Ich bin aufgewachsen in einem Umfeld, das geprägt war, von was denken nur die anderen Leute, wenn ........ Den Schein galt es zu wahren, unsere Familie war vorzeigbar und etabliert.
Ein Blick, und meine jüngere Schwester und ich hatten zu funktionieren.
Keinerlei körperliche Berührungen, wie Umarmungen oder Küsse. Zur Begrüßung gab man sich die Hand.
Schläge mit dem Stock. Man musste aber warten, bis der Vater nach Hause kam. Der prügelte dann emotionslos, Halt stopp: wenn man laut geweint hat, wurde es schlimmer.
Also am besten, ja nicht weinen. (Stärke war wichtig)
Ach, in dem dunklen Kohlenkeller war ich auch des öfteren Zuhause. Eingesperrt.
Als ich meine Periode bekam, dachte ich, dass ich jetzt sterben muss, wegen des Blutes.
Da es nicht aufhörte, musste ich es sagen, dann bekam ich ein Buch zur Aufklärung.
Zur Schau stellen. Da Liebe, küsse, Umarmungen kein Thema waren, aber ich in der Grundschule einen Liebesbrief geschrieben habe, wurde dieser gefunden und an unser altes Buffet geklebt. Als ich von der Schule heimkam, standen 3 Familienmitglieder davor und starrten mich an. Ohne ein Wort. Nur mein Brief.
Das gleiche geschah mit meinem Tagebuch, das gefunden, geöffnet und ausgestellt wurde.
Körperliche Verletzungen wurden mit: bist ja selbst schuld, wenn du nicht aufpasst..da wurde mir mein Zahn halb abgeschlagen, tat höllisch weh, und ich musste alleine zum Zahnarzt. Soll mich nicht so anstellen.
Ich konnte nie um etwas bitten, sonst wurde ein Verhör daraus gemacht.
Damals bekam man noch die Mandeln und Polypen prophylaktisch entfernt. Ich war die letzte von 6 Kindern, die mit der Schwester weggingen und schlafend gebracht wurden. Fragen waren nicht erlaubt. Auch die Äthernarkose wurde einfach durchgeführt, da erstickt man beinahe.
Anschließend wurde man in einen 6 wöchigen Erholungsurlaub verschickt. Ich war zwischen 6 und 7 Jahre. Die Hölle. Kein Trinken zwischen den Mahlzeiten. Das Zähneputzen wurde überwacht. Wir wurden gemästet wie Vieh. Das war auf Sylt. Bestrafungen, wenn man nicht Gehorsam war.
Ich habe meine Kindheit mit eigener Härte überlebt. Mein Vater gab sich nach außen als der tolle Papa aus, andere Kinder haben uns dafür beneidet. Meine Mutter war kalt und hat funktioniert.
Es gab noch viel mehr, aber dann würde ich noch bis morgen schreiben.
Interessanterweise konnte mich niemand brechen. Im Gegenteil, ich war Anführerin und Beschützerin.
Meine Abhängigkeit endete mit 14 Jahren, als ich meinen Mann kennenlernte und dessen Familie. Das war wahrscheinlich meine Rettung, weil ich mehr dort war, als Zuhause. Und dort erfuhr ich Warmherzigkeit und Liebe, obwohl mein späterer Schwiegervater nur Arbeiter war. Wir waren nämlich gehobene Beamtentöchter, und was besseres.
Mein richtiges Leben hat dort begonnen.
Mit 18 Jahren ist mein Vater fremdgegangen. Die Fassade war zerstört. Meine Mutter habe ich im Keller gesucht, weil ich dachte, die hätte sich erhängt. Den Notarzt gerufen, weil sie Tabletten geschluckt hat. Sie haben sich geprügelt, angeschrieen, das ganze Programm.
Für mich war das wieder ein Schock. Erst keine Gefühle und dann das. Ich habe damals meine Mutter unterstützt, weil sie die schwache war. Hat aber auch nichts genützt, denn später wollte man sich nicht daran erinnern.
Sexuelle Übergriffe 2 mal, übergehe ich jetzt. Ich habe das nie verraten, weil ich mich nicht anvertrauen konnte . Wär ja eh selbst schuld gewesen.
Als ich dann schwanger wurde, meinte meine Mutter, ob ich das jetzt behalten wollte. Es wäre ja noch Zeit, und mit Kindern wäre man so angebunden. (Haha). Ich war 25 Jahre und es war unser Wunschkind.
Und die Fotos von meinen Kindern hatten keinen Platz in der Geldbörse. Da hatte man andere Kinderbilder drin, die mir voller Stolz gezeigt wurden.
Ende der Geschichte ist kein happy End. Ich habe es nicht geschafft, die Liebe und Zuneigung meiner Eltern zu gewinnen, egal, was ich tat. Meine Schwester konnte es.
Ich spreche hier immer über die Hintergrundgeschichte.
Ich habe das Funktionieren und Stärke gelernt. Denn Schwäche wird ausgenutzt und man wird vernichtet. Mich aber nicht, dachte ich.
Meine Ängste waren Ausdruck meiner Stärke. Nie würde ich mich brechen lassen, vorher sterbe ich. Naja, scheinbar muss man 1000 mal sterben um zu begreifen, dass ich schwach sein darf. Mich nicht immer beweisen muss, meine Fehler habe, die mich nicht lächerlich machen, oder die an den Pranger gestellt werden.
Bei mir waren es diese Erkenntnisse, die mich letztendlich befreit haben.
Und auch das ewige Sehnen nach Elternliebe und Anerkennung habe ich aufgegeben. Diesen Schlussstrich habe ich auch gezogen. Diese Dinge können von mir eben nicht erzwungen oder erwünscht werden.