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Finde Rückhalt in den Dingen, die du magst, die dich entspannen, in dem Terrain, in dem du dich sicher und bestätigt fühlst. Das denke ich jedenfalls. Halte das für ein gutes Motto: Stärke deine Stärken! Statt immerzu mit deinen Schwächen befasst zu sein, mit ihnen zu kämpfen.
Für mich ist eine meiner Stärken oder eines meiner Vergnügen das Schreiben. Ob ich nun gut oder schlecht darin bin, spielt nicht so sehr eine Rolle; die Hauptsache ist der Spaß daran. Tja, und manchmal ist das ein wenig zweischneidig. Vor ein paar Wochen begann ich, eine Erzählung über meinen Krankenhausaufenthalt zu schreiben; an sich gefiel mir das, nur geht mir das Thema immer noch zu nah. Obwohl diese Zeit schon über ein Jahr her ist. Alles hervorzukehren, was an Gefühlen und Unsicherheiten in mir war/in mir ist, tut weh oder verschärft erst mal meine Unsicherheit. Ich habe mich in vielen Momenten wie ein Vollidiot verhalten. Ich fühlte mich in der Klinik die ganze Zeit über wie ein Außenseiter; zwar umgeben von lauter Kranken, die ähnliche oder sogar schlimmere Symptome hatte, doch kein einziges Mal löste sich meine Bedrängnis auf, dort eigentlich überhaupt nicht hinzugehören und ein besonders asozialer oder sozialphobischer Mensch zu sein. Ich traute mich sehr oft nicht, meine Meinung, geschweige denn mein Gefühlsleben zu offenbaren. Eigentlich dachte ich: Man gebe mir bloß nicht Freiraum, Akzeptanz und Verständnis, denn ohne äußeren Druck und ohne Aufsicht mutiere ich erst recht zu einem selbstsüchtigen, passiven und gierigen Wesen. Gib mir eine lockere Leine, statt der täglichen Demütigungen und Abreibungen und Spiegelung, dass ich ein Loser bin, und ich verlottere zusehends. Ein besserer Ausdruck fiel mir gerade nicht ein.

Während halbwegs selbstbewusste Menschen es vermutlich für normal und angemessen halten, wenn sie nicht immer jedem fremden Mitpatienten ihre Geschichte und ihr Gefühlsleben mitteilen, fühlte ich mich ein wenig schuldig, wenn ich in der Depressionsgruppe schwieg und mich bedeckt hielt. Meine Scham bezog sich weniger darauf, dass ich meine Gefühlswelt für zu irrelevant, für zu wenig krank, für zu speziell und gleichzeitig banal hielt, sondern dass ich keinen Bock hatte, an mir zu arbeiten. Alles, was ich von dieser Kur in der Klinik wollte, war, mal ein paar Wochen aus meinem sonstigen Stress rauskommen zu können. Eigentlich war ich dort auf Urlaub. Ein Urlaub, der mir nicht zustand. Das hätte ich vielleicht gleich am Anfang der Zeit dort zugeben sollen, dann hätte ich mich besser gefühlt. Ich bin jemand, der sich vor seiner Arbeit, seiner Familiensituation und seinem Stress mehr oder weniger verpisst; vielmehr war oder ist das nicht bei mir. Klar, ich habe depressive Symptome. Ich war überlastet. Nervlich ziemlich am Ende. Ich konnte mit meinen Wochenenden nichts mehr anfangen, war immer müde, antriebslos und mit Kleinigkeiten schon überfordert. Vor allem, mich zu organisieren, meine Freizeit aktiv zu gestalten, mich mit Leuten zu verabreden; es ging entweder nicht mehr oder ich hatte schlichtweg keine Lust. Ist derzeit übrigens erneut so, dass ich an meinen Wochenenden nichts hinkriege. Dass ich eigentlich nur daliegen möchte und mit jemandem kuscheln. Irgendwann überwärmt mich das Kuscheln und dann ziehe ich mich lieber ein wenig zurück. Aber eigentlich denke ich die Hälfte meiner Zeit nur daran: dass ich mich gerne kuschelnd aufs Sofa verkrümeln möchte oder das als Auszeit haben möchte. Eine Normalität zwischen Anspannung (Arbeit, Beziehungsarbeit, Herausforderungen) und Entspannung (Sozialleben und auf dem Balkon abhängen) kriege ich nicht hin, oder nur sehr selten. Doch, wenn ich vernünftig gearbeitet habe tagsüber, kann ich abends mich ein wenig mehr auf dies oder das einlassen. Aber im Grunde ist das aus dem Gleichgewicht bei mir.

Wie dem auch sei. Ich war bei dieser Erzählung, die ich begonnen und dann abgebrochen habe. Weil das Thema, auf das das Ganze zusteuert, nicht gerade angenehm ist. Ich auch nicht so richtig weiß, WIE VIEL ich zugebe, einräume, an Unsicherheit, an Brisanz, an unschönen Gefühlen. Und ob ich, wenn ich in dem Punkt nicht weit gehe, nicht zu banal, zu lügnerisch, zu kleinredend berichte ...

Ich mache das bei meinen Schreibversuchen übrigens oft so, verfasse zwei, drei Seiten, und überlege DANN erst, ob mir das Ganze lohnend erscheint, es weiterzuschreiben.

(Ich weiß nicht, ob das nachvollziehbar ist, was ich hier erläutere ...)

Das Folgende ist jedenfalls der Stand meiner Erzählung. (Falls jemand sie kommentieren möchte, gerne, aber lieber als PN.)

Kapitel 1

Hochgebettet wollte der Patient liegen, mit einem zweiten festen Kissen unter Kopf und Schultern; diese Erhöhung durfte weder zu niedrig, noch zu groß ausfallen; er wollte im wachen Liegen nicht den Überblick verlieren, die Stube und ihre spartanische Einrichtung, die Tür (oder zumindest den kleinen Flur zur Tür hin) und die beiden Fenster sehen können, allerdings auch nicht die Wirbelsäule zu sehr nach vorne krümmen, was ihm körperliches Unbehagen bereitet hätte. Die Kissenhöhe musste folglich genau austariert werden. Außerdem hätte er gerne ein Einzelzimmer gehabt, um sich zurückziehen zu können. Zu Beginn seines Klinikaufenthalts gruselte ihn nichts mehr als die Befürchtung, in emotionalen Ausnahmezuständen der Beobachtung durch andere Insassen ausgesetzt zu sein und die voraussichtlich reichlich fließenden Tränen, Wutgefühle und andere beschämende Regungen nicht verstecken zu können.
Die Illusion mit dem Einzelzimmer wurde dem Patienten gleich im Aufnahmegespräch genommen. Dieses Gespräch fand im lichtdurchfluteten Büro des Stationsarztes statt, ein perfekt rasierter und aufgeräumt wirkender Typ um die 40, der laut und betont langsam auf ihn einredete, als sei er schwerhörig oder begriffsstutzig. Er saß in diesem Büro auf einem Plastikstuhl mit dünnen Metallstäben als Beine und fühlte sich ein bisschen wie zwischen Baum und Borke; vermutlich auch weil neben seinen Füßen auf dem Boden die vollgepackte Reisetasche lag, die ihm vorkam wie seine letzte verbliebene Habe.


Man verpflanzte ihn in die im Westflügel gelegene Station 3, in eine erstaunlich große Stube mit vier Betten und zwei Mitpatienten. Am ersten Tag sprachen beide nicht mit ihm; was ihm äußerst befremdlich erschien und er aus Unsicherheit und Überforderung auf sich selbst bezog, statt auf eine mögliche Sozialphobie dieser Männer. Er grüßte den jüngeren der beiden, nach seinem Empfinden in ausreichender Lautstärke, wurde von diesem jungen Typ jedoch nicht zurückgegrüßt und nicht mal angesehen. Davon eingeschüchtert, versuchte er es bei dem Älteren erst gar nicht. Nach und nach ging ihm auf, dass sich der Jüngere permanent unruhig und rastlos verhielt, wie jemand, der zu viel Koffein im Blut hat, während der andere den ganzen Tag lang depressiv und in sich gekehrt im Bett lag und an der Welt um ihn herum nicht mehr teilnahm. Die Erkenntnis, dass in dieser Klinik Menschen saßen, deren Zustand noch weit schlimmer und kritischer war als sein eigener, traf ihn in diesem Krankenzimmer mit ungeminderter Wucht.
Der Unruhige war schlank und recht hoch aufgeschossen, der Depressive hingegen so dick und schwammig, dass unter ihm die Bettfedern bei jeder kleinsten Drehung des massigen Körpers ächzten und quietschten. Die Deutlichkeit des Kontrastes zwischen den beiden hätte kaum größer sein können; das erschien ihm mehr oder minder absurd und auf lächerliche Art offensichtlich inszeniert. Natürlich war es kein Witz, keine Scharade, sondern bitterer Ernst. Fürs Erste, dachte er sich, mussten dieses stille, unbehagliche Ausharren neben den Mitpatienten, der Mangel an Privatsphäre und die etwas sonderbare Situation ertragen werden; er war als junger Erwachsener Soldat gewesen und seitdem mit Entsagungen vertraut; auf gewisse Art war es ihm sogar recht, sich vor diesen Mitbewohnern des Zimmers zunächst weder vorstellen noch erklären zu müssen.

Wenn ich ehrlich bin: entweder langweilt mich das Thema oder es geht mir zu sehr an die Nieren. Vielleicht auch beides.

Das Interessante wäre an dem Schreibvorhaben, dass ich mich an vieles erinnere und auch einiges in dem Sommer im TB notierte. Also Stoff hätte.

Ich hätte Stoff, davon zu schreiben, ich habe Details, ich habe ein Anliegen, und doch betrübt es mich etwas zu sehr, an diese drei Wochen zurückzudenken. Ich weiß noch genau, wie ich nach zwei oder drei Tagen alles ziemlich OKAY fand dort in der Klinik, mich ein bisschen eingefunden hatte und beinahe zufrieden mit mir war, an nichts Böses dachte - und genau in dem Moment tanzt (buchstäblich) diese junge Frau herbei, in den Raum, wo ich so eine Art Werkkunde/Ergotherapie hatte. Man verliebt oder verguckt sich m.E. genau in dem Moment, in dem man sich EINBILDET, dass einem nichts fehlt.

