Ich würde - um die Diskussion auf eine solide Basis zu stellen - mal gerne wissen, welche Defizite du, saidndone, eigentlich hast /hattest ? Hast du
wirklich mal so sehr unter deiner Psyche gelitten, dass du verstehen kannst, wie sehr manche sich hier quälen und teilweise erstarren, so dass es nicht mit einem simplen nix tun und sich aus Bequemlichkeit hinter imaginären Diagnosen zu verschanzen abzutun ist ? Wie sehr hast du dich gemartert, welche Qualiät hat dein eigenes Leiden denn überhaupt erreicht? Warst du bloß der schüchterne, picklige Bub, der irgendwann kapiert hat, dass er bloß den Ar. hochkriegen muss und sich ein wenig überwinden muss um dann plötzlich festzustellen, das er ganz einfach war, sich das hübsche Mädchen zu angeln? Und schon war alles überwunden ? Ganz einfach so ? Das ist kein wirklich seelisches Leid, das ist ein simple Pubertätskrise die so ziemlich jeder 13 Jährige so oder ähnlich hinter sich bringt
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass dir diese Form von Erkenntnissen fehlt, die sich eben einstellt, wenn jemand eine wirkliche Wende in seinem Leben durchgemacht hat und sich in einem sehr hartem Kampf seinen tiefsten, innersten Ängsten gestellt hat. Das führt nämlich dazu, dass man nicht einfach läppisch das ernsthaft empfundene seelische Elend anderer Menschen als Mann, wenn´s dich so nervt dann mach halt was dagegen, hab ich auch gemacht und jetzt bin ich echt ne coole Sau abtut. Hättest du wirklich derartige Qualen in deinem Leben erlitten wie die meisten hier, würdest du einen Hauch mehr Mitgefühl und Verständnis aufbringen und deutlich weniger pseudowitzig gemeinten Egoismus an den Tag legen ( ohne dir zu nahe treten zu wollen ) Du würdest spüren und differenzieren können, bei wem du mit dieser Art, die du an den Tag legst, punkten kannst und bei wem du verletzend in offenen Wunden schlägst.
Ich vermute mal, du bist noch vielleicht relativ jung oder möglicherweise unerfahren, was die bloße Bandbreite an Ausprägungen menschlichen Daseins angeht. So eine Einstellung revidiert sich mit der Zeit - wenn man mal eine Weile sich im Leben durchschlagen musste - von selber, ich kann verstehen, dass du zur Zeit eben nur auf diese eine Art und Weise sein kannst. Und das für dich auch nichts anderes Sinn macht, du willst ja auch wirklich helfen damit, dass du deine direkte, schonungslos offene Sicht der Dinge weitergibts. Aber du hast eben bisher nur diese eine Form von Erfahrung - deine eigene - an der du aber dennoch alle anderen versuchst, zu messen. Das tut man immer und je älter man wird, desto mehr kapiert man, dass es auch andere berechtigte Weltsichten gibt außer der eigenen.
Du kannst nicht allen Ernstes behaupten, dass an Gahams Problemen nichts dran ist. Sicher spielen genetische Faktoren, Stoffwechsel, Ängste Depressionen etc eine Rolle ... es gibt sie und sie sind reale Faktoren, bloß sind es keine, die bei dir greifen. Das macht sie dennoch existent, bloß sind sie es FÜR DICH persönlich eben nicht, oder denkst du, alle hier würden an Hirngespinsten leiden, weil sie keinen Bock hätten, für sich selber die Verantwortung zu übernehmen? So angenehm ist ein Leben mit diesen Defiziten nicht, dass hat nichts mit Faulheit zu tun. Bist du auch jemand, der einem Depressiven vorwerfen würde, dass er bloß träge ist und sich einen Job und ein Mädel suchen soll um seine Welt wieder ins Lot zu bringen? Dann hast du die Essenz dessen, um was es hier geht, nicht verstanden, denn so leicht ist es nicht. Und du hast ein verdammtes Glück, das eben dieser Kelch an dir vorüber ging, glaub mir das mal, ich weiß wie es sein kann, und das es keine Faulheit ist, die mitunter resignieren läßt im Leben. Es war ein verdammt harter Weg für mich, mir trotz allem das zurück geholt zu haben, was mir zusteht um heute glücklich zu sein und daher weiß ich, dass es mitunter auch nicht jeder schaffen kann, meinen Weg zu gehen. Darum fordere ich es auch von niemandem. Du solltest das auch nicht tun.
Gaham, ich weiß, dass es schwer ist, was du gerade - und die Jahre vorher - erlebt hast. Und ich weiß, dass man da raus kommt. Manchen Menschen streckt das Leben mitunter mit einem richtigen Hammerschlag nieder und es scheint nichts schwieriger zu sein, als danach noch mal aufzustehen. Aber es geht und du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es möglich ist, Veränderungen zu erzielen, wenn man sie haben will und sich mal aus seiner eigenen Verzweifelung aufrafft, um einen Anfang zu machen. Ich kenne Menschen, bei denen es der rein körperliche Aspekt ist. Seit ein paar Jahren arbeite ich in der Schwerstbehindertenpflege, weil ich ganz gerne mal auch die abwegigsten Jobs, die eigentlich keiner haben will, freiwillig annehme, um dabei selber lernen zu können. Ich hab lange Zeit für eine Frau gearbeitet, die mit 16 Jahren eine große Hoffnung im Schwimmsport war und die dabei war, für Olympia zu trainieren. Bis sie einen Unfall hatte beim Turmspringen und plötzlich vom der Mitte des Rückens an komplett gelähmt war. Sollte ein Mensch - ein so junger Mensch - dem von heut auf morgen seine ganze Träume unwiederbringlich genommen worden sind, nicht auf alle Zeiten verzweifeln? Sich vielleicht sogar umbringen? Aber genau das hat sie nicht getan, was sie früher für ihren Traum von Olympia kämpfen ließ, hat sie fortan - nach Jahren tiefster Verzweifelung - benutzt um ihren Traum von einem Leben nach ihren Wünschen zu manifestieren. Und alles, was man sagte von wegen geht nicht hat sie ignoriert und gefordert wenn es so wie ihr es gewöhnlich handhabt, nicht geht, dann macht verdammt noch mal etwas, dass es so gestaltet wird, dass es für mich geht. Ich will es nämlich haben!
Und sie hat alles bekommen, was sie wollte, ihr Studium ( geht nicht, Sie sitzen im Rollstuhl, die Uni hat keinen Aufzug ), ihren Führerschein ( Geht nicht, Sie können doch die Hände nicht bewegen) und letzendlich auch den tollen Mann, den sie immer hatte haben wollen. Und warum hat sie das alles : Weil sie es wollte und es sich vom Schicksal nicht nehmen liess, egal wie verfahren es auch aussah.
Du glaubst gar nicht, Gaham, was du alles erreichen kannst, wenn du mal den einen winzigen Schritt nach vorne macht. Es ist nur der erste, vor dem man Angst haben muss, der Rest wird immer einfacher.
Gruß elster
19.02.2010 13:51 •
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