Sky_diver
ich dachte mir, dass ich hier mal ein bisschen aus meiner Vergangenheit erzähle, wie ich extrem verzweifelt war, gemobbt und von Schülern verprügelt wurde und es dennoch daraus geschafft habe.
Vielleicht hilft es gerade denen Kindern/Jugendlichen und Jungerwachsenen, welche in einer ähnlichen Situation sind un denken, dass die ganze Welt sich gegen sie verschworen hätte, denn genauso habe ich gedacht.
Fangen wir bei mir an. Ich bin schon immer ziemlich schlank/dürr gewesen und hatte schon immer einen sehr großen Kopf.
In der Grundschule gab es dem Moment, als ein Arzt uns in der Grundschule untersucht hat und gemeint hat: Du weißt schon, dass du einen riesen Kopf hast, oder?
Ich war schon in der Grundschule unsportlich und eher schüchtern unterwegs.
Freunde hatte ich nur ganz wenige ich war ein Eigenbrötler.
Hier wurde ich schon ab und zu von ein paar Rowdys verkloppt, einmal mit der Folge, dass ich ein auf halber Seite komplett aufgeschürftes Gesicht hatte und einmal wurde ich gegen ein Pfosten mit dem Kopf geschmissen und hatte ein Loch im Kopf.
Lerntechnisch musste ich oft separiert werden. Ich habe mich zu leicht ablenken lassen.
Die Erklärung hierfür erfolgte nachdem ich im Gymnasium die 5. wiederholen musste:
Ich hab LRS (Lese Rechtschreib Schwäche) und ADS (Aufmerksamkeits Defizit Syndrom) dyagnostiziert bekommen
Wegen ADS musste ich auch Medikamente nehmen (Medikinet).
Die Lehrer glaubten nicht, dass ich überhaupt das Gymnasium schaffen würde.
Ich sei wenn überhaupt für die Realschule geeignet.
Eine Lateinlehrerin kam einmal zu meinen Vater und meinte Sie, der sie nie Latein hatten, würden die Arbeit besser hinkriegen als ihr Sohn.
ADS und LRS sind eine ekelhafte Mischung.
Bei LRS muss man sich doppelt und dreifach konzentrieren um diesen Nachteil einigermaßen auszugleichen und ADS macht dies kaum möglich.
Ich habe es dank meiner strengen Mutter, Fernsehr und Computerentzug für fast 7 Jahre und extrem viel Druck doch irgendwie hinbekommen.
Irgendwann habe ich etwas gefunden, was mir Spaß macht (Programmieren), habe die Schule dahin gewechselt und war plötzlich gut und konnte sogar ein Studium abschließen.
Im Gymnasium ging es mir ebenfalls nicht gut, die Schule fand ich ganz blöd und ich hatte keine Freunde.
Ich habe einen beleidigenden (zumindest habe ich es damals so empfunden) Spitznamen bekommen, den schnell die ganze Schule konnte.
Es hat jeden Spaß gemacht mich damit aufzuziehen.
Immerhin habe ich mich immer so herrlich aufgeregt.
Auch auf dieser Schule wurde ich gemobbt und es kam zu Schlägereien.
Ich wurde wegen dem großen Kopf, wegen LRS, wegen meinen ausländischen Namen und vielen merh aufgezogen.
Ich wurde bespuckt und geschlagen.
Einmal war es so, wo mich drei Schüler, zwei bis drei Jahrgänge über mir, mich umzingelt haben und gepiesackt haben, bis ich die Flucht ergriffen habe.
Bei dieser Flucht hat mich der halbe Schulhof verfolgt. (20-40 Schüler dürften es gewesen sein)
Schlägereien sind ja so cool...
Wie also bin ich diesen Teufelskreis entkommen?
Mir hat hierbei der Schulpsychologe geholfen.
Die Frage Willst du das Opfer sein? habe ich mit Nein beantwortet.
Die Frage Warum diskutierst du mit den anderen, die wollen dich nur ärgern konnte ich nicht beantworten.