Und was für ein innerer Kampf in mir, was für ein Grübeln und Gezeter meiner Gefühle und Wirrungen, dass ich mir nicht zugestand, dieses Mädel anzusprechen! Denn ich bin ja mehr als doppelt so alt wie sie, wie wirkt das dann! Eigentlich wollte ich bloß mit ihr Badminton spielen. Als Zeitvertreib während der langweiligen Freizeit in der Klinik. Sie spielt ziemlich gut, konnte ich eines Nachmittags beobachten, und ich hätte sie bei einer Partie mit mir, dem wahren Champion in fast allen Ballsportarten, beeindrucken können damit, dass sie gegen mich keine Chance hat. Oder vielleicht hätte sie eine kleine Chance gehabt und MICH beeindruckt, keine Ahnung! Wenn eine Frau auf dem Asche-/Sandplatz vor dem Badminton die Linien akribisch zieht (mit der Hacke ihres Fußes), sogar die Aufschlaglinien(!), dann weißt du Bescheid. Die nimmt das Spiel (relativ) ernst. Die kann ein bisschen was. Meine Verliebtheit nahm zu, als ich sah, mit welcher Hingabe sie das Spiel spielte.
Ich sprach sie an, schenkte ihr die Zeichnung, die ich von ihr (aus der Erinnerung) gemacht hatte, doch ich traute mich nicht, mich mit ihr zu verabreden.
Zudem hatte ich sie vorher schon mal angesprochen gehabt; da hatte ich mich allerdings an die gesamte Gruppe gewendet, in der auch sie saß, und allgemein angefragt, ob jemand Bock auf Tischtennis oder Tischkickern hätte. Es wollte keiner. Und die Art, wie sie unbeteiligt blieb bei dieser Frage in die Runde, hätte mir einsagen müssen: Sie hatte null Interesse an mir. Ich habe sie gezeichnet, sie hat mir unheimlich freundlich gesagt, dass sie das Bild toll fände und es zuhause in ihrem Zimmer aufhängen wollte - klang sehr ernstgemeint - und doch bin ich ihr noch nicht mal aufgefallen.
Wir hatten vielleicht zwei, drei Mal Worte miteinander gewechselt.
An meinem letzten Vormittag dort in der Klinik saßen wir in derselben Gruppentherapie, ich hatte mich so darauf gefreut, so gehofft, sie wiederzusehen; und fast jeder zweite ging auf mich ein, wünschte mir zum Abschied alles Gute oder lächelte mich zumindest an; während sie mich komplett ignorierte. Auch als ich aus dem Raum rausging; sie ging ein paar Meter vor mir, ich hätte sie am Arm berühren können, mit einem Zwischenschritt; aber sie war in ein Gespräch vertieft mit einer anderen Patientin; ich war vollständig Luft für sie. Sorry, ich bin wehleidig, doch so was haut mich immer aus den Schuhen.

Wenn ich mit über einem Jahr Abstand darüber schreibe; ich merke immer noch, dass mich das verletzte. Ich traue mich nicht (richtig) und das Ergebnis ist dann, dass sich auch nichts entwickelt. Und ich traue mich nicht, weil ich das sehr wahrscheinliche NEIN nicht hören möchte. Aber nur, wer fragt, hat überhaupt eine Chance auf ein JA. Wer nicht fragt, der bekommt auf jeden Fall die Absage.

A


Tagebuch-Notizen aus meinem bescheidenen Leben

x 3


Was ich da schrieb, war nicht ganz zutreffend/unwahr/Unsinn. Ich wollte bestimmt mehr von ihr als nur den Zeitvertreib Badminton. Wobei ein Spiel mit ihr sicher nett gewesen wäre. Aber das sollte ich besser nicht vertiefen, es ist besser, wenn ich diese 23. gescheiterte Verliebtheit von mir nicht ... Wenn ich dem nicht nachhänge. Bringt eh nichts. Werde diese junge Frau mit Sicherheit nie wiedersehen, weiß zudem auch nicht mal, in welcher Stadt sie wohnt. Es ist in mehrfacher Hinsicht albern und unvernünftig, an sie zu denken.

Und warum ich heute Nacht nicht richtig einschlafen kann, schreibe ich vielleicht morgen. Allmählich ist meine Müdigkeit ausreichend, glaube ich.

Ich habe gestern meinen Schreibtisch erfolgreich vergrößert, ein Brett (18 cm breit) angefügt, und jetzt ist er ENDLICH so, wie ich ihn haben will. Er war vorher nur 60 cm tief, und das war mir einfach deutlich zu wenig. Das G eile ist, es gefällt mir ziemlich perfekt! Ich hatte heute morgen doppelt so viel Lust wie sonst, mich ranzusetzen ...

Der Schreibtisch ist ein bisschen mein Reich. Ist mir jedenfalls wichtig: Dort schöne Dinge um mich zu haben, es schön eingerichtet zu haben. Ich habe hier meine Lieblingsbücher, Lieblingsaccessoires wie ein in Griechenland gekauftes Pegasus-Pferd, mein Lieblingsstofftier, unter dem Bücherbord ein kurzes Regalbrett mit aufgereihten Lieblings-CDs und Lieblingspostkarten. Meinen geschätzten Magneten mit der Aufschrift Echte Männer fahren Fahrrad. Meine Nr. 1-Postkarte, auf der in fast verblichener Schrift nichts als FOREVER draufsteht. Meine kleine Freiheitsstatue aus ... ? ..., die Beigabe zu einem Puzzle war und über ihrem mit der Fackel ausgestreckten Arm meine Gummibänder sammelt. Daneben eine Teepackung, die ich seit Jahren nicht öffne, die längst abgelaufen ist, auf die ich trotzdem Wert lege, weil ich sie aus London mitgebracht habe. Auf der würfelförmigen Packung sind Londoner Sehenswürdigkeiten gedruckt, z. B. die Tower Bridge, die mein Sohn damals bestaunt und bewundert hat, als wäre sie ein Weltwunder. Ich habe zudem meine sechs oder sieben Steine am Bildschirm-Fuß versammelt, und jeder davon erinnert mich an einen Ort. Dann hängt noch in einer Ecke ein breiter Strang falsches Efeu von der Decke; daneben das eine oder andere selbstgemalte oder selbstentworfene und im Internet gedruckte Bild.

Eigentlich tendiere ich erstaunlich stark dazu, in meinen Sachen und guten Zeichen und Symbolen Zuflucht zu suchen. Man sollte SACHEN nicht überbewerten. Ich habe meine geliebte selbstgestaltete HSV-Tasse fast vergessen! Die Ziegelsteine, auf denen mein kleines Bord mit dem Computer ruht, sind aus demselben Fundus, mit dem wir eine kleine Gartenmauer nahe den Garagen errichteten. Ich sehe also den Garten vor mir, wenn ich diese Steine anschaue. Ich finde, dass Steine ohnehin einen schönen Kontrast bilden zu dem EDV-Gerät, das auf dem Schreibtisch dominiert. Wir haben mit Stein und PC 10.000 Jahre Technik-Evolution nebeneinander; das erste Werkzeug in Menschenhand war ja ein Stein.
Das Anschlussbrett - ich habe sehr darauf geachtet, dass der Übergang zwischen Tisch und Brett glatt ist, ohne Hubbel - ist gar nicht weiß wie der Resttisch, sondern ein helles Gelbbraun mit Maserung. Und es gefällt mir total! Weil es m.E. optisch noch mehr Tiefe schafft.
Es wirkt warm, in einer Weise, die ich kaum erklären kann.

Ich komme langsam klar mit meinem Tisch. Und das ist gut.

Es macht wenig Sinn und ist sicher auch nicht lesenswert, daher Warnung vor Langeweile - das Nachfolgende schläfert ein; doch ich möchte ein paar Träume aufschreiben, die ich letztens hatte.

So ein bisschen kafkaesk sind meine Träume in der Tat häufiger; wobei das wohl jedem (oder den meisten) so ergeht. Dass darin absurde und auf sonderbar erscheinende Art bedrängende Elemente geschehen. Da ich mich mit den Werken von Kafka ziemlich gut auskenne, fällt es mir vielleicht besonders auf. Dieses Übermaß an falsch wirkender Nähe und etwas beschämender Intimitaet bei Kafka - die Hauptfigur im Prozess muss z. B. über Betten steigen, um irgendwo hinzugelangen. Im Schloss schläft der Landvermesser öfter an Stellen, wo man es eigentlich nicht tut, und wacht dann in liederlicher Art eines Morgens in einem Schulraum auf, in dem die Lehrerin mit ihren Schülern gerade den Unterricht beginnen möchte. Dem Erzähler fallen Details auf, wie dass überall nasse Wäsche an Leinen aufgehängt ist oder das Band ihrer Schürze der Vermieterin unnötig tief in den Körper schneidet oder jemand aus dem Fenster gegenüber ungeniert herüberstarrt. Auch im Roman Amerika trifft die Hauptfigur seinen ersten Helfer, den Heizer, im Bett an. Die Assistenten (der Hauptfigur), egal ob im Prozess, im Schloss oder anderen Erzählungen, sind tölpelhafte und zugleich gerissene Taugenichtse, die sich vorbehalten, ob und wann sie sich respektvoll verhalten. Die Distanzlosigkeit ist bei Kafka Programm.
Lange Vorrede, wenig Sinn.

