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Letzte Nacht verstarb meine Mutter. Ich weiß die Uhrzeit nicht, ob es vor Mitternacht war oder in der schwärzesten Stunde. Eigentlich will ich es nicht genau wissen. Auch nicht, wie es geschah. Krank war sie schon länger. Und in einem Alter, in dem man damit rechnen musste, wie das dann Ärzte, Priester und freundliche Bekannte ausdrücken.

Ich bin traurig, doch diese Traurigkeit ist eher Selbstmitleid. Ich hatte kein gutes Verhältnis zu ihr; das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt. In ein paar Wochen werde ich froh sein, dass das alles vorüber ist. Ich werde wieder in meinen Heimatort fahren können, ohne das mulmige Gefühl zu haben, mein Elternhaus großräumig meiden zu wollen, während ich gleichzeitig ein schlechtes Gewissen wegen dieses Gefühls empfinde.

Es gibt keine einzige Stelle, keine einzige schöne Erinnerung, die ich mit irgendeinem Ort zuhause, in meiner Gegend verknüpfe. Keinen Wasserfall, kein Waldstück, keinen Bach, keine Wiese. Da gibt es diesen Kinderspielplatz mit dem großen Bolzplatz, auf dem ich Fußballspielen gelernt habe. Er ist inzwischen mehrfach umgebaut worden und ist unkenntlich geworden.

Bei uns in der Straße gibt es immer noch die alte Papierfabrik, deren Geräusche und Betrieb (in der mittleren Ferne) ich immer gemocht habe. Meine Kindheit war einsam, ohne Freundschaften, ohne große Erlebnisse. Ich hätte weglaufen sollen, und traute mir nicht mal den Gedanken dazu zu. Der Garten meines Elternhauses, den ich als Kind groß und abwechslungsreich empfand, kommt mir seit vielen Jahrzehnten zu eng und zugewachsen vor, fast erstickend und bedrohlich. Da war die Klimmzug- und Schaukelstange, an der ich Klimmzüge trainierte, und von der schon damals der Lack abblätterte. Ein paar eng stehende Bäume zur Straßenseite hin, die sich für mich damals beinahe zu einem kleinen Wald fügten. Der Maschendrahtzaun zur Straße hin ist immer noch ausgebeult von unseren Fußballschüssen. Ich habe auf der Straße häufig 1 gegen 1 gegen meinen Bruder gespielt, so viele Nachmittage, stundenlang, bis es zu dunkel wurde, das war unser Kosmos.
Meine Art, zuhause zu sein, hatte fast ständig damit zu tun, Räume und Ausflucht-Möglichkeiten zu suchen. Das war mir nur nie bewusst. Ich atmete auf, als der Vater endlich auszog. Ich stahl meiner Großmutter manchmal Schokoladentafeln aus ihren penibel aufgeräumten, seltsam sporadisch befüllten Küchenschränken, die wie aus dem letzten Jahrhundert wirkten. Ich wusste, dass das falsch war, tat es trotzdem, ein bisschen mit dem Gefühl der Genugtuung. Oder als würde mir das als kleiner Trost oder Vergütung für erlittene Qualen zustehen.
Mein Vater war auch schon vor seinem Auszug nie da. Meine Mutter war überfordert, manchmal fast hysterisch, selbstmitleidig und vorwurfsvoll gegen uns.

Ihr Schmerz ist meinem nicht unähnlich, deshalb ist mir zum Heulen zumute. Ich habe ihr Selbstmitleid geerbt, so kommt es mir vor. Ich glaube zu ahnen, wie einsam und verloren sie sich fühlte; und das erscheint mir betrüblich, gleichzeitig empfinde ich Kälte und Gleichgültigkeit ihr gegenüber. Sie hat mich traktiert mit ihrer Nicht-Liebe, ihrem Jähzorn, ihren emotionalen Ausbrüchen, ihrem Gejammere. Ich kann mich kaum an etwas Positives in Bezug auf sie erinnern. Außer, dass sie mich umsorgte, wenn ich krank war und dass sie sich freute, ihre Kinder umarmen und drücken zu können. Mir kam das allerdings öfter wie ein Klammern vor; bedürftig, nicht gebend.

Es tut mir Leid, dass ich so anfange. Mit diesen TB-Notizen. Man rechne mir an und ich muss mir das auch selbst verzeihen, dass ich etwas unter Schock stehe. So kalt mein Herz in Wahrheit auch ist. Wie bei meinem Vater damals empfinde ich auch bei meiner Mutter nicht viel. Das ist beschämend für mich, es ist mir zudem auch blamabel, aber nicht sehr; ich versuche, zu denken: es ist so, wie es ist, ich muss mich nicht niedermachen deswegen. Und dass mein Leben arm und klein ist, ist mir ohnehin schon seit längerem nicht mehr groß peinlich.

23.11.2022 10:42 • 19.12.2024 x 13 #1


304 Antworten ↓


Ich bereue etwas diesen ersten Post, würde ihn am liebsten löschen (lassen). Ich schrieb ihn mit etwas zu viel ... was auch immer. Meine Aufrichtigkeit ist nur vorgeschoben, und diese Art, zu beschreiben, wie mir Details aus der Kindheit hängen geblieben sind, ist eher prätentiös statt wirklich mein Anliegen.

Ich habe mich hier ja neu angemeldet. Mich mit meinem alten Pseudonym aus dem Forum verkrümelt, um dann ein paar Wochen später, den Namen kaum verändert, wieder aufzutauchen. Habe es nicht ausgehalten, ohne diese Plattform zu sein. Die Sache mit meiner Mutter hat mir den Rest gegeben und ich musste etwas dazu texten, nicht nur für die Selbstverwendung, nach außen texten ...

Mich hatte mein altes TB im alten Profil genervt, und jetzt fange ich hier ein neues an, und mache es nicht oder kaum besser!

Die Beerdigung war Ende letzter Woche und es war alles in allem schrecklich. Wobei schrecklich zu dramatisch klingt. Belastend hingegen klingt eher zu harmlos. Ich bin außer mir (gewesen) und noch nicht wieder ausreichend normal(er).

Und weniger aus Trauer war es für mich belastend, sondern eher aus der Vielzahl von Gefühlen und wegen meiner Schwierigkeiten mit meinen Geschwistern, die ich allesamt lieber nicht gesehen hätte. Was ist bloß los mit mir - das ist der Punkt und es ist der einzige wesentliche Punkt.

Ein bezeichnendes Beispiel dafür:
Wir waren, weil wir zu früh anreisten, noch für 40 Minuten oder so vorher bei IKEA. Eine Kleinigkeit essen, sich noch mal aufwärmen, bevor die Trauerfeier losging. Dass es kalt war an diesem Nachmittag, empfand ich übrigens fast als zusätzliche Zumutung. Ich spürte die Kälte und auch den grau verhangenen Tag kaum, während der eigentlichen Bestattung, doch das Wetter machte alles noch hässlicher, trostloser und unangenehmer.

Jedenfalls, bei IKEA ging ich noch mal auf die Toilette. In dem Gang/Flur dorthin hingen, wie bei IKEA üblich, ein paar Spiegel als Verkaufsmuster. Ich blickte hinein und sah, dass mein Hemdkragen etwas unsortiert aus dem Pullover schaute, und nestelte an ihm herum.
Eine ältere Frau lief an mir vorbei und sagte im Vorbeigehen: ... schick!
Ich dachte, ich höre nicht richtig. Statt diese Äußerung normal oder neutral aufzunehmen, fühlte ich mich sofort angegriffen und verspottet. Weder der Tonfall noch sonst etwas unterstützte eigentlich meine Interpretation. Aber sie war automatisch da. Ich kam mir vor wie ein Idiot, der eitel und kleinkariert seinen bescheuerten Hemdkragen ordnet und über den sich eine Passantin lustig macht. Und denke ja von mir selbst immer, dass ich nicht nur mittelmäßig bis schlecht aussehe, ich kleide mich auch unterdurchschnittlich. Jetzt hatte ich tatsächlich an dem Tag ein vernünftiges schwarzes Hemd an und meinen teuersten Pullover. Das half aber nicht gegen meine negative Selbstsicht.

Dass die Frau es ernst gemeint haben könnte und ein Kompliment aussprach - zog ich erst gar nicht in Betracht. Vielleicht hätte ich zurückfragen sollen: Wollen Sie mich verarschen? Machen Sie sich lustig über mich?

Mit welcher Unverfrorenheit viele Menschen ihre Wortmeldungen raushauen. Ohne Empathie, ohne Rücksicht auf Verluste. Mit wie viel Überzeugung, egal was sie äußern, egal, wie unüberlegt und unqualifiziert die Äußerungen sind. Was hat die Frau es zu kommentieren, wenn ich dort vor dem Spiegel meine Kleidung sortiere? Ich empfinde viele Menschen als extrem dreist und letzten Endes übergriffig, in jeder Kleinigkeit. Verkehrsteilnehmer sind ja noch schlimmer, nehmen sich im Schutz ihrer geschlossenen Kabinen noch viel mehr raus, doch im Straßenverkehr bin ich es gewohnt.

Und vielleicht war ich in dieser Szene der ohne Empathie.

Mir geht durchaus auf: Vielleicht tue ich dieser Passantin Unrecht und sie hat sich gar nicht über mich lustig gemacht. Ich tendiere dazu, die anderen Menschen eher stets negativ zu deuten. Das liegt an mir und nicht an ihnen. Oft jedenfalls.

Ich bin sozial ein ziemlicher Nerd, das Gegenteil von selbstbewusst, vielleicht fast schon phobisch oder wie auch immer man das nennt. Ich lege jedes Wort auf die Goldwaage, und wenn mir jemand blöd kommt oder es nur den geringsten Anschein von Spott oder persönlicher Kritik enthält, überschreitet das sofort meine Grenzen. Nun war ich an jenem Tag verständlicherweise hyperempfindlich. Und sowieso mit den Nerven runter. Dafür muss ich Verständnis aufbringen. Doch andererseits ist diese kleine Szene schon typisch für mich.
Auch in etwas besserer Verfassung hätte mich der Spruch dieser Unbekannten irritiert und verletzt. Etwas weniger vielleicht, aber das Prinzip ist immer dasselbe.

