Hier ein kleines Bild dazu, für die 2,4% der User hier, die das interessiert. Was MICH wirklich daran interessiert, schreibe ich gleich ...
18.01.2024 23:37 • #161
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19.01.2024 00:55 • #162
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19.01.2024 10:39 • x 2 #163
20.01.2024 07:31 • x 1 #164
Teilweise ist der Trauminhalt schon vom Aufwachmoment beeinflusst, umgedeutet und weiterphantasiert. Zum Beispiel hatte das Land, in dem ich mich befand, ursprünglich keinen Namen, aber es war eindeutig nicht in Mitteleuropa. Die Geschichte, die wie gesagt z. T. im Aufwachen von mir erweitert wurde, geht ungefähr so:
Ich bin als Entwicklungs- und Militärberater für 4 Monate in dem Land Wallabe in Afrika oder Südamerika der Kontinent wird nicht verraten stationiert. Auch wenn die Einheimischen ihn anders aussprechen und auf der zweiten Silbe betonen, der Name des Landes ist offenkundig erfunden und eine Verballhornung des Ausdrucks Wanna be. Whatever you wanna be, come to Wallabe! Früher war das eine deutsche Kolonie, daher sprechen sehr viele Einwohner unsere Sprache, Deutsch ist zudem in der Schule die erste Fremdsprache, so geläufig wie bei uns das Englische. Was mir natürlich den Aufenthalt dort deutlich erleichtert.
Dort leben und wohnen; das muss man sich allerdings sehr anders vorstellen als bei uns. Die Straßen sind eng und dreckig, die Leute sind eher arm und ungebildet, die Regierung kümmert sich um fast nichts, alles läuft eine Spur langsamer und mit weniger straffen Zügeln als bei uns; überhaupt sind Lebensstandard und Reinlichkeit in diesem Land weit weniger fortschrittlich als in Mitteleuropa. Hinzu kommt die Hitze, die im Sommer fast unerträglich ist, weshalb ich ja meinen Aufenthalt in die Wintermonate verlegte. Aber selbst im Winter sind die Temperaturen normalerweise deutlich über 20°, eher nahe 30° C, was ja unserem Sommer entspricht; Wallabe ist sehr nah zum Äquator und dann doch entfernt genug von ihm, dass die Jahreszeiten eine Rolle spielen.
Ich bin untergekommen in einer Art WG, in einer Bruchbude mitten im Ort an der geschäftigen Hauptstraße. Immerhin, die Zimmer sind schön groß und hoch. Meine beiden Fenster gehen zu eben dieser Hauptstraße raus. Anders als in D sind aber nicht etwa Autos und LKWs die Hauptnutzer der Straße, sondern eher Fußgänger, Radfahrer, Rikscha-Fahrer und von Rindern oder Pferden gezogene Karren. Wenn ab und zu ein Auto vorbeifährt, dann sehr langsam, weil es sich durch den Pulk der Stadtbewohner und Handeltreibenden durchmühen muss. Es herrscht ein ziemliches Gelärm draußen, allerdings ein fast gedämpftes und freundliches von menschlichen Stimmen, Tiergegrunze und -geröhre und Fahrradklingeln. Wenn ich auf meinem Bett - eher eine Pritsche - liege, kann ich durch das eine Fenster auf die Straße sehen, in Richtung Ortsausgang, und weil der Weg leicht ansteigt und ein wenig nach rechts, zu meiner Seite hinschwenkt, kann ich dort leicht erhöht in 20, 30 Metern Entfernung direkt in das Fenster eines Ladens auf der anderen Straßenseite hineinsehen. Eine Frau steht dort hinter der Theke, um Kunden zu bedienen, keine Ahnung, um was für ein Geschäft es sich handelt.
Sie hat meinen Blick entdeckt und erwidert ihn ungerührt und fast unverfroren. Ich nehme mir sofort vor, diesem Laden später einen Besuch abzustatten und die Frau - sie ist nicht jung, sie ist nicht alt, hat aber eine angenehme Erscheinung - anzusprechen. Ich liege auf einem zerwühlten Laken, so als hätte ich in der Nacht wer-weiß-was getrieben, dabei habe ich für meine Verhältnisse sehr tief und ruhig geschlafen. Vor dem Aufstehen betrachte ich noch ein wenig die Szenerie auf der Straße, soweit ich sie von meinem Standpunkt aus erkennen kann.
In diesem Land gibt es auch unruhigere Gegenden; doch mein Ort scheint von Frieden und Gelassenheit geradezu beseelt. In Wallabe fragt kaum je jemand nach der Uhrzeit; Pünktlichkeit und Arbeit werden nicht unwichtig genommen, stehen aber nicht so im Mittelpunkt wie bei uns. Auf meinen Erkundungsgängen kommen mir häufig junge, sehr aufrecht daherschreitende Menschen entgegen, darunter viele dunkelhäutige Männer, die bei uns ja beinahe als Bedrohung aufgefasst werden oder würden, hier aber sind sie die Normalität und übrigens grüßen sie fast immer freundlich und entspannt, auch einen Fremden wie mich.