Vorhin während meines Mittagsschlafs (ich bin ein alter Mann) träumte ich, ich würde nach Hause kommen. Anders als in der Realität wohnen wir in einer Art Hochhaus, einem soliden, eher neueren Betonblock mit großen, Freundlichkeit vortäuschenden Fenstern. Ich komme unten hinein in das sehr geräumige Foyer, wo sich die Treppe befindet und zusätzlich irgendwie viel Platz ist. Man könnte einen großen Empfangstresen oder eine Hausmeister-Loge dort einrichten, aber das ist nicht zu sehen/nicht der Fall. Es handelt sich übrigens um eine Freitreppe, also eine ohne Geländer(!), auch das ein Detail, was häufiger bei Kafka vorkommt. Jetzt kommt das Verrückte: Ich gehe die ersten Stufen hinauf, dann die erste 90°-Kehre, und stelle verdutzt fest, dass der Treppenabschnitt, auf dem ich bin, wieder nach unten führt. Ich drehe mich daher um, gehe den Teilabschnitt bis zur Kehre wieder zurück (und hinauf) und rede mir ein, nun, dann muss das wohl die richtige Richtung hin zu den oberen Stockwerken sein. Irrtum, ich komme natürlich wieder auf das erste Segment der Treppe und zu meinem Ausgangspunkt zurück. Irgendwas stimmt nicht mit der Treppe, dämmert mir, es ist ein bisschen so wie auf diesen Bildern von M.C. Escher, in denen Treppenrichtungen zu vexieren scheinen. Ich schaue nach oben und sehe, dass der weiterführende Teil der Treppe, also der mit den oberen Stockwerken verbundene Teil, solo steht, keine Verbindung mehr nach ganz unten zum Foyer hat. Da klafft eine Riesenlücke.
Unten empfängt mich das Lachen des Hausmeisters. Es geht mir durch Mark und Bein, ich komme mir grandios lächerlich vor, was ich natürlich nicht zugebe. Ich murmele so etwas wie dass ich noch von der Arbeit ganz in Gedanken und benebelt war, sonst wäre ich niemals auf das Bruchstück von Treppenanfang gestiegen. Der Hausmeister entschuldigt sich etwas zu jovial, zu vordergründig für das Gelächter und erklärt, was los ist: Die Treppe bzw. ihr unterer Teil wird gerade umgebaut. Sie soll jetzt etwas weiter hinten im Foyer beginnen, statt wie bisher direkt links hinter der Tür (aus Sicht des ins Haus Hereinkommenden). Das erste Teilstück liegt derzeit falsch und etwas unmotiviert im riesigen Raum des Foyers herum, und das mir das nicht auffiel, dass die ersten Stufen ganz woanders beginnen als direkt links neben der Tür, ist natürlich in der Tat lächerlich. Ich bin mal wieder nicht ganz bei mir gewesen. Jedenfalls, nun, da mir der Hausmeister die Sache dargelegt hat, tue ich zum tausendsten Mal im meinem Leben so, als würde ich mitlachen über meine Schusseligkeit und als würde es mir nichts ausmachen, dass ich erneut für eine lächerliche Figur gehalten werde.
Dann fragt mich der Hausmeister, ob ich eigentlich manchmal den Fernseher meines Untermieters, ein gewisser Herr U., in störendem Maße höre; was ich nach kurzer Überlegung, während der mir die dicken und stabilen Böden/Mauern dieses Gebäude bildlich vor Augen schweben, verneinen kann. Oh, gut, sagt der Hausmeister, als wäre er um meine Ruhe besorgt, der Herr U. sei ja, wie ich sicher wisse, schon etwas älter, und ältere Leute neigen dazu, Radio und Fernseher sehr laut einzustellen. Er informiert mich darüber, dass, in loser bzw. unerfindlicher Verbindung mit den Umbaumaßnahmen im Treppenhaus stehend, der Herr U. und der Herr X. im Hause die Wohnungen tauschen. Herr X. sei genauso alt wie der Herr U., daher sollte der Lärmpegel der beiden ungefähr gleich und kein Problem sein.
Als Nächstes zeigt mir der Hausmeister die Umbauten im Erdgeschoss rechter Hand. Bislang ging mein Blick ja immer nur nach links, vom Eingang aus gesehen. Ein paar Räume seien geändert bzw. zusammengelegt worden. Zum ersten Mal in meinem Wohnen hier werfe ich einen Blick in den rechten Trakt des Gebäudes, so als hätte ich ihn bislang lange Zeit ignoriert. Dahin führt ein längerer Flur und durch die erste Tür rechts blickt man in einen erstaunlich großen Saal, der eine Kantine oder einen Speiseraum für die älteren Bewohner des Hauses darstellt. Es stehen dort zahllose vereinzelte Tische, weiß und ordentlich gedeckt und trotzdem anonym und ungemütlich wirkend; rechter Hand ist eine Küchenausstattung eingerichtet wie in einer Großkantine. Dort tummelt sich mit Schürzen und weißen Kopfhauben ausgestattetes Personal, als erwarte man den Ansturm der Gäste in Kürze. - Ich wusste nicht, dass diese Kantine existiert. Sie befremdet mich aber auch nicht.
Warum der Hausmeister sie mir zu zeigen sich bemüßigt fühlte, ist mir schleierhaft.
Und ich versäume es, ihn zu fragen, wie ich denn jetzt nach oben komme, wenn die Treppe noch defekt ist. Vermutlich gibt es in diesem hohen Haus einen Fahrstuhl. Das ist meine Hoffnung in dem Moment, doch ich weiß es (seltsamerweise) nicht. Ich gehe davon aus. Und diese reichlich wackelige Annahme genügt mir, um mir einzubilden bzw. es mir so zurecht zu legen, dass ich den Hausmeister nicht zu fragen brauche, dass es mir erspart bleibt, den Hausmeister fragen zu müssen, weil ich ihn nämlich lieber nicht fragen möchte.
(Dieses letzte kleine Motiv begegnet mir häufiger: Ich rücke nicht damit heraus, was mich beschäftigt, was mich vielleicht auch gerade ein wenig peinlich bewegt und mir als Frage auf den Nägeln brennt, denn mit dem Ausplaudern würde ich dem Anderen, in dem Fall dem Hausmeister, ja die Gelegenheit geben, sich über mich lustig machen zu können bzw. zu erkennen, wie unselbstständig und unsicher ich in Wahrheit bin.)

Neulich träumte ich etwas völlig anderes, und ich muss dazu wohl einen Trigger einfügen, weil es relativ explizit um Se x bzw. Verf ührung geht.
Trigger

Ich war in einer Turnhalle, die drei Teilhallen umfasst, so wie meine damalige in der Schulzeit ... die Teilhallen sind voneinander durch herabhängende wulstartig verdickte Vorhänge getrennt, die man rauf und runter fahren kann ... Ich gehe aus reiner Neugier in die hinterste hinein; dort spielt ein Pulk junger Männer Fußball, und abgesehen davon, dass sie mit einer typisch verbissenen Ernsthaftigkeit und in Unterhemden schweißgebadet um den Ball kämpfen, etwas zu machohaft, etwas zu toxisch, gleichzeitig aber in unbeirrbarer Gemütsruhe, fällt mir nichts an ihnen auf und langweilt mich der Anblick auch. Obwohl ich Fußball ja sehr mag.
In der zweiten, der mittleren Halle wecken zwei Tischtennisspielerinnen meine Aufmerksamkeit. Sie sind sehr jung, wobei ich jetzt nicht sagen könnte, ob 16 oder 26. Der Ball springt ihnen davon und rollt ungefähr in meine Richtung. Ich versuche, ihn mit meinem Fuß zurückzuspielen, doch es will und will mir nicht recht gelingen. Tatsächlich dreht und dreht er sich immer wieder weg. Eine der jungen Frauen kommt hinzu und lacht. Sie ist der wahre Grund, weshalb ich unbedingt den Ball erwischen und ihr zuspielen möchte; sie interessiert mich, ich möchte mit ihr in Kontakt kommen. Aber der Tischtennisball macht das nicht mit. Das Mädel lacht und lacht, auch weil sie nun selbst vergeblich nach dem Ball schnappt oder eventuell auch, weil sie vom sehr anstrengenden Spiel völlig fix und alle ist. Ich versuche, irgendwas zu ihr zu sagen, aber mir fällt partout nichts Passendes ein. Wieder mal bin ich das Gegenteil von schlagfertig, während die junge Frau, ohne dass ich es erklären könnte, besonders patent und im Jetzt wirkt. Ich glaube, ich sage so etwas Bescheuertes wie: Der Ball hat total viel Spin, was auf ein gutes Spielniveau schließen lässt! Das Mädel lacht zur Antwort: Danke, haha, aber wenn er viel Spin hat, dann wohl eher nur aus Zufall! Sie blinzelt mir beinahe zu, ist mein Eindruck, und strahlt über ihr ganzes, vor Hitze und Überanstrengung rotes Gesicht. Wir erreichen den Ball IMMER NOCH NICHT, und ich bin ein bisschen in Panik, weil ohne ein Zuspiel des Balles von mir zu dem Mädchen kein Kontakt zustande kommen wird ... So denke ich in dem Moment. Plötzlich seufzt das Mädel und legt sich mit dem Rücken auf eine breite Bank. Es ist unklar, warum sie das tut, entweder aus totaler Erschöpfung, um endlich durchpusten zu können, oder weil sie mich provozieren möchte. Aber wieso und wozu denn provozieren?
Sie lacht und lacht weiterhin, es klingt weder spöttisch noch sarkastisch, eher wie jemand, der aus Überanstrengung einen Lachkrampf bekommt oder aber ihn vortäuscht. Sie macht noch mehr als das, für einen Moment hebt sie ihren kurzen Rock an. Wieder ist die Geste für mich missverständlich oder zweideutig: Vielleicht ist es nur eine Übersprungshandlung. Vielleicht will sie sich bloß Luft verschaffen, vielleicht ist das ohne heikle Assoziationen verständlich. Vielleicht aber auch nicht. Für ein paar Sekunden sehe ich ihre Unterwäsche. Sie hat die Schenkel zudem ungeniert und unbefangen weit auseinander. Ich glaube eher, sie will mich provozieren und anmachen, bin mir jedoch nicht sicher. Ich spüre in dem Augenblick vor allem das Verlangen, ihr näher zu sein. Sie liegt in einem 90°-Winkel zu mir, so dass ich keinen wirklich guten Blick auf ihren Unterkörper werfen kann. Wie schade! Ich spüre den unbedingten Wunsch, direkt vor ihr stehen zu können - um was denn zu tun? Bist du verrückt? -, aber ich bin nicht dort, ich stehe FALSCH zu ihr, so meine Empfindung, und keine zehn Pferde werden mich in die andere, bessere Position versetzen können oder wollen. Ich fühle mich angemacht, es ist ziemlich e rotisch, und gleichzeitig spüre ich die ZENSUR, das VERBOT in mir: Wie kannst du dir nur so einen Wunsch anmaßen?
Dass es die junge Frau ist, die vielleicht ein aufreizendes Spiel mit mir treibt; die wissen könnte, dass man so etwas nicht macht; und dass sie ihre Verantwortung zumindest für sich selbst trägt; ist mir nicht wirklich oder nur wenig bewusst. Mir ist selten klar, welche Motive und Antriebe andere Menschen haben. Die Anderen hinterfrage ich kaum. Meine eigenen Motive, ja, die sind mir allerdings sehr auffällig und immer mit Scham, Gier und Unschönheit besetzt. Es ist, als wäre ich das einzige Tier, das einzige Monster, der einzige Gierige auf der Welt. Wobei ich vom Kopf her weiß, dass das Nonsens ist. Ändert aber nichts an meinem Empfinden; dass ich defizitär bin, sobald ich diese Sehnsüchte zulasse. Ich schäme mich in Wahrheit wegen fast allem. Manchmal wenn ich auch nur vor die Tür trete und frische Luft einatme. Weil mir das nicht zusteht. Oder übertreibe ich? Ja. Oft ist es natürlich auch okay, vor die Tür zu treten und Luft einzuatmen. Und in der Lust teilen sich Scham und Vergnügen meinen Empfindungshorizont. Es geht um Nähe.
NÄHE ist das, wonach es mich verlangt, was ich aber ums Verrecken nicht hinbekomme, weder zu mir selbst, schon gar nicht zu anderen. Das Eine bedingt ja das Andere. Und Nähe ohne Distanz, Distanzierung ist bekanntlich nicht möglich.


