Hallo,
ich möchte heut und hier meine Geschichte erzählen. Mein Weg ist nicht so lang, wie vielleicht eure Wege es sind oder waren. Ich bin jetzt 22 Jahre alt und leide seit November letzten Jahres unter einer Angststörung. Ich befinde mich aber schon seit einigen Wochen wieder auf dem Weg der Heilung und bin sehr glücklich darüber auch wenn mich jetzt noch immer mal eine leise Angst beschleicht oder in bestimmten Situationen ein Gefühl der Unwirklichkeit, dass jeder kennt, der unter einer Angststörung leidet oder gelitten hat. Aber lasst mich am Anfang beginnen:
Im August 2007 habe ich entschieden, meine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau, für die ich lange gekämpft habe, aufzugeben. Warum kann ich nicht mal ganz genau sagen, aber ich hatte die Möglichkeit bei meinem Schwager im Büro eine Ausbildung anzufangen und glaubte, dass das vielleicht für mich einfacher wäre und ich mehr für mich tun kann als mir von einem fremden dauernd was sagen lassen zu müssen. Das führte soweit, dass ich völlig aufgelöst neben meinem Freund im Auto saß und nur noch heulte, weil ich wollte dass er mich versteht und mir bestätigt, dass es besser wäre die Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau hinzuschmeißen. Genau das tat er dann auch. Ich muss gestehen, ich habe ihm gegenüber schon oft angefangen zu heulen, um ihm zu zeigen, dass er mehr für mich tun soll und mehr Aufmerksamkeit will. Nun ja der Wechsel der Ausbildung ging dann nicht so leicht von Statten und ich war schließlich für ca 3 Wochen nicht krankenversichert und konnte also auch nicht zum Arzt gehen. Das war mir aber egal wann war ich denn schließlich schon mal krank!?
Außerdem habe ich zu der Zeit erfahren, dass meine große Schwester schwanger ist. Noch eine große Veränderung also, über die man sich natürlich eigentlich sehr freut aber eben eine Veränderung.
Kurz nachdem dann alles bezüglich meiner Ausbildung geklärt war und soweit alles in Ordnung bekam ich dann eine sehr schlechte Nachricht von meinem besten Freund. Wir telefonierten eines Nachmittags und er erzählte mir, dass ein gemeinsamer Bekannter (22 Jahre!) vor kurzem verstorben sei. Er hatte eine Lungenentzündung und war vorher schon einige Male wegen Schmerzen im Bein beim Arzt gewesen, wo aber nichts weiter gefunden wurde und er nur wegen seiner Lungenentzündung mit Antibiotika behandelt wurde. Als es ihm nach einer Woche noch schlechter ging, war er dann bei einem anderen Arzt, der ihm ebenfalls nur Antibiotika verschrieb. Nun ging es ihm immer schlechter, er konnte sich kaum noch bewegen und eines Tages war er dann allein zu Hause. Seine Mutter sagte er hätte als sie zur Arbeit fuhr noch am PC gesessen und drei Stunden später rief er sie dann an und sagte ihr, dass er jetzt sterben würde.
Das war das Schlimmste, was ich bis dahin jemals gehört hatte und meine Gedanken kreisten immer wieder darum: Warum hat er keinen Notarzt gerufen? Warum haben die Ärzte nicht geholfen? Warum hat seine Mutter ihn nicht zum Arzt geschafft? Sie muss doch gesehen haben, wie sehr er litt! Nun ich konnte es mir nicht erklären.
Mein bester Freund erzählte mir dann später, dass unser Bekannter noch gelebt habe als seine Eltern mit einem Notarzt eintrafen und ihn ins Krankenhaus brachten. Er verlor aber das Bewusstsein und verstarb in der Klinik.
Ich fragte mich immer wieder, wie kann es sein dass in Deutschland ein junger Mann einfach so an einer Krankheit stirbt und niemand kann ihm helfen?!
