Hallo Crisis (guter Nick übrigens, denn jede Krise birgt eine Chance)!
Zitat:Deine Sichtweisen haben mir einen ganz anderen Blickwinkel verschafft. Wenn du recht hast und es nichts oder niemanden gibt was man als ´normal´bezeichnen kann, warum gibt es dann Begriffe wie ´Exzentriker´. Ich denke das es von Anfang an so etwas wie Abnorm nicht gab, sondern dass die Menschen diesen Begriff geprägt haben.
Da würde ich Dir unumwunden zustimmen. Sprache ist ein Instrument. Sprache formt unsere Welt. Am Anfang war das Wort. In der griechischen ÜBersetzung der Bibel heißt es am Anfang war der Logos. Logos ist sehr schwer zu übersetzen. Es kann Begriff, Wort, Sprache, Verstand, Vernunft, Bewusstsein und vieles mehr in dieser Richtung bedeuten. Alles was mit Logik, Semantik und Denken zu tun hat. Weiter heißt es in der Bibel: Und Gott schied den Himmel von der Erde, den Tag von der Nacht etc. Das Spannende ist: Das macht Gott alles mittels des Logos!! Der Logos ist also das Instrument der Trennung, der Analyse. Beschäftigt man sich mit der analytischen Sprachphilosophie, kommt man sehr schnell zu eben der Erkenntnis, das Begriffe, die Welt zerlegen. Mathematisch formuliert sind Begriffe nichts anderes als Definitionen von Mengen, also Klassen von Elementen, die ein oder mehrere Kriterien gemeinsam haben. Die Kriterienauswahl die der Klassenbildung zugrunde liegt, ist allerdings beliebig und kann dementsprechend auf individuelle oder Kollektive Entscheidungen hin (ebenfalls nach beliebigen Kriterien z.B. pragmatische, gesundheitliche, ökonomische, spirtuelle etc.) geändert werden. Dadurch verändert sich das gesamte Begriffssystem, also die Ontologie (die Lehre über die Struktur desssen was existiert), also letztlich die Weltanschauung. Begriffe bzw. ihre Definitionen, die wir selbst gewählt haben, bestimmen also unsere Weltsicht. Die haben wir uns also selbst ausgesucht und antrainiert (wenn auch meistens nicht bewusst). Existenz bedeutet demnach nichts anders, als dass ich sprachlich auf etwas referieren kann, also dass es in meinem sprachlichen System vorkommt. Insofern kann ich die vollkommen zustimmen.
Am Anfang war das Chaos, heißt es auch im biblischen Buch Genesis. Da gab es weder Exzentrisches noch Normales oder Anormales. Da war alles Eines, ein ungeordnetes Chaos. Bis Gott kam und es geordnet, also geteilt hat. Wer oder was hier Gott genau bedeutet oder ist, wäre ebenfalls zu klären. Es lohnt sich darüber mal nachzudenken.
Zitat:Du beschreibst in deinem Thread, dass mich das Verhalten Anderer nicht von meinem Weg abbringen soll. Du hast völlig recht, ich teile deine Meinung, aber das erscheint mir so schwierig zu sein... Ich habe lange versucht, meine Gefühle vom Verhalten Anderer unabhängig zu machen, aber dass ist mir bis jetzt nur zum Teil gelungen. Warum haben es die Menschen die einfach mit dem Strom schwimmen immer einfacher als die Anderen?
