Vielen lieben Dank für eure Gedanken, Ideen und Antworten.
Zitat von Dubist:Divio du bist einfach anders und trotzdem ein wunderbarer Mensch.
Ich habe einen Bruder der hat auch kaum Kontakte und ist ein wunderbarer Mensch, ich weiß das deshalb weil ich seine Schwester bin.
Aber gute Menschen haben es auch oft schwer im Leben.
NIcht nur die bösen sind oft alleine ohne Anschluss, vielmehr auch oft die guten und gutmütigen.
Wünsche euch allen einen schönen Abend
Ich habe so etwas schon im ersten Betrag geschrieben. In den letzten drei Jahre habe ich den ein oder anderen getroffen, der unter ganz ähnlichen Symptomen wie ich litt. Ich hab sogar eine Art Stammtisch für Einsame in Leben gerufen, der aber eingeschlafen ist. Die Einsamen wirkten nicht so, als gehörten sie zu der Sorte Mensch, die man kurzerhand als böse bezeichnen würde. Ganz im Gegenteil. Mit den Einsamen tat selbst ich mir schwer so etwas wie eine Freundschaft auf die Beine zu stellen. Es klappte nicht. Die Gründe sind sicherlich vielfältig, aber ein Hauptgrund war das Fehlen basaler Kommunikationsstrukturen. Was ich damit meine? Es herrschte beim ersten Treffen ein anstrengendes Schweigen. Auch wenn wir hin und wieder das Schweigen durchbrochen haben, war die Gefahr wieder ins Schweigen zurückzufallen sehr groß. Es wirkte so, als würde uns die Ideen für ein vernünftiges Gespräch ausgehen. Das fand ich beeindruckend, denn über PN wirkten die Personen durchaus interessant. Da dämmerte es mir, dass ein Grund für eine Art der Einsamkeit auch in dem Fehlen von Kommunikationsstrategien liegen könnte.
Zitat von honeypie:Hi Divio,
vielleicht willst du gar nicht wie die anderen sein? Ich meine, du stellst dir vor, dass du gern das tun würdest, was andere gern tun wie in die Disco gehen, aber vielleicht bildest du es dir nur ein? Keine Ahnung, man kann versuchen sich irgendwo anzupassen, nur um überhaupt Anschluss zu finden, obwohl man gewisse Dinge nicht unbedingt braucht. Ich habe zum Beispiel oft Freunde irgendwohin begleitet, nur um dabei zu sein, und dann irgendwann ist mir aufgefallen, dass ich gar keine Lust dazu hatte. Da du als Sonderling galtst kann schon ein Hinweis darauf sein, dass du anders bist, vielleicht andere Interessen hast und deswegen nicht eingeladen wirst?
Ich glaube das mittlerweile nicht mehr. Lange Zeit war das eine Art Erklärung für mich. In der Tat habe ich viele Interessen, die auf den ersten Blick (!) nicht kompatibel sind mit den Interessen junger Leute. Ich interessiere mich z.B. für Philosophie. Scheinbar ein Thema das junge Leute jetzt nicht so interessiert. Aber nur scheinbar. Im Eingangspost sagte ich, dass ich nie wirklich Freunde hatte. Für die Kindheit und Jugend stimmt das definitiv. Aber als ich mein Abi nachholte in den letzten zwei Jahre konnte ich mich tatsächlich mit meinen Klassenkameraden sehr gut anfreuden (leider zerbrachen die Freundschaften, weil wir in ganz Deutschland verstreut sind und die Freundschaft doch nicht so tief ist, dass sie Distanz und Zeit überdauern könnte). Ich bin in dieser Zeit dann tatsächlich auf Partys gegangen. Es war für mich jedesmal eine Überwindung, weil ich eine diffuse Angst davor hatte. Meistens hatte ich dann aber jede Menge Spaß. Was mich selbst immer sehr überraschte. Das Highlight war dann die Diskobesuche, wo ich auch tatsächlich entspannt und angstfrei (!) tanzen konnte. Erst da verstand ich, warum ich die jungen Leute so gerne in die Disko gehen . Früher war Disko nur negativ besetzt. Derjenige Schuppen indem man nur Frauen abschleppte. Das ist in dieser radikaler Form klarer Quatsch.