Im Nachhinein kam dann raus, dass er nicht nur an der Lungenentzündung erkrankt war, sondern eine nicht entdeckte Thrombose in seinem Bein die Schmerzen ausgelöst hatte. Das Blutgerinnsel hatte dann eine Lungenembolie ausgelöst, an der er starb.
Ich konnte nicht glauben, dass niemand es entdeckt hatte und niemand ihm helfen konnte. Zwei Wochen vergingen, in denen ich mit vielen Leuten darüber sprach, aber mir keine weiteren Gedanken machte.
Eines Abends saß ich dann mit meinem Freund auf dem Sofa und aß und urplötzlich bekam ich Herzklopfen, meine Hände und Füße wurden taub, mir war schwindlig. Ich sprang auf und tigerte in der Wohnung auf und ab. Schob das Gefühl auf meinen Kreislauf das hatte ich vorher schon erlebt aber diesmal kam noch die unbändige Angst dazu Was ist da los? Was passiert mit dir? Hast du auch eine schreckliche Krankheit? Ich konnte mich kaum beruhigen, ging aber dann doch ins Bett, um nur wenig später wieder los zu rennen und meinen Freund vor die Tür zu schleifen. Wir liefen also mitten in der Nacht durch die Stadt und ich wartete regelrecht darauf, dass ich zusammenbrechen würde und niemand mir noch helfen könnte Unser Weg führte uns schließlich in die Notaufnahme. Ich sagte dem Arzt was passiert war und auch dass ich mich vergewissern wolle, ob alles in Ordnung sei. Ich wartete lange und rannte beinahe eine Schneise in den Krankehausgang ich stand total unter Strom und konnte nicht ruhig sitzen!
Schließlich untersuchte mich jemand, machte ein EKG und sagte es wär alles in Ordnung, ich solle nur mal meine Schilddrüse untersuchen lassen. Ansonsten handele es sich bei mir wohl um eine Angststörung und im Gegensatz zu mir seien die anderen Fälle heute Abend multimorbide. Erstmal etwas ruhiger ging ich mit meinem Freund nach Hause. Bis zu dem Moment hatte ich noch nichts von Angststörungen gehört und konnte auch nichts damit anfangen. Ich glaubte am nächsten Tag wäre wieder alles in Ordnung und nahm mir vor meine Schilddrüse untersuchen zu lassen. Aber am nächsten Tag war nichts in Ordnung. Ich wachte auf mit einer starken inneren Unruhe und war ziemlich verunsichert über das was am Abend passiert war. Ich erzählte meiner Mama davon und stellte alles dar, wie ein Kreislaufproblem. Ich konnte nicht alleine sein und versuchte ständig jemanden um mich zu haben, der mir helfen konnte, wenn doch etwas passieren würde. Ich recherchierte ob die Schilddrüse Panikattacken auslösen konnte und hielt mich erstmal daran fest. Die Ärztin zu der ich ging, untersuchte mich nicht weiter sondern überprüfte nur ob meine Beweglichkeit von der Halswirbelsäule aus gegeben wäre und verschrieb mir Mass.. Ich flog regelrecht zur nächsten Physiotherapie und war froh, dass das alles offensichtlich nur durch einen verschobenen Wirbel und nicht durch irgendeine schreckliche Krankheit hervorgerufen wurde. Mit einem ständigen Gefühl von Unwirklichkeit von dem ich damals noch nicht wusste was es ist - versuchte ich meinen täglichen Aufgaben nachzugehen. Aber immer wieder überfiel mich dieses schreckliche Gefühl, dass jeden Moment etwas Furchtbares mit mir passieren würde und niemand da war, der mir helfen konnte. Ein Kribbeln in den Händen und Füßen, ein merkwürdiges leeres Gefühl im Kopf und immer die Sicherheit, dass irgendwas mit mir nicht stimmt und es nur noch niemand bemerkt hat verfolgte mich tagein tagaus. Ich ging zu meiner Hausärztin und schilderte ihr was mit mir passiert