Oft sitzen die Leute einfach so am Straßenrand. Nicht etwa auf sauberen Stühlen oder Bänken, sondern woimmer sie es gerade überkommt, auf Steinen oder Mauervorsprüngen, auf Reisetaschen und Getreidesäcken oder dem blanken Boden. Die wenigsten Straßen sind geteert; und wenn irgendwo Ungeziefer, wilde Katzen, herrenlose Hunde und ziemlich große Ratten herumlaufen, stört es niemanden auch nur im Geringsten. Ich erinnere mich, wie ich auch so dasaß, auf einem Pappkarton, die Sonne leuchtete so eben gerade über die Häuserfassaden auf meinen Kopf und meine Schultern, angenehm wärmend, und mir gegenüber ein alter, weiser Typ in Lumpen. Genauer gesagt trägt er ein löchriges weißes T-Shirt, das im Gegensatz zu seinen halblangen Hosen halbwegs sauber ist. Bei uns daheim hätte ich mich vor einer Begegnung mit einem solchen Landstreicher gefürchtet, hier ist es normal und das Gegenteil von bedrohlich. Er spricht über den Sommer, wenn alle Steine von der Sonne so heiß werden, dass sie die ganze Nacht über ihre Wärme behalten, darüber, wie er als junger Mann hierherkam, mit nichts an den Füßen und einem fast leeren Bündel auf den Rücken geschnürt. Er hat nahezu alle Zähne verloren und lächelt doch zuversichtlich in den Tag hinein. Er erzählt mir ein bisschen von diesem Land, von Leuten, als würden wir beide sie kennen, vom Friseur nebenan und der Geburt von Drillingen in der Nachbarschaft. Dann wieder schweigt er, erwartet auch keine Antwort von mir, ich muss mich nicht erklären, niemand fragt mich, wer ich bin, woher ich komme.
Mein Job beginnt erst in etwa einem Monat, ich bin früher als bestellt gekommen, um mich ein wenig einzugewöhnen und umzusehen. Nach ein paar Tagen muss ich mein Zimmer räumen, warum, weiß ich nicht, ins Nachbarzimmer wechseln, das aber sehr ähnlich ist, abgesehen davon, dass die Fenster nach hinten rausgehen, auf einen kaum bepflanzten, eher vertrockneten Hinterhof, in dem Kinder spielen, vielleicht ein paar alte Autoreifen und Werkzeuge herumliegen oder aber beige-farbene Eidechsen und harmlose, fast schwarze, bei näherem Hinsehen aber erstaunlich fein und in dunklen Farben gemusterte Schlangen wie erstarrt Sonne tanken. Ab und zu sieht man den schwarzen Schatten eines Adlers oder Geiers über den Boden huschen, als würde ein sehr schneller Manta unter einer Wasseroberfläche dahingleiten. Die Eindrücke dazu überblenden sich merkwürdig. In meinen alten Raum kommt eine junge Frau, die nicht oder nur sehr wenig spricht, sie ist ein Flüchtling aus dem Kriegsgebiet an der sehr weit entfernten Ostküste; sie wirkt traumatisiert und/oder ist zudem Ausländerin/Migrantin, kann weder Deutsch noch die einheimische Sprache. Ich habe Lust, sie kennen zu lernen, doch jede Annäherung scheint zu viel, wird auch von den anderen im Haus als zu aufdringlich und störend gewertet. Die Frau hat ein merkwürdig flaches weißes, ausdrucksloses Gesicht, eine sehr kleine Nase, eine hohe Stirn, so als wäre ihre Miene von einem übergroßen Schrecken gefroren. Immerhin, hier im Haus kann sie ein wenig Ruhe finden. Alle haben Verständnis für ihr Befinden, für ihre Schweigsamkeit. Die beiden Zimmer sind übrigens durch eine Zwischentür miteinander verbunden, doch es ist allen klar, dass man diese Tür nicht benutzt oder jedenfalls nicht ohne anzuklopfen und eindeutige Bewilligung. Das Türen-Abschließen ist in Wallabe, eigentlich needless to say, unüblich. Ein unbescholtenes und nahezu von Verbrechen freies Land, sieht man von der Ostküste ab. Abends höre ich dann doch gelegentlich das Klack-Klack des im Schloss herumgedrehten Türschlüssels. Ich respektiere es, dass die Neue ihre Ruhe will.
Ein anderes Mal gehe ich die Straße lang und werde von einem jungen Ding angesprochen. Was heißt angesprochen, sie redet ein paar Sätze vor sich hin und geht davon aus, dass ich darauf anspringe bzw. etwas entgegne, einfach weil die Leute hier auf diese Art ins Reden kommen. Sie spricht davon, wie weit sie heute schon hin und her gelaufen ist zwischen dem Ort und ihrem Zuhause weiter draußen in der Prärie. Und dass ihr das keine große Mühe bereitet. Sie ist höchstens 16, wirkt aber deutlich älter, reifer, wie eine junge Frau, auch wenn ihre körperliche Reife irgendwie etwas Vorläufiges oder Surreales hat. Und das ist dann doch eine der Schattenseiten dieses Landes: Es scheint relativ viele jugendliche Prost. zu geben und den entsprechenden Tourismus dazu. Mir dämmert, dass meine Idealisierungen über diese Weltgegend sehr oberflächlich und illusionistisch sind. Und ja, ich fühle mich ein wenig zu diesem Mädchen hingezogen, wenn auch nicht in der eindeutigen und abgeschmackten Art; sie erscheint mir süß und schützenswert. Wir bleiben dann auch irgendwann an einem Gatter oder einer Art Zaun stehen, etwas abseits der Straße, weil sie mir eine Frucht, die an einem Busch wächst, zeigen will oder das zumindest vorgibt, und dann macht sie Anstalten, ihren Oberkörper zu entkleiden und ich herrsche sie regelrecht an: No, no, no! - Keine Ahnung, warum ich ins Englische wechsele. I am not that kind of type. Aber anscheinend hatte ich auch nichts dagegen, mich von ihr und ihren Worten umschmeicheln zu lassen.
In dem Moment wachte ich auf.
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