Hier ist also noch mein Nachtrag von gestern, nachdem ich den Strang gestartet habe:
Ich wollte mich ja direkt dranmachen, einen Plan aufzustellen: Wie verhalte ich mich als Freundin zu mir selbst?
Ich liebe Pläne, man kann sie so schön umschmeissen. Aber eigentlich würde ich sie am Liebsten einhalten. Wenn es nach mir ginge, müsste man keine Änderungen vornehmen und könnte stets alles so lassen. Ich bin heute (oder war es mal in sehr starkem Maße) sehr anpassungsfähig. Aber nicht freiwillig, sondern weil ich musste. Das Leben lacht ja bekanntlich, während man Pläne macht… So bin ich schon zigfach umgezogen, weil die Situation es erfordert hat. Ich könnte heute einen kompletten Lebensneustart in wenigen Tagen durchziehen. Meisterschaft in Pionierarbeit. Also theoretisch. Aufgrund der vielen Neustarts, die ich schon hingelegt habe, ist die Energie mittlerweile eigentlich auf unter Null. Aber keine Ahnung vom Durchhalten. Weil ich es nie durfte. Das gilt für Dinge wie für Beziehungen.
Banales Beispiel: Wenn ich ein Produkt gefunden habe, das mir gefällt, dann brauche ich nichts anderes mehr, schaue weder links noch rechts, sondern steuere direkt darauf zu. Egal ob Käsesorte, Seife oder Gericht beim Asiaten. Wenn dieses dann aus dem Sortiment verschwindet, ist das ein echter Schock, weil ich erstmal wieder unnötig viel rumprobieren muss. Das heißt nicht, dass ich nicht auch gerne Neues probiere, aber ich komme von mir aus nicht unbedingt darauf und am Liebsten wäre es mir, dann direkt wieder etwas sehr Gutes zu finden, bei dem ich bleiben kann. Bezüglich Beziehungen wäre es theoretisch das Gleiche. Hier habe ich allerdings schon Übung im Durchhalten, allerdings nur von destruktiven Beziehungen. Ich halte so lange wie möglich daran fest. Ich war mal die letzte, die in das sinkende Schiff verlässt.
Das hat sich durch die unzähligen Erfahrungen geändert. Auf der Suche nach mir selbst habe ich anerkennen gelernt, dass die unfreiwillige Anpassung, die ich durch die Herausforderungen des Lebens leisten musste, mir auch vorteilhafte Fähigkeiten gebracht hat. Und deswegen probiere ich mittlerweile auch von mir aus hin und wieder neue Käsesorten und habe mir vorgenommen, in meinem Lieblingsrestaurant die Speisekarte komplett durchzugehen.
Mit den Menschen ist das schon schwieriger. Ich habe erkannt, dass ich zu viel Wert auf Worte lege statt auf Verhalten, das doch die meiste Information transportiert (nur ca. 10% durch Worte!)