war. Sie führte mein Gefühl keine Luft mehr zu kriegen auf allergisches Asthma zurück damit hatte ich früher schon Probleme. Außerdem stellte sie eine Unterfunktion der Schilddrüse fest und verschrieb mir Medikamente. Ich krallte mich daran fest und hoffte damit würde es mir bald wieder gut gehen. Aber es wurde nicht besser. Zwar verbesserte sich meine Lungenfunktion, aber die gefühlten Atembeschwerden blieben. Meine verbesserte Lungenfunktion ist höchstwahrscheinlich auch darauf zurück zu führen, dass ich schlagartig aufhörte zu rauchen, weil ich viel zu viel Angst davor hatte. Ich hatte Angst zu rauchen, Angst zu essen, Angst allein zu sein. Und ich steigerte mich total rein und lief zu verschiedenen Ärzten. Ich war beim Augenarzt, weil ich feststellte dass ich nicht mehr richtig sehen konnte bzw. Dinge ganz anders wahrnahm als früher. Der Augenarzt konnte nichts finden und meinte nur ich solle mal etwas mehr essen Am selben Abend stand ich vor dem Spiegel und stellte fest, dass meine linke Pupille größer war als die rechte. Das löste wieder ein Alarmzeichen bei mir aus und ich ging zum Optiker. Dort ließ ich mir für meine wirklich schwache Kurzsichtigkeit eine Brille anfertigen. Ich sagte mir, wenn du erstmal wieder richtig siehst wird alles gut. Ich bekam meine Brille und plötzlich wurde dieses komische Gefühl der Wahrnehmungsstörung noch schlimmer ich schob es auf die Brille Kurz vor Weihnachten wurde der Eindruck nicht richtig da zu sein ganz extrem und auch die Angst, dass ich vielleicht verrückt würde stellte sich ein. Ich stand vor dem Spiegel und sah da jemanden, aber das war nicht ich. Mein Freund stand neben mir und ich sagte zu ihm: Das bin doch nicht mehr ich Ich erkannte mich selbst nicht wieder und meine Umwelt erschien mir fremd und unecht, als sei ich nicht richtig da. Ich glaubte auch oft, dass ich sterben würde einfach so und ganz plötzlich. Natürlich passierte das nicht, aber ich hatte furchtbare Angst und wartete regelrecht darauf. Meinen Winterurlaub, verbrachte ich ebenfalls in einem ständigen Gefühl innerer Unruhe und Angst, dass mir etwas passiert.
Als wir wieder nach Hause kamen, fühlte ich mich jedoch einigermaßen stabil und dachte jetzt schaff ich das. Ein paar Tage später brach ich dann völlig zusammen. Ich war am Abend mit meinem Freund im Fitnessstudio, wo ich nach zwanzig Minuten wieder raus musste, weil ich solche Angst hatte umzufallen und ohnmächtig zu werden. Ich dachte durch die körperliche Anstrengung könnte eine Ader in meinem Kopf platzen und das wars dann. Wir fuhren nach hause und ich schlief schlecht in dieser Nacht. Am nächsten morgen war ich völlig aufgelöst. Ich kauerte mich auf dem Sofa zusammen und weinte einfach nur noch und flehte immer wieder: Ich will doch nur mein Leben zurück ! Ich wollte, dass die Gedanken und diese Angst endlich verschwanden und ich wieder das tun konnte worauf ich Lust hatte ohne jedes Mal in mich hinein zu horchen ob alles in Ordnung war. Bei jeder Kleinigkeit ging mein Alarmsystem los, egal ob kalte Hände, eingeschlafene Füße, ein Kribbeln hier oder ein Pieksen dort Alles bedeutete für mich etwas Schreckliches und ich fürchtete an einer schrecklichen Krankheit zu sterben. Ich glaubte ich hätte auch Thrombose und kontrollierte sogar ob meine Beine gleich dick waren oder eins vielleicht geschwollen was meine Befürchtung dann bestätigt hätte. Aber natürlich war da nichts nur meine unkontrollierte Angst.
