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Hallo an die Community,
Ich bin Franz, 15 Jahre alt und habe in den letzten Monaten mit Einsamkeit zu kämpfen. Ich habe schon immer Probleme mit Psychosen und Ähnlichem gehabt und war auch innerhalb der Familie stark damit konfrontiert, doch heute will ich es zum ersten Mal mit einem Forum probieren:

Um anzufangen, muss ich ein bisschen ausholen. Mein ganzes Leben lang suchte ich nach Anerkennung, gefunden habe ich sie aber eigentlich niemals. In der Schule fühlte ich mich, obwohl ich zwar Freunde hatte, immer ausgestoßen. Ich war immer der Streber und der, der anders war. Ich war immer wesentlich kleiner als die anderen und war somit auch der Schwächste. Das war nicht immer einfach zu erragen, besonders nicht als alle in die Pubertät kamen und ich erst jetzt. Ich bin nun einmal ein Spätschießer wie mein Vater, mein Bruder und meine Schwester. Das ist äußerst unangenehm bezogen auf Haar und Bartwuchs und auf den Stimmbruch. Ich hatte und habe daraus folgend immer ein sehr geringes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Das ist auch sehr unangenehm im Vereinsport, wo man sich ja ständig mi anderen misst.

Aber nicht nur in der Schule fühle ich mich ausgestoßen, sondern auch so traurig es klingt in der eigenen Familie. Versteht mich nicht falsch. Ich liebe meine Familie über alles und bin auch unglaublich froh sie zu haben, aber dennoch bin ich auch hier als das schwarze Schaf aufgewachsen. Das hat man mir öfters gesagt und selbst wenn es nicht böse gemeint ist, tut es dermaßen weh. Meine Schwester sagte einmal: Manchmal frag ich mich, ob du wirklich mein Bruder bist, aber dann haust du wieder so einen raus. Etwas, das sogar nett gemeint ist, aber dennoch weh tut, weil allein die Tatsache, dass sie sich das fragen muss, macht mich traurig. Und ja sie meint damit nur, dass wir sehr verschieden sind, aber trotzdem fühlt es sich nach sowas nicht so an, wie als würde ich dazu gehören. Ich möchte hier noch eine weitere Situation schildern. Die ganze Familie war im Auto und wir hörten Musik. Wir hören alle ungefähr das selbe, aber ich habe früher ein paar Sachen gehört, die meine Familie so gar nicht mag. Als das dann wieder zum Thema kam, habe ich dann erwähnt, was ich denn für gute Musik damals gehört habe und ich erwähnte: Oh und dann noch diese eine Band. Das geht so in Richtung Goth. Ich war mir nicht mal mehr sicher, ob es wirklich Goth war und ich kannte von der Band auch nur drei Lieder wirklich, aber ich erwähnte es trotzdem. Der Blick, den mir meine Geschwister aber gaben, tat so unheimlich weh. In diesem Moment, in dem ich umgeben war von Menschen, die mich liebten, habe ich mich so alleine Gefühlt, wie nie zuvor.

