Hallo,
wer könnte einen derart harten Schicksalsschlag einfach so wegstecken?
Man hat von einem auf den anderen Tag ein völlig anderes Leben - blickt zurück und blickt angstvoll in die ungewisse Zukunft.
Ich hatte auch einen Reitunfall in Deinem Alter, auch im Studium...
Erlaube Dir, depressiv zu sein, Angst zu haben.
Auch Deine Seele ist im Reparatur-Modus.
Manchmal denke ich, dass Menschen mit rein körperlichen Einschränkungen anderer besser zurecht kommen, als mit seelischen Problemen.
Und im TV sieht man ja auch viele Dokus/Diskussionsrunden mit Menschen, die auf wundersame Weise mit härtesten Schicksalsschlägen zurecht kommen.
Spontan fällt mir eine Surferin ein, die durch einen Hai einen Arm verloren hat und die heiter weiter surft und bewundert/geliebt wird.
Viele sind ja sogar kurz davor, zu äußern, dass ihr aktuelles Leben sogar besser ist.
Ich besitze diese seelische Robustheit leider nicht. Und manchmal bekomme ich durch solche Sendungen sogar Schuldgefühle...
Ich erinnere mich jedenfalls an keine Sendung, bei der thematisiert wurde, dass Menschen Schicksalsschläge nicht völlig überwunden haben. Es ist schade, dass das scheinbar tabuisiert wird.
Spuren hinterlassen harte Schicksalsschläge sicher. Und sicher haben alle Zeit zur Verarbeitung gebraucht.
Drei Jahre ist kein langer Zeitraum. Noch immer darfst Du auf Fortschritte hoffen. Das Gehirn ist derart leistungsfähig, flexibel. Und man hat erst in jüngerer Zeit herausgefunden, dass bis ins hohe Alter Reparaturprozesse ablaufen.
Zeichen einer wirklich guten Freundschaft wäre natürlich schon, wenn Du Deine Verlustängste offen ansprechen bzw. generell die Freundschaft zum Thema machen könntest. Aber es dürfte unter Umständen schwierig sein, ehrliche Antworten zu erhalten. Und auch für Deine Freunde kann es schwierig sein, die richtige Antwort zu geben. Andererseits kann ich verstehen, dass einem der Mut dazu fehlt.
Wir verändern uns ohnehin alle im Laufe des Lebens. Man sucht Menschen, die gleiche Interessen haben - Gemeinsamkeiten. Aber oft einfach nur einen Nutzen - irgend etwas Positives.
Kontakte an der Uni sind oft nur sehr oberflächlich - leider. Und sicher ist die Einsamkeit an Unis größer, als wir uns das vorstellen können.
Man hat bereits Glück, wenn man eine intakte Familie hat und Eltern/Geschwister zu einem halten.
Generell kann es vielleicht helfen, Freundschaften als nichts Statisches zu sehen. Du wirst in Deinem Leben noch so viele Menschen treffen. Niemand kann aus jedem Kontakt eine Freundschaft machen. Man könnte so nicht allen gerecht werden. Insofern trifft jeder eine Auswahl.
Du warst sicherlich auch in stationären Therapien. Es gibt psychosomatische Kliniken. Auch dort können sich Freundschaften bilden.
Dass dieser Unfall in diesem Lebensabschnitt passiert ist, ist wirklich ungünstig. Dann kommt noch hinzu, dass Du im Ausland bist. Du bist gerade in der Berufsausbildung... Du wünschst Dir wahrscheinlich eine Partnerschaft.
Die Zukunft erscheint unsicher. Du wartest auf weitere gesundheitliche Fortschritte und fragst Dich, ob das jetzt der Endzustand sein könnte.
Wirklich - Deine Ängste sind wirklich nachvollziehbar - und auch nicht unbegründet.
Das was Du erlebt hast, steckt niemand einfach so weg.
Es sind noch so viele Jahre, die Du vor Dir hast. Das Leben ist derart vielfältig und unberechenbar - auch im Positiven.
Die Chancen, dass Du später mal zurückschaust und froh sein wirst, diese Krise bewältigt zu haben, sind groß.
Andererseits verstehe ich, dass Du Dich an Exit gewandt hast. Ich denke, Freiheit ist mit das Wichtigste für den Menschen. Die Freiheit, selber seinen Weg zu bestimmen. Und ich finde die Schweiz diesbezüglich sehr fortschrittlich und human.
Mir würde es ein Gefühl von Sicherheit geben, zu wissen, dass ich auf so einer Liste stehe und mir auch dieser Weg im Notfall nicht verschlossen wäre. Als eine Art Not-Anker.
Dein Leben ist jetzt schwieriger geworden.
Ich würde versuchen, diese Zeit als Krise, evt. als erneuten Tiefpunkt innerhalb einer noch anhaltenden Krise zu sehen.
Aber Du hast Fortschritte in den 3 Jahren gemacht. Sicherlich ging es Dir in der Anfangszeit noch viel schlechter.
Diese Krise hat - irgendwann - ein Ende.
Du wirst Deinen Weg finden.
So viele Menschen finden trotz gesundheitlicher Einschränkungen einen Beruf/Arbeitsplatz, mit dem sie zufrieden sind.
Es gibt so viele glückliche Paare, bei denen einer von Anfang an eine gesundheitliche Einschränkung hat.
Und viele haben einen riesigen Freundeskreis.
All diese Möglichkeiten hält das Leben für Dich noch bereit.
Und wer weiß, wie vielen anderen Menschen Du vlt. noch zur emotionalen Stütze in schweren Zeiten werden wirst? Und dabei hilft Dir sicherlich das, was Du gerade durchmachst.
Der Darmkrebs führt natürlich schon zu einer weiteren Belastung. Den Krebs wirst Du sicherlich schnell besiegen.
Ich denke, darauf bezieht sich die Kontaktaufnahme mit Exit...
18.05.2019 12:29 •
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