Gute Dinge:
Ich habe mir auf Anraten meiner Frau ein buddhistisches Buch bestellt. Also eines mit Lebensweisheiten und Entspannungs-Mantras aus der buddhistischen Sicht. Außerdem möchte ich meine auf Karteikarten gesammelten und viel zu wenig genutzten Skills bzw. Verhaltenstipps als ein kleines Buch mir ausdrucken lassen. (Das mache ich ohnehin oft und gerne, wie wohl häufiger hier beschrieben oder angedeutet ...) Ich bin mir einigermaßen sicher, als Buch nehme ich das häufiger zur Hand. Das Blättern ist aus meiner Sicht übrigens ein besonders schönes Verb.
Und ich kann mir das zugestehen, die Welt ist für mich da, meine Welt ist für mich da; natürlich kann ich vor die Tür gehen und die frische Luft einatmen und genießen. Zu oft grübele ich, was mir zusteht, ob mir was zusteht, ob ich mir das rausnehmen kann. Das fängt sogar bei solchen banalen Situationen an. Dass die manchmal beigefärbt sind mit einem Anflug von schlechtem Gewissen oder als wenn ich mir etwas anmaße würde. Es ist mein Leben. Ich kann es zulassen, genießen, was immer mir an Genuss zukommt. Sobald ich mir (regelrecht) vornehme: alle deine Gefühle sind okay. Dein Vorhandensein ist okay. Du bist halbwegs in Ordnung. Du bist einigermaßen okay. Sorge dich nicht!, geht es mir etwas besser oder zumindest leichter in vielen Situationen. Ich beherzige das zu selten.
Muss das hier anscheinend einstreuen: Eines meiner besten Dates gelang damals deswegen, weil ich mich nicht nervös machte wegen ihrer Schönheit, wegen meiner Gefühle und Impulse, sondern mir ausdrücklich zusagte: Was immer du empfindest, es ist okay. Du bist okay! Genieße einfach ihre Gegenwart. Doch, das darf und kann man, daran ist nichts Verwerfliches, Anmaßendes oder Schräges. Und es MUSS auch gar nichts zwischen ihr und mir entstehen! Es ist gut so, wie es ist. DAS ist die gute Haltung, mit der man in eine Begegnung, einen Flirt, eine Annäherung gehen sollte.

Nicht so gute Dinge:
Ich bin mal wieder befasst mit meinen Unzulänglichkeiten. Ich bin zu empfindlich. Zu schnell beleidigt. Zu schnell mit den Nerven am Rande. Ich bin undankbar. Ich bin nicht dies genug, ich bin nicht das genug. Andere Menschen (man soll sich nicht vergleichen) haben ein Leben, ich nur einen Schrotthaufen bzw. eine Baustelle, die niemals fertig wird. Man soll es positiv sehen - genau damit habe ich ja mein Problem ... Ich lebe eine total unbefriedigende Beziehung. Kriege es nicht hin, weder die Beziehung zu verbessern, noch mich zu trennen. Andere (schon wieder der Vergleich) hätten sich längst getrennt oder: Andere (ich vergleiche mich zu oft) hätten den Hintern hochbekommen, was zu ändern. Andere (höre ich irgendwann noch auf mit den Vergleichen?) denken nicht permanent nur an sich selbst, sondern gelegentlich an andere Menschen, ich hingegen kreise nur um mich selbst. Und so weiter und so fort.
Wobei, gelegentlich helfe ich ja meinem Sohn und meiner Frau. Auch meinen Schwiegereltern. Meinem Sohn z.B. gestern noch spätabends beim Korrekturlesen einer wichtigen Mail bzw. Anfrage wegen seiner Praktikumsstelle. Heute Morgen fuhr ich ihn zur Bahn, weil er spät dran war bzw. das Wetter für eine Radtour sehr unschön ist ... Heute Nachmittag helfe ich ihm wieder beim Streichen in der neuen Wohnung. Die beiden Literatur-Bücher, an denen ich gerade bastele, mache ich ja eigentlich auch für ihn. Ich entwerfe auch wieder einen Kalender für meine Schwiegereltern und eine Tante. Naja, das ist nur eine Kleinigkeit bzw. ja ein Weihnachts- oder Vorweihnachtsgeschenk. Meine Schwiegermutter hatte meinen letzten Kalender für sie überschwänglich gelobt. Weil sie sonst ja nie was an mir zu loben findet, dachte ich, als ich ihre Komplimente dazu hörte. Sonst ist er ja unfähig, aber ein gewisses kreatives Talent - oh ja, das hat er! Ist meine Interpretation ihres Lobes. Tatsächlich halten meine Schwiegereltern gar nicht so wenig von mir. (Oder: Sie lassen es mich dankenswerterweise nicht spüren.) Sie sind in der Hinsicht grundsätzlich cool und werten nicht oder nicht so schnell negativ über andere. In diesem Haus wird selten bis nie über irgendwen gelästert. Jeder macht sein Ding und toleriert, wenn andere Anderes bevorzugen. Sehr gute Haltung. Das ist etwas Gutes. Mir würde es die Luft abschnüren, wäre es anders. Und irgendwoher muss meine Frau ja ihre guten Eigenschaften haben. Sie hat sie aus sich selbst heraus. Doch in manchen Punkten sind ihre Eltern ihr ähnlich. (Es gibt auch einige Unterschiede!) Ich rede jetzt von guten Punkten. Meine Frau ist genauso tolerant bzw. wohlmeinend mit den allermeisten Leuten. Da muss ich jetzt aufpassen, sonst schreibe ich hier zehn Seiten lang über sie. Die Frau, die mich schon in ihren Bann zieht, in ihr freundliches Wesen, ihr Einfach-Da-Sein, wenn sie mir nur zuwinkt über dreißig Metern Entfernung.

Oh, es ist immer alles eine Frage der Perspektive! Ich kreise um mich, ja. Habe zu viele Probleme mit mir selbst. Doch kann ich auch ein paar positive Aspekte anrechnen. Sollte ich vielleicht auch.

Ich habe gestern und heute insgesamt etwas über 9 Stunden in der Wohnung meines Sohnes gestrichen. Er selbst hatte wegen wichtiger Studiensachen nicht richtig Zeit. Und meine Frau wollte jetzt lieber entspannen.

Ich dachte, diese Aktivität (und mein nicht geringer Stolz deswegen) verschönert mir etwas mein WE. Ein bisschen fühlte ich das auch heute, nur leider war nach 3 Stunden Malern am Vormittag die Müdigkeit und das Erschöpftsein dann größer, bestimmender. Ich habe zuhause einen zu kurzen Mittagsschlaf gemacht, musste dann noch Schalke gucken, zumindest die zweite Hälfte, mit meinem Schwiegervater. Wie immer nett mit ihm, das Fußball-Schauen, auch wenn Schalke mal wieder nichts auf die Reihe bekam.

Danach war bei mir allerdings der Ofen aus. Daddele im Prinzip seit 16 Uhr rum. Fühle mich müde, auf eine rechtschaffene Art zwar, aber eben trotzdem geschlaucht.

Verdammt, wieder ein Streit mit meiner Frau. Ich komme mit manchen Dingen einfach nicht gut klar.

Und ich bin gerade am Boden zerstört. Wollte eigentlich drei Seiten darüber und über sie schreiben. Das gehört hier nicht hin, denke ich aber jetzt. Also rausgekürzt. Jede noch so kleine Kritik an ihr gehört HIER nicht hin. Bleibe auf deiner Seite, H. Sie ist an rein gar nichts Schuld. ICH trage die Verantwortung für mich.
Ich glaube, ich werde morgen sehr froh sein, dass es Freitag ist/sein wird.

Mein Selbstmitleid mal in ausführlicher Version: Sollte ich irgendwann in einer Klinik landen, fände ich es wirklich okay, wenn meine Liebsten - das sind sie ja noch, das bleiben sie IMMER, das ist unanfechtbar - mich sehr selten besuchen kommen. Das muss echt nicht jede Woche sein. Sonderbar. Es ist nicht so, dass ich sie nicht gerne sehen wollen würde. Aber da ist wohl so etwas wie Selbstbeschämung oder Den-Anderen-nicht-zur-Last-fallen-Wollen in mir.

Je kränklicher ich wäre, je hilfsbedürftiger, je näher dem Ende, desto weniger will ich Besucher um mich herum. Völlig egal, ob sie aus Pflichtgefühl, Zuneigung oder Langeweile zu mir kommen. Die Motive der Anderen interessieren mich ohnehin im Grunde höchst wenig. Der Punkt ist wohl: Ich will in niemandes Schuld stehen. Nicht das Gefühl haben, ich wäre eine Last oder auch nur unbequem für andere. Ich lege keinen Wert auf Treuebekenntnisse. Na, Moment. Doch, das ist mir viel wert. Nicht auf das öffentliche Bekenntnis, die Tat, die Ausführung. Sondern dass meine Frau Interesse hätte, mich zu besuchen; aber sie muss es nicht tun!

Das ist wie mit Paris und der Seine. Es gibt Pariser, die nie auf die andere Seite der Seine hinüberspazieren bzw. schauen. Und den Fluss und seine Brücken ziemlich oft ignorieren. So als gäbe es da nichts Schönes, nichts von Belang zu sehen oder auszuprobieren. Es genügt ihnen, dass sie es theoretisch tun könnten.
So habe ich das in manchem auch. Muss bei schönem Wetter nicht ständig in den Swimmingpool springen, die Sonne genießen und draußen herumturnen. Aber es ist dennoch nett und entspannend, während ich in meiner Bude hocke, wenn das Wetter danach ist und man es theoretisch machen könnte.

Ich wollte wieder tausend Sachen schreiben, aber vielleicht drossele ich zur Abwechslung mal ganz einfach meine Geschwätzigkeit.

Meine Frau hat Corona; außer etwas Erkältung keine Symptome, es geht ihr einigermaßen gut. Ich hingegen habe, Stand der Messung gestern, kein Corona, fühle mich aber miserabel. Denke ein bisschen: vielleicht war der Test nur unzureichend? Oder es dauert ein paar Tage, bis es sich auch bei mir zeigt?

Habe mich krank gemeldet. Mir geht alles ein bisschen rechts und links vorbei.

Ich bin so komplett außer mir, dass ich mich frage, ob ich das hier hingeschrieben bekomme. (Ob es überhaupt Sinn macht,
weil es zu lange dauert, weil es auf Selbstzerfleischung hinausläuft und weil ich zu sehr neben der Spur bin, um nachvollziehbar zu schreiben und nicht völlig irrational ... durchzudrehen?!?!?)
Streit mit meiner Frau. Und ich bin so dermaßen wütend, verletzt, verzweifelt.

