Ich hatte in Stuttgart Seminare geplant, die ich auch über die nächsten Jahre geben wollte. Und gezielt einige Ärzte und Heilpraktiker angesprochen, die ihre Praxis in der Nähe meines Seminarortes haben. Ich hatte gehofft, dass wir uns und unsere Arbeit untereinander kennenlernen könnten und uns vernetzten. Damit die „Kollegen“ meine Arbeit besser einschätzen und im besten Fall weiterempfehlen könnten, würde ein Gespräch nicht reichen. Das war mir klar. Also bot ich ein kostenloses 3-stündiges Seminar an. Viele zeigten sich interessiert und zwei besonders nette Therapeutinnen, die oft auch gemeinsam arbeiten, boten mir spontan an, mir eine kostenlose Sitzung angedeihen zu lassen. Das fand ich eine tolle Idee und die Sitzung war auch sehr spannend. Zwar kosten die gemeinsam gegebenen Sitzungen von 60-90 Minuten weit über 200 Euro, weshalb ich das sicher nicht jedem empfehlen könnte, aber offensichtlich gibt es genügend Zuspruch.
Nun nahte mein Seminar. Es waren so viele Anmeldungen eingegangen, dass ich es nicht in dem kostenlos von einer befreundeten Therapeutin angebotenen Raum würde abhalten können. Ich musste einen neuen Raum anmieten. Bei einem kostenlos angebotenen Seminar noch selber draufzuzahlen fand ich schon etwas hart. Also schickte ich an alle Teilnehmer eine mail, in der ich darum bat, sich an den - sicher nicht sehr hohen – Mietkosten zu beteiligen.
Meine zwei Therapeutinnen reagierten empört: Per mail teilten sie mir einen Tag vor dem Seminar mit, dass sie sehr verärgert seien und das Seminar nun absagen wollten. Ich war sehr bestürzt, zumal ich mich auf diese sympathischen Frauen besonders gefreut hatte. Ich konnte ihre Verärgerung auch verstehen, denn schließlich hatten sie mir bereits eine kostenlose Sitzung gegeben. Ich hatte einfach nicht über ihren „Sonderstatus“ nachgedacht – natürlich müssten sie nichts zahlen! – und rief sofort an, um mich zu entschuldigen. In aller Form und von Herzen! Am Telefon war man zwar höflich, wollte aber bei der Entscheidung bleiben. Ich bat darum, dies noch mal zu überdenken. Es kam aber kein Rückruf und auch auf meine Mail ein paar Tage später keine Antwort. Ich hatte mich nochmal entschuldigt und ihnen geschrieben, dass ich sie dann gern zu einem Nachfolgeseminar einladen würde. Eisiges Schweigen!
War das nun ein im schlimmsten Fall Fauxpas von meiner Seite oder ein unverzeihlicher Fehler? Anscheinend Letzteres.
Was ist hier passiert? Was wurde hier getriggert? Haben beide Damen schon mal Ähnliches erlebt? Dass sie vielleicht das Gefühl hatten zu geben und sich dann ausgenutzt fühlten? Ich werde es nie erfahren.
Grundsätzlich möchte ich dafür plädieren, die Fehlerhaftigkeit von Menschen nicht zu persönlich zu nehmen. Ihnen nochmal eine zweite Chance zu geben. Die Dinge möglichst locker und gelassen zu sehen. Man vergibt sich sonst die Chance auf gute neue Beziehungen oder die Fortführung langjähriger harmonischer Freundschaften (in einer Therapiesitzung erlebte ich die große Trauer einer alten Dame, deren beste Freundin ihr gerade nach jahrzehntelanger Freundschaft selbige aufgekündigt hatte – aufgrund einer dummen Reaktion ihrerseits).
Nicht dass wir uns falsch verstehen: Ich möchte nicht dazu raten, Beziehungen, die uns nicht guttun, in alle Ewigkeit fortzuführen. Und manchmal ist es einfach der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Jahrelang hat man die unsensible Art einer Freundin ertragen – und schließlich reicht es einfach, der Anlass kann scheinbar gering sein.
Aber grundsätzlich ist es einfach eine Tatsache, dass nicht nur andere Menschen fehlbar sind – auch wir sind es. Und wir selber freuen uns, wenn andere Menschen, unsere Freunde, barmherzig sind und uns nicht jeden Fehler vorrechnen.
Ich stand übrigens beim ersten Termin mit den beiden Therapeutinnen vor verschlossener Tür und klingelte vergebens. Beide hatten den Termin vergessen! Ich gebe zu, ein bisschen unwohl habe ich mich schon gefühlt.(Was sagt das über die Frauen aus? Sagt es etwas über die Wertschätzung aus, die sie mir (nicht) entgegenbringen?) Dann aber riefen sie mich an und haben sich sehr herzlich entschuldigt. Für mich war das Thema damit gegessen.
Ihnen und mir wünsche ich, Dinge nicht persönlich zu nehmen, uns nicht leicht kränken zu lassen, nicht nachtragend zu sein und, ja, dieses große Wort: vergeben zu können!
Gabriele Susanna
30.01.2015 17:04 • • 02.02.2015 x 1 #1