Jedenfalls bin ich mittlerweile so weit, dass ich nicht nur wahrnehme, dass sich meine Intuition meldet (mit Warnsignalen), sondern auch schneller reagieren kann. Dachte ich zumindest. Meine Intuition ist eigentlich extrem gut (wie wohl die eines jeden), allerdings habe ich sie immer wieder ignoriert und bin doch den Weg gegangen, vor dem sie mich gewarnt hat. Der Verlauf ist so: als Kind konnte ich sehr schnell merken, dass hier was nicht stimmt, dass ich schlecht behandelt werde, ich konnte die Wut zulassen, ausdrücken und sie hat etwas bewirkt: Soziale Zugehörigkeit und das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Das ging innerhalb weniger Tage. Leider waren gerade nach solchen Erfolgen wieder erzwungene Ortswechsel, so dass alles von vorne begann. Im Laufe der Zeit erlebte ich dann familiär, dass ich zwar dabei sein durfte, aber eher geduldet, ohne gefragt zu werden, ohne Gehör zu bekommen. Und dass das Liebe genannt wurde. Also ziemlich ironisch. Als Jugendliche konnte ich es immer noch wahrnehmen, es hat aber wesentlich länger gedauert und zu monatelangen und auch jahrelangen schlechten Beziehungen (auch freundschaftlicher Art) geführt. Ich konnte mir immer weniger Ausdruck verschaffen und hielt aus, wurde kleinlaut und schlussendlich führte es zum erschütternden Lösen aus der Beziehung. Erschütternd, weil ich mich aus meinen familiären Beziehungen ja nicht lösen konnte und dann erst im jungen Erwachsenenalter zum ersten Mal eine „Freundschaft“ aktiv beendet habe. Gleichzeitig war das auch eine Befreiung, weil ich endlich wieder etwas benennen und handeln konnte. Aber diese Selbstwirksamkeit führte dann eben nicht mehr in die soziale Zugehörigkeit und ich begann, Dinge zu tolerieren, die ich eigentlich intolerabel fand und Verständnis zu zeigen, wo ich eigentlich keines hätte haben sollen. So verlor ich auch den Blick für meine Bedürfnisse und Signale aus mir selbst heraus. Ich ließ mich dahin treiben, wo es kurzfristige Aufmerksamkeit gab. Ich war gerne bereit, die scheinbaren Bedürfnisse der anderen zu erfüllen. Ich sah nur noch die Worte als Ausdrucksmöglichkeit und war enttäuscht ob der mangelnden Kommunikation. Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, dass ich dadurch den Zugang zur Welt verloren habe.
Ich möchte wieder dahin zurück. Ich will wieder dahin, wo ich auf das Verhalten schaue, meiner Intuition vertraue und Bedürfnisse erkennen und benennen darf und aus denen dann soziale Zugehörigkeit erwächst. Ich habe auch nichts gegen Gewitter, wenn danach die Luft rein ist.
Womit wir wieder bei der Freundschaft wären. Freundschaft, wie entsteht sie eigentlich? Was sind die Situationen, aus denen Freundschaft entstehen kann?
Die Grundlage sind ja erstmal soziale Kontakte. Warum suchen wir den Kontakt zu anderen?
Wiederum aus Bedürfnissen heraus: Zu allen unseren Bedürfnissen bedarf es der sozialen Kontakte.
Die Motivation, soziale Kontakte herzustellen, liegt darin, diese zu befriedigen durch Sammeln von Informationen, positive Stimulation und Selbstwirksamkeitserfahrung.
Das ist ziemlich schwer auszudrücken finde ich. Jedenfalls kann man, denke ich mal, grundsätzlich davon ausgehen, dass jeder Mensch, der mit einem anderen in Kontakt tritt, erstmal ein positives und lebensbejahendes Bedürfnis erfüllt haben möchte. Ich gehe jetzt mal vom Normalfall aus, in dem die wenigsten als Psychopathen auf die Welt kommen.
Ok, ich frage mich also bei Kontakten: Was möchte dieser Mensch von mir (Bzw. was ich möchte ich von diesem Menschen)? Eine Information (geht am Besten über das Verhalten), positive Anregung oder sich selbst ausdrücken und eine positive Rückmeldung bekommen?
In einer Freundschaft (mit mir selbst) möchte ich eigentlich alles: Ich möchte Informationen erhalten, inspirieren und inspiriert werden, ausdrücken (lassen) und (mich selbst) wertschätzen.
Wenn dann der Kontakt da ist, wirken bestimmte Faktoren freundschaftsfördernd:
- Zeit verbringen: hier sind es wohl sogar weniger als die 200 Stunden (diese für beste Freunde, aber ich würde das jetzt bei 200 belassen, ich will ja meine beste Freundin werden)
- Vertrauen (auch Geheimnisse)
- Ähnlichkeit
Morgen mehr.