Es ist immer dasselbe. Wir kommen an eine Weggabelung (das ist jetzt symbolisch/im übertragenen Sinn gesprochen). Ich würde mir so sehr wünschen (manchmal? oft? zu oft, zu bedürftig?), dass sie mich fragt: Hey, was meinst du, welchen Weg sollen wir gehen? Auch, dass sie überhaupt das Thema anfängt. Dass sie mir schildert, dass sie die Gabelung sieht. Das ist schon das erste, was sie NICHT macht. Sie denkt es für sich selbst und zieht irgendwelche Konsequenzen daraus.
Nie schildert sie mir ihre Beobachtungen - stattdessen setzt sie mir sehr schroff ihre Entscheidungen vor, die sie fortwährend (ausschließlich) mit sich selbst ausmacht.

In dem Beispiel: Sie sagt keinen Ton, biegt einfach links ab. Ich frage sie: Hey, warum gehst du links, wieso entscheidest du dich dafür und wieso besprechen wir das nicht?

Ihre Antwort darauf ist nicht etwa: Oh ja, hätten wir besprechen sollen! Sondern eher: Ich dachte, es WÄRE KLAR, dass der Weg weniger steil ist, dass du das siehst, und dass wir dann besser da lang gehen.

Sie geht also von etwas aus, was gar nicht besprochen wurde und von ihr dennoch als selbstverständlich und implizit mit mir abgeklärt vorausgesetzt wird.
Und ich kann ihr hundert Mal sagen: Du, ich würde mir wünschen, dass du dich mit mir austauscht, mir deine Gedanken schilderst, und du mich nach meiner Meinung fragst; kurz, dass wir Dinge GEMEINSAM beschließen. Ist mit ihr nicht zu haben.

Noch schlimmer: Wenn ich etwas sage zu der Weg-Situation, sei es ein Einwand oder eine Ergänzung: Sobald ein DRITTER mit im Gespräch ist, ignoriert sie mich. Geht es ihr nur noch um diesen Dritten.

Und ich weiß auch, dass das zu 90% mit meiner Vergangenheit zu tun hat. Damals hatte ich immer das Gefühl: bloß nichts sagen, meine Gefühle und Gedanken und Wünsche zählen ohnehin nicht. Sie werden eher demaskiert, ins Lächerliche gezogen, desavouiert, sobald ich sie in meiner Ursprungsfamilie vorbringe. Ich hatte so eine Art Duldungsstatus in meiner Familie: Ich wurde dort, wohl weil ich in sie hineingeboren wurde, ernährt und halbwegs auch sonst (materiell) versorgt, ab und zu gab es sogar Gutes. Aber was oder wie ich fühlte, wie es mir erging, welche Meinung ich wozu auch immer habe, wurde ich nie gefragt. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich null Nähe und null Zuneigung für meine Eltern. Ich war erleichtert, wenn sie mal nicht da waren. Mir wurde mehr oder minder deutlich signalisiert, dass ich leise sein soll, dann und nur dann war es aus Sicht der Eltern erträglich mit mir. Das ist ernsthaft meine Sicht auf mein Elternhaus. Meine Mutter wusste nicht mal ansatzweise, warum ich so denke. Hätte ich ihr das damals erzählt -, hätte sie mir hundertprozentig mit Gejammer und Herumklagen geantwortet: Aber wieso sehe ich das denn so? Wie komme ich, ihr Sohn, denn dazu? Du bist doch mein Sohn, natürlich liebe ich euch doch alle? Dich genauso wie die Anderen! Wenn meine Mutter so etwas von sich gab, klang es wie ein Vorwurf: Wieso fühlst du dich denn nicht geliebt, wieso muss ich immer solche Beschwerden von dir hören? Mein Gott, wie du mich belastest!
Ich spürte diese Liebe nicht. Fehlanzeige. Nada. Nullkommanull. Wäre lieber in einem Heim oder einfach anderswo aufgewachsen. Mit neutralen und von mir aus ruhig etwas distanzierten Erziehern.
Wo ich gerade dabei bin: Mein Vater hat eh nie mit mir gesprochen. Außer ein paar Kommandos am Mittagstisch. Er hat nie mit mir gespielt, nie sich für mich interessiert, nie mir irgendwas gezeigt oder beigebracht. Als wir noch kleiner waren, mein Bruder und ich, hat er uns ab und zu zum Fußball mitgenommen. Ja, das waren dann Höhepunkte meiner Existenz. Bei einem Tor haben wir uns tatsächlich umarmt. Im Stadion ging das. Dann ist er weggezogen, als ich 12 war, und hat sich so gut wie gar nicht mehr gemeldet. Hat sich wohl nachher noch mokiert und herausgeredet, wir hätten uns ja für ihn nicht mehr interessiert, weil wir ein oder zwei Mal auf Einladungen von ihm, die so selten wie eine Sonnenfinsternis vorkamen, nicht gerade begeistert reagiert hätten oder hatten. Er hat das nachher einfach umgedreht, nicht etwa er hat sich für seine Kinder einen Dreck interessiert, abgesehen davon, dass er immer pünktlich den Unterhalt zahlte, immerhin, sondern seine undankbaren Kinder hätten sich bei ihm ja nie gemeldet. Wahnsinn. Ich war 13, 14, hatte keinen Vater, da ist einfach nur eine Leerstelle, so gut wie keine Erinnerungen; ich konnte und wollte mich nicht bei diesem Abwesenden melden, und er drehte das einfach um als Ausrede, weshalb er sich nicht kümmerte ...
Er war ohnehin ein emotionaler Eisklotz. Jemand, dem Nähe schwerfiel. ICH für meinen Teil konnte kaum die Finger lassen von meinem Sohn, so lieb, so süß, so liebenswert erschien er mir. Endlich eine Familie, endlich Menschen, die mir etwas bedeuteten. Mit denen mich Zuneigung und Freude verband.

Und jetzt bröckelt wieder mein Gefühl, dass meine Frau auch nur für fünf Cent Interesse an mir hat. Es wiederholt sich (in etwas veränderter, aber eben doch bekannter) Form das Muster der Vergangenheit.
Ich hätte mich genauer prüfen müssen, als ich damals heiratete. Ich wusste: Ich laufe ihr hinterher. Während sie mir kaum zwei Schritte entgegen geht. Verliebt war sie nie in mich. Mit mir nah zu sein, hat ihr nie etwas gegeben, bis hin zu dem Punkt, dass es ihr eine Last war/ist. Sie kommt hervorragend ohne mich aus - von ein paar Formalitäten und Erledigungen abgesehen. Sie wird mich schnell vergessen haben, wenn wir uns trennen.
Während sie für mich die Frau ist, für die ich wer-weiß-was getan hätte. Ich gönne ihr von Herzen Glück, Spaß und Gutes. Und sie hört mir nicht mal zu, wenn ich was sagen möchte in Dreiergesprächen.
Das ist übrigens der wahre Grund, warum ich im Krankenhaus, sollte ich dort mal landen, nicht (oft) von ihr besucht werden möchte. Ich habe das Gefühl, sie braucht mich nicht. Dann soll sie nicht vorgeben, ich wäre ihr sonderlich wichtig. Ich hasse jegliches Getue, dieses Schein-Wahren. Wobei meine Frau ja gar nichts am Hut hat mit mehr Schein als Sein. Es ist ihre Art der Solidarität und sogar Zuneigung, wenn sie mich besuchen käme. Vermutlich würden sich Mitpatienten und Krankenhausangestellte ein wenig wundern, warum ich so wenig Wert und scheinbar wenig Dankbarkeit in Bezug auf die Besuche lege. Es war ja auch so, als ich die drei Wochen letzten Sommer in der Klinik war. Ich hatte keine Lust, am Wochenende nach Hause zu fahren oder groß Besuch zu bekommen. Bin ich kaltherzig? Nein, ich glaube nicht. Ich mag nur nicht zur Last fallen. Und ich mag keine Getue. Komm vorbei, wenn dir wirklich danach ist. Wenn du Besseres vorhast, auch okay. - Nein, ich kriege es nicht ganz auf die Reihe, wieso mir das so egal ist. Sonderbar. - Und mich nerven übrigens alle Menschen (relativ schnell), die über Einsamkeit klagen. Tragisch ist es natürlich, wenn das mit Selbstabwertung einhergeht. Mit der existenziellen Angst, nicht dazugehören zu können. Aber Einsamkeit an sich ist doch der Kern jeder Erfahrung. Wir sind erst mal jede/r nur für sich. Wir erfahren niemals etwas außer uns selbst. Gehe auf den Anderen zu, wenn du etwas von ihm möchtest. Zeige etwas Mut - das ist alles. Dann wird die Welt sich dir schon öffnen, bereitwilliger, als du es in deinem Elfenbeinturm immerzu denkst. (Das sage ausgerechnet ich, der sich fast nie etwas zutraut.)

Weiter mit meinem Gejammere: Mir geht es emotional leider genauso wie der Figur Gabriel Conroy in der Erzählung die Toten - habe ich schon erwähnt, oder? - ein Mann, der ernüchtert feststellt bzw. resümiert, was für eine lächerliche Rolle er im Leben seiner Frau spielte. Exakt meine Empfindung. Ich muss mich trennen, ist der einzige Schluss, den ich (sinnvoll) sehen kann. Es war ein Fehler gewesen, sie zu heiraten. Ist leider mein trauriger Grundgedanke.

