Einsamkeit
Allein sein und einsam sein sind zweierlei. Allein sein hängt von äußeren Umständen ab. Entweder ich bin allein oder eben in Gesellschaft.
Einsam sein kann man aber auch inmitten unter vielen Menschen. Es hat also nichts mit dem Äußeren zu tun, sondern mit dem Inneren. Es ist ein Gefühl. Man fühlt sich irgendwie ausgeschlossen. Doch wer schließt sich denn wirklich aus? Sind es wirklich die anderen oder doch wir selbst?
Ausgeschlossen sein, ausgegrenzt sein ist das Gegenteil von Verbundenheit. Wenn wir uns also verbunden fühlen, dann fühlen wir uns nicht mehr einsam.
Ein einfaches Sinnbild dazu. Man ist auf einem Konzert, wo einem die Musik berührt und man fühlt sich somit mit der Musik und mit all den anderen Menschen, die sich auch ganz und gar auf diese Musik einlassen können, verbunden. Sei es durch Klatschen, mitsingen oder vielleicht auch den Tränen nahe. Man ist im Gleichklang.
Geht man jetzt aber auf ein Konzert, dessen Musik einen selbst nicht liegt, die eher negative Gefühle in einen weckt, dann fühlt man sich weder mit der Musik, geschweige denn mit den ganzen Besuchern verbunden. Das Klatschen, das mitsingen der anderen trennt einen dann, man fühlt sich einsam. Man fühlt sich anders. Man fühlt sich irgendwie falsch.
Aber warum ist das so? Liegt es an unserer Bewertung, dass anders schlecht ist? Oder hängt es irgendwie mit Energie zusammen? Wenn wir uns treiben lassen können, wenn wir mit der Strömung gehen, dann gibt uns das Schwung? Und sind wir die Gegenströmung, oder auch nur der Fels, der im Wege steht, dann bremst uns das aus? Dann brauchen wir Kraft uns dagegen zu stämmen?
Können wir diesbezüglich nicht unsere Ansichten ändern? Wenn wir der Fels sind, wo die ganze Wassermenge an uns vorbei strömt, können wir davon nicht auch einen Nutzen haben? Es kitzelt, streichelt uns vielleicht oder es schleift meine Oberfläche glatt, damit ich nicht mehr so kantig bin.
Wenn ich der Gegenstrom bin, dann kann es dieses aufeinander knallen doch auch spritzig, erfrischend sein, oder nicht?
Kann diese andere Sichtweise dann nicht auch zu einer Verbundenheit führen? Lernt man sich selbst nicht gerade durch das Anders sein am Besten kennen?
Wenn ich das bei mir betrachte. Wenn ich im Gleichklang mit anderen bin, dann ist das ein schönes Gefühl. Es trägt mich, es nährt mich, aber wenn es nicht die Andersartigkeit gegeben hätte, dann wäre ich heute nicht die, die ich jetzt bin. Die Andersartigkeit, die hat mich geformt. Entweder ich habe mir Stacheln zugelegt oder ich habe mich schleifen lassen. Heute bin ich den Menschen, die mich geformt haben genauso dankbar, wie denen, die mich getragen und genährt haben. Ich brauche beides und somit fühle ich mich nun auch mit beiden verbunden. Zwar irgendwie auf eine andere Art, aber dennoch verbunden.
Verbunden kann man sich mit sehr vielem fühlen. Mit der Natur, mit Tieren, ja auch sogar mit Gegenständen, die einen bestimmten Erinnerungswert haben. Hängt das Gefühl, ob man sich einsam oder verbunden fühlt also von Erinnerungen ab? Oder von den Bewertungen, die wir diesen Erinnerungen geben. Von den Schubladen, wo man sie einordnet? Von: wollte ich erleben oder wollte ich nicht erleben?
Ich bin viel allein, aber einsam fühle ich mich nicht (mehr). Liegt es an der Akzeptanz, dass ich einfach anders bin? Und somit an der Akzeptanz, dass andere anders sind? Denn wenn man sich von der Andersartigkeit der anderen trennt, dann trennt man sich ja nicht von den anderen, sondern von der Andersartigkeit und man selbst ist ja anders, weil sonst gäbe es ja keine Andersartigkeit. Also trennt man sich sozusagen von sich selbst.
Kein Wunder, dass man sich dann einsam fühlt, wenn man mit sich selbst gar nichts mehr zu tun haben möchte, wenn man nicht anders sein möchte, aber doch ist.
09.10.2023 10:54 •
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