Ich ging wieder zu meiner Hausärztin, der ich auch von meinem Bekannten erzählt hatte und sagte ihr, dass ich nicht mehr konnte. Ich saß im Wartezimmer und mir liefen die Tränen übers Gesicht. Das alles passte so gar nicht zu mir. Ich war doch immer so stark. Jetzt saß ich da wie ein Häufchen Elend und wollte endlich wieder leben ohne mich ständig zu sorgen. Wollte wieder Sicherheit und mich auf meinen Körper verlassen können. Meine Ärztin verschrieb mir ein Medikament und versicherte mir, dass ich da wieder raus kommen und wieder ganz normal werden würde. Außerdem gab sie mir eine Überweisung an einen Psychologen. Ich habe bis heute noch keinen Termin bekommen, weil man Wartezeiten von über einem Jahr in Kauf nehmen muss und ich wollte sofort Hilfe. Ich recherchierte im Internet und versuchte soviel wie möglich heraus zu finden. Ich lernte, dass mein seltsames Gefühl und anders sehen eine so genannte Derealisation bzw. Depersonalisierung war und ich nicht verrückt wurde, sondern das ein Symptom meiner Angststörung war. Und trotzdem hatte ich weiterhin Angst. Ich erzählte endlich meinen Eltern und meiner Familie was mit mir los war. Natürlich konnte keiner es so richtig verstehen, aber sie versuchten es und bemühten sich mir zu helfen. Ganz besonders meine Schwester und mein Freund, die sich auch mit dem Thema auseinander setzten und sich informierten, was es eigentlich bedeutet eine Angststörung zu haben.
Nun geht es mir seit einigen Wochen kontinuierlich besser, obwohl ich manchmal aus heiterem Himmel noch Angst bekomme oder die Unwirklichkeitsgefühle auftreten, ich innerlich sehr nervös werde oder darüber nachgrüble vielleicht doch krank zu sein, aber mir keiner glauben würde, weil ich ja schließlich eine Angststörung habe Ich hoffe, dass sich das auch noch gibt und ich mich ganz und gar davon frei machen und mein Leben wieder aktiv genießen und gestalten kann ohne alles fünfmal überlegen zu müssen.
Ich habe auch überlegt eine stationäre Kur zu machen, um auf diesem Weg mehr dazu lernen zu können und mir doch professionelle Hilfe von Therapeuten zu holen. Die andere Überlegung ist Akupunktur, weil ich von einem Bekannten weiß, dass ihm das sehr geholfen hat. Er litt ebenfalls unter Angststörung und ist, soweit ich weiß, seit der Akupunktur beschwerdefrei. Allerdings glaube ich, dass Akupunktur lediglich die Symptome bekämpft, nicht aber die Ursache der Angststörung aufdeckt. Denn inzwischen will ich wissen warum ich das habe und nicht einfach nur die Symptome ausschalten.
Außerdem lese ich momentan das Buch Angstfrei leben von Lucinda Bassett. Ich kann es wirklich sehr empfehlen. Mir hilft es besser zu verstehen, was bei einer Angststörung passiert und dass man selbst dazu beiträgt die Angst aufrecht zu halten, durch negative Gedanken und Erwartungen. Es ist nicht leicht diese Gedanken zu kontrollieren, das weiß ich nur zu gut, aber es ist ein Anfang.
Ich hoffe euch mit meiner Geschichte ein bisschen geholfen zu haben und ich würde mich freuen von euren Erlebnissen zu erfahren, besonders natürlich von positiven Dingen über die ihr berichten könnt. Erfolge, die ihr geschafft habt und so weiter. Vielleicht ist ja einer von euch sogar aus der näheren Umgebung von Bernau bei Berlin und wir könnten uns mal treffen und unsere Erfahrungen persönlich austauschen?! Darüber würde ich mich echt total freuen und so kann man sich bestimmt auch gegenseitig helfen.
