ich habe mich erst heute hier registiert, fand das Forum über Google.
Meine Geschichte ist nicht gerade einfach, meine Situation ebenso wenig.
Ich war fast zwei Jahrzehnte Alleinerzieherin, tat mich sehr schwer damit und fühlte mich oft überfordert. Meine ganzen Lebenspläne gingen den Bach runter. Mein Mann studierte noch, als wir zusammen waren und als unser Kind drei Jahre alt war und er mit dem Studium fertig wurde, ging er. Wir hatten geplant, dass ich nach seinem Abschluss für ein paar Jahre noch zu Hause beim Kind bleibe und Psychologie studiere, weil das immer mein Wunsch war.
Ich interessierte mich immer dafür und durfte es nicht studieren, weil meine Familie dagegen war. Ich sollte lieber in einer Bank arbeiten oder Lehrerin werden (wie meine Schwester). Doch später blieb ich immer auf der Suche nach einem Job, der mir wirklich zusagt - und habe ihn nie gefunden.
Durch mein Leben alleine mit Kind musste ich alle Pläne ad acta legen. Ich kam mit diesem Leben aber kaum zurecht. Nicht nur, weil es anstrengend war und sich sehr rasch unser gesamter Bekanntenkreis auflöste, da niemand mit mir als Frau alleine viel zu tun haben wollte (davor waren wir ja paarweise zusammen gewesen), sondern auch, weil ich selbst als Mensch das ständige Alleinsein und die gesamte Verantwortung für alles als schwere Bürde empfand.
Solange ich in einer Partnerschaft lebte, ging es mir ziemlich gut, aber alleine nicht mehr. Was mir vor allem einholte, war meine eigene Kindheit. Ich bin in einer Familie mit viel Gewalt aufgewachsen und hatte irgendwie den Status des Sündenbocks, weil ich lebhafter und eigensinniger war als meine Geschwister. Entsprechend der Behandlung, die ich erfuhr, war mein Selbstwertgefühl niedrig und alleine bekam ich Depressionen.
Mit einigen Therapien und eisernem Willen habe ich mich durch diese Jahre gekämpft. Mit mehr Krisen als ein Mensch je in seinem Leben braucht. Mein Kind war dazu noch ebenso lebendig und eigensinnig wie ich es als Kind war und das machte die Sache noch schwerer. Ich wandelte immer am Rande des Zusammenbruchs. Dennoch hat es sich gelohnt, weil es ihm heute gut geht und sein Leben einfach gut läuft.
Ich selbst bin aber tatsächlich einige Monate nach seinem Auszug zusammen gebrochen - Burnout. Einige Partnerschaftsversuche sind komplett gescheitert während meiner Alleinerzieherzeit, niemand hat mich je wirklich verstanden (einschließlich mir selbst). Was ich jedoch zum Glück erreicht habe, ist es, einen sicheren und mittelmäßig interessanten Job zu haben, der es mir auch erlaubt, nicht Vollzeit zu arbeiten, weil ich genug verdiene.
Im Laufe all der Jahre und der immer stattfindenden Reflektion und Aufarbeitung meiner Altlasten, ist mir nach und nach klarer geworden, was mit mir los ist. Ich bin hochbegabt (mir ist dieser Ausdruck egal, aber zumindest habe ich einen hohen IQ), bin sehr dünnhäutig und spüre mehr als mir oft lieb ist und ich wurde in all dem weder erkannt noch gefördert. Ich bekam hauptsächlich Prügel, weil ich vorlaut war.
Nun lebe ich seit 7 Jahren alleine und bin genau so alleine wie schon seit über 20 Jahren. Ich bin nicht unbeliebt - weder im Job noch in meiner Umgebung - aber ich habe keine tiefer gehenden Kontakte, obwohl mir das sehr, sehr wichtig wäre. Ich brauche das einfach - den Austausch, das Verstandenwerden, das Interesse. Und ich gebe es umgekehrt auch gerne.
Aber meine Chancen mit 50 Menschen zu treffen, die mich überhaupt verstehen könnten, ist sehr gering. Ich habe immer das Gefühl, einen Gutteil von mir nicht mit ihnen ausdrücken zu können, weil sie damit nichts anfangen können. Ich bin zu tiefgehend, denke zu viel nach, kann manche Dinge auch viel besser (das wird nicht abgelehnt, aber ich finde niemand auf Augenhöhe) und so lebe ich dahin in Phasen, wo ich recht gut damit zurecht komme und mich allerlei befasse, das mich interessiert - und dann wieder in Phasen, wo ich am Leben verzweifle.
Ich war auch nie ein Gruppenmensch, weil mich Gruppengeist nicht anspricht und es mir in Gruppen auch oft zu oberflächlich zugeht. Ja, wäre ich selbst zufrieden und wären meine Bedürfnisse nach menschlicher Beziehung erfüllt, käme ich wohl auch damit klar. Aber so ist es ja nicht.
Vorgezogen habe ich mein Leben lang jedoch immer intensivere menschliche Beziehungen mit wenigen.
Kurse an VHS usw. hab ich schon alle hinter mir. Entweder finde ich dort gar keinen Anschluss oder er bleibt zu distanziert., weil keiner Lust auf engere Freundschaft hat. Oder weil es überhaupt nicht passt. Was mir fast immer fehlt, ist die gleiche Augenhöhe. Durch den Umstand, dass ich meine Lebenspläne nicht verwirklichen konnte, bin ich in einem Umfeld, wo ich eigentlich im Grunde nicht hin passe. Über Smalltalk gehen die Gespräche kaum hinaus. Ich verstehe mich zwar mit einigen Kollegen sehr gut, aber das ist weit entfernt von Freundschaft.
Mein Mann war übrigens auch hochbegabt und wir konnten unheimlich gut miteinander reden. Seither vermisse ich das. Mein nun erwachsenes Kind hat kaum Zeit, studiert, ist voll eingesetzt. Ich möchte mich auch keinesfalls an ihn hängen.
Ich lebe einfach weiter mit dem Gefühl, am falschen Platz zu sein und manchmal weitet sich dieses Gefühl so aus, dass mir vorkommt, ich lebe auf dem falschen Planeten. Ich weiß, dass das nur Gefühle sind, die aufkommen, wenn es mir nicht so gut geht. Aber das ist eben auch öfter der Fall.
So viele Faktoren, wie bei mir zusammen kommen, sind nicht einfach. Dass ich hier jetzt darüber schreibe, hat den Grund, dass ich mal wieder in einer nicht so Phase bin. Ich weiß, dass mir niemand helfen kann und alle Tipps und Ratschläge nichts bringen. Aber ich wollte einfach einmal ausdrücken, wie es mir geht und einfach gehört werden. Es ist so schwer, immer mit allem alleine zu sein.
Evelyn
28.03.2010 12:55 • • 15.06.2011 #1