Ich hatte also schon immer mit Einsamkeit zu kämpfen. Richtig schlimm wurde es vor einem halben Jahr. Als ich immer wieder für eine Woche, mich unheimlich einsam fühlte und gar keinen Spaß mehr an irgendwas hatte. vor rund drei Monaten wurde dieses Gefühl zur Routine und es endete nicht mehr nach einer Woche, sondern hält immer noch an. Ich lernte mehr oder weniger damit zu leben und akzeptierte es, dass ich einfach keinen Spaß mehr habe. Unerträglich wurde es als mein bester Freund vor einem Monat eine Freundin kriegte. Ich war mein Leben lang single und hatte auch noch nie einen Kuss. Das war ok für mich, da es vielen meiner Freunde nicht anders erging. Doch als mein bester Freund eine Freundin kriegte, zerbrach ich. Es tat einfach so weh, jemand anderen zu sehen, wie er in der Liebe aufgeht. Sie kleben förmlich aneinander, was ich auch verstehen kann. Dies ändert aber nichts daran, dass es mich kaputt macht. Ich versuchte so viel mit Freunden zu machen wie möglich, in der Hoffnung es ginge mir mit ihnen besser. Doch dabei hatte ich kein Erfolg. Wenn ich alleine bin, heule ich entweder oder tue etwas absolut belangloses, um die Zeit tot zuschlagen, in der Hoffnung, dass der nächste Tag besser wird. Das wird er aber nicht. Ich fühle mich absolut leer und selbst wenn ich lache, bin ich einfach richtig traurig. Suizidgedanken schwirren mir doch den Kopf. Ich sehe den Sinn im Leben nicht mehr, wenn da doch einfach nur Leid ist. Ich fühle mich nicht, wie als wäre ich in meinem eigenen Körper und ich weiß, wenn was ist, worüber ich normalerweise total glücklich wäre, aber mir zum Heulen ist. Ich will hier einfach raus aus dieser Zwangsjacke, die alles Schöne zerstört und jede kleinste negative Sache zu einem Anlass zum Ritzen macht.

Es hat gut getan darüber zu reden und ich suche hier auch nach Austausch und Tipps.

30.04.2018 12:00 • 30.04.2018 #1


1 Antwort ↓

Hallo Franz,

schön dass du schon erkennst, dass du ein 'Spätzünder' bist.
Das hilft dir natürlich in der momentanen Situation recht wenig, aber es hilft damit umzugehen.
Das ist nur ein vorübergehender Zustand. Es wird sich ändern.

Schade, dass du keine Anerkennung findest.
Du kannst zwar nichts dafür, das hast du so erlernt dadurch wie du aufgewachsen bist (und noch aufwächst);
aber Anerkennung (nur) von außen zu suchen ist problematisch. Denn man kann nicht immer auf die Anerkennung von außen setzen, wie du erfährst.
Die kommt nicht immer, ist nicht immer gerecht, und nicht zeitlos.
Nur ein Selbstwert ist unabhängig. Aber auch der hängt natürlich von Beziehungen, eigener Leistung und Wertschätzung zusammen.
Sich den selbst komplett eigenständig aufzubauen ist schwierig.

Die Situation mit deiner Familie die du schilderst ist natürlich blöd.
[Bei geringem Selbstwert] legt man alles auf die goldene Wage, die subjektive Wahrnehmung ist wesentlich negativer, und man macht negative Schlussfolderungen.

Wenn dich Äußerungen verletzen solltest du dir überlegen, ob du das nicht mal ansprichst.
Wenn du deiner Schwester diesbezüglich vertraust und sie empathisch/einfühlsam genug ist, dann ersuche sie für ein Zwiegespräch.
Schildere wie es dir geht, was dir Probleme macht. Und dann, was dich verletzt, was für Äußerungen.
Ich überlege gerade was das Ziel davon wäre...
Einerseits wird sie dir ihre Sicht schildern können, dass du sicherlich zur Familie gehörst, sie das nicht böse meint. Dieser Realitätscheck ist sicherlich wichtig.
Andererseits wäre die Frage, ob es ziel ist dass sie so etwas nicht mehr sagt. Du hast die Möglichkeit dein Umfeld diesbezüglich zu beeinflussen. Zu äußern dass dir das momentan Probleme macht, und darum zu bitten, solche Äußerungen momentan möglichst du unterlassen.

So verletzend sind die Äußerungen weil sie in deine erlernten Grundannahmen stechen.
Die Angst und Annahme nicht dazu zu gehören, nicht zu genügen.
So lange der Selbstwert gering ist, wird das auch immer weh tun, und die Stimmung stark beeinflussen, und immer wieder Dinge dich 'triggern'.