Also Kopf hoch! Ihr alle werdet euren Weg gehen und die Angst besiegen, wenn ihr es nur wollt!
ich möchte heut und hier meine Geschichte erzählen. Mein Weg ist nicht so lang, wie vielleicht eure Wege es sind oder waren. Ich bin jetzt 22 Jahre alt und leide seit November letzten Jahres unter einer Angststörung. Ich befinde mich aber schon seit einigen Wochen wieder auf dem Weg der Heilung und bin sehr glücklich darüber auch wenn mich jetzt noch immer mal eine leise Angst beschleicht oder in bestimmten Situationen ein Gefühl der Unwirklichkeit, dass jeder kennt, der unter einer Angststörung leidet oder gelitten hat. Aber lasst mich am Anfang beginnen:
Im August 2007 habe ich entschieden, meine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau, für die ich lange gekämpft habe, aufzugeben. Warum kann ich nicht mal ganz genau sagen, aber ich hatte die Möglichkeit bei meinem Schwager im Büro eine Ausbildung anzufangen und glaubte, dass das vielleicht für mich einfacher wäre und ich mehr für mich tun kann als mir von einem fremden dauernd was sagen lassen zu müssen. Das führte soweit, dass ich völlig aufgelöst neben meinem Freund im Auto saß und nur noch heulte, weil ich wollte dass er mich versteht und mir bestätigt, dass es besser wäre die Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau hinzuschmeißen. Genau das tat er dann auch. Ich muss gestehen, ich habe ihm gegenüber schon oft angefangen zu heulen, um ihm zu zeigen, dass er mehr für mich tun soll und mehr Aufmerksamkeit will. Nun ja der Wechsel der Ausbildung ging dann nicht so leicht von Statten und ich war schließlich für ca 3 Wochen nicht krankenversichert und konnte also auch nicht zum Arzt gehen. Das war mir aber egal wann war ich denn schließlich schon mal krank!?
Außerdem habe ich zu der Zeit erfahren, dass meine große Schwester schwanger ist. Noch eine große Veränderung also, über die man sich natürlich eigentlich sehr freut aber eben eine Veränderung.
Kurz nachdem dann alles bezüglich meiner Ausbildung geklärt war und soweit alles in Ordnung bekam ich dann eine sehr schlechte Nachricht von meinem besten Freund. Wir telefonierten eines Nachmittags und er erzählte mir, dass ein gemeinsamer Bekannter (22 Jahre!) vor kurzem verstorben sei. Er hatte eine Lungenentzündung und war vorher schon einige Male wegen Schmerzen im Bein beim Arzt gewesen, wo aber nichts weiter gefunden wurde und er nur wegen seiner Lungenentzündung mit Antibiotika behandelt wurde. Als es ihm nach einer Woche noch schlechter ging, war er dann bei einem anderen Arzt, der ihm ebenfalls nur Antibiotika verschrieb. Nun ging es ihm immer schlechter, er konnte sich kaum noch bewegen und eines Tages war er dann allein zu Hause. Seine Mutter sagte er hätte als sie zur Arbeit fuhr noch am PC gesessen und drei Stunden später rief er sie dann an und sagte ihr, dass er jetzt sterben würde.
Das war das Schlimmste, was ich bis dahin jemals gehört hatte und meine Gedanken kreisten immer wieder darum: Warum hat er keinen Notarzt gerufen? Warum haben die Ärzte nicht geholfen? Warum hat seine Mutter ihn nicht zum Arzt geschafft? Sie muss doch gesehen haben, wie sehr er litt! Nun ich konnte es mir nicht erklären.
Mein bester Freund erzählte mir dann später, dass unser Bekannter noch gelebt habe als seine Eltern mit einem Notarzt eintrafen und ihn ins Krankenhaus brachten. Er verlor aber das Bewusstsein und verstarb in der Klinik.
Ich fragte mich immer wieder, wie kann es sein dass in Deutschland ein junger Mann einfach so an einer Krankheit stirbt und niemand kann ihm helfen?!
