Fay
schon seit Jahren quäle ich mich mit dem Gefühl herum, nicht gut genug zu sein.
Die Ursache dafür liegt vermutlich in meiner Kindheit, die sehr schlimm war, und aus der ich unter anderem diesen Glaubenssatz mitgenommen habe.
Seit kurzem bin ich wieder in Therapie, und will da demnächst auch nochmal drüber sprechen.
Immerhin hat sich mein Denken vor kurzem von meiner rund 20 Jahre alten Überzeugung, ein schlechter Mensch zu sein und generell nicht liebenswert (weil, wieso sonst hätten meine Eltern mich so behandeln sollen?- wie man sich als kleines Kind sowas halt erklärt) dazu hin entwickelt, dass ich nicht mehr glaube, ein schlechter Mensch zu sein, und mir auch gut vorstellen kann, dass es in meinem Leben Personen gibt und gab, die mich mögen, ich also liebenswert sein muss.
Dennoch hält sich hartnäckig der Glaube daran, nicht gut genug zu sein.
Sprich, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand dauerhaft mit mir zusammen sein wollen würde. Oder mich als beste Freundin haben wollte. Oder mich wo einstellen würde, wo nicht gerade sowieso Personalmangel herrscht, und jeder annehmbare Kandidat vom Fleck weg eingestellt wird.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Partner, beste Freundin oder Lieblingskollegen mich nicht abservieren würden, wenn jemand hübscheres, interessanteres, allgemein besseres um die Ecke kommt, und ich von da an uninteressant bin.
Viele Dinge, die für die meisten Menschen (die nicht traumatisiert wurden und seitdem z.B. so wie ich immer wieder Depressionen kriegen und unter Angststörungen leiden), im Allgemeinen ein Leichtes sind, habe ich bisher nicht erreicht und es liegt in unheimlich weiter Ferne, jemals dahin zu kommen. Zum Beispiel lange, feste Beziehungen, einen festen Freundeskreis, finanziell gut klarkommen.
Dennoch habe ich diese Ansprüche an mich, und da kann ich mir noch so oft gut zureden, dass die meisten Leute, die Ähnliches wie ich durchgemacht haben, ähnliche Schwierigkeiten haben, oder noch schlimmer, sich gar nicht mehr selbst versorgen können oder überhaupt arbeiten, ich komme mir trotzdem unzulänglich vor und schäme mich.
Wenn ich von anderen Leuten höre, oder Leute kennen lerne, die ähnlich leben, kommt bei mir gar nicht erst der Gedanke auf, ob diese Menschen gut genug (für was oder wen auch immer) sind, meistens bin ich nur damit beschäftigt, nichts falsches zu sagen, zuzuhören, und den Gedanken daran zu verdrängen, dass der andere mich nicht gut genug finden könne.
So denke ich nur über mich.
Und ich wünschte, das würde endlich aufhören. Ich habe schon viel aus eigener Kraft geschafft und verbessert, aber unheimlich vieles kann ich (noch) nicht, und komme damit schlecht klar.
Kennt jemand das Gefühl?
28.07.2019 16:30 • • 15.09.2019 x 1 #1