So lieb ich sie hatte und habe, das allein reicht nicht. Es war von mir eine reine Bauchentscheidung. Ich blendete aus, dass sie ihrerseits nicht sonderlich viel Liebe für mich empfand. Ich wollte einfach nicht ohne sie sein. Ich hatte immer gehofft, sie würde Teil meines Lebens werden. War blind vor Verliebtheit. Noch heute bezaubert sie mich (oft). Wie gerne ich ihre Stimme höre, wie liebenswürdig mir alles an ihr erscheint, wie unverstellt und großherzig ihre Art ist. Es ist lange her, da fuhr ich mal mit dem Fahrrad ziemlich weit zu ihr, sie war im Haus ihrer Eltern. Als ich ankam, stand oder saß sie am Fenster, schaute heraus, lächelte und winkte mir zu (ohne ein Wort oder eine sonstige Geste). Oder wie wir aus der Kapelle, in der wir uns gerade das Ja-Wort gegeben hatten, rauskamen und draußen (herrlicher Sonnenschein, der letzte schöne Tag im Sommer) an einem langen Tapeziertisch die Gäste mit einem spontanen Imbiss versorgten: Sie acht oder zehn Meter von mir entfernt am anderen Tischende, dazwischen ein Dutzend Leute, wir hatten keinen Augenkontakt, kaum Hörweite zueinander und doch kam es mir vor, als würden wir alles wie aus einer Hand tun; nie war mein Liebesgefühl und Gemeinschaftsgefühl stärker als in jenem unspektakulären Moment - oh, er war spektakulär, weil es das Erste war, was wir verheiratet taten. Oder wie wir mit unserem Sohn zum ersten Mal nach Hause gekommen sind, was für ein stilles, zartes, glückbedeutendes Gefühl, zu dritt aus dem Krankenhaus zurückzukehren. Wahnsinn. Könnte ich doch nur das Licht dieses Tages zurückgewinnen, wieder spüren, es war so hell, so köstlich, so voller Glauben an die Zukunft. Der Geburtstag meines Sohnes war mein glücklichster Moment im Leben. Und wie meine Frau ihn das erste Mal in den Arm genommen hat, sofort schien ihr Schmerz, den sie zuvor erdulden musste, wie weggeblasen - wobei das ja wohl auch physiologisch so ist, dass dann Adrenalin und Endorphine alle Schmerzen überblenden und ablösen - sofort war sie gelöst und ganz bei ihm, dem Sohn, dem winzigen und doch schon perfekt ausgestatteten Erdenwesen und begrüßte ihn herzlich und offiziell auf dieser Welt. Wahnsinn. Ich hätte mir die Augen aus dem Kopf heulen können, so schön war das. Großartig übrigens auch der Moment, in dem ich seinen Namen an die behördliche Stelle meldete. Wie soll das Kind heißen? Das als Eltern festlegen zu können, zu dürfen; für mich das Allergrößte.

Ich merke, dass ich ins Schwätzen gerate.

Namen sind Schall und Rauch, sagt man, und jeder muss einen haben. In 100 Jahre Einsamkeit gibt es am Anfang diesen Satz ... die Welt war noch so jung, dass manche Dinge, Flüsse und Orte noch eines Namens entbehrten, und um sie benennen zu können, musste man darauf zeigen. (Sinngemäß zitiert.) Mein Sohn trägt meinen Nachnamen. Das ist einer der zahlreichen Punkte, die ich an ihm mag bzw. liebenswert finde. Komischerweise aber sehe ich wenig Parallelen zwischen ihm und mir. Er erscheint mir seiner Mutter ähnlich, aber nicht mir ähnlich, obwohl das objektiv betrachtet wohl eine seltsame Sichtweise ist. Ich sehe ihn und seine Mutter in einer Sippe, die der Rotblonden, Großgewachsenen, Stolzen und doch alles andere als Arroganten, und ich selbst bin etwas außen vor oder ein Zusatz, der auch anders hätte ausfallen können. Dummerweise hat er, mein Sohn, an seinem Ohr das selbe etwas eingedellte, angeknabberte Ohrläppchen, er hat das links, ich habe es rechts; ich hätte eigentlich ganz gerne mit dem Zweifel kokettiert, ob ich wirklich sein leiblicher Vater bin. Aber so, bei dieser Ohren-Situation, ist ein Vaterschaftstest überflüssig. Schade.

Ich werde geschwätzig. Ich rede daher, rede mich von meinem Problem weg. Weil ich mir irgendwie einreden muss/möchte, dass ich doch eine Basis habe mit meiner Frau und diese Basis ist gar nicht gering.

Ich mag es ja, wenn Flugzeuge abends schemenhaft ins Dunkel aufsteigen, ihre Lichter dabei bunt und doch ruhig pulsierend blinken und die Turbinen durchdringend rauschen. Wenn eine Liebesgeschichte in erstaunliche Wendungen abbiegt; zwei Menschen stellen fest, dass sie sich gegenseitig erträumt haben und gemeinsam die Rätsel in ihren Träumen lösen können. Wenn der Titel eines Romans mich neugierig macht. Wenn ein Hund mit den Kindern im Nachbarsgarten spielt - er mit ihnen, mehr als umgekehrt sie mit ihm - und dabei kaum zu bremsen ist, das Wedeln seines Schwanzes wie für das ganze Tier sprechend. Genauso liebe ich das Tapsende, Zögerliche, Ausprobierende von Katzen, wenn sie über Schnee oder kalten Untergrund schleichen. Und Ende des Monats werden wieder die Kraniche pünktlich über unser Dorf hinwegziehen. Ein Kollege neulich erzählte mir, dass er Füchse besonders mögen würde, ihn diese Tierart faszinieren würde, und ich musste den Impuls unterdrücken, ihn zu fragen, ob er Jäger wäre ... Was Stumpfsinnigeres fiel mir wohl nicht ein. Dabei weiß ich, dass dieser Kollege aus einem Land stammt, das wesentlich größer ist als unseres und weiträumigere, echte Naturgegenden aufweist. Vielleicht rührt es daher. Dass er alle möglichen Vierbeiner schon in freier Wildbahn kennengelernt hat. Ich habe in meine Literatursammlung Rilkes sattsam bekanntes Gedicht über den Panther eingefügt, weil jemand mich hier in dem Forum an dieses Gedicht erinnerte. Meine Uhr hat immer noch ein paar winzige Sprühflecken weißer Farbe, obwohl das Streichen der Wände in der Wohnung meines Sohnes schon wieder zwei Wochen her ist. Wobei, ich weiß das gar nicht mehr genau - ich habe ein schlechtes Gedächtnis für alles, was länger als zwei oder drei Tage her ist, wann das genau war und an welchem Wochentag.

Langweile mich mit meinen Einträgen hier; oder: sie erscheinen mir langweilig, unwesentlich und auch zu konfus. Also in dem Sinne: Es läuft auf nichts hinaus. Ich habe keinen Plan, was ich hier eigentlich schreibe. Worum es geht. Neulich hatte ich mir ja vorgenommen, mir Skills auf Karteikarten zu schreiben. Das habe ich dann gemacht. Um sie danach eben kaum noch anzugucken. Wollte ein Buch daraus machen, vielleicht gucke ich das ja häufiger an. Aber auch dieses Vorhaben versandete eher. Obwohl ich schon weit über zwanzig Seiten hatte. Ich habe öfter Projekte (klingt zu hochtrabend), die ich dann nicht durchziehe. Maßgaben, Vorgaben, Vorsätze, die ich eher aus den Augen verliere, als dass ich mich danach richte. Andererseits habe ich ja auch viel um die Ohren. Vergleichsweise. Ist es mein Ziel, hier eine Art Gefühlstagebuch zu machen? Dann schreibe ich häufig daran vorbei ...

Ein kleiner roter Faden vielleicht: meine Gemütsverfassung, meine Gefühlslage. Auf einer Depressivitätsskala von 0 (gar nicht) bis 10 (total extrem) derzeit der Wert 4-5. Nicht so gut.

Sich nicht von den äußeren Dingen zu sehr einspannen und auffressen lassen.

Ja, muss ich mehr beherzigen.

Mich stresst:
Die Arbeit. Erläutere ich hier nicht weiter ... Dann unser Immobilien-Kram. Ein Beispiel: Steuererklärung für 2022. Wir haben ja mittlerweile einen Steuerberater. Von daher: weniger zu tun, eigentlich. Aber allein das: ich muss etliche Rechnungen und Belege wegen Ausgaben/Einnahmen bei den Häusern raussuchen. Muss vermutlich 30 Seiten einscannen, na super, wir haben keinen Scanner mit Einzug, da muss jedes Blatt einzeln vorgenommen werden. Außerdem muss ich endlich mal mein Home Office vernünftig nachweisen, brauche dazu noch eine Bestätigung vom Arbeitgeber. Zweiter Punkt: Für zwei Banken sollen wir gerade wieder mal die finanziellen Verhältnisse darlegen, reicht da als Vermögensnachweis die letzte Vermögensaufstellung vom Mai? Ich weiß noch, wie ich beim ersten Mal bestimmt weit über einen Tag brauchte, um meine Kontoauszüge, Versicherungen, Lohnbescheinigung etc. zusammenzubekommen. Jetzt bin ich da schon etwas geübter, lockerer, und trotzdem: ein Berg für mich. Extra-Unterpunkt: Wir benötigen eine Feststellungserklärung für 2022. Ich wusste erst überhaupt nicht, was das sein soll. Mit solchen Dinge schlage ich mich stundenlang herum.
Eigentlich sortiere ich gar nicht so ungerne Belege und Unterlagen.
Aber hier ist es einfach etwas zu viel, zu uferlos und mir oft zu unbekanntes Terrain.

Außerdem muss einiges für den Umzug meines Sohnes geplant werden. Allein das macht mich schon ein wenig unruhig. Wie wir die neue Küche dorthin bekommen, z.B. Liefern lassen für relativ viel Geld? Oder es irgendwie selbst organisieren? Eines von fünf Themen für den Umzug.
Nebenher wollten wir eigentlich ein neues Auto kaufen. Und in Lauerstellung ist bei mir das vergleichsweise ja doch kleine Problem: Weihnachtsgeschenke (rechtzeitig) besorgen! Meine Frau würde gerne an einem Wochenende länger wegfahren. Setzte mich sofort in Panik: Wann sollen wir für so etwas denn Zeit haben?
Ich bin überfordert.

Über meine Sehnsucht
Sometimes I feel like everybody is s exy and I'm a monster on the hill.


Ist doch schön, wenn man sich in den Zeilen eines Popsongs wiederfindet. Viel mehr sagen muss man/ich gar nicht.

Mein Depressionslevel ist bei 7-8 von 10 Punkten. Versuch, das zu beschreiben:

Der Gedanke, jetzt zu meinem Feierabend:
Bringt alles nichts. : (((. Sehr negative Stimmung in mir.
Ich bin gar nicht so extrem müde, aber depressiv gestimmt oder nah dran am depressiven Gefühl:
NICHTS, wirklich NICHTS passt. Und es erscheint zu mühselig, auch nur eine Kleinigkeit zu unternehmen.
(Aber andererseits, ganz so weit ist meine depressive Verstimmung dann doch nicht, scheint´s, denn ich kann mir noch vorstellen, z. B. einkaufen zu gehen, wenn es sein muss.)

Ich gehe (vermutlich, vielleicht) trotzdem in die Fitness-Garage. Mache da ganz sachte vielleicht ein bisschen was. Bevor ich wieder nur komplett abhänge bzw. überhaupt nichts tue.
Manchmal hilft das ja sogar ein bisschen, diese Körperbetätigung. (Glaube gerade wenig daran, aber es ist oder wäre besser als nichts.)

Neues vom Nichtsschnall.

