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Hallo zusammen,

nachdem ich schon in anderen Threads ausschnitthaft über meine Lebenssituation geschrieben habe, möchte ich an dieser Stelle einmal ein Thema anschneiden, dass mich eigentlich in diesem Jahr am meisten beschäftigt: und zwar das ganz tiefe, teilweise schon fast manische Bedürfnis danach, einer festen Gruppe von Jugendlichen/jungen Erwachsenen anzugehören, mit denen ich meine Freizeit gestalten kann und die mir das Gefühl geben, geliebt und unterstützt zu werden.

Kurz zum Kontext: Ich bin mit zarten 21 Jahren nun nicht mehr unbedingt in einem Alter, in dem die meisten Menschen ihre ersten Erfahrungen mit Cliquen, Freundesgruppen und dem ganzen Drumherum machen. Leider habe ich mir im Wesentlichen selbst diesen Schritt verbaut, da ich in meiner Jugend unglaublich still/schüchtern und auch bieder nach außen wirkte. Ich hatte aber auch - das muss ich dazusagen - vor etwa fünf, sechs Jahren absolut nicht das Bedürfnis danach, so ein Gruppenmensch zu sein. Bauchschmerzen bereitete mir vor allem der Gedanke an Gruppenzwang, insbesondere in Bezug auf Alk. (bin Emetophobiker). Daher entschied ich mich teilbewusst dagegen, engeren Kontakt zu meinen Mitschüler in meiner Klasse bzw. meinem Jahrgang aufzunehmen, da ich mich mit der Art, wie sich meine Kommunikation, meine Interessen und mein Humor von diesen unterschieden, bei diesen nie sicher fühlte. Ich weiß nicht, ob es dafür einen Namen gibt, aber diese spezifische Art, wie Jugendliche heute miteinander reden, diese Vermischung aus Anekdoten von angesagter Kultur (Internet, Film usw.), Zynismus und Offensive, die extreme Schlagfertigkeit erfordern, ließen mich stets wie ein Mensch zweiter Klasse fühlen, weil ich da einfach nicht mitreden konnte. Dazu sei gesagt, dass ich als Einzelkind locker mehr als 50% meiner bisherigen Lebenszeit mit meinen Eltern bzw. Großeltern verbracht habe und mir daher einfach der schon früh der Anschluss fehlte. Ich war anderen Umgang gewohnt, andere Themen und benutzte einfach eine andere Sprache, um mich auszudrücken. Da ich überdies nie in einem Verein gewesen bin, konnte ich nicht davon profitieren, mir dort ein Netzwerk von Bekannten aufgebaut zu haben. Es war also eine sich verstärkende Wechselwirkung aus einer abweichenden kommunikativen Ebene zu Gleichaltrigen und dem darauf aufbauenden Gefühl, alleine sei ich besser dran, da weder ich sie noch sie mich verstehen könnten.

Eine andere Perspektive habe ich durch mein Studium bekommen. Dort lernte ich Leute kennen, mit denen ich besser zurechtkam, ohne dass das Stigma des Weirdos an mir haftete, wie eine Sünde aus der Vergangenheit - auch, weil die Atmosphäre dort liberaler ist und andere dort ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Es sind auch dort wenige Leute, mit denen ich Freundschaft schloss, aber immerhin. Und plötzlich entwickelte ich über Corona diesen Drang, auch einer von denen zu sein, die dazugehören. Die eine Clique haben. Die bedenkenlos auf Partys gehen können. Bei denen immer was los ist. Während meiner Schulzeit habe ich das verdrängt, aber so ab 2020/21 begann ich, mich dafür zu schämen, meistens zuhause rumzuhocken und noch nie mit irgendwem ein feucht-fröhliches Sylvester gefeiert zu haben. Anfang diesen Jahres beschloss ich also, dass ich endlich was ändern muss.

