Also ich muß schon sagen, daß mich die Situation mit meinem Vater damals belastet hat. Er hatte diese riesigen Wände voll mit Büchern, gab mir immer das Gefühl, nicht gut, nicht clever genug zu sein um jemals mit ihm konkurieren zu können. Ich fand das entsetzlich, fühlte mich minderwertig und da ich eh keine Freunde hatte, fing ich an, all diese verdammten Bücher zu lesen und danach mir neue zu besorgen. Ich erinnere mich daran, mit zehn Jahren las ich einen richtig fiesen, komplizierten mehrbändigen asiatischen Klassiker, den kein normaler Mensch freiwillig lesen würde.
Aber immer noch hatte mein Erzeuger nur dieses mitleidige Lächeln drauf. Er war ja so viel klüger als ich....doch ein paar Jahre später habe ich das Spiel kapiert....als ich Diskussionen über diverse Klassiker anfangen wollte und er sich wie ein Wum unter meiner Themenstellung wand. Er hatte nichts davon gelesen...gar nix ! Und das, was ich für Mitleid mit meiner Armseligkeit und übergroßes Wissen hielt, war einfach bloß gelogen. Er hatte nämlich eine Sache zu verbergen : er hatte unheimlichen Respekt vor mir. Er wußte, daß er mit mir nicht mithalten konnte. Und ich Jahre damit verschwendet, praktisch seiner würdig zu sein. Seid dieser Erkenntnis habe ich ein recht gutes Verhältnis zu meinem Vater. Denn im Grunde genommen ist und war er bloß ein schäbiger Lügner. Die Erkenntnis befriedigt mich zutiefst, kommt aber etwas spät. Was ist schlimm daran, wenn man ein halbwegs intelligentes Kind hat? Aber was soll´s, man wird ja nicht als gute Eltern geboren,
daher : verzeihen wir ihnen, denn sie wissen es auch nicht besser
03.05.2009 15:48 •
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