Es gab Gespräche mit ein paar der Rowdys, diese haben mir Sachen gessagt, welche mich mehr und mehr nachdenklich gestimmt haben. Ich mache das, nicht weil ich ihn nicht mag, sondern weil es Spaß macht
Der Wendepunkt kam, als ich angefangen habe mich zu wehren, nicht durch Worte, nicht durch Gewalt und nicht durch Tränen.
Ich habe den Leuten den Spaß genommen.
Ich habe gar nicht mehr reagiert.
Das führte teilweise dazu, dass diese mit körperlichen Aktionen eine Reaktion erzwingen wollten.
Einmal kam es dabei dazu, dass ich den einen von mir weg gestumpt habe, er ist nach hinten gestolpert und mit dem Kopf gegen die Wand geknallt - Gehirnerschütterung und Platzwunde.
Ich habe mich schreklich gefült, doch es gab mehrere Folgen:
1. Die Mutter vom Kind hat mich (eigentlich meine Mutter) angerufen, sich die Geschichte erklären lassen und war anschließend auf meiner Seite
2. Mit einen Mal hatte ich meine Ruhe
3. Ich musste die Schulordnung mehrmals abschreiben und hatte Nachsitzen und Schulhofreinigungsdienst
4. Ich habe mich bei dem Verletzten entschuldigt und der war ganz Baff, dass ich nicht sauer auf ihn war
Ich habe das zum Anlass genommen mich nach außen hin anders zu präsentieren.
Ich bin kein Opfer!
Deine Meinung ist deine Meinung, nicht meine!
Du darfst von mir halten was du willst, es ist mir egal!
Ich habe ein paar Jahre später die Schule verlassen, ich hatte dort meine Ruhe.
In der neuen Schule habe ich mich von Anfang an anders präsentiert.
Ich hatte schnell Freunde, war angesehen in der Klasse und gleichzeitig beliebt bei den Lehrern.
Die Opferrolle zu haben ist für mich eine Wahl.
Du kannst entscheiden ob du sie annimmst.
Es ist schwer sie wieder los zu werden, aber es geht!
Was ich daraus gelernt habe ist, dass wenn du die Meinung der anderen über deine stellst, du schnell ins Hintertreffen gerätst.
Du magst dich selbst nicht, andere merken das und mögen dich nicht.
Menschen und insbesondere Kinder mögen es sich als etwas besseres zu präsentieren, hierfür brauchen sie Opfer.
Wenn du dich selbst nicht magst, mögen dich andere nicht und machen dich zum Opfer.
Teufelskreis.
Meine Tipps an alle die sich in einer ähnlichen Situation befinden (Sie haben mir geholfen, vielleicht helfen sie euch):
1. Versuch (auch mit prof. Hilfe) an deinen Selbstwertgefühl zu arbeiten.
2. Biete anderen keine Angriffsfläche. Reagiere nicht. Ich weiß selbst wie anstrengend und schwierig das ist. Es hat lange gebraucht, bis ich das konnte. Training und kleine Schritte helfen da.
3. Nimm Hilfe an! Ohne Hilfe ist es schwer sich aus so einen Sumpf zu befreien.
4. Ist Schritt 1 und 2 geschafft, wird dein Leben fast automatisch besser.
Ich bin mittlerweile 25 (nächste Woche 26 ) habe mein Abitur, mein Studium mit Bachelor of Science beeendet und eine feste Arbeitsstelle. Ich habe Freunde und bin wertgeschätzt von meinen Arbeitskollegen.
Du, der du das liest und dich von der Geschichte angesprochen fühlst, packst das auch.
LG,
Sky_diver
p.s. Das ist das erste Mal, dass ich das hier überhaupt jemanden erzähle (Nicht mal meine Ex, mit der ich 5 Jahre zusammen war, konnte ich das im Ganzen erzählen... Sie mochte keine Schwäche)
05.12.2018 15:26 • • 19.12.2018 x 11 #1