Ich bin sozial ein bisschen phobisch. Mit Spott, Kritik oder Aggressionen kann ich auch in kleinster Dosis nicht umgehen. Ich hatte ja mal das andere Beispiel, dass in einem Zug randalierende, Alk. Fußballfans die Reisenden ein bisschen veräppelten und angingen. Bei mir machten sie wie bei vielen anderen einen blöden Spruch. Während alle anderen Mitreisenden die Voll idio ten einfach ignorierten, ging mir das an die Nieren. Ich war so empört und verunsichert, dass ich den Typen hinterherging und sie relativ wütend/aggressiv fragte, wie sie dazu kommen, mir gegenüber so einen Spruch abzulassen. Das war keine souveräne Reaktion, sondern blanke Panik, es nicht dulden zu können, mal wieder herabgesetzt worden zu sein.
Wenn ich nicht genau wüsste, dass ich auch einen vernünftigen Part in mir habe, einen sehr umgänglichen und zudem ängstlichen und konservativen Anteil, der genau weiß, dass Gewalt immer falsch ist, würde ich häufig zu Ausrastern tendieren und den miesen Typen in meiner Umgebung täglich eine verpassen.

Das ist nicht nur jetzt so, wo mich die äußeren Umstände etwas destabilisieren. Ich habe das tatsächlich öfter. Manchmal kann ich mich auch distanzieren. Je klarer der andere im Unrecht ist, zum Beispiel. Und je offensichtlicher ich auf der richtigen Seite und gelassen bin.

Ich sollte mir zugestehen, dass es noch ein, zwei Wochen dauert, bis ich die Geschehnisse verdaut habe. Bis ich wieder normal durchatmen kann. Und mich nicht zu sehr hinterfragen.

A


Tagebuch-Notizen aus meinem bescheidenen Leben

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Ich weiß nicht, ob ich damit was Gutes für mich tue oder eher ganz im Gegenteil mich in meinem Selbstmitleid wälze; jedenfalls habe ich angefangen, über den Beerdigungsnachmittag letzte Woche zu schreiben, schon sehr viele Seiten. Mir fiel schon während der Trauerfeier einiges auf, was mir wie innere Notizen vorkam und als wenn ich es unbedingt schreibend festhalten wollte.

Beim Kaffeetrinken z. B. kam irgendwann der Hund einer Schwester von mir hinzu, die ich seit zig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Es war/ist ein sehr schöner, flauschiger Husky, ein in jeder Hinsicht prächtiges und angenehmes Tier. Weil meine Schwester so ist, wie sie ist, bekommt dieser Hund sehr viel Aufmerksamkeit, Auslauf und Zuneigung.

Ich habe noch nie einen so ausgeglichen und gesund wirkenden Hund gesehen. Während meine Schwester körperlich deutlich abgebaut hat. Naja, sie wird jetzt auch bald 60. Doch sie sieht (leider) ungesünder aus als ihre um ein Jahr ältere Schwester. Sie sah nicht gut aus. Wir alle sahen nicht besonders gut aus. Es war fast wie im Bildnis des Dorian Grey, der Hund war alterslos, strahlend, in sich ruhend vor Kraft und Vitalität, und wir Menschen um ihn herum altern.

Nein, diese etwas schrägen Gedanken gehören hier nicht hin. Ich muss mir auch genau überlegen, was ich über diesen Hund in der Geschichte schreibe. Mir war jedenfalls zum Heulen zumute, als ich den Hund sah und gleichzeitig war ich begeistert. Sogar sein Name gefiel mir. Ich tue mich oft schwer mit Hundenamen. Wenn ein Hund Beebi oder Blue oder Basti heißt, kriege ich zu viel. In vielen Namen klingt zu viel an. Meine Schwester hatte ihn natürlich übernommen (, nicht etwa gekauft), aus irgendeiner für den Hund schwierigen Situation, und sie hatte dabei alles richtig gemacht, erst getestet, ob der Hund mit ihr und mit dem Hund einer Freundin klarkommt; und sie konnte natürlich berichten, dass alles wunderbar gelaufen war, dass die Hunde von Anfang an ein Herz und eine Seele zusammen waren; seinen etwas unschönen Namen, den sie ja nicht selbst hatte bestimmen können, hat sie einfach abgekürzt und dadurch viel passender und schöner gemacht, es ist der Hammer. Ich weiß es nicht genau, aber während der Bestattung hat sie den Husky wohl einer Freundin gegeben, das sie auf ihn aufpasste, meine Schwester kriegt solche Hilfsdienste und Freundschaften immer gut geregelt.

In dieser Beobachtung ging es für mich um ein Hauptthema, um die Liebesfähigkeit meiner Schwester, und wie die Dinge und Lebewesen schöner und besser werden, wenn sie in Kontakt mit ihr treten. Meine Schwester färbt positiv auf ihre Umwelt ab, ganz anders als ich. Ich habe das mal an einer Tankstelle erlebt, ist über 20 Jahre her. Wir wollten an eine Zapfsäule fahren und an der Nachbar-Säule hatte sich jemand so breit hingestellt, dass wir erst nicht heranfahren konnten, oder genauer, er hatte die Türen sperrangelweit aufgelassen, so dass wir keinen Platz mehr hatten.

Ich empfinde so etwas als extrem nervig, als Gedankenlosigkeit und Unverfrorenheit des Anderen/Fremden und ärgere mich beinahe darüber, dass die Leute so rücksichtslos sind. Wie man so verblödet und ohne Nachdenken und Rücksicht für andere sein kann, ist mir ein absolutes Rätsel. Ich hätte den Typen zwar nicht angeraunzt, aber mit sehr viel Missfallen angesprochen.
Meine Schwester hingegen redete dann sehr freundlich mit dem Fahrer, als ob überhaupt nichts wäre, und bat ihn die Türen zu schließen, und erklärte ihm mit Engelsgeduld, was unser Anliegen war, wieso sie ihn ums Türschließen bat. Der Typ reagierte selber dann auch sehr freundlich und überhaupt nicht pikiert. Im Gegenteil, meine Schwester und er wechselten noch ein paar nette Worte. Während ich innerlich in Aufruhr gerate in solchen Situationen und Menschen wie diesen Fahrer sofort verabscheue, mehr oder minder, redet meine Schwester einfach mit den Leuten und stellt einen positiven Kontakt her. Okay, ich bin nicht immer so drauf - und sie ist vielleicht auch nicht immer so freundlich gesinnt - , aber Gedankenlosigkeit wie beim Parken zu viel Platz zu beanspruchen bringt mich eigentlich automatisch gegen die Leute auf.

Sie hingegen nennt einfach ihr Bedürfnis und redet verständnisvoll oder zumindest höflich mit jedem. Generell ist sie extrovertiert und zugänglich, anders als ich. Oder sie wirkt zumindest so. Das ist ein bisschen beschämend für mich, aber ich bin da a) ein bisschen neidisch auf sie, auf ihre Fähigkeiten, und b) weiß ich, dass das bei ihr auch nicht ohne Schattenseite ist.
Dass vieles von ihrer Lockerheit auch Fassade ist bzw. eingeübt. Sie war häufiger als ich in psychischer Behandlung, hatte heftigere Symptome als ich, es hat sie in vielem schlimmer getroffen als mich, ohne dass ich das jetzt hier ausbreiten möchte; sie war mal in Suchtgefahr und sie hat einiges durchgemacht; anders als ich hatte sie mit unserer Mutter einen heftigen Streit oder Konflikt; mehr will ich nicht andeuten; sie hat nie so richtig dauerhafte Beziehungen hinbekommen, dafür aber Freundschaften mit ebenfalls sehr umgänglichen und freundlichen Menschen. (Bei mir ist es umgekehrt, keine Freundschaften, dafür eine langjährige, treue Beziehung.) Schon als sie mich vor der Beerdigung anrief, das erste Mal seit einer Ewigkeit, und ich ihre etwas brüchige Stimme hörte und ihre sonst so prägnante Stimme kaum erkannte - ich dachte zuerst, es wäre meine andere Schwester -, wusste ich an ihrem Tonfall, was mit ihr los ist und auch dass sie (immer noch) Single ist. Sie klang mehr oder minder geknickt, und nicht nur wegen der Beerdigung. Es ist komisch, welch empfindliche Sensoren ich dafür habe, wie es meinen Geschwistern geht.

Der eigentliche Punkt ist, ob ich darüber schreiben soll oder nicht. Ob mir das gut tut oder alles verschlechtert. Abstand gewinnen oder alles runterschreiben? Es ist interessant, einerseits, für mich. Eine Art Bestandsaufnahme. Nur weiß ich nicht, ob ich dabei dann wirklich ALLES ausformuliere. Meine Ängste, meine Regungen, ehrlich und ungeschminkt, oder ob mir vollständige Ehrlichkeit zu sehr weh tut. Ob ich nicht besser eher von mir schiebe, was mir zu sehr an die Nieren geht.

Diese Frage stelle ich mir übrigens häufiger: Darauf zugehen, auf das, was mir Angst macht, was mich beschäftigt, was mich wirklich angeht und belastet, oder Rückzug und Ignorieren. Beides hat Vor- und Nachteile. Mal ist das Eine nötig, mal das Andere. Man muss die Dinge angehen. UND/ODER auch schauen, dass man sich nicht überfordert. Ich wähle zu oft die Komfortzone. Muss allerdings auch wirklich mit meinen Kräften haushalten. Oder das Sich-Erholen ernstnehmen.