Ja, das geht mir ebenso. Als Menschen haben wir ja auch ein Bedürfnis nach Nähe, nach Begegnung, nach Berührung (im konkreten wie im übertragenen Sinne). Ich glaube, Unabhängigkeit ist kein erstrebenswertes Ziel. Es ist eher der Punkt, dass man bei sich ist und dadurch unabhängig wird, weil man nur von sich abhängig ist. Weil man sein Leben selbst geprüft hat und sich auf sich verlässt, auf seine Entscheidungen vertraut und weiß, dass man damit richtig liegt. Es geht allerdings nicht um Selbstüberschätzung oder Selbstgefälligkeit. Dabei kann man ja auch offen für Neues bleiben. Es ist keine einmalige Lösung in dieser Sache zu suchen. Vielmehr ist es ein dauernder Prozess des Abwägens. Insofern geht es auch weniger darum gegen den Strom zu schwimmen als darum, überhaupt zu schwimmen, immer weiter zu schwimmen - die Richtung setzt man sich selbst. Daher ist der Satz eigentlich falsch. Es müsste heißen: Nur tote Fische schwimmen gar nicht, sie lassen sich treiben. Wenn sie leben, wechseln sie die Richtung nach belieben.
Zitat:Ja, es stimmt schon, das geht dann dafür auf die Kosten ihrer eigenen Individualität, aber wenn das wirklich glücklich macht? Muss ich mich entscheiden zuwischen Glück und meiner Einzigartigkeit?
Das meinte ich so nicht. Individualität und Einzigartigkeit darum ging es mir nicht. Sie begrenzen sich, weil sie nichts neues lernen können. Das wollte ich sagen. Sie haben den Entschluss gefasst, sie haben einen Standpunkt, fragen udn suchen nicht mehr. Sie haben die Pat-end-lösung (Watzlwick). Und was Phantasien von End-Lösungen so mit sich bringenso, wissen wir in Deutschland ja nur allzugut.
Es stellt sich die Frage, ob Glück und Einzigartigkeit überhaupt erstrebenswerte Ziele sind und ob sie überhaupt erreichbar sind. Wie würdest Du beides definieren? Je nach Definition können sie einen Widerspruch bergen oder auch nicht. Wenn zu meinem Glück, Gemeinschaft gehört, steht mein Glück evt. im Widerspruch zur Einzigartigkeit, bspw. Was bedeutet für Dich Glück? Wieso nicht Sinn oder Erfahrung oder Weisheit? Was ist denn Glück? Und überfordert der Anspruch an Glück nicht vielleicht? Wie sieht es mit weniger, mit der Zufriedenheit aus?
Zitat:Es erscheint mir fast so... Es stimmt, dass das Glück anderer mich nicht beeinflussen sollte, aber ich kann es nicht ändern. Es ist einfach so.
Nichts ist einfach so. Alles kann umdefiniert, umgewertet, anders gelebt werden, wenn man sich dafür entscheidet und es einübt und es so zur Gewohnheit wird.
Zitat:Was ich weis kann man das sogar wissenschaftlich erklären... Hängt mit der Amygdala zusammen was ich weis...
Das Gehirn ist glücklicherweise plastisch. Selbst der Effekt der Spuren auf der Amygdala lässt sich bspw. mit EMDR verringern. Nichts ist determiniert. Die materialistische Weltsicht ist zu eingeschränkt. Es ist alles ein Wechselspiel zwischen Geist und Materie. Vielleicht ist sogar alles Geist oder Energie in unterschiedlicher Wellenlänge.
Zitat:Du scheinst mir ein sehr gebildeter Mensch zu sein. Darf ich fragen wie alt du bist und welchen Beruf du ausübst?
Schmeicheleien gegenüber bin ich nicht abgeneigt. Indessen sehe ich nicht, welchen Mehrwert das meinen Beiträgen verschaffen könnte und würde mich daher gerne der Antwort entziehen. Für die Akzeptanz meiner Worte ist es irrelevant. Zum Aufbau einer persönlichen sozialen Beziehung halte ich persönlich das auch für irrelevant. Hier sind Interessen, Einstellungen, Haltungen und konkrete Verhaltensweisen für mich eher ausschlaggebend als solche oberflächlichen personenbezogenen Daten. Betrachte mein Schweigen in dieser Frage daher bitte nicht als einen Kopf-Stoss. Danke.
Herzliche Grüße
Deine Projektion