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In den fast zwei Jahren, in denen ich hier angemeldet bin, habe ich mich besonders intensiv mit den Menschen und der Welt in meinem direkten Umfeld und mit mir als Person beschäftigt.

Eins vorweg: Einsamkeit ist ein Ergebnis von Umständen, die in mir selbst, meinem Verhalten und dem Verhalten sowie den Reaktionen der Menschen um mich und den örtlichen Gegebenheiten liegen. Beeinflussen kann ich davon vieles positiv, nur manches liegt außerhalb meiner Kraft und meines Wirkungskreises.

Alles hier aufzuschreiben würde ein halbes Buch hervorbringen und niemand möchte einen Roman in einem Post lesen.


Daher gebe ich nur ein Paar Anhaltspunkte.

Ein Teil meiner Schwierigkeiten, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, hängt mit meiner Hochsensitivität zusammen. (Ich meine den Begriff, wie ihn die Forscherin Elaine Aron geprägt hat). Wer dazu fragen hat, kann sie gerne hier stellen.
Ich kann diese Eigenschaft meiner Persönlichkeit (und meine sehr detaillierten Erwartungen an andere und die Umwelt) nicht ändern, aber bewusst damit umgehen und mir Möglichkeiten schaffen in ihrem Rahmen trotzdem Begegnungen zu haben. (Mehr dazu weiter unten.)

Mein Problem, keine Partnerschaften dauerhaft und tiefgründig eingehen zu können, ist mit einer Angst verbunden. Es ist die Angst vor der Enttäuschung gegenseitiger Erwartungen, vor unzureichender Kommunikation, vor dem nicht ernst genommen werden und vor dem nicht respektiert werden. Diese Ängste sind z.T. in meiner Kindheit durch entsprechende Erfahrungen auch in meiner Familie entstanden. Spätere weitere Lebenserfahrungen in die gleiche Kerbe haben diese Ängste verschlimmert. In den letzten viereinhalb Jahren, habe ich glücklicherweise positive Erfahrungen gemacht, welche mir wieder Mut geben. Außerdem wird mir nun auch bewusst, dass meine persönlichen Erfahrungen nicht die ganze Welt abbilden, sondern nur meinen Blickwinkel, der aufgrund meiner ganz persönlichen Erfahrungen entstanden ist. Etwas bestimmtes (positives, gewünschtes) nicht zu erleben, bedeutet nicht automatisch, dass es nicht existiert.
Nach einem sechsmonatigen positiv erlebten Versuch, eine Beziehung aufzubauen, habe ich den Mut gefunden, es wieder zu versuchen. Auch wenn sich seit dem noch keine neue Chance ergeben hat, bin ich davon überzeugt, dass ich Menschen kennen lernen werde, mit denen ich gerne eine Beziehung eingehen möchte und dafür die ersten Schritte unternehmen werde.

In manchen Krisensituationen (habe zur Zeit ein bis zwei... *nerv) fühle ich mich trotz Unterstützung von Freunden und Familie allein, weil ich meinen sozialen Aktivitäten aus Kräftemangel nicht nachkommen kann. Einerseits weil ich tatsächlich das meiste alleine stemmen muss, weil meine Freunde und Familie nicht die Zeit haben, mir mit Muskelkraft persönlich unter die Arme zu greifen (alle wohnen z.Zt. mind. 200 km entfernt). So gesehen bin ich tatsächlich in diesem speziellen Bereich allein und fühle mich daher berechtigter Weise einsam.
Da ich aber mit zurückkehrender Kraft meine pausierten Engagements (freiwillige Mitarbeit in Vereinen) wieder aufnehmen werde und ich dort bereits einige sehr liebe Menschen (teils auch in meinem Alter) kennen gelernt habe, bin ich guter Dinge auch bald eine tiefere Freundschaft vor Ort aufbauen zu können. Zu diesen Vereinen bin ich durch den Abgleich meiner Interessen (Dinge die mir im Leben wichtig sind und die meine Gedanken bewegen) mit den Tätigkeiten und Leitbildern örtlicher Vereine via Internet gekommen (eigene google-Suche). Den mutigen Schritt ins Unbekannte und das Erscheinen zu den Vereinstreffen habe ich lange vor mir her geschoben, aber letztendlich doch gewagt und ich bin glücklich, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin. Es waren sehr angenehme Erfahrungen und ich wurde in allen drei Initativen sehr freundlich aufgenommen.