Mein Grundgefühl ist, dass ich seit Jahren ziemlich geradlinig auf einen Herzinfarkt zusteuere. Weil ich mein Herz ständig überlaste, zu wenig liebe, zu wenig kuschele, zu wenig das tue, was ich wirklich möchte. Zu wenig meine wahre Meinung vertrete bzw. zu wenig für mich einstehe. Manche kriegen dann ja auch Krebs, weil es innerlich an innen frisst. Ich hingegen ersaufe eher in Selbstmitleid und habe durchaus Einsicht in meine Situation. Ich ändere allerdings nichts oder mache das zu wenig, zu langsam, zu träge. Ich hasse Veränderungen. Man kann mir Halbherzigkeit vorwerfen. Mit sehr viel Recht, mit einigen Argumenten. Dass ist genau das, was mich immer wieder in Probleme bringt: Dass ich nicht mit vollem Herzen dabei bin. Mich durchlaviere, Kompromisse suche, zurückweiche oder aber als Überkompensation unnötig aggressiv bin. Ich bin völlig zurecht in einem Aggressionstraining, auch das sei mal am Rande erwähnt.
Vorhin zum Beispiel sprach mich meine Frau an, wieder mal ohne Anklopfen, wieder ohne ordentliches Hallo. Sie ruft mir aus dem Flur irgendwelche Aufträge zu. Ich war völlig entnervt, dass sie schon wieder etwas von mir will und scheinbar selbstverständlich davon ausgeht, dass ich sofort springe. Ich bin das Gegenteil von ausgeglichen.

Meine Frau und was mir an ihr manchmal den letzten Nerv raubt: Sie gibt mir öfter dieses Gefühl, dass ich nicht reiche, nicht genug tue. Oder ich entwickele das Gefühl. Vorhin zum Beispiel hat sie mich mehr oder minder spontan angerufen, ich sollte sie irgendwo abholen, die Möglichkeit hatte sie zwar heute Morgen angedeutet, aber eigentlich hatte ich gehofft, dass sie die Rückfahrt ohne mich mit dem Bus hinbekommt. Nun war es nicht weit, hin und zurück hat es nicht mal eine halbe Stunde gedauert. So what. Und sie hat auch Danke gesagt fürs Abholen, es ist nicht so, dass ich nicht sehen würde, dass sie mich durchaus auch auf eine Art sieht.

Aber eigentlich scheint sie häufiger davon auszugehen, dass ich ihr selbstverständlich zwischendurch mal zur Verfügung stehe. Sie redet relativ selten bis fast nie davon, dass sie meine Bedürfnisse weiß und erkennt. Dass ich vielleicht mal ungestört arbeiten können will. Jetzt z.B. überziehe ich ja gerade meine Pause ein bisschen. Bin alles andere als hyperkorrekt und fleißig. Wobei ich auch öfter länger bleibe. Dennoch fehlt mir oft die Wertschätzung von ihr, dass sie mal sagt, hey, finde ich gut, dass du mir immer hilfst. Es ist so selbstverständlich für sie. Und alles kreist immer um sie.
Nun bin ich ungerecht, sie hat schließlich einen gebrochenen Arm. Was automatisch dazu führt, dass ich mehr im Haushalt mache. Vor allem heißt das: Mehr Spülarbeiten, mehr Saugen, Wischen, Wäsche aufhängen, wobei sie sich bemüht, manches mit einer Hand zu machen, was eben geht. Da wir viel mit den Immobilien und Rechnungen und Sparkassen zu tun haben, habe ich eigentlich einen 14 h-Tag. Morgens helfe ich ihr normalerweise beim Duschen, Eincremen, Nägelmachen und solchen Dingen. Oft schmiere ich ihr ihre Butterbrote, weil das einhändig schlecht geht.
Ich war bis Freitag total eingespannt mit einem Projekt, hatte den Tod meiner Mutter zu verkraften, mir geht´s selbst echt nicht berauschend. Ehrlich gesagt, habe ich schon ein paar Mal gedacht: ausgerechnet jetzt muss sich meine Frau den Arm brechen.

Ich sage ihr jedesmal: Mache Licht im Wohnzimmer, wenn du da zugange bist. Sie hört nicht auf mich, nie, es hat nie Wirkung auf sie, wenn ich vernünftige Ratschläge oder Tipps gebe. Lege nicht alles doppelt und dreifach auf den Tisch, dass man nicht mehr erkennt, was zu unterst ist. Man legt übrigens auch keine Sachen auf dem Computer ab, auch nicht zur Hälfte, erst recht nicht auf der Tastatur. Sie macht es, lässt sich in ihrer Art nicht von ihr beeinflussen, egal wie klein oder groß das Thema ist. Sie schert sich nicht um meine Vorschläge.
Ich habe ihr schon häufiger gesagt: Mach´ Licht an im Wohnzimmer. Wenn sie TV guckt, knipst sie gerne alle anderen Lampen/Lichter aus. Ich persönlich mag das nicht, ich habe gerne zumindest ein Hintergrundlicht im Wohnzimmer, dass man irgendwie was sehen kann, ohne auf die wechselnde Beleuchtung des TVs angewiesen zu sein. Ich mag es generell nicht, wenn der Fernseher den ganzen Raum beherrscht. Es sei denn, man ist im Kino-Modus. Guckt intensiv einen besonderen Film.

Wie auch immer, der Punkt ist, dass sie im Halbdunkeln durchs Wohnzimmer spaziert. Und dann noch drei Sachen auf einmal machen möchte, dabei hektisch ist, mehr oder minder über die eigenen Füße stolpert. Sie stolperte letztlich über den Hocker, der eigentlich immer vor dem Sofa steht und den die Jungs (mein Sohn und seine zwei Cousins) warum auch immer verschoben hatten. Der stand nicht da, wo er sonst immer steht. Das reicht meiner Frau aus, um im Fast-Dunkeln darüber zu stolpern. Sie will sich mit dem linken Fuß abfangen, so erzählte sie es mir jedenfalls, und kann ihn nicht nach vorne ziehen, weil der Hocker im Weg ist. Also kracht sie mit der linken Hand volles Programm auf den Parkettboden. Weil sie groß ist, fällt sie auch entsprechend tief.

Ich bin ja Fußballer, ich weiß einigermaßen zu fallen. Ich habe mir in 50 Jahren nie auch nur den Knöchel ernsthaft verstaucht, geschweige denn irgendwas gebrochen. Meiner Frau passiert das alle paar Jahre. Mit ihrer Gipssammlung könnte man eine Ausstellung füllen. Zumindest zehn Exponate hätte man dafür sammeln können. Wenn sie ihre Schienen, Gipsreste und Platten aufbewahrt hätte. Ich schreibe das hier ohne Punkt und Komma, sorry.

Sie kracht hin und bricht sich gleich den Arm. Elle und Speiche, beide durch. Der Bruch splittert zudem unschön. Ich sah sie da liegen und dachte nur, ach du Schreck. Das Handgelenk stand ab wie in einem Splatter-Film. Sie schrie natürlich und konnte sich kaum bewegen. Weil jede Bewegung den Arm belastete und enorm weh tat.

Jetzt helfe ich ihr natürlich, wo ich kann, aber ich hatte tatsächlich mehrfach den Gedanken, wenn diese Frau etwas verständiger wäre, weniger dickköpfig, weniger kontrollbedürftig und weniger rabiat, weniger so, wie sie nun mal ist, dann wäre es manchmal leichter. Viel mehr will ich dazu nicht schreiben, ich schreibe eh schon zu viel Vorwurfsvolles, Nörgelndes. Ich will nicht herumlästern.
Aber im Auto dann brüllte sie mich fast an, als ich bloß lieb und nett ihr beistehen wollte. Sie hatte sich vorher ausgebeten, dass ich sie in Ruhe lasse. Dann fing sie plötzlich heftig zu weinen an. Ich wollte ihr nur beistehen. Mich verletzt so was immer ein bisschen.
Auch der Grund, weshalb sie weinte. Kurz gesagt: Beim Bauamt klappte etwas nicht. Sie gibt mir gerne die Schuld dafür, dass bei uns vieles nicht klappt, nicht läuft. Sie zieht selten an einem Strang mit mir. Während ich dei Hauptarbeit mache, was sie nie merkt, nie wertschätzt, wirft sie mir noch vor, dass ich nicht stark genug ziehe. Dabei bin ich längst unter Volllast. Hätte gerne mal ein paar Tage frei, statt jeden Tag 12-14 Stunden zu tun und zu machen.
Eigentlich habe ich oft den Eindruck, dass sie meine Gutmütigkeit ausnutzt und relativ wenig bis nie an mich denkt. Wobei das ungerecht ist von mir. Sie bringt mir manchmal ein Kuchenteilchen mit. So was. Oder lässt mir auch mal zwei Stunden, wenn ich depressiv rumliege. Das ja. Aber oft auch diese Pauschalvorwürfe. Das beim Bauamt hat nicht funktioniert, weil WIR ... Sie redet fast nur dann von WIR, von UNS, wenn es was zu beklagen gibt. Als Chefin und Motivationstrainer wäre sie eine absolute Katastrophe. Sieht nie die Erfolge, sieht nie die Bemühungen des Anderen, immer nur das, was ihr noch fehlt und was sie dann am Partner festmacht. Sorry, aber da ist sie das Gegenteil von konstruktiv und wertschätzend. Je mehr ich reinklotze, desto selbstverständlicher nimmt sie es.
Kernkonflikt Nummer 1, ich glaube, in vielen Partnerschaften, vor allem, wenn ansonsten auch nicht gerade viel Harmonie herrscht und nicht groß auf Bedürfnisse geachtet und drüber gesprochen wird.

Und ich weiß, ist meine Eigenverantwortung. Auf meine Bedürfnisse zu achten. Ich wünschte mir halt manchmal, es wäre nicht immer so kompliziert bzw. alles ein bisschen entspannter und liebevoller. Ich denke mir oft, so viel erwarte ich doch gar nicht. Und das bisschen wird von ihr noch sehr souverän ignoriert. Aber das ist mein Part, in Wahrheit, ich bin da zu unerwachsen. Wenn mich jemand zu kurz hält, mir vermeintlich zu wenig gibt, liegt es immer an mir selbst. Das zu kapieren, ist meine schwierigste Übung.

