Gast
ich habe ein wenig Angst dich zu bedrängen - also nimm was ich schreibe als MEIN Erleben - das nur bedingt auf dich übertragbar ist. Wie weit entscheidest du.
Ich habe dir diese Denkfigur schon ein paar mal angeboten. Und ich bin nicht sicher, ob das einfach nicht für dich passt, vielleicht einfach zu früh ist, oder ob es so sein könnte, dass du da noch nicht so recht dich hinzuschauen traust:
Also einfach mal für mich selbst meine ich folgendes:
In meinen Wünschen bin ich enthalten, sie machen mich aus, sie machen mich sichtbar. SIE ZU ÄUßERN UND UMZUSETZEN, HAT MIT EGOISMUS NICHTS ZU TUN. Mir das zu verbieten, lange Jahre lang, war Teil einer Verantwortungsideologie, die folgendes verdeckt hat:
Ich habe meine emotionale Grundversorgung und meine Sicherheits- und Stabilitätsbedürfnisse zu Lasten meiner Frau und meiner Kinder organisiert - solange ich geblieben bin, ohne das zu wollen. DAS IST EGOISMUS: wenn man seine Bedürfnisse auf Kosten anderer organisiert. An dieser Stelle finde ich auch die Warnung berechtigt: achte darauf, dass du dich nicht von deinen Kindern gegen die Einsamkeit schützen lässt:
WENN das sich bei dir ähnlich verhalten sollte, dann rechne damit, dass dich die Einsamkeit wie ein wildes Tier anfallen wird, wenn du deine Trennung hinter dir hast. Es ist eher wahrscheinlich, dass es dir - nach der ersten Freiheitseuphorie schlechter geht als vorher: UND DAS IST DANN GUT SO: denn es gibt dir die Chance, für dich selbst sorgen zu lernen und deine Umgebung davon zu entlasten.
Die Gefahr sich in so einem Moment erneut und schlimmer von jemand anderem abhängig zu machen (seien es nur deine Kinder) ist in diesem Moment sehr groß.
WENN das so ähnlich ist bei dir: dann ist es das WOZU du dich zum Weichei gemacht hast: Es wäre eine METHODE deiner Angst nicht ins Gesicht zu sehen. Keine sehr haltbare: sie führt mitten hinein in die Depression.
Vor meiner Trennung habe ich ein Leben gelebt, das sich als komplett fremdbestimmt angefühlt hat. Ich sage: es fühlte sich so an: denn auch das sich-von-anderen-bestimmen-lassen entscheide ich ja selbst. Wenn du diese Entscheidung änderst, brauchst du einen langen Atem und den Willen täglich etwas zu lernen. Ich stehe vor lauter Restverpflichtungen, aus einer Zeit, in der ich meine Selbstfürsorge anderen überlassen hatte und dafür mit meiner Freiheit bezahlt habe. Diese Verpflichtungen muss ich dann stückweise abtragen und neu entscheiden, ohne dass alles zusammenbricht. Es ist eine Phase, wo die Nachteile von alten und neuen Entscheidungen sich kombinieren. Damit bezahle ich für die Jahre, in denen ich mich nicht selbst gelebt habe, sondern mich habe gehen lassen.
Ich finde nicht, dass du nach einer Trennung für das Wohlergehen deiner Frau zuständig bist - das ist ihre Verantwortung; sie wird wahrscheinlich auch nicht wollen, dass du dich da irgendwie drum kümmerst.
Ich finde nicht dass du dir ausmalen musst, wie es ihr danach geht - das ist ihre Verantwortung; hart gesagt geht es dich nichts an, wie es ihr danach geht - sie wird es dir wahrscheinlich auch nicht sagen. Ich finde nicht, dass du schuldig wirst, wenn du dich entscheidest, für dich zu handeln - auch nicht, WENN sich deine Kinder entscheiden sollten, bei dir bleiben zu wollen. Es ist nicht deine Verantwortung, welches Verhältnis deine Frau zu den Kindern hat.
(Und ich hatte GastB auch nicht so verstanden, dass sie das meinen könnte - werde aber den Eindruck nicht los, dass du das so gelesen haben könntest). Du bist nur dafür verantwortlich, dass du deine Wünsche eigenverantwortlich umsetzt und das selbe deiner Frau und deinen Kindern zugestehst.
Das verpflichtet dich auch zur Fairness den andern gegenüber. Die Kinder haben ein Recht auf den Umgang mit ihrer Mutter und auf deine Unterstützung dabei. Unterstütze deine Kinder in dieser Frage - das schwächt nicht deine Position, sondern stärkt sie.
Du wirst lernen müssen, deine eigene Grenze früh genug zu spüren, und die der anderen zu respektieren. UND DAS ist etwas, was du auch deinen Kindern noch schuldest: Ihnen zeigen können, wie das geht: sich abzugrenzen, ohne zu verletzen. (ohne das bist du tatsächlich nicht beziehungstauglich)
Sie brauchen diese Erfahrung und auch die darin enthaltene Erlaubnis, so etwas tun zu dürfen, im eigenen Umgang mit ihrer Mutter dringend - wenn deine Beobachtung zutrifft, dass sie auch Schwierigkeiten mit ihrer Dominanz haben.
Die Angst vor einem Rosenkrieg kann auch eine verdeckte Hoffnung sein: Im Krieg braucht man auf Grenzen keine Rücksicht zu nehmen - dazu muss man das nicht lernen - sondern nur gut bewaffnet sein. Aber den Krieg verlierst du - und alle andern auch, weil im Krieg IMMER ALLE verlieren.
Deine letzten Sätze wirken auf mich so, dass du eigentlich alles zusammenhast, um entscheiden zu können. Der Widerspruch den du fühlst, ist ein Konstrukt, das dir das Leben das du gerade führst möglich macht; eine Methode das Unerträgliche zu tragen - und du ahnst dass das nicht mehr trägt. Nimm das Gefühl des Widerspruchs als Indikator: Ich bin auf alten Pfaden unterwegs.
Gruß
flo
17.01.2008 18:08 • #21