Hallo silvi,
ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich an manchen Stellen deiner situationserklärenden Texte äusserst unwohl gefühlt habe. Wenn ich mir vorstelle, dass mir zum Beispiel jemand aus einer Borderlinesituation herausgeholfen hätte, um dann selber hinterher vielleicht irgendwo zu lesen, dass ich undankbar sei, weil ich mich gelöst hätte und mein eigenständiges Leben führe, sobald ich „Macht erlangt hätte und damit meinen wahren Charakter zeige“, wäre ich mordsmässig enttäuscht gewesen und sauer geworden. Für mich schwingen da recht übergriffige Botschaften in deinen Erzählungen mit rüber. Und das Bedürfnis, Gutes tun, helfen und für andere da sein zu wollen, ist dabei gar nicht so selten mit Übergriffigkeit verbunden, andere in „dankbare“ Bindung zu bringen.
Auf der anderen Seite kann ich deine Situation und dein Bedürfnis auch sehr gut verstehen, da wir in einer Gesellschaft leben, in der es kaum mehr „Anlaufstellen“ für solche Situationen gibt, aufgefangen und schnell wieder in andere Gruppen integriert zu werden.
Kurz als Gegenposition zu mir: ich habe eine ähnliche Situation wie du hinter mir, als du den Verlust deiner kompletten Familie zu beklagen hattest, habe zudem gerade meinen letzten Freund wegen dessen Hang, bestrafen und kalt behandeln zu müssen, verlassen müssen, um mich nicht weiter wie ein Depp gedemütigt zu fühlen, habe KEINE Kinder (und mit Mitte 40 auch keine Aussicht mehr darauf), bin oft sehr sehr einsam, aber würde einen Teufel tun und mir irgendjemanden in einem abhängigen oder „dankbaren“ Verhältnis zu mir zu wünschen, da ich entweder wirkliches Glück mit Partnern und Freunden suche oder lieber weiter alleine an diesen von mir vertretenen Werten festhalte, nicht für mein persönliches Ego andere in meine gewünschte Form von Verhältnissen zu bringen sondern meine eigenen Stärken zu entwickeln. Ich habe so gelernt, Dinge auszuhalten und mich meinen Schmerzen und Problemen zu stellen, anstatt auf irgendeine äussere kompensatorische Rettung zu setzen, die mich selber weiter in Abhängigkeit bleiben lässt.
Auf der anderen Seite bewegt sich aber oft auch mehr für einen selber auf dem Weg, wie du ihn eingeschlagen hast: ganz konkret die Dinge ausserhalb von sich selbst anzupacken und nach Interessengemeinschaften z.B. mit anderen zu fragen. Mir selber wäre deine von dir beschriebene Konstellation aber nichts. Sicherlich habe ich eigene andere Möglichkeiten, als du, und dein Anliegen ist vollkommen legitim und vor allem eine Form des zunächst positiv zu sehenden Angehens seiner eigenen Situation. Aber es war mir ein Bedürfnis, anderen hier eventuell nur stumm mitlesenden „Einsamen“ den bei mir entstandenen Eindruck des Unbehagens zu hinterlassen.
28.07.2011 11:08 •
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