Fazit: Das Gefühl der Einsamkeit ist nicht per se schlecht. Es ist manchmal durchaus berechtigt, weil es an Menschen fehlt, die uns unterstützen können bzw. wollen und die örtlichen Gegebenheiten die Kontaktaufnahme erschweren (z.B. keine passenden Vereine, etc. in der Nähe vorhanden). Und es zeigt auf jeden Fall immer an, dass wir eine Veränderung wünschen. Letztendlich gibt es auch meist mind. eine Möglichkeit den eigenen Interessen nachzugehen und dabei mit Menschen in Kontakt zu kommen und zusammen zu wirken. Den Schritt über unsere eigene (Angst-)Schwelle dorthin müssen wir jedoch höchstpersönlich gehen.


So, nun ist es doch ein ganz schön langer Beitrag geworden. Ich hoffe, er kann aber durch seine Ausführlichkeit an manchen Stellen einigen Lesern (und mir selbst) neuen Mut machen.

Die Welt ist für mich viel zu faszinierend und meine kindliche Neugier ist viel zu groß, um mich in Einsamkeit zu ergeben, auch wenn mich dieses Gefühl gerade sehr plagt. Ich kann mich in diesen Zeiten auch allein an der Natur und ihren Wundern erfreuen, wenn es auch mit anderen zusammen viel mehr Spaß macht und ich deshalb auch versuche, meine Erlebnisse mit anderen zu teilen oder zu erleben.

Liebe Grüße,

Peter

14.10.2011 23:53 • 16.10.2011 #1


2 Antworten ↓


Hallo Peter,

Dein Thread hat mir sehr gut gefallen !


Trotz Deiner sozialen Einschränkungen hast Du für Dich eine gute Perspektive geschaffen und ich finde das sehr mutig von Dir, daß Du Dich sozial engagierst !

Meiner Meinung nach ist es ein großer Schritt nach vorne für Dich gewesen, aus dieser Einsamkeit herraus zu treten und duch Dein soziales Engagement auf andere zu zugehen !

Daher hast Du mein vollen Respekt !


Ich wünsche Dir viel Erfolg und alles Gute,



viele Grüße,




Emmie

Hallo, Peter,

was Du Dich alles traust - ich wünschte, das würde bei mir auch so in die Gänge kommen.
Den Weg über Interessensgemeinschaften ins soziale Leben finde ich sehr gut.

Und der Begriff Hochsensitivität macht mich jetzt neugierig.
Hab den mal nachgeschlagen, erkenne mich selbst darin wieder in allen Punkten.

großes ABER

Trotzdem fallen alle Eigenschaften und Verhaltensweisen sowie Reaktionen
auch dem Begriff Soziophobie anheim.

Nun darf ich mir also aussuchen, was ich bin.

Kann es sein, daß man den Begriff Soziophobie bei sensiblen und intelligenten Menschen einfach in Hochsensitiv umgemünzt hat ?
Ich halte mich nicht für überdurchschnittlich intelligent, nur für extrem sensibel - was ganz plausibel wieder auf Erkennungsmuster einer Sozialen Phobie hinweist.
Vieleicht ist diese HOCHSENSITIVITÄT ja auch der Auslöser für eine Soziale Phobie, die so auch unumgänglich ist.

Soziophobiker sind Analytiker, denn sie prüfen und prüfen und prüfen.
Allerdings finde ich die Typisierung als eine weitere Herleitung der Krankheit interessant.

Grüße,
Joe





Dr. Reinhard Pichler
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