vor sechs jahren bin ich in diese stadt gekommen, in der hoffnung, jetzt kann ich nochmal an mein altes leben anknüpfen. ich gehöre wieder «dazu». finde freunde und kontakte in business. als grafikerin braucht man kontakte, oder wie es neudeutsch heisst «connections». doch was passierte?
mein freund, der mich ein jahr zuvor aus meinem bisheringen leben riss und mich in die stadt lotzte, liess mich hängen. seine anderen freunde waren gegen mich, also musste ich in der versenkung verschwinden. zwar trafen wir uns weiter, ich teilte alle seine sorgen mit ihm und putzte ihm die wohnung und das atelier, doch ich führte ein schattendasein.
vor zwei jahren «verriet» er unsere beziehung an einen kerl. er war bi. mein freund und ich konnte entweder bleiben oder gehen. ich entschied mich fürs gehen. brauchte aber zwei jahre dafür. denn was mich am schluss in der beziehung jede demütigung ertragen liess, war die angst, vor dem, weswegen ich jetzt hier sitze und in diesem forum schreibe.
die angst vor der einsamkeit.
und sie holte mich ein.
und wie.
mit über 50 mag man sehr wohl noch voll tatendrang sein, aber da draussen - speziell in so einer blasierten stadt wie die in der ich lebe (in der schweiz) - ist man eine alte frau. milde belächelt.
die menschen sind kalt hier.
ein lächeln ist suspekt.
man schaut weg, wenn jemand lächelt.
man schaut überhaupt ins leere, um ja nicht mit jemandem ins gespräch kommen zu müssen.
es ist drückend heiss heute.
trotzdem hocke ich in meiner wohnung.
blicke auf die dächer der stadt.
die bäume.
ja, ich wohne wunderschön, in einem kleinen penthouse, doch was nützt es mir.
ich bin alleine.
meine tochter wird erwachsen, nabelt sich nach und nach ab.
das ist gut so.
sie ist nicht für mich verantwortlich.
eines tages wird sie ausziehen und dann?
fünf wochen haben wir das schon geprobt, als sie in südamerika war.
fünf wochen und die decke kam jeden tag ein bisschen mehr runter.
erdrückte mich.
und da ich nur jede zweite woche 7 tage arbeite und dann 7 tage frei habe, kam die decke immer weiter runter.
aber…
… wenn die arbeit wieder beginnt, gehe ich aus dem haus, als die strahlefrau. geschäftig.
kein mensch weiss was davon.
meine arbeitskollegen können sich nicht vorstellten, was ich in diesen «zwischenwochen» durchmache.
jedesmal nehm ich mir allerhand vor, was ich tun werde… und die sieben tae gehen vorbei und nichts ist passiert.
um den fernseher von einem zimmer ins andere zu zügeln brauch ich alle energie, die ich habe...
... dabei arbeite ich an den sieben arbeitstagen oft 14 stunden. mit freunde und spass. ich liebe meinen job und wie.
aber dann?
wenn die zeitschrift, die ich in diesen sieben tage produziere in druck geht, fällt alles zusammen. alle verabschieden sich für eine woche. freuen sich auf ihre partner, die kommenden ereignisse, tage...
und ich?
ich fahr nach hause und hoffe, dass die einsamkeit diesesmal ein paar stunden länger wegbleibt. doch sie kommt und nach und nach merke ich, dass ich keine kraft mehr habe, mich ihr entgegenzustemmen…
14.07.2009 16:03 • • 15.07.2009 #1