Au Mann, ich habe mir endlich ein neues Handy gekauft. Ich bin das Gegenteil von einem Digital Was-auch-immer. Schon die SIM-Karte einzubauen, war für mich eine Herausforderung. Großartig, wie klein die Dinger sind, aber nicht gerade was für Grobmotoriker. Nein, eigentlich ging das noch.

Mit Smartphones bin ich noch nicht/nie warm geworden. Das ist etwas komisch und beschämend für mich, weil ich in meinem Beruf durchaus mit Technik zu tun habe und mich auskennen sollte. Ich bin sehr häufig am PC, da nutze ich auch alles Mögliche, außer die neuesten Messenger-Dienste und diesen Quatsch. Ich kann auch kein Java und spiele online so gut wie nichts. Aber ich komme mit Dateien klar, mit VPN, Teams, Programmen wie Word und Photoshop, auf beinahe professionellem Level. Oder jedenfalls auf schon ziemlich gutem Hobby-Level.

Habe jetzt das Allermeiste eingerichtet, eingestellt, in 2-3 Stunden, aber obwohl dieselbe SIM-Karte, habe ich irgendwie die meisten meiner Telefon- und Whatsapp-Kontakte verloren. So viele sind es nicht, das kann ich vermutlich nachbauen. Sonderbar auch, dass ich nicht ALLE verloren habe. Und ein Experte würde mir jetzt vermutlich sofort sagen können, woran das liegt, weil nun mal nicht alle Profil-Informationen im Cache unterm selben Gmail-Konto konfiguriert bzw. gespeichert sind/waren. Oder so.

Mein altes Handy fiel auseinander, das ist noch aus der Kreide-Zeit, als Dinosaurier mit Rauchzeichen kommunizierten. Es hatte mir treue Dienste geleistet, bis ich es achtlos auf einer schrägen Fläche ablegte. Eigentlich nervt mich schon das Grundprinzip des Handys: Es ist ursprünglich ja zum Telefonieren da. Ich will damit hauptsächlich telefonieren. Habe aber einen Kleincomputer in der Hand, der bei jedem Start erst mal in aller Gemütsruhe hochfahren muss. Ja klar, oder man ist im STAND BY, der aber Batterie frisst, wenn du nicht aufpasst. Wenn du nur telefonieren willst, ist ein Smartphone ungefähr so überladen, wie wenn du mit einem Leopard-Panzer zum Einkaufen fährst. Man kommt damit durchaus an. Kann unterwegs auch andere Verkehrsteilnehmer erschrecken und bestimmt auch Mädels beeindrucken. Aber man bewegt irgendwie zu viel Masse. Das Smartphone ist nebenher ein Tamagotchi, um das ich mich eigentlich gar nicht kümmern will. Weil es so viele Funktionen gibt, sind die Menschen auch permanent damit beschäftigt. Wetterapp, Taschenrechner, Dating, Termine, Musik und Videos, Spiele spielen, Licht anknipsen, Fotos schießen und hochladen, im Internet Tickets kaufen, die nächste Zapfsäule rausfinden und hundert andere Dinge. Online-Banking nicht zu vergessen und das halbautomatische Erstellen von Bewerbungen. Oder Selbstoptimierung mit Schrittzählung oder gemorphten Selbstportraits betreiben. Das ist alles nett und meist durchaus berechtigt, insofern es einen Markt gibt und sehr viel Interesse. Nun wird dieses Interesse natürlich erst geweckt und gehypt von der Online-Community. Allein die Anglizismen sind mir schon ein Graus. Auch diese Mundgerechte vieler Funktionen. Junge Leute können sich ohne Handy kaum noch orientieren. In der realen, analogen Landschaft. Manche auch nicht mehr vis-à-vis kommunizieren. Es hat beinahe auch etwas Tyrannisches, wie die Smartphone-Daueraktivität uns beansprucht, fesselt, formt. Für Hintergründe, Zusammenhänge oder empathisches Zuhören eignet sich das Netz eher weniger, und das merkt man an diversen Symptomen der Online-Welt. An Auswüchsen wie mist und der Manipulationsmacht von Influencer. Sogar ein amerikanischer Präsident hat seine sonderbare Klientel für den Capitol-Sturm übers Netz mobilisiert und aufgewiegelt. Die Leute kommunizieren immer mehr, online, und vereinsamen trotzdem zunehmend. Naja. Ich schweife total ab.

Mein Punkt ist: Ich daddele da 3 Stunden lang rum. Denn wenn ich mal anfange, will ich auch die jeweilige Funktion hinkriegen. Ich MUSS es hinkriegen, setze mich selbst unter Druck. Das Tamagotchi will vernünftig gefüttert werden, ich bleibe da nie auf halben Weg stehe. Versäumte zu essen und Tee zu trinken. Und jetzt bin ich allein schon von der Konzentration und der Augenarbeit gestresst. Ich brauche auch unbedingt schnell eine gute Hülle. Allein das. Warum lasse ich mir nicht Zeit und Muße? Weil ich mich wappnen zu müssen glaube. Ich MUSS das (halbwegs) auf die Reihe kriegen und möglichst weit schon fertig haben, um mir sagen zu können: Ganz so doof bist du ja doch nicht. Bei der Installation des W-Lans hier war es ähnlich. Ich neige zum Ausrasten, zur Verzweiflung, wenn dieser Technik-Kram nicht hinhaut. Statt da achtsam und verständnisvoll mit MIR umzugehen.

Aber worauf ich mich freue: die bessere Foto-Qualität. Das muss ich jetzt ja auch noch hinschreiben ... Die von meinem letzten Handy waren mies. Ich kann dann noch schönere Photoshopsachen machen. Und auch Weihnachtsgeschenkideen grafisch schöner gestalten ... Wenn ich denn die Muße dazu finde. Vermutlich werde ich ein bisschen aufholen (müssen) gegenüber denen, die mit Smartphones per du sind.

Mist. Wochenende mit so viel Leerlauf und aus dem Takt, ohne Ausgeglichenheit. Alles nervt und zerrt an mir. Vielleicht bin ich einfach nur urlaubsreif nach den letzten Wochen. Aber Weihnachten fällt aufs Wochenende, na großartig. Allein das. Kleine Schritte und das Naheliegende tun.

Au Mann. Wie desaströs ich drauf bin. Ich weiß auch gar nicht, ob ich TB schreiben will/soll. Ob ich mich darauf einlassen kann. Zeit dafür habe. Nerven dafür habe. Mich auf etwas einigen kann, was ich überhaupt erwähnen/schreiben will.

Ich stelle mir immer vor, Weihnachten müsste eine Zeit der Muße sein. Vorher schon, in dieser Vorwoche. Statt dass ich ausgelaugt an Weihnachten unter dem so gerade eben noch fertig geschmückten Baum sitze. Man macht sich zu viel Stress. Ich mir jedenfalls. Und ums Verrecken kriege ich mich da nicht eingeregelt, es besser, anders zu machen.

Dieses Jahr war mir alles doppelt und dreifach zu viel.
1. Die Beerdigung meiner Mutter.
2. Der Armbruch meiner Frau, was mich im Haushalt total einspannt.
3. Bei der Arbeit: Maximalstress. Praktisch immer nur Neukunden und neue Projekte, statt irgendeine Routine.
3b. Zudem bekam ich quasi als Mittelsmann einen Streit zwischen einem Kollegen und dem Chef mit. Wo ich dachte, wieso bin ich da mit reingerutscht? Weil ich als einer der wenigen hinter diesem Kollegen stand. Und ehrlich gesagt, bin ich auch nicht felsenfest sicher, ob nicht ICH mit meiner Meinung schief liege, stattdessen der Chef richtig ... Andererseits, nein, weiß ich genau, wie der Kollege mich bei einem Projekt unterstützt hat. Also kann ich meiner Meinung vertrauen. Das war eigentlich nur eine für mich eher nebensächliche Sache, aber da wir sonst NIE negative Energie oder Streit in der Firma untereinander haben, erschien es mir heftig.
4. Unsere Immobilien-Themen. Wahnsinn. Ich habe mal zusammengestellt, zusammenstellen müssen, was wir 2021 allein für das eine Haus/den Umbau an Rechnungen überwiesen hatten: Fast eine halbe Million. Wir sind eigentlich komplett unerfahren in dem Gebiet, und haben jetzt 1,5 Häuser, die wir vermieten. Außerdem hat meine Frau noch ein Haus überschrieben bekommen. Und wir bauen ein weiteres. Hinzukommen zwei Projektbeteiligungen, wo wir eigentlich nichts machen müssen. Aber um das mal auf den Punkt zu bringen, statt viele Details zu nennen: Wir haben um die 3 Millionen Kreditschulden. Das lässt erahnen, dass es keine Kleinigkeiten sind.
Wenigstens raubt mir das nicht den Schlaf. Es bestehen ja Gegenwerte für diese Schulden. Irgendwann profitieren wir sogar dadurch.
Ich habe einen Heidenrespekt vor allen Bauherren, die das hinkriegen. ICH hätte schon zwanzig Mal einen Herzinfarkt bekommen vor Stress und weil die Dinge mich überfordern, hätten wir nicht die Unterstützung des Onkels meiner Frau. Der haut uns im Zweifel immer aus allem raus.
5. Meine Ehe ist eigentlich auch ein Problemfeld, ein Torso, eine schwierige Baustelle. Gleichzeitig vertraue ich meiner Frau sehr. Weiß ich, wie sehr ich sie mag. Wie gerne ich sie sehe. Sie ist mir der liebste Mensch auf diesem Planeten, da gibt es keinen Zweifel. Das ist schön. Dass ich ohne Zweifel bin, was meine Gefühle anbelangt. Streit und Stress haben wir dennoch miteinander.

