Hallo mängelexemplar,
Zitat:Da kann man noch soooo positiv eingestellt sein, wenn dir das Leben immer wieder ans Bein p**** kann man darüber doch nicht noch happy sein, nur weils die Einstellung so will oder
Da muss ich dir ganz heftig widersprechen.
Deine innere Einstellung bestimmt wie du mit den Problemen umgehst die dir das Leben vor die Füße wirft. Denn Probleme, die hat Jeder.
Es gibt Eltern die verlieren ihren Sohn bei einem Autounfall, es gibt Menschen da wird urplötzlich Krebs diagnostiziert und er kann nicht mehr geheilt werden, es gibt Menschen die kämpfen jahrelang mit dem Krebs, das ist auch anstrengend. Es gibt Menschen die sind gelähmt, es gibt Menschen die sich ihr Leben lang um behinderte Angehörige kümmern müssen, es gibt Menschen die leiden jahrelang unter einer zerbrochenen Ehe oder unerwiderter Liebe.
Das Leben pinkelt den Menschen andauernd ans Bein, und das ist ganz normal.
mist happens. So ist halt das Leben. Glück im Leben kommt und geht. Unglück auch. Aber wenn wir gerade in einer unglücklichen Phase stecken denken wir automatisch: Das bleibt jetzt für immer so! Stimmt aber nicht. Über 80% aller Menschen die brutale Schicksalsschläge erleben gehen nach etwa zwei Jahren ohne Beeinträchtigungen durchs Leben, die Meisten davon sogar gestärkter als vorher. Das ist doch mal was Schönes, oder? Krisen durchlebt Jeder. Aber Krisen bieten auch die Chance daran zu wachsen und sich weiter zu entwickeln, gestärkt daraus hervor zu gehen.
Deine eigene Einstellung bestimmt darüber wie du damit umgehst. Wer jammert, nur Alles Schlechte sieht, der ist natürlich unter'm Strich weniger glücklich als der der die Probleme hinter sich wirft oder aus der Welt räumt und tapfer nach Vorne schaut.
Ich schau mir oft meine Nachbarn an. Die eine, die ist verheiratet, Beamtin, hat eine Mutter die im Pflegeheim lebt, ein Haus das der Staat einbehält um das Heim zu zahlen, und Streit mit ihren Geschwistern wegen Haus+Mutter+Heim. Jedes Mal wenn wir uns treffen jammert sie darüber, mit ihrem Mann streitet sie deswegen oft (obwohl ja eigentlich keiner was dafür kann) und sie ist blass, übergewichtig, und häufig krank. Sie ist unglücklich.
Dann hab ich diese andere Nachbarin. Sie ist geschieden, arbeitslos, lebt seit etwa 20 Jahren allein, arbeitete früher als Bewährungshelferin, bis sie Brustkrebs bekam. Seitdem kämpft sie gegen den Krebs. Der in den Brüsten hat gestreut, ist auch in der Wirbelsäule. Sie musste schon eine künstliche Halswirbelsäule bekommen weil der Krebs die Knorpel und Knochen zerfressen hat, sie musste schon beide Füße gebrochen und neu gerichtet bekommen weil der Krebs sie deformierte. Sie hat einen Hund, der jetzt auch Krebs bekommen hat. Der ist ihr ein und Alles. Aber sie ist braungebrannt, strahlt wenn wir uns sehen, und ist trotz all den Brocken die ihr das Schicksal hingeworfen hat glücklich.
Beide Nachbarinnen haben ein schweres Kreuz zu tragen.
Bloß die eine kann's besser als die Andere. Wegen ihrer positiveren Einstellung.
Andererseits ist der Mensch von Grundauf schon ein Jammerlappen.
Versuche haben gezeigt: Wir ärgern uns mehr wenn etwas 30% teurer wird als wir uns freuen wenn es 30% billiger wird. Der Mensch, der ewig und immer glücklich ist, den gibt es nicht. Sich ewiges oder großes Glück zu wünschen macht von Vornherein unglücklich, weil es das nicht gibt. Der Körper kann nicht konstant Glückshormone ausschütten, die Neandertaler die früher nach dem Mammutfuttern und einer Orgie glücksseelig über die Wiese gehüpft sind, die hat der Säbelzahntiger erwischt
Schmerz, der nachlässt, ist für Menschen angenehmer als neutrale Gefühle. Das ist komisch, ist aber ärztlich bewiesen. Deswegen legen es viele Menschen lieber darauf an konstant unglücklich sein zu können als einfach mal zu sagen: Mein Leben ist zwar nicht perfekt, aber es passt schon!
