per Zufall habe ich dieses Forum gefunden, als ich „Einsam“ bei Google eingegeben habe. Irgendwie habe ich gehofft die Komplettlösung für alle meine Probleme zu finden. Natürlich, habe ich diese Lösung nicht gefunden, aber dieses Forum und ich nutze nun einfach mal diese Plattform um euch meine Probleme zu schildern.
Meine Kindheit verlief nicht besonders gut. Durch eine Kinderkrankheit wurden meine inneren Organe so stark beschädigt, dass starke Medikamente, strenge Diäten und regelmäßige Krankenhausaufenthalten in einer recht weit entfernten Klinik notwendig waren. Das ich später an der Dialyse landen werden, war mir damals schon bewusst. Es wusste nur keiner wann dieser Zeitpunkt sein würde.
In meiner Schulzeit war ich immer sehr ruhig und zurückgezogen, von den anderen Kindern wurde ich nicht besonders gut akzptiert. Irgendwann, so ab der 6-7 Klasse, fing das Mobbing an. Die nachfolgenden Jahre waren die Hölle für mich. Ich wurde körperlich und seelisch angegriffen und vor der ganzen Klasse völlig offen und sichtbar blosgestellt. Dabei zielten die Angriffe eigentlich immer auf mein Aussehen. Irgendwann habe ich mich dann vollständig zurückgezogen und die Sache nur noch ertragen. Mit meinen Eltern oder den Lehrern habe ich darüber nie gesprochen, es war mir einfach viel zu peinlich.
Nach meinem Abschluß bin ich auf eine berufsbildende Schule gegangen und habe mir voher vorgenommen mich anders zu verhalten, um besser akzeptiert zu werden. Das hat auch richtig gut geklappt. Ich musste zwar über Dinge lachen, die ich nicht lustig fand und Dinge machen, die ich normalerweise nie gemacht hätte, aber ich wurde akzeptiert. Es gab sogar etwas wie Freunde, doch auch denen gegenüber konnte ich nie wirklich offen reden. So blieb die Freundschaft oberflächlich und war auch sofort vorbei als die Schule aufhörte und ich meine Lehre anfing.
Ich habe einen kaufmännischen Beruf erlernt und mein mangelndes Selbstbewusstsein hat mir hinter der Verkaufstheke richtige Schwierigkeiten bereitet. Doch im Laufe der Zeit habe ich meine „Verstelltaktik“ aus der Schule so perfektioniert, dass ich auch hinter der Verkaufstheke selbstbewusst und überzeugend wirken konnte, auch wenn ich hinter der Fassade höllenängste erlebt hatte.
Nach meiner Lehre habe ich einen Zeitvertrag bekommen, der eigentlich verlängert werden sollte. Doch dann holte mich meine Erkrankung wieder ein. Diäten, Medikamente und Kontrollen haben nicht mehr ausgereicht. Die Dialyse wurde ein neuer Teil meines Lebens. Meine Arbeitgeber waren jedenfalls nicht besonders begeistert von meinem neuen Status als Schwerbehinderter und verlängerte den Vertrag nun doch nicht.
Ich bin in ein tiefes Loch gestürzt und auch meine Beziehung zerbrach an der neuen Situation. Die wenigen verbliebenden Leute mit denen ich Kontakt hatte, haben sich ebenfalls aus ganz verschiedenen Gründen von mir abgewendet. So stand ich alleine da. Die nächsten zwei Jahre in Arbeitslosigkeit waren der Horror für mich. Ich hatte keine Freunde, keine Beziehung, keine Arbeit, mein Leben bestand eigentlich nur noch aus Dialyse.
Doch ich erkannte, dass es so nicht bleiben konnte. Deswegen habe ich mich einer Organisation angeschlossen und dort als Ehrenamtler auszuhelfen. Erstmal wollte ich mich dort einbringen und nebenher habe ich gehofft neue Bekanntschaften zu machen. Ich wurde auch gut angenommen und es gab viele neue Kontakte. Doch irgendwie fehlte mir die Fähigkeit die Kontakte zu vertiefen, zu pflegen und zu erhalten. Wie in der Schule sind es sehr oberflächliche Beziehungungen ohne feste Verbindungen. Tage wie Geburtstage, Silvester, Weihnachten usw. habe ich weiterhin alleine verbracht.
Später habe ich dann auch wieder einen festen Arbeitsplatz gefunden. Auf der Arbeit fühle ich mich wohl und kaum einer würde dort vermuten, dass ich in meinem Privatleben solche Probleme habe. Dort werde ich für meine positive Lebenseinstellung, trotz meiner Erkrankung sehr bewundert. Ob es nun auf der Arbeit oder im Ehrenamt ist, dort, in Gesellschaft, bin ich immerzu gut gelaunt und für jeden Spaß zu haben.
Leider, entspricht das nicht der Wirklichkeit. Es ist eine Maske die ich früher als Taktik verwendet habe und nun zu einem Zwang geworden ist. Zu Hause bin ich das genaue Gegenteil. Dort verbringe ich stundenlang ziellos im Internet, schaffe es kaum die nötigsten Haushaltsarbeiten zu erledigen und vermisste den privaten Kontakt zu anderen Menschen. Den Gedanken an eine neue Beziehung habe ich vor langer Zeit über Bord geworden. Nicht nur, dass ich mich unheimlich hässlich finde, nein auch noch gezeichnet von einer schweren Krankheit, ist es für mich unvorstellbar eine Frau zu finden, die das alles ertragen kann.
Und wenn dann mal einer meiner Bekannten etwas mit mir unternehmen möchte, dann sage ich häufig kurzfristig ab oder erfinde irgendeinen Grund um nicht weggehen zu müssen. Sollte es doch einer schaffen mich vor die Tür zu bekommen, dann fühle ich mich unterwegs immer unwohl. Manchmal werde ich sogar richtig frustriert, wenn ich die ganzen gut gelaunten Menschen in meinem Umfeld „ertragen“ muss.
Naja, ich bin scheinbar ein Mensch mit zwei Gesichtern. Meine Fassade ist immer die des gut gelaunten jungen Mannes, mit einer extremen positiven Lebenseinstellung und mein inneres ist furchtbar einsam, unzufrieden, verzweifelt und lebensmüde.
Ich hoffe dieser Text war nicht zu wirr. Ich habe den kompletten Text mehrfach gelöscht, verändert und umgeschrieben. Mich hat das Schreiben ziemlich berührt.
Liebe Grüße
14.08.2011 20:18 • • 26.08.2011 #1