Man müsste jetzt viel spazierengehen, abends was Nettes machen, durchatmen, Geschenke verpacken (und erst mal überhaupt besorgen!) und dabei Vorfreude empfinden. Dafür sollte diese Woche eigentlich da sein. Ich kriege das nur zu ein paar Prozent hin. Aber diese wenigen Prozent sollte ich vielleicht einfach zulassen, vergrößern, mir gönnen.

Mist. Heiligabend gestern war wieder nicht schön, ich möchte eigentlich nichts davon schreiben. Abgesehen davon, richtig Streit gab es nicht, immerhin. Es war insgesamt viel zu stressig, die Vorbereitung. Auch gestern noch. Und aus Frust habe ich viel zu viel gegessen, auch Süßes. Zur Strafe bin ich heute morgen joggen gegangen, vor dem Frühstück. Ich hasse es eigentlich, morgens zu laufen. Aber es ging erstaunlich gut. Eigentlich super. Vielleicht auch ein Zeichen, dass ich total unter Dampf stehe, unter Druck. Doch ich bin sehr langsam und gleichmäßig gelaufen, die längere 6 km-Strecke durchgelaufen. Das schaffe ich sonst eigentlich nicht morgens. Bisschen Krafttraining habe ich danach auch noch gemacht. Ging. War aber auch nötig. Jetzt bereiten wir uns noch auf die nächste Fahrt zur Verwandtschaft vor. Wir machen uns viel zu viel Stress. Ich mache das. Ich bin heilfroh, dass ich nächste Woche wenigstens Urlaub habe.
Außerdem kam gestern nachmittag noch ein Schreiben von der Bank, das schlimmer nicht sein konnte. Mit einer Strafandrohung plus Schufa-Benachrichtigungsdrohung, wenn wir nicht endlich das Konto ausgleichen. Dabei hatte ich die Überweisung vor etwa einer Woche längst veranlasst. Kann sein, dass dieses Schreiben nur automatisch erzeugt und falsch rausging, falscher Alarm, kann durchaus sein, ich bin mir nur leider nicht sicher. Und das hat mir gestern komplett die Laune verhagelt. Mit welcher Unverschämtheit das von der Bank rausgeht, mit was für einem drohenden Ton, ehrlich gesagt bin ich stocksauer. Und/Oder weiß, dass mich diese Dinge viel zu sehr überfordern, belasten. Ohne den reichen Onkel meiner Frau hätte ich allein wegen unserer Banksachen und Immobilien längst einen Herzinfarkt bekommen. Ich muss das gleich noch nachgucken, sonst kann ich nicht in Ruhe diese Fahrt begehen. Man soll sich von diesen äußeren Dingen nicht auffressen lassen. Aber mir geht das total an die Nieren. Hängt mit meinem Mangel an Selbstvertrauen und auch an Handlungsfähigkeit zusammen. Ich weiß ja von mir, dass ich zu unerwachsen und zu wenig abgeklärt bin in so vielen Sachen, dass sehr viele über mich den Kopf schütteln würden. Allein das: Wir haben inzwischen sechs oder sieben Konten. Die nachzuprüfen, dauert locker zwei Stunden, wenn nicht noch länger. Wir sind jede Woche 10-20 Stunden mit Immobilien- und Banksachen befasst. Neulich habe ich Sachen für die Steuererklärung zusammengesucht. Die machen wir erstmals und endlich über einen Steuerberater, anders geht das kaum noch. Allein das Zusammenstellen hat mich einen halben Tag gekostet. Und rentieren tut sich dieser Aufwand derzeit nicht. Noch nicht. Wäre da nicht die reiche Verwandtschaft im Hintergrund, jemand, der uns notfalls immer hilft, ich wäre komplett aufgeschmissen. Und als Erwachsener sollte ich langsam mal lernen, dass ich selbst mehr auf die Reihe kriege, also nicht mehr so abhängig bin von der Verwandtschaft. Auch das zieht mich extrem runter, wie unreif ich bin. Wie ein 24jähriger, nicht wie jemand, der über 50 ist. Naja.

Es geht aber immer auch darum, sich selbst nicht zu sehr in die Pfanne zu hauen. Hilfe zuzulassen. Auch dafür haue ich mich in die Pfanne, dass ich mich ständig in die Pfanne haue. Oh ja, dieser Negativ-Kreis funktioniert sehr gut! Ich versuche jetzt mal, mich über das gute Joggen heute morgen zu freuen. Ist ja auch was wert ...

Weihnachten überstanden. Mehr fällt mir momentan nicht ein. Eigentlich wollte uns mein Bruder mit seiner Familie heute noch besuchen, doch er sagte kurzfristig erkältet ab. Komisch, er ist mein Zwillingsbruder, und früher habe ich immer schon ohne Benachrichtigung gefühlt, wenn er krank war/wurde. Diese Ahnung lässt mit den Jahren oder mit dem geringeren Kontakt nach.
Ich hatte vormittags noch extra eingekauft, bisschen rumgerödelt, mir wieder Stress gemacht. Wenn ich ehrlich bin, geht´s mir hauptsächlich darum, dass mein Sohn etwas Kontakt hält zu seinen Cousinen. Die beiden Töchter meines Bruders sehen wir viel zu selten. Immer haben sie erneut einen Sprung gemacht, wenn wir uns begegnen; wie wohl oft werden die Mädchen erstaunlich schnell erwachsen, schneller als Jungs, vom Äußeren her und auch charakterlich. Und es kränkt mich ein bisschen, dass mein Bruder kein großes Interesse daran zu haben scheint, dass die drei sich gut kennen. Vielleicht sollte ich mal offen mit ihm darüber sprechen.

Jetzt habe ich wenigstens die Geschenke für die vier richtig verpackt. Das Interessanteste darunter ist übrigens ein Pilzgarten. Wer das nicht kennt: Man muss in eine kleine Kiste ein bisschen Wasser einfüllen und an der Seite sprießen dann essbare Pilze hervor. Finde ich als Pilz-Laie ganz interessant. Meine Geschenke-Vorliebe ist übrigens ziemlich konservativ, mit manchmal kreativen Ausbrüchen. Ich mag Puzzles mitunter, und das sagt doch schon einiges über mich aus. Gestalte sie unheimlich gerne selbst. Ebenso Kalender. Ich machte einen für meine Schwiegereltern, und sie lobten ihn überschwänglich. Jetzt muss ich vermutlich für weitere Verwandte nachliefern. Ist ja ein Kompliment. Andererseits denke ich, ich müsste den noch verbessern. Für die erste Version habe ich gerade mal 2 Stunden investiert. Eine halbe Stunde nur herumfotografiert, sehr in Eile. Und etwas über eine Stunde die Fotos dann auf der Internetseite zusammengestellt. Ich habe sie noch nicht mal mit Photoshop bearbeitet. Also müsste ich noch viel Besseres zustande kriegen. Dann aber wird es zeitintensiv. Und darauf kann ich derzeit nicht so ... Das muss flüssig und problemlos laufen oder es nervt mich. - - - Am meisten freut mich, dass mein neues Handy vernünftige Bilder liefert.

Haaaaaaaaaaaa ... Ich weiß nicht, ich habe den Jahreswechsel irgendwie nicht gut ... nicht gut verbracht, noch weniger verkraftet. Das Beste war. dass unser gemeinsames Abendessen gut klappte und harmonisch war. Ich habe Weihnachten eine Superkladde und was von Nietzsche geschenkt bekommen - Volltreffer.

Mist. Vielleicht sollte ich einfach einsehen, dass ich ein wenig depressiv bin. Die Pläne für ein besseres Leben liegen alle in der Schublade. Sie ist entweder nur bleischwer herauszuziehen oder ich habe die Pläne in Wahrheit noch nicht mal aufgeschrieben. Die Erwartungshaltung hat gerade zu Jahresbeginn bei mir fast immer was Erdrückendes. Allein schon die Pläne nur aufzuschreiben - hat zu viel Frustpotenzial, weil ich schon beim Hinschreiben merke, das halte ich sowieso nicht durch, nicht ein.

Der bessere Mann in mir würde z. B. regelmäßig zum Zahnarzt gehen, sich um Vorsorge und Versicherungen kümmern, nie aufbrausend mit anderen reden, an seinen Aggressionen und Verhaltensweisen arbeiten, sich diesem und jenem Problem stellen, endlich aktiv was tun, um Freundschaften zu finden, den ganzen Tag auf sich und seine Bedürfnisse achten und tausend andere gute Dinge unternehmen. Und nebenher den Abfluss in der Küche wieder reparieren.

Das habe ich ja gestern gemacht. Der Abfluss funktioniert wieder. Das Erfolgsgefühl und die Selbstbelohnung dafür dauerte ungefähr drei Sekunden lang an.

Es wäre gut, wenn ich mir meine Handlungsunfähigkeit, meine Depressivität ein Stückweit eingestehe. Und mir täglich erst mal nur eine Sache vornehme, die ich richtig und mich voranbringend machen will. Ich merke ja durchaus, dass mir manchmal körperliche Tätigkeiten von der Hand gehen. Dass das funktioniert.
Oder dieses Ding mit dem Joggen: Das mache ich ja deshalb so gerne, weil mal für 30-60 Minuten Ruhe herrscht, statt dass mich ständig die Ansprüche belagern und belasten.

Das beschreibt meine Depressivität am besten:
Ich mache drei, vier Sachen im Haushalt. Bei den ersten 2-3 fühle ich mich noch wohl und im Einklang mit mir und meinem Tun. Doch zwischen der dritten und vierten Sache schleicht sich dieses Gefühl ein: Ob ich das jetzt mache oder nicht, bringt mich nicht wirklich weiter. Hilft mir nichts. Ich könnte es ebenso gut auch sein lassen. Eigentlich kann ich ALLES bleiben lassen.