Ich schreibe jetzt darüber, wie lächerlich ich mir manchmal oder eher sogar oft vorkomme. Eigentlich ist mir das klar, dass man sich anders und besser stellen kann zu solchen Kleinigkeiten, wie die, die ich weiter unten beschreibe, und ich habe ja auch den Grundsatz, dass man sich von äußeren Dingen nicht so erschlagen lassen soll, doch das funktioniert bei mir nur selten.
Ich schaffe es eigentlich nicht, nahezu nie, meine Sicht auf solche Probleme (wie gesagt, ich komme gleich nach ein paar Absätzen darauf zu sprechen) vernünftiger, mir gegenüber wohlwollender zu verbessern. Ich denke stattdessen: Ich BIN ein Idiot. Ein Loser. Jemand, der befremdlich unerwachsen und ahnungslos ist. Vielleicht ist so ein Urteil immer relativ. Aber ich komme mir selbst peinlich vor. (Und meine schlimmsten Selbstabwertungen schreibe ich hier ja noch nicht mal.)

Vorweg: Das mit dem ein bisschen Sport machen war wieder richtig. Wohltuend, ein bisschen zumindest. Wenn ich (wie heute Nachmittag) etwas Motivationsschwierigkeiten habe, mich aufzuraffen, teile ich das (mittlerweile wirklich recht erfolgreich) in kleine Schritte auf. Eine Jogginghose hatte ich heute ohnehin den ganzen Tag an; ich bin einfach in den Flur gegangen und habe meine Sportschuhe angezogen. Ich habe sie nicht mal zugebunden, das ist mir nämlich beinahe schon zu viel (leicht quälender Aufwand) - jedenfalls in der Verfassung, in der ich war. Also Reinschlüpfen in die Schuhe und dann die Haustür öffnen, das war noch im Bereich des Möglichen. Und so ging es weiter: Ich schlurfte langsam Richtung Garage. Da es kalt war, joggte ich 20-30 Meter, funktionierte. Ich spürte draußen sofort mehr Sauerstoff und auch etwas mehr Licht. Machte dann die Garage auf, begann ausschließlich meine Lieblingsübungen. Auch wenn die kein reines Vergnügen sind, so ist es ja auch nicht. Aber ein bisschen gibt einem das ja auch ein schönes Gefühl. Die Konzentration auf einen bestimmten Muskel wie z. B. beim Bizepstraining finde ich eher angenehm oder zumindest nicht verkehrt. Alles andere rückt dann ein bisschen von mir ab. Ich weiß nicht, wie ich das besser beschreiben soll. Ich habe es gut hinbekommen, mich nicht zu überfordern, sondern sachte an die Sache ranzugehen: Wenn eben nicht, dann nicht! Keine sehr hohen Gewichte nehmen! Hier muss nichts! Mein Vorhaben ist es bloß, ein bisschen die Muskeln zu spüren und ein leichtes Training zu haben ... Liegestütz zählen nicht gerade zu meinen Lieblingsübungen, aber wieder klappte es mit dem Prinzip der kleinen Schritte; ich dachte mir, es ist auch okay, wenn ich nur fünf mache, einfach um die Bewegung wenige Male ausgeführt zu haben; kaum war ich dabei, wurden es dann relativ leicht mehr.
Ich will nicht zu viel über das Training quatschen, aber den Halbsatz noch: Seitheben für die Schultern (mit geringem Gewicht) mache ich vergleichsweise gerne. Weil es meiner Haltung gut tut. Kommt mir jedenfalls so vor.

Das hat also funktioniert. 15 Minuten oder so, nicht länger, und immer piano. Danach war ich deutlich entspannter und etwas wacher, vom Kopf her; der Körper eher angenehm müde. Daher legte ich mich zu meinem üblichen Nickerchen hin. Das dauerte dann leider länger, als ich es beabsichtigte, irgendwer hatte ich den Wecker falsch gestellt oder es vergessen. Jedenfalls war es schon nach 18 Uhr, als ich aufwachte. Komisch, das alles kommt mir vor als wäre es weit länger als vorhin am späten Nachmittag.
Dann kam das Abendessen mit meiner Familie, war ganz nett. Und mein Sohn zeigte uns ein Video, an dem er mitgemacht hatte, ein besonderer Ergänzungskurs in seinem Studium.

Und jetzt kommt der mich demütigende Teil des Abends. Ich ging rüber in das Büro meines Schwiegervaters, um dort mit ihm den Rest des Schalke-Spiels zu sehen. Danach kam noch die Erstligapartie (Gladbach gegen Wolfsburg) und wir guckten gemeinsam den Anfang davon. Wieder mal fiel uns der schlechte Ton (des Fernsehers) auf. Das an sich stört mich eigentlich nie groß, aber dieses Mal war es so, dass der Zuschauerlärm recht laut kam und die Kommentatorenstimme ein wenig unterging.
Ich kam auf die Schnapsidee, über den Sky-Receiver die Ton-Einstellungen verbessern zu wollen, dabei hätte mir klar sein können, dass es am Fernseher lag. Ich kenne mich nicht damit aus, meinte mich aber zu erinnern, dass Sky auch mal unterschiedliche Ton-Kanäle angeboten hätte (?!?), jedenfalls probierte ich ein paar Menü-Punkte aus.
Ich hasse es übrigens, dass heutzutage Fernseher, Handys und ähnliche Gerätschaften zehntausend Einstellmöglichkeiten und Untermenüs haben. Vertiefen wir das nicht, sonst schreibe ich hier zehn Seiten.

Also, jedenfalls fand ich natürlich trotz Rumsucherei keinen Sound-Equalizer oder dergleichen. Mein Schwiegervater aber wies mich auf den Unterpunkt Werkseinstellungen in einem Teil-Menü hin, ob das nicht vielleicht Sinn machen könnte, die aufzurufen. Und halb im Nebel, halb in Hektik meiner Gier, etwas hinzukriegen, drückte ich dann diesen Unterpunkt. Big mistake!
Hätte ich eigentlich wissen müssen, dass man nicht den RECEIVER einfach ohne Not auf die Werkseinstellungen zurücksetzt. Genau das versuchte das Teil dann nämlich. Alle Sender gingen verloren und erst nach mehreren Minuten kam ich dann darauf, den Sendersuchlauf wieder neu anzustoßen. Der rödelte zwar wiederum fünf bis zehn Minuten durch seine Schrittfolge akkurat und quälend langsam durch, aber es schien wenigstens alles wieder heil zu werden. Schien aber auch nur so. Beim letzten Punkt (dem fünften) namens EPG aktualisieren blieb er irgendwie hängen und blinkte bloß in endloser Folge Bitte warten ... bitte warten .... Keine sonstige Erklärung, kein Plan, keine Hilfe, was da überhaupt passierte und was EPG bedeutet.

Ich glaube, ich habe sechs Mal versucht, den Receiver irgendwie zu resetten, aber das verdammte Programm zeigte nur nach den ersten Schritten erneut Bitte warten an. Das fühlt sich für mich immer an wie die Vorhölle, wenn man von einem besch******* Software-Programm an der Nase herumgeführt wird, nicht weiß, was man machen soll, man mit Strg X aber auch nicht rauskommt aus der Nummer. Absolut ätzend. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich am liebsten Programmierern und EDV-Verantwortlichen für solche kryptischen Fehlerquellen irgendetwas antun, was man hier besser nicht hinschreibt. Leute, ich wollte nur den Ton einstellen! Und das Sky-Receiver-Menü enthält hundert Unterpunkte, aber nichts, was mein naheliegendes Problem behandelt. Oder ich war zu blöd, es zu finden. Kann auch sein. Und ein fataler Fehlklick führt dich ins Nirwana der Erstinstallation, mit einer Hydra aus lauter kleinen Abfragen, die man nicht wirklich versteht, und als einzige Schlussreaktion das Bitte warten-Geblinke.
Jedenfalls saß ich da fast zwei Stunden rum. Rief zwischendurch im Internet den Sky-Helpdesk auf, der alles Mögliche an Informationen absonderte, nur keine, die mir weiterhalf. Inzwischen weiß ich, wofür EPG steht, ohne wirklich zu begreifen, wozu es einen Elektronischen Programm-Guide gibt und warum er mir Lebenszeit klaut, beim Versuch, sein Fehlverhalten bzw. seine Warte-Meldung zu verstehen. Ätzend. Eigentlich können solche Zwischenfälle mir den letzten Nerv rauben.

Ich war kurz davor, aufzugeben, als Sky dann doch noch beschloss, irgendwie diese EPG-Aktualisierung zu beenden oder abzubrechen, vielleicht habe auch ich sie durch irgendeinen Tastendruck abgebrochen, keine Ahnung. Jedenfalls waren die Sender plötzlich alle wieder da. Das kam genauso abrupt, unverständlich und irritierend daher wie der plötzliche Absturz zwei Stunden zuvor. Man versteht es einfach nicht. Ich verstehe es nicht.
Abgesehen davon, dass beim Startfenster noch irgendeine EPG ist unvollständig!-Pseudo-Warnmeldung kommt, ist alles so wie vorher. Scheint´s. Kein Witz, ich hatte regelrecht Angst, den Receiver wieder auszuschalten, aus der Sorge heraus, die glücklich wiedergefundenen Einstellungen könnten sich wieder verabschieden.

Das Lächerliche und Peinliche an mir ist NICHT, dass ich ahnungslos am Receiver rumfummelte. Und auch mit Ü50 nicht auf einen Stand komme, mich zur Abwechslung mal mit irgendwas auszukennen. Das ist in meiner DNA drin, dass ich mich immer nur pseudo-mäßig und zu wenig mit alle möglichen Themen auskenne. Das wahre Problem ist, dass ich mich nie wirklich stelle. Nie wirklich bereit bin, was zu lernen und Dinge für mich zu erarbeiten. Und in solchen Momenten meinem Schwiegervater zu sagen: Moment mal, ich bin ahnungslos. Ich will da lieber keine Werkseinstellungen drücken. Übrigens wäre es nett von diesem Drecksprogramm des Receivers gewesen, wenn dort statt nur Werkseinstellungen gestanden hätte Werkseinstellungen wieder herstellen; Achtung, kann ihre Sender löschen!. Ich hatte eigentlich erwartet, dass man unter Werkseinstellungen zunächst mal ein weiteres Menü aufruft und nicht direkt eine fatale Aktion auslöst.

Ganz früher habe ich mal die Zündkerzen meines ersten Autos ausgebaut. Das war aber nicht schwierig; und außerdem die große Ausnahme. Reifen gewechselt habe ich auch mal, oder eine Batterie. Ich gebe noch heute damit an, um mir selbst vorzumachen, ich hätte was anderes als zwei linke Hände. Das ist der wahre Kern des Idiot-Seins:
Der Idiot merkt nicht, dass er null Peilung hat und macht sich und anderen was vor. Statt nachzudenken und Dinge zu begreifen, betreibt er Schaumschlägerei und zündet Nebelkerzen. Weil er sich den Dingen nicht stellt. Das trifft in vollem Umfang oder zu mindestens 96% auf mich zu.

