Meine Frau und was mir an ihr manchmal den letzten Nerv raubt: Sie gibt mir öfter dieses Gefühl, dass ich nicht reiche, nicht genug tue. Oder ich entwickele das Gefühl. Vorhin zum Beispiel hat sie mich mehr oder minder spontan angerufen, ich sollte sie irgendwo abholen, die Möglichkeit hatte sie zwar heute Morgen angedeutet, aber eigentlich hatte ich gehofft, dass sie die Rückfahrt ohne mich mit dem Bus hinbekommt. Nun war es nicht weit, hin und zurück hat es nicht mal eine halbe Stunde gedauert. So what. Und sie hat auch Danke gesagt fürs Abholen, es ist nicht so, dass ich nicht sehen würde, dass sie mich durchaus auch auf eine Art sieht.
Aber eigentlich scheint sie häufiger davon auszugehen, dass ich ihr selbstverständlich zwischendurch mal zur Verfügung stehe. Sie redet relativ selten bis fast nie davon, dass sie meine Bedürfnisse weiß und erkennt. Dass ich vielleicht mal ungestört arbeiten können will. Jetzt z.B. überziehe ich ja gerade meine Pause ein bisschen. Bin alles andere als hyperkorrekt und fleißig. Wobei ich auch öfter länger bleibe. Dennoch fehlt mir oft die Wertschätzung von ihr, dass sie mal sagt, hey, finde ich gut, dass du mir immer hilfst. Es ist so selbstverständlich für sie. Und alles kreist immer um sie.
Nun bin ich ungerecht, sie hat schließlich einen gebrochenen Arm. Was automatisch dazu führt, dass ich mehr im Haushalt mache. Vor allem heißt das: Mehr Spülarbeiten, mehr Saugen, Wischen, Wäsche aufhängen, wobei sie sich bemüht, manches mit einer Hand zu machen, was eben geht. Da wir viel mit den Immobilien und Rechnungen und Sparkassen zu tun haben, habe ich eigentlich einen 14 h-Tag. Morgens helfe ich ihr normalerweise beim Duschen, Eincremen, Nägelmachen und solchen Dingen. Oft schmiere ich ihr ihre Butterbrote, weil das einhändig schlecht geht.
Ich war bis Freitag total eingespannt mit einem Projekt, hatte den Tod meiner Mutter zu verkraften, mir geht´s selbst echt nicht berauschend. Ehrlich gesagt, habe ich schon ein paar Mal gedacht: ausgerechnet jetzt muss sich meine Frau den Arm brechen.
Ich sage ihr jedesmal: Mache Licht im Wohnzimmer, wenn du da zugange bist. Sie hört nicht auf mich, nie, es hat nie Wirkung auf sie, wenn ich vernünftige Ratschläge oder Tipps gebe. Lege nicht alles doppelt und dreifach auf den Tisch, dass man nicht mehr erkennt, was zu unterst ist. Man legt übrigens auch keine Sachen auf dem Computer ab, auch nicht zur Hälfte, erst recht nicht auf der Tastatur. Sie macht es, lässt sich in ihrer Art nicht von ihr beeinflussen, egal wie klein oder groß das Thema ist. Sie schert sich nicht um meine Vorschläge.
Ich habe ihr schon häufiger gesagt: Mach´ Licht an im Wohnzimmer. Wenn sie TV guckt, knipst sie gerne alle anderen Lampen/Lichter aus. Ich persönlich mag das nicht, ich habe gerne zumindest ein Hintergrundlicht im Wohnzimmer, dass man irgendwie was sehen kann, ohne auf die wechselnde Beleuchtung des TVs angewiesen zu sein. Ich mag es generell nicht, wenn der Fernseher den ganzen Raum beherrscht. Es sei denn, man ist im Kino-Modus. Guckt intensiv einen besonderen Film.
Wie auch immer, der Punkt ist, dass sie im Halbdunkeln durchs Wohnzimmer spaziert. Und dann noch drei Sachen auf einmal machen möchte, dabei hektisch ist, mehr oder minder über die eigenen Füße stolpert. Sie stolperte letztlich über den Hocker, der eigentlich immer vor dem Sofa steht und den die Jungs (mein Sohn und seine zwei Cousins) warum auch immer verschoben hatten. Der stand nicht da, wo er sonst immer steht. Das reicht meiner Frau aus, um im Fast-Dunkeln darüber zu stolpern. Sie will sich mit dem linken Fuß abfangen, so erzählte sie es mir jedenfalls, und kann ihn nicht nach vorne ziehen, weil der Hocker im Weg ist. Also kracht sie mit der linken Hand volles Programm auf den Parkettboden. Weil sie groß ist, fällt sie auch entsprechend tief.