Überhaupt erwartet der Mensch sehr viel Perfektion. Manchmal von Anderen, mal von sich selbst. Perfektion im Leben gibt es aber nicht. Sich das zu erhoffen oder gar zu erwarten, darauf zu warten dass irgendwann mal Alles perfekt läuft, das macht auf Dauer nur unglücklich. Zufriedenheit mit dem Ist-Zustand, DAS macht glücklich. Wer heute nicht glücklich ist, der wird es auch in zwei Jahren nicht sein. Weil Glück nicht von Außen kommt, sondern von Innen. Noch was Interessantes aus der Psychologie: Bronze- oder Silbermedaillen-Gewinner, wer ist wohl glücklicher? Interessanterweise der Bronze-Gewinner. Rein logisch betrachtet hat er von allen dreien das schlechteste Ergebnis, und trotzdem ist er am zufriedensten. Der Silbergewinner vergleicht sich ständig mit dem Goldgewinner und ärgert sich, verloren zu haben. Aber der Bronzegewinner weiß: Richtig doof ist der vierte Platz! Der vergleicht sich nach unten und ist froh überhaupt noch was bekommen zu haben. Deswegen kann es, gerade in einer schweren Zeit, helfen, sich mit besonders kranken und bedürftigen Menschen zu beschäftigen. Denn zum Einen freuen sich diese Menschen über Zuwendung und Aufmerksamkeit, zum Anderen sieht man mit eigenen Augen: Es könnte auch noch viel schlimmer sein. Es gibt Menschen, die sind weitaus schlimmer dran als man selber. Und das sorgt oftmals dafür dass der Blick gerade gerückt wird und man doch irgendwie besser mit dem zufrieden sein kann was man hat.
Das oben beschriebene Phänomen klappt auch bei Menschen die schon glücklich und zufrieden sind. Wenn man sich selber glücklich machen will, sollte man versuchen Andere glücklich zu machen. Wenn ich mir in der Stadt ein paar Schuhe kaufe weiß ich ja irgendwie schon was kommt. Ich bin kurz glücklich, aber das war's dann auch schon. Wenn ich aber jemandem Anderen helfe, Jemanden glücklich mache, dann überrascht mich dessen Reaktion, ich weiß ja nicht wie der reagiert, und wenn er dann lacht und sich freut, dann steckt mich das an und ich lache mit, und die Freude über eine gute Tat kann mich dann den ganzen Tag über begleiten. Das ist kein kurzer Moment, wie beim Schuhkauf, sondern ein Gefühl das tiefer geht und länger anhält. Der Mensch hat im Kopf sogar Spiegelneuronen die genau dafür gedacht sind Emotionen Anderer wahr zu nehmen, zu spiegeln, und auf mich selber zu übertragen. Wenn einer weint bin ich traurig, wenn einer lacht bin ich automatisch auch glücklich. Das ist ansteckend und hält lange an. Und gleichzeitig tut man auch noch was Gutes. Für sich selber, und für Andere. Deswegen raten viele Psychologen in der Einsamkeits-Therapie zum Ehrenamt. Weil das glücklich macht. Leider sind die Patienten oft zu Ich-bezogen um den Sinn dahinter zu erkennen und versuchen es gar nicht erst. Was ich sehr sehr schade finde, weil ich aus eigener Erfahrung weiß wie gut das tut und wie glücklich das macht.
Zu guter Letzt: Viele einsame Menschen glauben, Andere könnten sie glücklich machen. Das Ideal vom perfekten Partner der uns glücklich macht macht die Menschen seit jahrhunderten unglücklich, traurig und einsam. Wie wahrscheinlich ist es auch dass man unter Milliarden von Menschen genau den einen findet - falls es den überhaupt gibt? Genau so macht die Gesellschaft Anderer bestimmt glücklich, der Mensch braucht sie auch. Aber man muss auch bedenken: Wer sich selber liebt, den können die Anderen gern haben. Wenn ich mich selber akzeptieren und lieben kann so wie ich bin, wenn ich sagen kann Okay, mein Leben ist nicht perfekt, aber passt schon!, dann brauch ich auch nicht die Bestätigung und Zuneigung Anderer um glücklich zu sein. Dann kann ich das von mir heraus ganz alleine, und kann dafür viel offener und zwangloser auf Andere zugehen, wovon meine Beziehung zu anderen Menschen absolut profitieren wird. Denn krampfhafte Kontaktsuche endet meist erfolgslos, während genau die die meisten Freunde haben denen die Meinung Anderer wirklich absolut egal ist. Das ist paradox, aber interessant zu beobachten.