Im Nachhinein kam dann raus, dass er nicht nur an der Lungenentzündung erkrankt war, sondern eine nicht entdeckte Thrombose in seinem Bein die Schmerzen ausgelöst hatte. Das Blutgerinnsel hatte dann eine Lungenembolie ausgelöst, an der er starb.
Ich konnte nicht glauben, dass niemand es entdeckt hatte und niemand ihm helfen konnte. Zwei Wochen vergingen, in denen ich mit vielen Leuten darüber sprach, aber mir keine weiteren Gedanken machte.
Eines Abends saß ich dann mit meinem Freund auf dem Sofa und aß und urplötzlich bekam ich Herzklopfen, meine Hände und Füße wurden taub, mir war schwindlig. Ich sprang auf und tigerte in der Wohnung auf und ab. Schob das Gefühl auf meinen Kreislauf das hatte ich vorher schon erlebt aber diesmal kam noch die unbändige Angst dazu Was ist da los? Was passiert mit dir? Hast du auch eine schreckliche Krankheit? Ich konnte mich kaum beruhigen, ging aber dann doch ins Bett, um nur wenig später wieder los zu rennen und meinen Freund vor die Tür zu schleifen. Wir liefen also mitten in der Nacht durch die Stadt und ich wartete regelrecht darauf, dass ich zusammenbrechen würde und niemand mir noch helfen könnte Unser Weg führte uns schließlich in die Notaufnahme. Ich sagte dem Arzt was passiert war und auch dass ich mich vergewissern wolle, ob alles in Ordnung sei. Ich wartete lange und rannte beinahe eine Schneise in den Krankehausgang ich stand total unter Strom und konnte nicht ruhig sitzen!
Schließlich untersuchte mich jemand, machte ein EKG und sagte es wär alles in Ordnung, ich solle nur mal meine Schilddrüse untersuchen lassen. Ansonsten handele es sich bei mir wohl um eine Angststörung und im Gegensatz zu mir seien die anderen Fälle heute Abend multimorbide. Erstmal etwas ruhiger ging ich mit meinem Freund nach Hause. Bis zu dem Moment hatte ich noch nichts von Angststörungen gehört und konnte auch nichts damit anfangen. Ich glaubte am nächsten Tag wäre wieder alles in Ordnung und nahm mir vor meine Schilddrüse untersuchen zu lassen. Aber am nächsten Tag war nichts in Ordnung. Ich wachte auf mit einer starken inneren Unruhe und war ziemlich verunsichert über das was am Abend passiert war. Ich erzählte meiner Mama davon und stellte alles dar, wie ein Kreislaufproblem. Ich konnte nicht alleine sein und versuchte ständig jemanden um mich zu haben, der mir helfen konnte, wenn doch etwas passieren würde. Ich recherchierte ob die Schilddrüse Panikattacken auslösen konnte und hielt mich erstmal daran fest. Die Ärztin zu der ich ging, untersuchte mich nicht weiter sondern überprüfte nur ob meine Beweglichkeit von der Halswirbelsäule aus gegeben wäre und verschrieb mir Mass.. Ich flog regelrecht zur nächsten Physiotherapie und war froh, dass das alles offensichtlich nur durch einen verschobenen Wirbel und nicht durch irgendeine schreckliche Krankheit hervorgerufen wurde. Mit einem ständigen Gefühl von Unwirklichkeit von dem ich damals noch nicht wusste was es ist - versuchte ich meinen täglichen Aufgaben nachzugehen. Aber immer wieder überfiel mich dieses schreckliche Gefühl, dass jeden Moment etwas Furchtbares mit mir passieren würde und niemand da war, der mir helfen konnte. Ein Kribbeln in den Händen und Füßen, ein merkwürdiges leeres Gefühl im Kopf und immer die Sicherheit, dass irgendwas mit mir nicht stimmt und es nur noch niemand bemerkt hat verfolgte mich tagein tagaus. Ich ging zu meiner Hausärztin und schilderte ihr was mit mir passiert