Hallo,
Deine Beschreibung hat mich daran erinnert, wie es mir im Alter von ca. 13-16 oft ergangen ist. Damals wusste ich keine Erklärung dafür, doch im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass dieses Alter eine Schwierigkeit mit sich bringt, die NICHT hormonell bedingt ist, also mit der Pubertät nichts zu tun hat.
Und zwar ist es in meinen Augen das Fehlen jeglicher Berührungen, ein jahrelanges Ausbleiben von körperlicher Nähe und die Sehnsucht danach. Ich bin kein Psychologe, doch ich glaube, dass ein Jugendlicher, der schon zu groß ist, um mit den Eltern zu kuscheln, und noch keine Liebesbeziehung möchte, unter diesem Zärtlichkeitsentzug leidet. Die einen mehr, die anderen weniger.
Ich hatte damals das starke Gefühl, in meinem Leben fehlt etwas ganz wichtiges, doch ich wusste damals noch nicht, was es sein könnte. Diese Ungewissheit zu ertragen, war sehr schwierig.
Dann hatte ich das Bedürfnis, ein neues Hobby auszuprobieren, doch ich wusste nicht so recht, was. Ich interessierte mich damals schon sehr für Musik, und ich begann, die Texte von Marillion zu übersetzen, die damals meine Lieblingsband war. Außerdem kaufte ich Tusche und Seidenpapier und versuchte, den Schriftzug der Band nachzumalen. Dabei merkte ich, dass ich Schriftarten gut kopieren konnte, und ich entwickelte meine eigene Schnörkelschrift. Weil ich so stolz darauf war, fing ich an, Briefe an Verwandte zu schreiben, die ich in meiner eigenen Schrift verfasste.
Und ich merkte, dass ich gegen die Traurigkeit und die Einsamkeit nicht machtlos war. Ich hatte etwas entdeckt, das mich fesselte. Ich schrieb den anderen auch von meiner Traurigkeit, und dabei stellte ich fest, dass ich entgegen der Meinung meines Deutschlehrers eine literarische Begabung hatte. Also ging eine Veränderung in die andere über, und ich fing an, Kurzgeschichten über den Tod zu schreiben. Bald schon langweilte mich das düstere Thema, und ich schrieb Dinge auf, die ich im Alltag beobachtete und merkwürdig, lustig oder skurril fand. Ob die Geschichten jemals entdeckt oder veröffentlicht werden, war mir nicht wichtig, die Hauptsache war, dass es mir danach immer besser ging.
Jeder trägt eine besondere Stärke in sich. Es liegt an Dir, ob Du sie entdecken möchtest, und wieviel Freiraum Du ihr gibst.
Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute!
Liebe Grüße, Anne
29.12.2009 21:45 •
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