Zaghaft streckte ich meine Fühler nach der Welt aus. Ich ging dieses Frühjahr auf das ein oder andere Fest bzw. Konzert (es waren insgesamt nicht viele:), trat dem NABU bei (in der Hoffnung, dort auf etwa Gleichaltrige zu treffen, die auch an Outdoor-Aktivitäten interessiert waren) und begann eine Psychotherapie, um endlich zu verstehen, warum ich überhaupt diese Aversion gegen bestimmte Interaktionsformen habe, woher all die Unsicherheiten kommen und wie ich dieses Mindset dann auch ändern kann. Aber naja, was soll ich sagen. So ein überwältigender Erfolg war das jetzt auch nicht. Die Feste verliefen selbst im moderat Alk. Zustand (mehr traue ich mir noch nicht zu) eher einsam, denn ich wusste einfach nicht, wie ich andere Leute anquatschen soll. Komme mir dann unangemessen vor, z.T. peinlich vor. Das sind die noch ungeklärten Schatten meiner Geschichte - möglicherweise verdrängte kindliche Traumata, ich weiß es nicht. Mitmachen in der NABU-Ortsgruppe macht mir zwar Spaß, aber tatsächlich liegt der Altersschnitt da bei 60+. Das entsprach nicht wirklich meinen Erwartungen. Und die Therapie trägt noch nicht die Früchte, die ich für langfristige Verhaltensänderungen brauche. Im Juli kam dann ein ziemlicher Breakdown, weil ich mit meinen bisherigen Aktivitäten so gar nicht vorangekommen war. Jetzt geht es gerade wieder etwas besser, weil ich - was die Disziplin angeht - in den letzten Wochen wieder mehr geschafft habe, u.a. einen eigenen Urlaub mit dem einzigen mir aus Schulzeiten gebliebenen engen Freund organisiert und ein Fitnessabo abgeschlossen - und das trotz tierischer Angst, da das Gym in der Stadt liegt, in der ich zur Schule ging und ich vor einem plötzlichen Wiedersehen mit alten Schulkollegen ziemlich nervös bin.

Außerdem habe ich meine doch sehr essentialistischen Erwartungen aus dem Frühjahr ein wenig relativiert und bin tendenziell lockerer diesbezüglich geworden - das könnte sich allerdings auch wieder ändern. Trotzdem habe ich noch immer keinen Plan, wie ich nun eine Freundesgruppe in meinem Wohnumfeld aufbauen soll und dies bleibt auf jeden Fall mein Ziel. Vor einigen Tagen sah ich dann ein Video, in dem auf wissenschaftlicher Basis erklärt wurde, dass Cliquen am ehesten nur dort entstehen, wo etwa gleichaltrige Menschen in hoher Intensität mit einem übergeordneten gleichen Ziel, der ihr institutionell erwirktes Zusammensein rahmt, aufeinandertreffen. Das hat mich ein wenig betrübt, weil es doch heißt, dass ich mir die Integration in so ein Netzwerk höchstwahrscheinlich abschminken kann. Ich bin eben nicht mehr in der Schule, die Chance ist vertan und an der Uni habe ich bereits meine wenigen guten Kontakte und wüsste nicht, wo noch eine Clique offen wäre. Hinzu kommt noch, dass ich nicht an meinem Wohnort studiere und mir eine langfristige Verbindung am liebsten hier schaffen würde - wo ich gerne bleiben möchte.

Deswegen möchte ich jeden, der hierzu irgendeine Erfahrung beizutragen hat, ermutigen, diese hier mitzuteilen. Wie seid ihr selbst in Freundesgruppen geraten? Insbesondere dann, wenn außerhalb von Schule/Uni, noch irgendwie geklappt hat. Wie läuft so etwas ab? Was kann man selbst dafür tun und was sollte man vielleicht unbedingt vermeiden?

03.09.2022 01:07 • 10.11.2022 #1


54 Antworten ↓


Als ich noch eine gewisse Bereitschaft hatte, mich mit anderen Menschen treffen zu wollen, gelang mir dies auch ohne eine große Anstrengung oder einen konkreten Plan. Das Schema war eigentlich immer das gleiche. Ich hatte für mich ein Hobby entdeckt und übte dieses aus. Quasi automatisch kam ich mit einem oder mehreren Menschen in Kontakt, die auch dieses Hobby betrieben. Diese wiederum kannten andere mit gleichen Interessen und so erweiterte sich mein Bekanntenkreis. Erzwingen kann man das ohnehin nicht, denke ich.