war. Sie führte mein Gefühl keine Luft mehr zu kriegen auf allergisches Asthma zurück damit hatte ich früher schon Probleme. Außerdem stellte sie eine Unterfunktion der Schilddrüse fest und verschrieb mir Medikamente. Ich krallte mich daran fest und hoffte damit würde es mir bald wieder gut gehen. Aber es wurde nicht besser. Zwar verbesserte sich meine Lungenfunktion, aber die gefühlten Atembeschwerden blieben. Meine verbesserte Lungenfunktion ist höchstwahrscheinlich auch darauf zurück zu führen, dass ich schlagartig aufhörte zu rauchen, weil ich viel zu viel Angst davor hatte. Ich hatte Angst zu rauchen, Angst zu essen, Angst allein zu sein. Und ich steigerte mich total rein und lief zu verschiedenen Ärzten. Ich war beim Augenarzt, weil ich feststellte dass ich nicht mehr richtig sehen konnte bzw. Dinge ganz anders wahrnahm als früher. Der Augenarzt konnte nichts finden und meinte nur ich solle mal etwas mehr essen Am selben Abend stand ich vor dem Spiegel und stellte fest, dass meine linke Pupille größer war als die rechte. Das löste wieder ein Alarmzeichen bei mir aus und ich ging zum Optiker. Dort ließ ich mir für meine wirklich schwache Kurzsichtigkeit eine Brille anfertigen. Ich sagte mir, wenn du erstmal wieder richtig siehst wird alles gut. Ich bekam meine Brille und plötzlich wurde dieses komische Gefühl der Wahrnehmungsstörung noch schlimmer ich schob es auf die Brille Kurz vor Weihnachten wurde der Eindruck nicht richtig da zu sein ganz extrem und auch die Angst, dass ich vielleicht verrückt würde stellte sich ein. Ich stand vor dem Spiegel und sah da jemanden, aber das war nicht ich. Mein Freund stand neben mir und ich sagte zu ihm: Das bin doch nicht mehr ich Ich erkannte mich selbst nicht wieder und meine Umwelt erschien mir fremd und unecht, als sei ich nicht richtig da. Ich glaubte auch oft, dass ich sterben würde einfach so und ganz plötzlich. Natürlich passierte das nicht, aber ich hatte furchtbare Angst und wartete regelrecht darauf. Meinen Winterurlaub, verbrachte ich ebenfalls in einem ständigen Gefühl innerer Unruhe und Angst, dass mir etwas passiert.
Als wir wieder nach Hause kamen, fühlte ich mich jedoch einigermaßen stabil und dachte jetzt schaff ich das. Ein paar Tage später brach ich dann völlig zusammen. Ich war am Abend mit meinem Freund im Fitnessstudio, wo ich nach zwanzig Minuten wieder raus musste, weil ich solche Angst hatte umzufallen und ohnmächtig zu werden. Ich dachte durch die körperliche Anstrengung könnte eine Ader in meinem Kopf platzen und das wars dann. Wir fuhren nach hause und ich schlief schlecht in dieser Nacht. Am nächsten morgen war ich völlig aufgelöst. Ich kauerte mich auf dem Sofa zusammen und weinte einfach nur noch und flehte immer wieder: Ich will doch nur mein Leben zurück ! Ich wollte, dass die Gedanken und diese Angst endlich verschwanden und ich wieder das tun konnte worauf ich Lust hatte ohne jedes Mal in mich hinein zu horchen ob alles in Ordnung war. Bei jeder Kleinigkeit ging mein Alarmsystem los, egal ob kalte Hände, eingeschlafene Füße, ein Kribbeln hier oder ein Pieksen dort Alles bedeutete für mich etwas Schreckliches und ich fürchtete an einer schrecklichen Krankheit zu sterben. Ich glaubte ich hätte auch Thrombose und kontrollierte sogar ob meine Beine gleich dick waren oder eins vielleicht geschwollen was meine Befürchtung dann bestätigt hätte. Aber natürlich war da nichts nur meine unkontrollierte Angst.