Auf einer Party hatte ich tatsächlich mal ein tiefgründiges philosophisches Gespräche mit drei Klassenkollgen in der Küche. Wir haben fast eine halbe Stunde über den Klimawandel und Nietzsche ^^geredet. Das Gespräch war weder prollig noch bitter-ernst. Es war in erster Linie interessant. Aber am beeindruckensten fand ich, dass die anderen nicht nur oberflächliche leere Hüllen sind, die nur Qutasch labern, sondern auch Menschen mit echten Interesse sind, das auch weit über Zalando und BMW gehen kann. Eine andere Erkenntnis ist dann aber auch, das man manchmal an der Oberfläche kratzen muss um überhaupt die Menschen besser kennenzulernen. Wenn ich mich von außen betrachte, dann kann ich mir auch vorstellen, dass andere mich zunächst falsch einschätzen. Es liegt an der Kommunikation den ersten Eindruck ggf. zu erzeugen, zu korrigieren oder zu verstärken. Wenn man dort Defizite hat, insb. in der Selbstpräsentation, dann bleibt man die graue Maus udn verpasst ggf. die Chance andere aber auch Anteile an sich selbst kennenzulernen. Ich bin in einer Gruppe dann doch anders, als alleine.
Von daher misstraue ich mittlerweile der scheinbaren Analyse, man sei anders und man müsse sich absondern. Möglicherweise resultiert dieser Gedanke als so eine Abwehr, weil man bisher sich nie in der Gesellschaft etablieren konnte. Nicht weil man anders als alle anderen ist, sondern weil einfach eine handvoll basaler Fähigkeiten fehlen, die das Kennenlernen von anderen und die Selbstpräsentation erschweren. Sollte das richtig sein, dann helfen Tipps wie in einen Verein gehen oder so nicht weiter, denn auch dort fehlen diese Fähigkeiten.
Weil mir diese Fähigkeiten dann doch im erheblichen Maße fehlen, wirke ich langweilig. Ich sage zu wenig, ich frage zu wenig, ich wirke auf andere sicherlich diffus. Und damit auch zunächst langweilig. Meine Freundschaften in den letzten zwei Jahren waren aber auch nur möglich, weil ich besonders hartnäckigen Menschen begegnet bin, die einfach nachfragten und nachfragten. Und irgendwann war ich dann doch nicht mehr langweilig in deren Augen. Dennoch kann man durch die Art wie man kommuniziert langweilig wirken und klar ist man auch dann langweilig, wenn man nicht über bestimmten Fähigkeiten in einer bestimmten Art von Gruppe verfügt, z.B. man spielt schlecht Fußball, dann ist man nicht besonders interessant für Fußspallspieler.
Gesellschaftsanalysen sind immer interessant (und auch notwenidig), aber es bringt ja nichts primär den Zustand einer Gesellschaft als defizitär zu beschreiben. Zum einen kann eine Gesellschaft nie im Ganzen defizitär sein, da die Individuen in ihr verschieden sind und auch man selbst in dieser Gesellschaft lebt. Es sind im besten Fall nur Teile der Gesellschaft. Und dann muss man sich fragen. ob man ein Interesse an diesen Teilen der Gesellschaft teilzunehmen oder ob es nicht klüger ist, diejenigen Teile der Gesellschaft aufzusuchen, die man nicht als defizitär erlebt. Die muss es ja auch geben, denn gäbe es diese nicht, so könnte man diese Teile an den anderen Teilen nicht abgrenzen, denn dann gäbe es ja auch nichts zu unterscheiden, folglich nicht zu bemängeln, denn dann wäre man selbst ein Teil dessen. ^^So viel zu meiner Abendphilosophie.
Gruß