Und dieses Skepsis entwickele ich, weil bei mir zu viel Grundsätzliches im Leben falsch liegt und ich unheimlichen Druck verspüre.
Ich müsste ein selbstbewussterer Mann sein. Ich müsste eine tolle Ehe führen. Wenigstens jede zweite Nacht tollen X haben. Aufgehen in meiner Arbeit. Viel lernen. Viel mit meinem Sohn unternehmen. Interessante Hobbys ausleben.
Das mit den Hobbys funktioniert übrigens noch am ehesten. Mein Leben müsste viel reicher und besser sein! Ständig spüre ich dieses Muss! und habe so wenig vorzuweisen. Zwischen Anspruch und Realität klafft eine Lücke, in die ein ganzes Universum hineinpasst ...

Sei nachsichtig mit dir. Behandele dich selbst gut und mit Nachsicht. Abends finde ich es ja ganz okay, mal eine halbe Stunde lang zu spülen und die Küche aufzuräumen. Das mal als Beispiel. Wenn ich nur das mache abends, passt das Gefühl aus Aufwand und Ertrag. Es ist dann schön, einen aufgeräumten Raum zu haben. - - -

In diesen Dingen bin ich am ehesten gut: Wenn das Problem überschaubar ist. Ein Raum, eine Sache. Übersichtlich. Und nicht fünf Baustellen mich gleichzeitig anspringen.
Der vielleicht wichtigste Grundsatz: Hetze dich niemals.

Immer noch: Mist.
Ich bin leicht depressiv.

Ein weiteres Thema, ich möchte kein Geschrei deswegen machen; aber mir tun meine Hände öfters ein klein wenig weh. Die Gelenke und Knochen. Scheint mir ein Ansatz von Gicht oder Rheuma zu sein. Muss ich mich mal informieren.
Ich schreibe zu viel am PC. Und mache sonst zu wenig damit. Zu wenig Schönes. Zu wenig Handwerkliches. Der Hauptpunkt: Zu wenig Berührungen und Streicheleinheiten.

Gerade bei kaltem oder spätherbstlichem Wetter kommen mir meine Hände regelrecht zu dünn vor. Meine Finger wie durchscheinend oder als wären sie kein lebendiger Teil meines Körpers, eher so etwas wie eine mechanische Apparatur, die etwas unter der Kälte draußen leidet.

Das ist natürlich reichlich neurotisch, aber mir ist, als wäre mir ein Stückweit das normale Gefühl abhanden geraten, meine Finger und Hände wären Teil meines fühlenden körperlichen Ichs. Äußerst lästig, dass es sich um empfindsame Wesen handelt! Ich werde sie mal gleich eincremen, wenigstens das, und schauen, ob das ein positiven Effekt hat.

Übrigens auch möglich, dass ich sie beim Fitness-Training überlastet habe. Ich habe versucht, dass Maximalgewicht am Seilzug zu ziehen, und das geht dann immer auch ein bisschen auf die Hände. Nein, dieses kleine Problem (schlimm ist es nicht und ich bin da auch nicht hypochondrisch besorgt) hatte ich schon vorher, schon länger. Es macht sich auch nicht permanent bemerkbar. Ich bin mir (leider) sehr sicher, würde ich mal wieder mit jemandem kuscheln, wäre dieses Wehwechen sofort weg.

Wenn ich meine Hände vor mir halte, zittern sie übrigens nicht, aber sie wirken auf mich wie kurz davor ...
Also: Gleich etwas Handpflege!

- - - Außerdem habe ich meinen Urlaub um zwei Tage verlängert. Momentan ist sowieso nicht viel los. Ich glaube, ich brauche das jetzt, die Erholungsphase nach dem letzten stressigen, mit unschönen Ereignissen übervollen Jahr. Meine Mutter starb, meine Frau brach sich die Hand, ich war im Sommer drei, vier Wochen in einer Klinik, die Arbeit war extrem stressend, ich hatte diese Männergruppe, die mich trotz des Positiven auch forderte, mein Sohn hat sein Studium begonnen und auch da kam ein bisschen was auf uns zu an nötiger Unterstützung. Von Kleinigkeiten mal ganz abgesehen, wie das dann im passenden Augenblick bei Winterkälte das Auto ausfiel, oder jetzt neulich die Spüle ...

Ich habe Defizite im Sozialleben und im Lernen in der Auseinandersetzung mit mir selbst. Und übrigens auch versäumt, bei ein, zwei Leuten zu klären, wieso ich mich nicht mehr meldete. Das waren jetzt keine engen Kontakte. Und doch bin ich manchmal aus Depressivität und Verzagen zu passiv. Kurz gesagt: Mir ist manchmal alles zu viel. Gleichzeitig alles zu wenig.

Ich habe heute Nacht davon geträumt, mit zwei Männern im Bett zu liegen. Harmlos im Bett zu liegen. Im Traum sind solche Szenarien ja ganz anders gestellt als in der Realität. In der Realität würde der Satz, dass ich mit zwei Männern im Bett war, komplett absurd und gleichgeschlechtlich klingen. Mit dem einem habe ich sogar gekuschelt und ihn geküsst. Nur absolut nicht in ero. Weise. Sondern einfach weil mir nach Berührungen war. Es hat mich nullkommanull erregt. Das muss ich anscheinend zu meiner Rechtfertigung hinschreiben. Ich bin weder gleichgeschlechtlich noch bi. Nur unheimlich sehnsüchtig nach Berührung. Und ich habe es schon mal angedeutet, rein taktil, rein sensitiv finde ich (halbwegs trainierte) Männerkörper angenehm zu berühren. Gerade die Oberkörper.
Gestern waren ein Cousin und eine Cousine meiner Frau zu Besuch, und gerade der Cousin war bei mir auf erstaunlich viel Körperkontakt aus. Er umarmte mich und tätschelte meinen Rücken. Eigentlich hat er mich zuvor noch nie so sehr berührt. Grundsätzlich gefällt mir das nicht, dieses Berührungstheater bei Begrüßung und Abschied. Nicht, weil ich was gegen Umarmungen hätte; mir ist im Gegenteil so sehr danach, dass ich eine nur formelle und ein bisschen ritualisiert-vorgespielte Umarmung schlecht vertrage. Ich mag das Getue dabei nicht. Berührungen fehlen mir ja gerade.
Jedenfalls fiel mir auf, dass ich seine Geste verstand und gut fand. Wir sind uns die letzten 1, 2 Jahre näher gekommen.

Die beiden sind die Kinder des reichen Onkels meiner Frau. Und gemessen daran, dass sie eigentlich nicht zu arbeiten bräuchten und mit Gucci und Rolex prahlen könnten, sind sie extrem bodenständig, normal und liebenswert. Sie werden mit uns und meiner Schwägerin irgendwann die Baufirma übernehmen. Die beiden übrigens mit einem wesentlich höheren Anteil an der Firma. Kurz angedeutet: Ich finde es toll und tiefenentspannt, dass wir das irgendwann zusammen machen und ohne Frage wuppen werden. (Vielleicht sollte ich es ihnen mal mitteilen, dass ich so positiv darüber denke ...)

Wenn ich ehrlich bin, mir geht´s so dermaßen dreckig, ich würde mich jetzt nicht nur ritzen, sondern noch Schlimmeres tun, wenn ich die Mittel dazu im Haus hätte. Das Ritzen mache ich deshalb nicht, weil ich es hasse, mich danach monatelang dafür schämen zu müssen.

Erneut absolut miese Stimmung. Ich habe mir eine heftige Erkältung eingehandelt, schon länger als fünf Tage, kann nachts wegen extremen Husten nicht schlafen. Bronchitis. Die Ärztin hat mir den Tipp gegeben, mit etwas erhöhtem Oberkörper zu schlafen. Dadurch verschleimt die Lunge nicht ganz so stark. Tatsächlich habe ich das nachmittags ausprobiert, ein bisschen hat es geholfen. Nachts habe ich es dann wieder nicht gepeilt, warum auch immer. Weil ich so müde war, dass ich dachte, es muss doch auch ohne diese ungewohnte Stütze funktionieren. Tat es nicht, doch ich war so zerschlagen und fertig, dass ich mich nicht aufraffen konnte, um Mitternacht aufzustehen und aus dem Wohnzimmer das große Sofa-Kissen zu holen. Ich blieb apathisch und wie schon gar kein menschliches Wesen mehr liegen. Weinte ein bisschen oder auch viel zu wenig, denn auch das Weinen löst ja positiv die Erkältung ein wenig. Aber immerhin bin ich nur drei Mal nachts aufgewacht, statt wie zuvor doppelt so oft ...

Wenn mich eines fertig macht, dann Schlaflosigkeit. Fühle mich den ganzen Tag über am Ende. Wie im Blindflug. Nicht mehr deckungsgleich mit meinem Ich. Das verzieht sich in ein hoffentlich gesünderes Paralleluniversum. Ich bin eigentlich nur noch im Überlebensmodus. Ich HASSE es, wenn eine Krankheit mir mein ohnehin empfindliches Selbstgefühl beeinträchtigt. Genauso wie ich Alk. und halbe Betäubungen und neblige Emotionen in mir nicht ausstehen kann.

Ein paar Mal hatte ich regelrecht Delirium-Fieberträume. Und musste in einem dieser Träume auf Facebook irgendwas ... klingt völlig absurd ... reparieren oder wiedergutmachen, wohlgemerkt auf dem Bereich einer anderen Userin. Ich war ein bisschen sie. Oder das war nicht trennscharf. Die Realität war Facebook (oder ein ähnliches Portal). Das war schräger als ein Film von Pedro Almodovar (ich meine die schrillen Tapetenmuster in seinen frühen Filmen und die etwas überkandidelten Figuren). An Almodovar ist im Prinzip gar nichts schräg. Alles sehr menschlich, sensitiv, logisch, die Dramen nie unverständlich. Ich mag natürlich seine Filme grundsätzlich sehr. Obwohl der Regisseur gleichgeschlechtlich ist, was mir, Toleranz hin oder her, immer etwas seltsam erscheint. - Also, ich musste was in Gang bringen oder überbrücken, in meinem/ihren Account, oder so, und das würde dann mein Fieber senken. So ungefähr die fixe Idee; die mir im Traum wie Realität und unabdingbar vorkam. Das war für mich spürbarer, direkt und elementar, echt, wie es nur Fieberräusche hinbekommen, einem vorzugaukeln.

