Liebe/r Snoopy,
Ja, die Welt ist nicht perfekt und die Menschen sind es im Allgemeinen auch nicht.
Aber auf das Elend der Menschheit und unserer Welt herunter zu blicken, das bringt dich auch nicht weiter. Ich hab selber soziale Ungerechtigkeit live miterlebt, als ich mal in den Sommerferien in einem Kinderhort im Brennpunktviertel gearbeitet habe. Geniale Kinder, die mit der richtigen Förderung auch aufs Gymnasium hätten gehen können, landen auf der Hauptschule, weil ihre Eltern kein Geld für Nachhilfe haben. Der Hort hat kein Geld für Spielsachen, also müssen die Kinder warten und sich oft um ihr Zeug streiten. Nachmittags gab es eingetrocknetes Gebäck vom Vortag vom Bäcker, für mehr hat das Geld nicht gereicht.
Das hat mich wütend und traurig gemacht, aber du als Einzelner kannst die Welt und die Menschheit nicht ändern.
Warum also darauf schimpfen und sich an dem Thema aufhängen?
Versuch doch stattdessen, dein Leben so gut wie möglich zu leben, gestalte es nach deinen Prinzipien und bleib dir selber treu. Das kann jeder von uns so machen, und damit kommt man positiver durchs Leben.
Und man kann gleichzeitig die Dinge nach seinen Möglichkeiten verändern.
Mir ging damals nach den Ferien der schlecht ausgestattete Kinderhort mit den Kleinen, die sich um das Spielzeug streiten müssen, nicht mehr aus dem Kopf. Ich wusste, wo die Probleme lagen, nämlich in der zu geringen Bezuschussung und am Standort, am Brennpunktviertel, an den Eltern, die zu wenig Geld hatten, um ihre Kinder ordentlich zu fördern. Aber all das konnte ich nicht ändern.
Also hab ich Kurzerhand einen privaten Spendenaufruf gestartet, oder bin über Flohmärkte gepilgert und hab die Geschichte vom Kinderhort erzählt. Viele Eltern haben gebrauchte Kinderspielsachen dem Hort geschenkt, anstatt sie zu verkaufen, und die Kinder haben sich gefreut, die Erzieherinnen auch.
Ich hab dann zu Weihnachten ein Foto bekommen von meinem Lieblingskind dort, einem kleinen Mädchen namens Satnam, mit ihren neuen alten Inlinern und einem Marienkäferhelm. Kitschig, ja, aber mir ging das Herz auf.
Danach war ich sehr zufrieden, denn ich hatte mit meinen geringen Mitteln etwas an einer Situation verändert, die mich gestört hatte.
Ich kann nicht ändern, dass die Eltern mehr Geld verdienen, oder wo anders wohnen können, oder dass der Staat dem Hort mehr Geld gibt. Aber ich kann Spielzeug für die Kinder besorgen, damit sie sich im Hort wohl fühlen. Ich kann mit geringen Mitteln Dinge ändern, die mich stören.
Das ist es, was du als Einzelner machen kannst, mehr aber auch nicht.
Du schreibst, du siehst im Leben keinen Sinn. Den muss jeder für sich selber finden. Ich hab ihn auch erst letztes Jahr mit 21 für mich entdeckt, und mein Sinn heißt: Der Sinn vom Leben ist das Leben.
Aus jedem Tag das Meiste raus zu holen, jeden Tag als eine einzelne Tageseinheit zu leben und jedem Tag eine neue Chance zu geben, das ist für mich der Sinn des Lebens. Der Sinn ist aber für jeden ein Anderer. Für viele Eltern sind es ihre Kinder, und für Manche ist es, wie du schreibst, das Geld. (Für 13% der Bevölkerung übrigens, ich hab gestern eine Studie dazu gelesen.) Aber für mehr als die Hälfte der Befragten ist der Sinn, Anderen zu helfen.
Es ist also eine Minderheit, die an Geld alleine denkt, und zu der musst du ja nicht gehören. Du kannst nicht mit allen anderen Menschen einverstanden sein, das stimmt schon, und auch nicht mit ihrem Lebensstil. Das ist ganz normal. Sollst du auch gar nicht.
Aber du kannst deinen eigenen Sinn finden und du kannst dein Leben so leben und gestalten, wie du es für richtig hältst.
Du schreibst außerdem, dass ständige Arbeit bis zum Tod keine guten Aussichten sind. Besonders nicht zu einem Hungerlohn. Magst du deine eigene Arbeit nicht?
Wir Menschen verbringen einen Großteil unserer Zeit damit, zu arbeiten und Geld zu verdienen. Das ist nun einmal so, denn von Irgendwas will man schließlich leben. Aber das ist auch der springende Punkt: Man arbeitet um zu leben, man lebt nicht, um zu arbeiten.
Dich über andere Menschen und ihren Lebensstil zu ärgern, das ist kein guter Zeitvertreib. Das bringt dir nichts außer Enttäuschung und zum Teil auch Verbitterung.
Steck deine Energie doch stattdessen lieber in Dinge, die dich voran bringen, Dinge, die dich zwar ärgern, an denen du aber auch was ändern kannst. Lerne, die Anderen auch mit ihren Fehlern zu akzeptieren. Wir sind doch alle nur Menschen. Ich musste das auch erst lernen. Ich war eine lange Zeit voller Hass auf Andere, aber im Endeffekt war es glaube ich nur Neid auf ihr sorgloses Leben. Ich hab mir dann gesagt: Du musst lernen, das zu ändern. Jeder Mensch hat gute Seiten wie schlechte Seiten. Und ich hab begonnen, mir zu jedem Menschen den ich kenne und sehe eine gute und eine schlechte Eigenschaft auszudenken. Zum Beispiel: Moritz ist ein verwöhnter reicher Schnösel, aber dafür ist er ein sehr loyaler Freund. Zu jedem, den ich kannte, hab ich so eine Gegenüberstellung gemacht. So lange, bis ich irgendwann verstanden hab: Hey, im Grunde sind wir Alle gleich. Wir haben alle gute und wir haben alle schlechte Seiten. Und jeder einzelne Mensch ist auf seine Art und Weise wertvoll und wichtig für Andere.
Es gibt da einen Spruch:
Gott, Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann; gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich zu ändern vermag, und gib mir die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.
Ich glaube selber nicht an Gott, aber der Spruch ist der Schlüssel zum glücklichen Leben. Wer seine Energie nicht verschwendet, sondern sie in die Dinge steckt, die er tatsächlich verändern kann, der hat mehr vom Leben, ist glücklicher und zufriedener.
Liebe Grüße,
Bianca