Und mein einziger ein bisschen besserer Umgang mit der Welt, das einzige Mittel, das ich da habe, ist mir erstmal zuzugestehen, dass ich mich gar nicht auskennen muss. Dass es ein Stückweit okay, manchmal hilflos zu sein. Kein Überflieger und Bescheidwisser zu sein. Ich muss nur zu mir stehen. In manchen Situationen, wenn es z. B. darum geht, eine INI-Datei zu korrigieren, habe ich ja auch kein Problem damit, mir einzugestehen: Ne, kann ich nicht, mache ich nicht.

Ich war vor Scham und Selbstabwertung vorhin wirklich am Boden.

Herzschmerzalarm höchste Stufe ...

https://open.spotify.com/intl-de/album/...7i4v9pCu0j

Das höre ich (manchmal): Die Acoustic Version von Empty Space hat mich schwer erwischt.
I let my ego swallow me. How could I make you love me? Wenn ich behaupte, ich höre und sehe dich nicht in allem, was ich tue; wenn ich behaupte, du wärst nicht mein Ein und Alles und ich wäre nicht gesegnet mit dir; wenn ich behaupte, ich würde die Trennung nicht bereuen; mache ich mir vermutlich (mal wieder) etwas vor. Ich liebe dich so sehr, dass jedes Wort in mir für dich ist, nur für dich. Du füllst das Vakuum in mir, du bist die Einzige, die das kann.
Der Text könnte von mir sein. (Wenn ich es drauf hätte.)

Okay, das Thema vom späten Freitagabend ... Ich weiß nicht, ob das irgendwer gelesen hat. Meine Scham entstand dadurch, dass ich mal wieder meine vernünftige Stimme, meine überlegte Stimme gar nicht hörte oder beachtete, weniger darin, dass ich bei diesen Sky-Einstellungen keinen Durchblick hatte. Aber der Mangel an Durchblick (oder meine Annahme, ich hätte keinen Durchblick) ist natürlich die Quelle für mein mutloses Verhalten.

Damit meine ich: Ich handele nicht aus Überlegung heraus, mit dem gesunden Selbstvertrauen, ich tue jetzt das, was ich für richtig halte. Sondern ich handele ein bisschen zu sehr aus der Haltung heraus, VORZUSPIELEN/ quasi vorzutäuschen, ich wüsste, was ich tue. Ich bin wie jemand, der eben NICHT zugibt, hey, ich habe keine Ahnung und bin deshalb auch ein bisschen beschämt oder unruhig. Ich tue so, als wüsste ich, welche Knöpfe ich da drücke. Weil ich mir mal wieder nicht eingestehen wollte, H., du hast null Peilung.

(Und ich weiß, dass das merkwürdig klingen muss, wenn ich das so seitenlang anhand dieses relativ unwichtigen Punktes (Sky-Receiver resetten) ausführe; aber ich habe derlei Gefühle und Spannungen häufiger!

Wie stehe ich zu etwas? Wie stehe ich zu mir? Fällt mir oft schwer. Ich bin ja sehr oft damit beschäftigt, ob ich mich und meine Gefühle akzeptieren kann. Eigentlich komme ich am besten klar, wenn ich mir, bevor ich in eine Situation gehe, gut zurede: Du bist okay! Was immer du fühlst, deine Gefühle sind in Ordnung! Dann und nur dann komme ich in einen guten Umgang mit fast allem. Oder eher klar. Weiß nicht, ob das verständlich klingt.

Und für gesunde, normale Menschen ist das wohl einigermaßen selbstverständlich, dass sie mit einer solchen inneren Haltung handeln. Dass sie sich selbst nicht (groß) hinterfragen oder immer im Einklang mit sich selber sind. Wobei ich eigentlich von vielen schon von deren Unsicherheiten mitbekommen habe, die meinen gar nicht so unähnlich sind. Kommt wohl eher auf die Ausprägung, Häufigkeit und Panik deswegen an. Und letztlich darauf, wie sehr einem die Selbstunsicherheit Handlungsräume verengt. Solange es z. B. in der Beziehung gut läuft, kommen die wenigsten Menschen darauf, dass sie in Wahrheit unsicher sind, ob sie dem Anderen etwas zu bieten haben; ob sie attraktiv sind, sein können. Solange kleine Unsicherheiten kompensiert werden durch andere Erfolge, spürt man diese Schattenseiten gar nicht so sehr.

Naja. Das interessante Detail: Ich habe es heute hinbekommen, mit der freundlichen Unterstützung meines 15jährigen Neffen, die Receiver-Einstellungen so hinzukriegen, dass alles bei Sky wieder vernünftig läuft. Puh! War ziemlich froh darüber.
Und ich spür(t)e sogar ein bisschen Stolz. Dass ich das hingekriegt habe. Man kann bei Sky relativ einfach den Startsender einstellen. War gar nicht so kompliziert. Mein Neffe musste mich allerdings auf den Unterpunkt bringen, wo das zu tun war. Aber wenn ich selbst im Internet recherchiert hätte wie er, wäre ich wohl auch von allein darauf gestoßen.

Also, die Lektion für mich: Meine Panik am Freitag war überzogen. Meine Selbstabwertung mal wieder viel zu hoch. So was kann jedem mal passieren, dass er die Sky-Einstellungen zerschmeißt. Und ich habe es ja dann doch noch irgendwie wieder ausgebeult. Ist doch okay. Ich hätte mich nicht so in die Pfanne hauen müssen.
Fällt mir extrem auf. Ist nicht das erste Mal, dass ich zu früh in Panik falle und nachher schnalle, das wäre gar nicht nötig gewesen. So dumm und ungeschickt bin ich gar nicht. Ich muss mich nicht immer so negativ sehen.
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Nochmal: Egal wie die Situation ist, du musst dich nicht gleich in die Pfanne hauen. Fehler und Unsicherheiten können jedem passieren. Bewerte dich nicht gleich (wieder) als Idiot. Das ist dein Muster. Du kannst auch anders mit dir umgehen.

Ich wollte nicht lästern. Ich will es nicht. Hier und jetzt in einer kritischen Stimmung tue ich es doch. Sie hat manchmal dieses Verhalten, das mich sehr schnell an meine Grenzen bringt. Einfaches Beispiel: Sie fährt (häufiger als ich) mit dem Auto. Bekommt mit, dass ein Scheinwerfer nicht funktioniert. Und sagt mir das dann tagelang nicht. (Ich bin derjenige, der für das Wechseln der Glühbirne zuständig ist.) Also sie macht vieles irgendwie mit sich selbst aus; kümmert sich aber auch nicht darum. Ist ja nicht weiter wild? Nur ist das eben nicht die Ausnahme, und das Beispiel ist ja noch relativ harmlos. Es ist der Standardfall, leider. Ich für meinen Teil beschrifte Aktenordner akkurat, auch deshalb, damit andere das nachvollziehen können, was das für Ordner sind. Macht ja Sinn. Sie hingegen kennzeichnet die Ordner lieber nicht. Sie scheint nicht zu verstehen, wieso das auf meine Art vielleicht besser ist.

Und ich muss zugeben, dass ich da sehr empfindlich bin. Ich interpretiere immer alles. Und denke: Sie scheint nicht wirklich Bock auf uns zu haben. Scheint mich nicht wichtig zu nehmen. Ich bin für sie kein Referenzpunkt in sehr vielem. Während sie doch für mich immer im Zentrum steht.

Oh. Mann. Ich habe es mir vorhin geleistet, eine Uhr zu bestellen. Die 110 Euro kostet. Das Problem dabei ist, dass ich wirklich minutenlang in eine Art Starre oder Sperre geriet, ob ich das jetzt machen soll oder nicht. (Walter Mitty, Anfangssequenz aus dem Film ...) Ob ich auf den Bestell-Button drücke oder nicht. Ich denke: Das habe ich nicht verdient.
Auch wenn manche durchaus dreistellige Beträge ausgeben für eine Jeans oder Schuhe - meine Preisliga ist die niedrige, und normalerweise kaufe ich mir meine Uhr für maximal 40 Euro; auch weil ich fähig bin, mir ein schönes, günstiges Exemplar zu finden.

Folgende Debatte findet in meinem Kopf statt: Mein Gott, es ist keine Rolex für 12.000 Euro! So viel sind 110 Euro für eine Uhr nun auch wieder nicht! - Aber nicht meine Gehaltsklasse. - Aber hattest du nicht ein wenig geerbt von deiner Mutter? - Stimmt. Außer einem Sofa für 400 Euro hatte ich mir davon nichts geleistet. Nur sind wir nun mal sehr knapp mit meinem kleinen Gehalt. - Ja. Gemessen daran, dass deine Frau mehrere Immobilien besitzt und gemessen an eurem Kontostand ... Ihr könntet euch locker ein neues Mittelklasse-Auto kaufen. - Was wir gewiss nicht tun werden. Gemessen an meiner Arbeit, meinem Einkommen, meiner Arbeitsamkeit habe ich keinerlei Sprünge und keine Uhr jenseits des 30 Euro-Bereichs verdient.

Nun war die Uhr von 250,- runtergesetzt, ich habe mich von der Black Week einfangen lassen. Die Gelegenheit war schon besonders günstig. Und ich hatte diese Marke schon mehrere Jahre im Auge ... Vielleicht werde ich in ein paar Monaten sagen können, dass es mich wundert, wie ich deswegen hatte in (leichte) Panik hatte fallen können. Hoffentlich werde ich das sagen können! Möglichkeit B: Ich verschenke die Uhr noch. Was mir allerdings mega-schwer fallen wird, wenn sie mir wie erwartet gefällt.

Am liebsten würde ich hier erläutern, warum mir Uhren gefallen. Nur schreibe ich dann zu viel und zu lange ...

Ich kaufe sonst eher höchst selten gerne Dinge; Ausnahmen sind: Uhren, CDs, Bücher, Schuhe, Papierwaren (im weitesten Sinne), Spielzeug (übrigens auch Stofftiere), Geldbörsen und Equipment fürs Wandern/Zelten. Und ich habe durchaus eine Schwäche für z. B. neue Autos. Damit meine ich vor allem den Innenraum. Und den Kilometerstand. Dieses Gefühl des Aufbruchs, des Noch-nicht-Angebrochenen! Einen Kilometerstand nahe bei null, keine Ahnung warum, finde ich ziemlich toll.

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Dr. Reinhard Pichler
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