Eine Freundin hat zu mir mal gesagt: Wenn du eine Leere im Leben hast musst du sie füllen. Und ich finde das kann man auf alle Probleme im Leben anwenden, auf jedes Loch das sich auftut. Wenn ich, anstatt Zuhause zu sitzen und zu lamentieren, meinen Tag mit Aktivität fülle (und ich weiß es ist schwer sich dazu aufzuraffen, aber keiner außer einem selbst kann das), mich um Andere kümmere, etwa beim Ehrenamt, mit Anderen kommuniziere, zum Beispiel bei einem Hobby oder im Verein, und etwas Produktives mache, dann hab ich zum einen schon weniger Zeit traurig zu sein, und zum Anderen bin ich aktiv, hab was zu erzählen, und wirke dadurch wieder interessanter und attraktiver auf Andere. Es gibt ein Sprichwort: Lache, und Andere lachen mit dir, schnarche, und du schläfst allein. Und das stimmt auch. Mit Pessimisten und Langweiler will Niemand etwas zu tun haben. Wozu auch? Die geben wenig, jammern nur. Das ist langweilig auf Dauer. Jemand der viel unterwegs ist, viel zu erzählen hat, mit dem beschäftigt man sich gerne, der ist cool, der kommt gut an.
Dabei ist es aber wichtig, sich selber nicht aus den Augen zu verlieren.
Wenn ich kein Partylöwe bin, dann bin ich eben keiner. Punkt, aus.
Wenn ich trotzdem versuche einer zu sein, wirke ich auf Andere gestellt und seltsam, und sie meiden mich. Ich bin am Ende wieder unglücklich, weil ich es doch versuche, es aber nicht klappt. Das hab ich beim Bruder meines Freundes beobachten können.
Beamter, Jungfrau, verklemmter Typ, schüchtern, braucht lange Zeit um aufzutauen.
Er ging auf Anraten seiner Eltern trotzdem zu Parties, in den Tanzkurs, auf's Volksfest, war fast jedes Wochenende weg. Und trotzdem einsam und undglücklich.
Ich hab ihm dann das Buch vom Hirschhausen zum Leben gegeben (das ich Jedem nur wärmstens empfehlen kann) und jetzt hat er erkannt dass auch in fünf Jahren aus ihm eben kein Partylöwe wird, sondern er zu sich selber stehen und sich eine passende Umgebung suchen muss in der er er selbst sein kann. Nun geht er seit einigen Monaten immer am Wochenende in die Stadt und spielt dort mit ein paar Jungs und Mädels ein Strategie-Rollenspiel. Wir haben ihn da mal besucht, und da stehen 20 Geeks in einem winzigen Raum um einen Tisch mit Plastikpanzern herum - aber die sind glücklic, lachen, verstehen sich, also ist doch Alles im Lot. Vor zwei Wochen ist er mit zwei Kumpels nach Malle geflogen. Er hat, glaube ich, erkannt dass das Verbiegen und Verstellen nichts nutzt, sich akzeptiert so wie er ist und sich einfach passende Freunde gesucht. Die waren noch nie gemeinsam in einer Disco, er und seine Kumpels, dafür spielen sie am Samstag oft bis spät in die Nacht ihr Strategiespiel. Es hilft, wenn man sich ehrlich fragt: Was kann ich gut? Was mach ich gern? Wann haben Andere Spaß an mir? Was hält mich davon ab mehr davon zu machen?
Wenn man noch kein Hobby gefunden hat: Dann sucht man sich eines. Es gibt in jeder größeren Stadt so viele verschiedene Angebote.. da ist wirklich für Jeden was dabei, auch für jede noch so kleine Nische.
Man kann sich nicht jeden Tag weiter entwickeln und verändern, man kann nicht durch einen Fingerschnipp glücklich und gesellig werden. Aber man kann Dinge verändern. Ganz langsam, Schritt für Schritt, nach und nach. Keiner kann eine Leiter mit einem Sprung nach oben hüpfen, aber Jeder kann eine Leiter hoch klettern, Sprosse für Sprosse.