Ich habe kein oder kaum Hungergefühl seit Tagen und stelle dann irgendwann nachmittags fest, dass ich dringend etwas zu mir nehmen muss; andernfalls wird mir extrem übel.

Vor anderthalb Wochen habe ich mich bei einem Kuschel-Netzwerk angemeldet. Wo man sich mit anderen Kuschel-Interessierten treffen kann. (Absichtsloses Berühren, als ohne er otische Eskapaden.) Vorher hatte ich das HALB mit meiner Frau geklärt, ob ich das machen kann/darf, ob es okay für sie ist. Gestern haben wir noch mal darüber gesprochen, und sie klang leider deutlich weniger entspannt damit, nun, da es etwas konkreter wird, dass ich mich vielleicht mit jemandem treffe. Sie hat einerseits Verständnis für mich und gleichzeitig ist es ihr am Ende doch eher unrecht.

Doch ich habe für mich die Grenze gezogen. Ich muss was für mich tun. Das Problem unserer Ehe ist: SIE ist häufig unzufrieden mit uns, mit unserer Gesamtsituation, sozial und vom Auskommen her. Das spiegelt sich dann bei Frauen ja häufiger darin, dass sie sich zurückziehen von körperlicher Nähe zum Partner. (Ich kenne einige Bekannte, denen es ähnlich mit ihren Partnerinnen geht.) Wir Männer flüchten uns, je gestresster wir sind, manchmal gerne in das Körperliche; brauchen viel Bestätigung. Und es widerstrebt (vielen) Frauen, dann den sicheren Hafen zu geben, wenn der Mann so bedürftig ist - während ihre Erwartungen untererfüllt sind.

Hinzu kommt, dass meine Frau ohnehin Probleme mit Nähe hat. Das will ich hier nicht weiter ausführen. Außer den Aspekt daran erwähnen: Ich weiß (vom Kopf her), dass sie mich nicht abstoßend findet. Nur hilft das im Fühlen relativ wenig.

DAS eigentliche Ding, was mich so frustriert: Ich bin schwach. Nicht nur unerwachsen, sondern schwach darin, für mich zu sorgen. Wenn ich jetzt einmal ein bisschen aufstehe für mein Interesse, handele ich mir prompt eine heftige Erkältung ein. Weil mir der Konflikt in Wahrheit zu groß ist. Zu bedrohlich.

Die wahrscheinlichste Situation wird sein: Dass ich endlich etwas mehr zu mir komme und spüre, dass ich mich trennen muss. Und das möchte ich nicht; immer noch nicht. SIE ist der mir liebste Mensch. Mein emotionaler Horizont ist komplett von ihr erfüllt und von niemandem sonst. Niemand kennt mich so wie sie. Niemandem vertraue ich so grenzenlos. Mit ihr ist alles schöner, der Schnee definitiv weißer, um Schlaflos in Seattle zu zitieren. Sie erscheint mir so liebenswürdig, dass ich seit dreißig Jahren nun schon noch jeden Tag immer wieder einen Teil dieser Verliebtheit spüre, die ich für sie am Anfang empfand. Jeden Tag. Reicht manchmal schon, wenn ich ihre Stimme höre; ich bin hin und weg. Was übrigens nicht bedeutet, es gäbe nicht Dinge an ihr, die mich nerven würden. Aber das ist bloß an der obersten Oberfläche. Mein Herz gehört ihr so sicher wie Fort Knox, und entsprechend wenig halte ich von Untreue.

- - - Der Punkt ist: Sobald ich was zu ändern versuche, mich zu ändern versuche, zeigt mir meine Erkrankung die Grenzen auf. Übernimm dich nicht! Rückzug! Dir ist das alles zu viel! Und tue nicht so, als wärst du ein selbstbewusster Typ. Die Quittung kommt sofort, für diese Selbstüberschätzung.

- - - Meine eigene Empfehlung, bei Erkältung möglichst viel zu weinen und ebenso Wut rauszulassen, kriege ich mal wieder selber nicht hin. Funktioniert einfach nicht. Mein Ego protestiert wieder nach allen Seiten.

(Ich bin der festen Überzeugung, wer einen Vormittag lang rückhaltlos heult, schluchzt und weint und einen Sandsack mit tausend wirklich aggressiven Schlägen bearbeitet, ist in ein, zwei Tagen durch mit der Erkältung. Das sollte als offizielle Therapie sich durchsetzen. Hilft auch bei vielen anderen Krankheiten. Steile These.)

- Bitte diesen Post nicht kommentieren, falls jemand das im Sinn hat. Lieber eine PN. Danke.

Ganz bitter, ganz bitter. Ich hatte fast schon ein erstes Date. Ein erstes Treffen vor einem Kuscheldate. Sie ließ dann im Telefonat irgendwie fast aus dem Nichts heraus fallen, dass sie mich für unsicher hält. Und bei mir fiel die Jalousie. So ganz trocken, diese Wertung. Absolut mein wunder Punkt. Natürlich bin ich unsicher. Im Telefongespräch fühlte ich mich eigentlich bis dahin gut, und es kam mir so vor, als hätte ich meine Themen selbstbewusst vorgebracht. Diese Frau aber durchschaute mich, sieht vermutlich meine Maskerade. Natürlich bin ich unsicher. Ich habe schon ewig niemanden mehr berührt. Meine Frau hält mich auf Abstand, als hätte ich einen tödlichen Virus. Okay, gestern gab sie mir einen Abschiedskuss auf die Wange. Solche eher formalen Bekundungen macht sie dann schon. Aber geküsst hat sie mich seit Jahren nicht mehr. Von sich aus berührt auch nicht. Ich bin total verunsichert, was Frauen und Beziehungen anbelangt.
Und bekam das jetzt von dieser Frau gespiegelt - ich hätte fast gesagt, reingereicht. Das war exakt das, was ich nicht hören wollte. Ich möchte hören: Mit dir, H., geht was. Du bist ein interessanter, liebenswerter Typ. Schön, dass es dich gibt! Schön, dass wir uns treffen können. Stattdessen: Ja, so ein bisschen unattraktiv und nicht selbstbewusst bist du ja schon ... Wenn eine Frau einem das signalisiert, weiß man, dass das nie und nimmer was wird.

Vielleicht wäre es die bessere und weisere Entscheidung, mich endlich scheiden zu lassen. Und dann wie ein Eremit zu leben. Getrennt von all den Frauen und Beziehungsvortäuschungen, die die Liebe parat hält. Ich wünschte oft, ich hätte mich nie verliebt, kein einziges Mal, ich wäre Impot. - sowieso das Beste ab einem bestimmten Alter -, oder ich wäre gleichgeschlechtlich. Mit Frauen komme ich nicht klar. Ständig will ich was von ihnen, und sie aber nicht von mir. Mir missfällt das. Ich glaube, ich werde diesen Incels beitreten, den selbstmitleidigen Frauenhassern. Das meine ich natürlich nicht ernst, ich flüchte mich in Sarkasmus.

Aber allein leben, in der Mittel- und Hoffnungslosigkeit, alle Menschen meiden bis auf ein paar ähnlich verkorkste Männer wie ich es bin - DAS würde mir entsprechen. Und nicht weiter Anhängsel dieser Ehe zu sein, die ohnehin nur eine WG ist. Wie mich das alles deprimiert. Ein totales Elend. Wenn ich mich selbst wegschmeißen und neu anfangen könnte, das wär´s. Das wäre mein Wunsch.

Ich war gegen 19 Uhr joggen, habe mich überwunden - mich schreckt das nasskalte Wetter draußen sehr ab -, habe mich über die 6 km gemüht. Der Hauptgrund war, meine Bronchitis endlich ganz loszuwerden. Diese Woche war es besser, aber immer noch nicht vollständig weg.
Jetzt trinke ich gerade einen Fencheltee - nicht so ganz mein Fall, aber wohl gesund - und es hat was gebracht. Durch das Joggen ist mein Körper besser durchblutet, bessere Sauerstoffaufnahme - das tut der Lunge total gut.
(Und ja, mir sind die Risiken von Sporttreiben mit Erkältung bewusst. Ich denke, ich bin am Ausgang der Erkältung und habe relativ sanft trainiert.)

Mein Punkt ist gerade ein anderer. Ich fühle mich psychisch nicht gut. Denke dabei auch an eine Bekannte, die mir mailte, dass es ihr nicht gut geht - sie schrieb aber nichts weiter dazu, und ein bisschen kam Sorge in mir auf. Würde es gerne wissen, was mit ihr ist. Wenn ich jemanden auch nur ein bisschen mag, sorge ich mich immer relativ schnell zumindest ein wenig. Also die Unwissenheit macht mich ein wenig unruhig.

Noch mehr fühle ich, denke ich, eine Mischung aus Schuldgefühl und Erschlagensein. Mir ist mal wieder alles zu viel. Hätte mich mehr um einiges kümmern müssen, von den Immobilien bis hin zu Dingen in der Familie. Ich kann es einfach nicht, ich mag es nicht. Mir geht es eh nicht gut und meine Resterkältung zehrt meine Kräfte noch mehr aus.