Die Situation andere zu sehen, wie scheinbar einfach sie es haben, wie gut es ihnen geht, dass bei anderen das Leben weiter geht, das wird es immer geben.
Auch wenn du älter wirst. So lange man sich nicht isoliert, erlebt man wie andere Urlaube machen, Aktionen, Freundin oder Frau bekommen und haben, Kinder bekommen
Damit umzugehen kann sehr schwer sein.
Man kann nur erkennen, der anderen Leben ist nicht deines. Der eine hat mehr Glück als der andere.
Dass das so weh tut sind eigene erlernte Grundannahmen und Wünsche. Sich damit fertig zu machen ist aber nicht zielführend.
Man muss lernen das zu akzeptieren. Einfach hinzunehmen.
Man kann nur beeinflussen was man beeinflussen kann. Das jetzt muss man akzeptieren wie es ist. Und kann sich nur fragen, wie kann ich meinen zukünftigen Weg beeinflussen, ohne dabei in Befürchtungen und Was-wäre-wenn zu versinken.

Die Frustration und scheinbare Endlosigkeit des Leidens ist natürlich sehr unangenehm und ermüdend.
Aber das ist eine subjektive Wahrnehmung in der aktuellen Situation.
Du bist noch sehr jung, das, deine Situation und deine Wahrnehmung diesbezüglich, wird sich auf jeden Fall ändern.
Du suchst bereits nach alternativen Wegen, nach Änderungsmöglichkeiten. Auch das verheißt gutes.
Habe etwas Geduld und vertraue darauf dass es besser werden wird.
Auch wenn es momentan nicht in deiner Macht steht direkt etwas zu ändern.
Veränderung kommt oft auch nur langsam. Oder in Etappen nach längerer Beschäftigung damit.

Das Paradox von Glück einerseits und Traurigkeit andererseits kann ich auch nachvollziehen.
Das Glück, selbst wenn man es erlebt, kann sehr vergänglich erscheinen.
Man gönnt es sich auch nicht.
Man identifiziert sich selbst zunehmen mit seinem eigenen Leiden. Das Glück gönnt man sich nicht. Man nimmt es nicht als schönen Moment,
sondern stellt ihn in Frage, und führt sich vor Augen wie vergänglich er ist.
Das ist natürlich alles nicht gesund.
Da muss man lernen die glücklichen Momente als solche hinzunehmen. Sich am besten Abends nochmal vor Augen zu führen.
Und all das negative zwar auch zu akzeptieren, aber im nicht mehr Bedeutung zu geben als es ohnehin schon hat. Indem man sich damit beschäftigt, es noch verstärkt.

Das Leid zu ertragen ist nicht schön, aber durchaus möglich. Das muss man auch.
Es gibt Problemverhalten (wie du es auch beschreibst) die kurzfristig super Linderung verschaffen. Aber mittel- und langfristig eben überhaupt nicht - im Gegenteil haben sie da Nachteile. Es gilt Fähigkeiten zu entwickeln die einem helfen die schlimmsten Phasen zu überleben, sich abzulenken, bis es überstanden ist, und Fähigkeiten mit den schlimmen Phasen umzugehen, mittel- und langfristig gute Strategien zu entwickeln. (Ich selbst mache (unter anderem) dazu eine Gruppentherapie die ursprünglich für Behandlung von Borderline ist, aber allgemein Gültigkeit hat.)
Man kann zunehmend lernen immer besser damit umzugehen. Dem Leid selbst nicht mehr so viel Bedeutung und Macht zu geben.
Und man kann darauf vertrauen dass es anders und besser werden wird.

Dass du Kontakt und Unternehmungen suchst ist sehr gut.
Machst du eine Therapie?
Schreibst du Tagebuch? Hältst du fest was du am Tag positives erlebt hast?
Meditierst du oder machst Achtsamkeitstraining?
Das sind alles Dinge die nachweislich helfen, und die ich dir empfehlen würde.

Du beschreibst dass du Ausbrechen möchtest; dann würde ich dir das auch empfehlen!
Suche gezielt eine ganz andere und neue Situation. Fahr weg, in Urlaub, oder auf einen Tagesausflug.
Ein Situations- und Umgebungswechsel ist meistens sehr hilfreich.





Dr. Reinhard Pichler
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