Ich schrieb schon zu Anfang: Der Mensch ist der geborene Jammerlappen, Selbstmitleidssuhler und Aushalter. Wir halten oft dinge aus, sehr lange, obwohl sie uns unglücklich machen. Weil Aushalten einfacher ist als Ändern. Aber meistens bringt nur Aktivität die ersehnte Veränderung.
Auch Training kann helfen, glücklicher zu sein. Ich hab so gelernt den Blick mehr auf die kleinen Dinge zu lenken anstatt movielike auf das große Glück zu warten das es im echten Leben einfach nicht gibt. Ich hab mich einfach jeden Abend ins Bett gelegt, die Augen geschlossen, und mir überlegt: Was war heute besser als erwartet, was war heute überraschend, schön? Mindestens drei Dinge sollten es jeden Tag sein. Am Anfang fiel mir nicht viel ein. Dann hab ich gemerkt dass ich etwas hätte beisteuern können um den Tag schöner zu machen. Hin und wieder mach ich diese Übung auch heute noch gerne, obwohl ich inzwischen ziemlich zufrieden bin, egal was das Leben mir so an Brocken vor die Füße wirft. Gestern war es unter Anderem: Mein Freund war nach 10h Arbeit gar nicht genervt wie ich es erwartet hatte, sondern wollte gerne noch was mit mir machen - das hatte ich nicht erwartet. Am Ende saßen wir dann 2h im Bett und schauten einen Film. Nichts Besonderes, keine große Geste, aber eben überraschend, und dadurch schön.
Eine andere Sache war: Eine Frau hat mir an der Kasse ihre Treuepunkte geschenkt - ich kann zwar nichts damit anfangen, aber es ist eine nette Geste. Diese kleinen Dinge kann ich dank des jahrelangen Übens mittlerweile viel besser sehen.
Auch sehr hilfreich ist es, sich jeden Tag zweimal zu sagen: Ich bin gut, so wie ich bin oder Es ist gut, so wie es ist. Das hab ich selber aus absoluter Verzweiflung heraus gemacht, und schon nach zwei, drei Monaten wurde ich von Anderen auf meine neue, positivere Ausstrahlung angesprochen. Es sind echt kleine Übungen, die fast schon esoterisch anmuten, aber mir haben sie viel genutzt. Der Weg aus der Einsamkeit heraus kam aber bei mir auch erst ab dem Zeitpunkt ab dem ich mich aufgerafft habe und aktiv wurde, mehr am Leben und an Anderen teil genommen habe. Ab da konnte ich was erzählen, war aktiv, und damit eben für die Anderen interessant.
Was mir zudem massiv geholfen habe waren aber-Beziehungen, um Gutes und Schlechtes zu sehen. Ich hab mir Alles notiert was ich an meinem Leben blöd fand und zu Allem versucht einen Gegenpart zu finden. Ich bin chronisch krank ABER habe eine tolle Familie oder mein Vater ist zwar viel zu früh gestorben ABER dafür hab ich ein festes Dach über dem Kopf. Das half, nicht nur Alles schwarz zu sehen, sondern auch zu wissen, dass ich für Vieles dankbar sein kann, obwohl es nicht immer einfach war im Leben, und wohl auch niemals einfach sein wird.
So, nach diesem Roman hätt ich gerne noch abschließend etwas ganz Gescheites geschrieben, aber ich hab so viele Gedanken da gelassen dass mir jetzt nichts mehr einfällt.
Deswegen wünsch ich euch alles Gute, den Mut einfach mal was auszuprobieren, und daraus resultierend dann kleine Erfolgserlebnisse. Ich war selber lange Zeit in meiner Einsamkeit und dem Jammertal gefangen, bin schier verzweifelt an der Aussichtslosigkeit meiner unrettbar verlorenen Lage. Bis ich am Ende erkannt hab: Mich holt da Niemand raus. Das kann bloß ich selber. Und ab da ging es aufwärts. Nicht steil, aber stetig.
Letztendlich war bloß Umdenken und ein Perspektivenwechsel nötig um mich aus meiner Einsamkeit zu holen. Es hat zwar trotzdem ein gutes Jahr gedauert bis mein Leben dann so war, dass ich wirklich damit zufrieden war, aber es hat geklappt, wenn auch nur schrittweise.
Und das wünsch ich euch auch.
Ich sehe mein eigenes Leben übrigens auch jetzt nicht als perfekt an, obwohl es jetzt so ist wie ich es mir als einsamer Außenseiter immer gewünscht hab.
Aber unter'm Strich kann ich sagen: Es ist gut, genau so, wie es ist.
Liebe Grüße,
Bianca