Zitat von andreas01123:
Ich hatte zwar keine Bedenken, dass sich meine Freunde für mich schämen, aber immer wieder geriet ich durch sie in die Situation meine Unzulänglichkeiten verbergen zu müssen. Ich glaube, dass das Gefühl der Unzulänglichkeit eine der Wurzeln der Einsamkeit ist, denn dadurch hat man das Verlangen, dass andere Leute einem mit Bestätigung auffangen.
Ich denke, nach Bestätigung sucht jeder Mensch. Für mich war es nur immer ein Problem, die Bestätigung auch anzunehmen. Ich hielt mich zum Beispiel immer für schüchtern und war perplex, wenn ein Freund meinte, dass ich doch ziemlich gesprächig sei, dass man sich mit mir gut unterhalten könnte, usw. Irgendwie glaubte ich dann, dass mir eine tiefere Ironie dabei entgeht, dass er es eigentlich nicht so meinen würde, sich nur lustig mache, usw; oder dass mein Freund auf das Schauspiel hereingefallen ist, dass ich meine Idiotie eben gut überspielen konnte, etc.
Ich hatte bestimmt unzählige Erklärungen dafür, weshalb ich von meinen Freunden Bestätigungen erfuhr.
Nur kam es mir nie in den Sinn, dass sie es einfach aus Freundschaft taten, dass sie mich mochten, dass sie es auch so meinen, wie sie es sagen, usw.
Aber ich kann auch nicht mit denen über dieses Problem eden, da ich Angst habe, dass mein Misstrauen sie beleidigt.
Zitat von malory:Ich weiß nicht, was andere Menschen denken. Ich weiß nicht, was sie sonntag mittags unternehmen, über was sie sich unterhalten. Ich kenne ihre Träume und Wünsche nicht. Mein Leben ist durch die lange Einsamkeit anders und Menschen merken das relativ schnell, auch wenn ich ein guter Schauspieler bin.
Ja, genau das denke ich auch; mir fehlt auch die wirkliche Erfahrung mit Menschen und also die Menschenkenntnis. Dadurch verliere ich aber auch ein Gefühl für mich selbst und für meine Persönlichkeit, die abhängig davon ist, was die anderen Menschen in mir sehen.
Menschen spielen doch mehr oder weniger durchgängig Theater: übernehmen in fast jeder Situation irgendeine Rolle. Wenn ich aber meine Rolle nicht genau kenne, dann wirkt das wohl ziemlich kommödiantisch und davor habe ich Angst. Also sitze ich zuschauend dabei, bin mehr Publikum als Akteur und habe damit...wieder eine Rolle, mit der ich aber unzufrieden und der ich mir nicht einmal sicher bin.
Andere sind da sehr viel souveränder, haben einen festen Platz, usw. bewegen sich mit traumwandlerischer Sicherheit durch ihre Existenz. Mir mag das nicht gelingen...ich stolpere jedes Mal darüber, wie andere mich sehen.
Zitat von ClicliDinoim:Ich bin einsam weil ich mehr oder weniger auch am von mir selbst genannten Jim Carrie-Syndrom leide.....Ich kann wahnsinnig zum Entertainer mutieren wenn ich in Gesellschaft bin, aus Angst nicht akzeptiert zu werden überspiele ich so meine Unsicherheit.
Im wahren Leben bin ich aber eine sehr ernste und nachdenkliche Frau. Das alles macht mich zu einem sehr sehr einsamen Menschen.
Gedankenexperiment: Wenn Du in einer neuen Gesellschaft ganz neue soziale Kontakte knüpfen würdest, die nichts von Deinem Jim-Carrey-Syndrom wüssten, würdest Du dann die ernste und nachdenkliche Frau werden, die Du bist?
Okay, vielleicht eine komische Frage; aber ich würde gerne wissen, weshalb wir so wenig Authentizität in die Gesellschaft bringen können? Es scheint mir gerade so, als ob alle eigentlich ganz anders wären...
Chaim