Damals mit 31 Jahren hatte ich meine erste Psychotherapie in Form eines längeren Aufenthaltes in einer psychosomatischen Klinik und in diesem Jahr wurde aus meiner befristeten Erwerbsminderungsente eine Dauerrente. Das hatte ich so natürlich nicht angestrebt, aber so wie es halt war musste es praktisch so kommen und dann ist es ja auch gut wenn es so kommt. Ich habe ja dennoch beinahe 35 Jahre lang gearbeitet und die meiste Zeit davon war ich mehr oder weniger krank. Ich denke das langt.
Die Rente steht aber auch symbolisch für etwas, was ich immer erreichen wollte und mir nie gelang solange ich arbeiten musste und dabei immer noch kränker wurde. Es ist auch eine Art Lebensrente, so als ob ich mit allem was ich zu tun hatte nun fertig wäre und angekommen bin. Auch eben mit insgesamt 25 Jahren Therapie und Arbeit an mir selbst. Ich musste immer rödeln und rackern, mir alles erkämpfen, grade auch als privater Mensch, da meist noch mehr als im Arbeitsleben. Nun aber bin ich an meinem Punkt angekommen an dem ich sein kann wie ich bin und niemand von außen kann mich mehr zwingen, oder verführen, daran etwas zu ändern. Weil ich das einfach nicht mehr muss.
Man muss dazu wissen, dass in diesen Jahren verschiedene Schicksals Linien meines Lebens zusammenlaufen, da ist also nicht nur 25 Jahre seit dem Beginn meiner Therapie Erfahrungen. Da ist z.B. auch 50 Jahre seit meiner Einschulung mit 6 Jahren, etwas für mich ganz besonderes, weil ich Mobbing in der Schule ausgesetzt war, wie es - hoffentlich - nur sehr wenige Kinder erleben müssen. Aber noch einige andere Zeit Linien laufen hier zusammen, es ist schon erstaunlich. Man mag fast nicht an Zufall glauben.
Ich wurde nie geheilt, das war auch gar nicht möglich. Das habe ich auch nicht erwartet. Aber der Weg hat sich dennoch gelohnt, abgesehen davon dass er eh alternativlos war. Der Weg war auch nicht geradlinig, ganz im Gegenteil. Mehrfach dachte ich es wäre alles verloren. Rückschläge und Krisen gab es reichlich. Aber auch das hatte ich im Grunde genauso erwartet. Und es akzeptiert.
Ich schreibe das hier auf, weil ich wenn möglich Interesse wecken möchte bei Menschen die daran zweifeln ob es Sinn macht über viele Jahre so einen Werg zu gehen. Oder die schon unterwegs sind und keine Hoffnung mehr haben. Meine Erfahrung ist: Nie aufgeben und immer weitermachen. Was sollte man auch sonst tun?
18.11.2022 17:16 • • 23.11.2022 x 2 #1