessen, was nicht?

Wenn wir uns das Gegenteil anschauen neigen wir dazu, ein geringes Selbstwertgefühl prinzipiell als unzutreffend zu bezeichnen: Jeder Mensch ist gleich wertvoll! sagt uns jeder Therapeut und Psychoratgeber. Aha! Aber zuviel Wert darf´s dann also auch nicht sein...!? . Wo ist also dieser gleiche Mittelwert?

Im therapeutischen Kontext würde der Mediziner wohl sagen, er endet da, wo´s weh tut. Also, sobald ich Probleme mit geringem oder hohem SW-Gefühl habe, wird´s pathologisch. Nun, wie justiert man aber dann diesen subjektiv empfundenen Level?

Ich persönlich glaube nicht, dass eine willkürliche Justage möglich ist, weder durch einen Außenstehenden noch durch mich selber. Nein, mir erscheint es weitaus sinnvoller, das Wertprinzip Selbst selbst in Frage zu stellen. Wer das Selbst auf Herz und Nieren untersucht, wird feststellen, dass überhaupt kein Wert festzumachen ist. Das erlebte Ich ist jedoch deswegen nicht wertlos (von nichts wert), sondern wertfrei (von jenseits von Wert).

Was sich etwas kryptisch anhört, wird greifbar, wenn man es an einem Beispiel erläutert. Nimm eine Unze Gold - die ist derzeit um die 1700,- Euro wert, 1979 hingegen nur 550,- DM. Hat diese Wert(=Preis)entwicklung an dem wahren Faktum der Goldmünze selbst irgendwas geändert? Natürlich nicht. Was Gold überhaupt ist und bedeutet ist übrigens ebenfalls Auslegungssache. Man kann diese grundsätzliche Betrachtung mit jedem physischen und psychischem Phänomen anstellen und kommt immer letztlich zu dem Schluss, dass es nicht möglich ist, eine zutreffende Bewertung abzugeben, außer vielleicht, dass jegliches Phänomen bedingt entstanden (in Abhängigkeit von Ursache) und vergänglich ist.

Derlei Überlegungen sollten langfristig dazu führen, dass sowohl Stolz als auch Minderwertigkeitsgefühle aufhören. Einsicht in das oben Gesagte justiert demnach keinen Wert sondern beendet die einen Wert postulierende Verblendung. Sie hebt die Ursache auf, anstatt dem Symptom (Stolz etc.) zu folgen...
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Die Fünf Hindernisse

Die Abwesenheit von Geistesklarheit bzw. die Anwesenheit von Geistestrübung kann man in fünf Hauptkategorieren einteilen. Der normale Geisteszustand befindet sich idR ständig in einem oder mehreren die Klarheit verhindernden Stadium/Stadien:

1. Sinnessucht
Die Sinnessucht steht für das latente oder offensichtliche Streben des Geistes nach Input in Form von Sinneseindrücken, zu denen auch Gedanken gezählt werden.

2. Aversion
Die Aversion steht für das latente oder offensichtliche Ablehnen des Geistes von Input in Form von Sinneseindrücken, zu denen auch Gedanken gezählt werden.

3. Unruhe
Die Unruhe beinhaltet jegliche Geisteshaltungen, die ein ruhiges Verweilen verhindern. Dazu zählen v. a. Ungeduld, Reue, Scham.

4. Mattheit
Die Mattheit steht für jegliche trägen Geisteshaltungen, die Achtsamkeit verhindern. Dazu zählen v. a. Verharren in Gewohntem (Komfortzone), körperliche Trägheit, Unlust, Desinteresse, Ignoranz.

5. Zweifel
Der Zweifel ist ein idR sehr ausgeprägtes und weitverbreitetes Hindernis. Es ist gekennzeichnet durch Entscheidungsunfähigkeit, stetes Abwägen, Unsicherheit und sich selbst im Wege stehen.

Die Acht weltlichen Winde

Gewinn und Verlust,
Ehre und Verachtung,
Lob und Tadel,
Freude und Leid.

Sie machen mich, zerren mich, knechten mich.

Gewinn zerrinnt wie Verlust,
Ehre wie Verachtung,
Lob wie auch der Tadel,
ebenso wie Freud und Leid.

Gebe ich den Kampf auf, gebe ich nicht mich auf - nur den Kampf.

Manch einer liebt den Kampf mehr als sich selbst.

Zitat von moo:
Gewinn und Verlust,
Ehre und Verachtung,
Lob und Tadel,
Freude und Leid.

Ich erkenne darin Tod und Leben, Vergänglichkeit und Dauer, Sehnsucht und Resignation, ... das schlichte menschliche Sein. Ich erkenne auch den wortlosen Sinn darin, der wahrgenommen aber nicht beschrieben werden kann.

PS Vielen Dank für diesen 'coolen' Thread. Ich mag Kontemplation

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