Ich bin ja Fußballer, ich weiß einigermaßen zu fallen. Ich habe mir in 50 Jahren nie auch nur den Knöchel ernsthaft verstaucht, geschweige denn irgendwas gebrochen. Meiner Frau passiert das alle paar Jahre. Mit ihrer Gipssammlung könnte man eine Ausstellung füllen. Zumindest zehn Exponate hätte man dafür sammeln können. Wenn sie ihre Schienen, Gipsreste und Platten aufbewahrt hätte. Ich schreibe das hier ohne Punkt und Komma, sorry.
Sie kracht hin und bricht sich gleich den Arm. Elle und Speiche, beide durch. Der Bruch splittert zudem unschön. Ich sah sie da liegen und dachte nur, ach du Schreck. Das Handgelenk stand ab wie in einem Splatter-Film. Sie schrie natürlich und konnte sich kaum bewegen. Weil jede Bewegung den Arm belastete und enorm weh tat.
Jetzt helfe ich ihr natürlich, wo ich kann, aber ich hatte tatsächlich mehrfach den Gedanken, wenn diese Frau etwas verständiger wäre, weniger dickköpfig, weniger kontrollbedürftig und weniger rabiat, weniger so, wie sie nun mal ist, dann wäre es manchmal leichter. Viel mehr will ich dazu nicht schreiben, ich schreibe eh schon zu viel Vorwurfsvolles, Nörgelndes. Ich will nicht herumlästern.
Aber im Auto dann brüllte sie mich fast an, als ich bloß lieb und nett ihr beistehen wollte. Sie hatte sich vorher ausgebeten, dass ich sie in Ruhe lasse. Dann fing sie plötzlich heftig zu weinen an. Ich wollte ihr nur beistehen. Mich verletzt so was immer ein bisschen.
Auch der Grund, weshalb sie weinte. Kurz gesagt: Beim Bauamt klappte etwas nicht. Sie gibt mir gerne die Schuld dafür, dass bei uns vieles nicht klappt, nicht läuft. Sie zieht selten an einem Strang mit mir. Während ich dei Hauptarbeit mache, was sie nie merkt, nie wertschätzt, wirft sie mir noch vor, dass ich nicht stark genug ziehe. Dabei bin ich längst unter Volllast. Hätte gerne mal ein paar Tage frei, statt jeden Tag 12-14 Stunden zu tun und zu machen.
Eigentlich habe ich oft den Eindruck, dass sie meine Gutmütigkeit ausnutzt und relativ wenig bis nie an mich denkt. Wobei das ungerecht ist von mir. Sie bringt mir manchmal ein Kuchenteilchen mit. So was. Oder lässt mir auch mal zwei Stunden, wenn ich depressiv rumliege. Das ja. Aber oft auch diese Pauschalvorwürfe. Das beim Bauamt hat nicht funktioniert, weil WIR ... Sie redet fast nur dann von WIR, von UNS, wenn es was zu beklagen gibt. Als Chefin und Motivationstrainer wäre sie eine absolute Katastrophe. Sieht nie die Erfolge, sieht nie die Bemühungen des Anderen, immer nur das, was ihr noch fehlt und was sie dann am Partner festmacht. Sorry, aber da ist sie das Gegenteil von konstruktiv und wertschätzend. Je mehr ich reinklotze, desto selbstverständlicher nimmt sie es.
Kernkonflikt Nummer 1, ich glaube, in vielen Partnerschaften, vor allem, wenn ansonsten auch nicht gerade viel Harmonie herrscht und nicht groß auf Bedürfnisse geachtet und drüber gesprochen wird.
Und ich weiß, ist meine Eigenverantwortung. Auf meine Bedürfnisse zu achten. Ich wünschte mir halt manchmal, es wäre nicht immer so kompliziert bzw. alles ein bisschen entspannter und liebevoller. Ich denke mir oft, so viel erwarte ich doch gar nicht. Und das bisschen wird von ihr noch sehr souverän ignoriert. Aber das ist mein Part, in Wahrheit, ich bin da zu unerwachsen. Wenn mich jemand zu kurz hält, mir vermeintlich zu wenig gibt, liegt es immer an mir selbst. Das zu kapieren, ist meine schwierigste Übung.