Ich ging wieder zu meiner Hausärztin, der ich auch von meinem Bekannten erzählt hatte und sagte ihr, dass ich nicht mehr konnte. Ich saß im Wartezimmer und mir liefen die Tränen übers Gesicht. Das alles passte so gar nicht zu mir. Ich war doch immer so stark. Jetzt saß ich da wie ein Häufchen Elend und wollte endlich wieder leben ohne mich ständig zu sorgen. Wollte wieder Sicherheit und mich auf meinen Körper verlassen können. Meine Ärztin verschrieb mir ein Medikament und versicherte mir, dass ich da wieder raus kommen und wieder ganz normal werden würde. Außerdem gab sie mir eine Überweisung an einen Psychologen. Ich habe bis heute noch keinen Termin bekommen, weil man Wartezeiten von über einem Jahr in Kauf nehmen muss und ich wollte sofort Hilfe. Ich recherchierte im Internet und versuchte soviel wie möglich heraus zu finden. Ich lernte, dass mein seltsames Gefühl und anders sehen eine so genannte Derealisation bzw. Depersonalisierung war und ich nicht verrückt wurde, sondern das ein Symptom meiner Angststörung war. Und trotzdem hatte ich weiterhin Angst. Ich erzählte endlich meinen Eltern und meiner Familie was mit mir los war. Natürlich konnte keiner es so richtig verstehen, aber sie versuchten es und bemühten sich mir zu helfen. Ganz besonders meine Schwester und mein Freund, die sich auch mit dem Thema auseinander setzten und sich informierten, was es eigentlich bedeutet eine Angststörung zu haben.
Nun geht es mir seit einigen Wochen kontinuierlich besser, obwohl ich manchmal aus heiterem Himmel noch Angst bekomme oder die Unwirklichkeitsgefühle auftreten, ich innerlich sehr nervös werde oder darüber nachgrüble vielleicht doch krank zu sein, aber mir keiner glauben würde, weil ich ja schließlich eine Angststörung habe Ich hoffe, dass sich das auch noch gibt und ich mich ganz und gar davon frei machen und mein Leben wieder aktiv genießen und gestalten kann ohne alles fünfmal überlegen zu müssen.
Ich habe auch überlegt eine stationäre Kur zu machen, um auf diesem Weg mehr dazu lernen zu können und mir doch professionelle Hilfe von Therapeuten zu holen. Die andere Überlegung ist Akupunktur, weil ich von einem Bekannten weiß, dass ihm das sehr geholfen hat. Er litt ebenfalls unter Angststörung und ist, soweit ich weiß, seit der Akupunktur beschwerdefrei. Allerdings glaube ich, dass Akupunktur lediglich die Symptome bekämpft, nicht aber die Ursache der Angststörung aufdeckt. Denn inzwischen will ich wissen warum ich das habe und nicht einfach nur die Symptome ausschalten.
Außerdem lese ich momentan das Buch Angstfrei leben von Lucinda Bassett. Ich kann es wirklich sehr empfehlen. Mir hilft es besser zu verstehen, was bei einer Angststörung passiert und dass man selbst dazu beiträgt die Angst aufrecht zu halten, durch negative Gedanken und Erwartungen. Es ist nicht leicht diese Gedanken zu kontrollieren, das weiß ich nur zu gut, aber es ist ein Anfang.
Ich hoffe euch mit meiner Geschichte ein bisschen geholfen zu haben und ich würde mich freuen von euren Erlebnissen zu erfahren, besonders natürlich von positiven Dingen über die ihr berichten könnt. Erfolge, die ihr geschafft habt und so weiter. Vielleicht ist ja einer von euch sogar aus der näheren Umgebung von Bernau bei Berlin und wir könnten uns mal treffen und unsere Erfahrungen persönlich austauschen?! Darüber würde ich mich echt total freuen und so kann man sich bestimmt auch gegenseitig helfen.
Also Kopf hoch! Ihr alle werdet euren Weg gehen und die Angst besiegen, wenn ihr es nur wollt!
18.03.2008 18:43 • • 22.03.2008 #1
3 Antworten ↓