Ich würde jetzt gerne irgendwo in einem Spa oder so etwas sein. In einem warmen Whirlpool plantschen oder in die Sauna gehen, wenn da meine (restliche) Erkältung mitspielt. Den Körper entspannen und die Seele baumeln lassen. Streichelzoo wäre auch gut. Au Mann, manchmal wünsche ich mir fast einen Hund. JETZT hätte ich gerne einen Hund. Früher habe ich Hunde eher nicht gemocht, und ich bin ganz klar Katzenfreund. Katzen liebe ich. Doch die Hunde sind mir sympathischer geworden, mit der Zeit. Jetzt einen kuscheligen Hund haben und mein Gemütszustand würde sich sofort aufhellen. Hunden sagt man ja nach, dass sie den emotionalen Zustand ihres Herrchen gut mitkriegen. Andererseits, vermutlich hätte ich nicht die Energie oder Muße, einen Hund groß zu erziehen. Dieser Kram mit Sitz!, Platz! und Leckerli, wenn du dich gut benimmst, ist mir vom ersten Gefühl her sehr unsympathisch.

Gemessen daran, dass ich schlecht drauf bin, schreibe ich zu viel über dieses unwichtige Thema. Ich werde mich nie dazu durchringen, hier einen Hund durchzusetzen. Meine Frau hätte wegen diverser Allergien Probleme damit. Ich würde aber gerne sehen, wie er z. B. mit unserer etwas steilen, aus Eisengitterstufen bestehenden Treppe draußen klarkäme. Oder wie er sich ein wenig im Kreis herumdreht, bevor er sich in seinem Schlafnest hinlegt. Manche Hunde machen das ja. Mag ich immer sehr, wenn ich es mal mitbekomme (bei fremden Hunden).

Ich bin gerade emotional absolut am Boden. Vorhin habe ich mal wieder meine Arbeit für eine Stunde unterbrochen, um meiner Frau bei irgendwelchen Immobiliensachen zu helfen. Konto-Überblicken. Eines unser sechs Konten, das größte von allen. Und eigentlich lief es gut. Ich dachte, es wäre gut gelaufen. Danach fragte ich sie, wann wir mal über uns reden könnten. Ich erwähnte blöderweise, dass ich es etwas vermisse, die Nähe zu ihr. Ihre Retourkutsche dazu war, dass wir ja zu wenig aus dem Quark kommen und sie deshalb so auf Abstand wäre.
Dabei hatten wir doch gerade wieder was für die Wohnungen getan. Ich verstehe das nicht. Bzw. es verunsichert mich total. Ich fühle mich total unter Druck gesetzt von ihr. Leiste was, leiste mehr, vielleicht umarme ich dich dann irgendwann mal. Nur fühle ich mich bereits am Limit. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich groß irgendwas Anderes habe als Arbeit, Erledigungen, Rechnungen. Mit meiner Frau schon mal gar nicht.
Ihr fehlt das Gefühl, dass wir uns öfter klären, besprechen, den Urlaub frühzeitig planen, Dinge vernünftig hinbekommen. Aber ich kann es nicht, oder nicht besser und nicht mit ihr. Sie gibt mir oft das Gefühl: Das ist ja alles nichts, was ich mache. Das reicht nicht. Völlig egal, wie sehr ich mich anstrenge, dass sie mir irgendeine Wertschätzung vermittelt oder irgendwas mal gut ist für sie ... Fehlanzeige. Ich habe das Gefühl, sie glaubt nicht an uns, sie glaubt nicht an mich. Sie wird es niemals tun. Mein Kopf sagt mir ganz klar: Scheidung wäre das einzig Vernünftige. All diese Jahre laufe ich ihr hinterher, im Prinzip. Hoffe darauf, dass sie mich so mag, wie ich sie. Doch es ist nicht der Fall. Und statt dass ich zu mir komme und es begreife, verrenne ich mich immer und immer weiter in diese Illusion.
Und ich weiß, ich bin ein Jammerlappen. Wenn es nicht so folgenreich wäre, würde ich mich jetzt sehr gerne ritzen.
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Eine kleine Triggerwarnung, ich weiß nicht, ob das jemandem zu viel ist, wenn ich über etwas Körperliches und Sinnliches/körperliche Selbstliebe und mein Verlangen danach schreibe. Ich selbst finde das Thema nicht verfänglich.
Trigger

Ich hatte heute morgen vor dem Aufstehen eigentlich einen schönen Effekt. Ich bin jemand, der Zärtlichkeit und Nähe total vermisst, das klappt bzw. besteht in meiner Beziehung fast gar nicht. Ich streichele mich manchmal daher selbst, und damit meine ich nicht Mast., sondern einfach sinnliche Selbstberührung, Streicheleinheiten, Hautkontakt. Normalerweise ist es bei mir so, dass ich das nicht länger als ein paar Sekunden mache, aus dem einfachen und zugleich paradox klingenden Grund: Es ist mir zu wenig. Es fühlt sich in der Regel an wie wenn man Durst hat und nur ganz kleine Schlückchen Wasser bekommt. Ich schrubbe dabei beinahe meinen Bauch und meinen Oberkörper, nicht aus Achtlosigkeit, sondern weil ich nicht genug bekomme an Berührung und Kontakt. Heute habe ich es mal anders gemacht, obwohl es am Anfang kaum auszuhalten war, ich habe es langsam und ausführlich gemacht, mehrere Minuten lang. Danach fühlte ich mich entspannter, wohliger, beinahe bereit für diesen Tag. Ich habe mich im Bad sogar rasiert, das habe ich die letzten Wochen morgens fast nie hinbekommen. Ich hatte deutlich mehr Lust aufs Frühstück und war für meine Verhältnisse weniger deprimiert. Jetzt gerade, fast eine Stunde danach, lässt dieser positive Effekt wieder etwas nach, und dennoch war das ganz schön. - - - Ein Schlüssel meiner Depressivität ist mit Sicherheit die Berührungsarmut. Sie verringert die positiven Hormone und das Gefühl von Geborgenheit. Auf der psychischen Ebene ist es auch eine Mangelerfahrung; das Gefühl, nicht gewollt, nicht okay, nicht gut genug zu sein. In meiner Vorstellung bin ich oft ein Alien, der das nicht verdient hat; dabei mag ich es total und gebe auch sehr gerne in diesem Bereich. - - - Dieses Selbstberühren werde ich etwas mehr verfolgen. Vielleicht gehe ich auch endlich mal zu einem Kuscheldate, so sehr ich davor auch Bedenken habe. Es ist eher Nervosität. Und das Wissen, dass es eben was Kompensatorisches ist. Doch manchmal ist eine Kompensation vielleicht besser als nichts.


Der nächste kleine Tiefschlag: Ein Kollege von mir, den ich eigentlich schätzte, hat gekündigt. Nach monatelangem Hickhack mit dem Chef. Ich sah mich da manchmal in die Vermittler-Position gedrängt. Jetzt hat B. selbst die Reißleine gezogen, sich eine andere Stelle gesucht.

Und ich war wohl einer der wenigen, die B. unterstützten bzw. von seiner Loyalität und seiner Art überzeugt waren. Ich hatte mal ein Projekt mit ihm gemacht, und da war er, kurz gesagt, der bessere von uns beiden. Brachte sehr viel ein. Und noch vor einem Jahr hatte er auch eine lockere und souveräne Art. Wirkte unbekümmert. So kam es mir jedenfalls vor.

Heute verabschiedete er sich von mir. Wenn ich ehrlich bin, seine Art hat sich für mich ein bisschen gewandelt, er wirkt etwas ruheloser, rechthaberischer und fast gereizt/gehetzt. Abgesehen davon, dass ihm die Erleichterung anzumerken war, jetzt was Neues angehen zu können. Vielleicht war er mit mir damals entspannter.



Und ich frage mich, ob ich ihn am Anfang zu blauäugig betrachtet hatte? Nein, kaum. An keinem Menschen gehen Konflikte spurlos vorüber. Ich fühle mich unwohl damit, dass jemand geht, mit dem ich recht gut zurechtkam. Wir hatten kaum Kontakt, arbeitsbedingt, und doch war er jemand, der mir ab und zu mal eine Nachricht schickte. Schade. Immerhin, wir haben unsere Privatnummern. Und sei ehrlich, so ganz dein Fall war er jetzt ja auch nicht. Aber mindestens auf kollegialer Ebene einer, mit dem ich gut konnte ...

Ich weiß, ich stelle mich zu sehr an. Aber ich würde mich am liebsten abschaffen. Absoluter Tiefpunkt. Ich weiß nicht, warum ich mich nicht scheiden lasse und einfach in Luft auflöse. Einfach in die Einsamkeit zurückziehe, in die ich gehöre. Mich von allen Menschen zurückziehe. Es entspricht mir. Es wäre wenigstens stimmig. Dass diese ständigen Verletzungen und Zurücksetzungen aufhören. Ihr sagt mir, ich sei zu sehr dies, ich sei zu sehr das. Ihr lasst kein gutes Haar an mir. Ich wundere mich ja schon jedes Mal, wenn es was anderes gibt als Schläge, Häme und Negatives. Und mein lächerliches Unterfangen, mich zu irgendwelchen Kuschel-Treffen zu verabreden, wo vereinsamte Singles rumlaufen, die es nicht hinkriegen, sich einen Partner zu suchen. Oder vernachlässigte Eheleute, die es nicht hinkriegen, ihre Bedürfnisse in der Beziehung zu erfragen. Ich war schon hundert Mal an diesem Punkt. Scheidung wäre das einzig Sinnvolle. Ich bin so traurig, wütend und außer mir, dass ich es nicht aushalte.
(- Und falls irgendwer auf die Idee kommen sollte, warum auch immer, bitte auf keinen Fall hier was kommentieren. - ) Am Mittwoch gehe ich idiotischer Weise wieder zu einer Männergruppe. Überlege mir schon, wie ich mich dort vorstelle. Als größter Idiot und Loser im Umkreis von 100 km. Oh ja, es gibt noch größere Idioten als mich. Aber die sind wenigstens zufrieden mit sich selbst, oder blind genug, die eigenen Fehler kleinzureden.

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Dr. Reinhard Pichler
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