Jedenfalls hat sich ein Bekanntenkreis eigentlich immer zufällig bei mir entwickelt, einfach in dem ich präsent war und offen für Unterhaltungen mit anderen, die zumindest in einem gewissen Maß die gleichen Interessen hatten. Einzige Voraussetzung ist dazu m.E. die analoge Welt.

Heutzutage, mit den ganzen virtuellen Möglichkeiten, findet man vielleicht noch follower oder liker, aber keine greifbaren Menschen. Zumindest nicht im unmittelbaren Umfeld. Was nutzen 100 Leute die auf irgendeiner Plattform kommunizieren aber räumlich zu weit auseinander sind um sich mal real kennenzulernen.

Mittlerweile bin ich aber auch gar nicht mehr so versessen darauf neue Bekanntschaften zu schließen. Dennoch hat sich prinzipiell meine Erfahrung nicht verändert. Teile ich Interessen oder befinde ich mich an Orten mit Menschen, habe ich nach wie vor Möglichkeiten mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Der Unterschied zu früher ist nur, dass ich die bewusst nicht mehr nutze, weil ich eben kein Bedürfnis habe, mit anderen in Kontakt zu treten oder zu bleiben.

A


Finden einer Freundesgruppe auch nach der Schule?

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@Disturbed Hallo Disturbed, danke für deine Antwort. Ich denke, es gibt Menschen, die so oder so keine Probleme haben schnell neue Beziehungen aufzubauen, egal wo sie sich befinden, weil sie eine Aura haben, die Menschen attaktiv finden. Sie sind kommunikativ geskillt und haben eine sehr vielfältige Wissens- und Kompetenzbasis, die ihnen Selbstvertrauen und Ansehen gibt.
Dem Großteil an Menschen geht es sicherlich so, dass sie erstmal ein bisschen abwartend in neuen Situationen sind, aber dann trotzdem ihre Bekanntschaften schließen, wenn sie sich eingegroovt haben - so wie du es ja auch beschrieben hast. Die sind dann allerdings oft nicht mehr so tief, wie etwa noch zu Kinder-/Jugendzeiten. Und dann gibt es wieder eine Minderheit, die sich zwar unter Leute begeben kann aber trotzdem nicht wirklich dort ankommt.
Sei es, weil sich diese Menschen ihrer Herkunft oder ihres Lebenswandels schämen und kaum etwas von sich preisgeben möchten, weil sie Angst haben, in ein Fettnäpfchen zu treten und mit Peinlichkeit nicht umgehen können oder in den ganz extremen Fällen, weil Interaktionen ohnehin schon Schnappatmung bei ihnen auslösen.

Mein Ziel ist es, von der letztgenannten zumindest in die zweite Gruppe zu kommen. Eine Sozialphobie kann man mir nun bei bestem Willen nicht attestieren, aber irgendwie weiß auch ich nicht, was zu tun ist, um bei einer größeren Zahl von Menschen Interesse an meiner Person zu wecken. Mir fällt auch auf, dass ich bei solchen Begegnungen bei unverfänglichen Themen bleibe, nie bei solchen, wo ich das Gefühl habe, mich blamieren zu können und nur sehr geringfügig Spontanität oder Schlagfertigkeit an den Tag lege. Dabei schwingt immer die Angst mit, ungenügend oder nicht ausreichend informiert zu sein und das am Ende dadurch preiszugeben, indem ich einen mutigen Vorstoß wage, der meine Unwissenheit offenbart. Wenn in einer Gruppe ein Thema diskutiert wird, von dem ich keine Ahnung habe, aber dadurch, dass alle mitreden können, der Eindruck entsteht, es handle sich um ein Must-know, bleibe ich still, um bloß nicht zu suggerieren, dass ich wegen meines Unwissens minderwertig sein könnte. Dummerweise mache ich mich damit auch zum Außenseiter.

Mir ist natürlich klar, dass ich damit eher wenig Erfolg haben werde, noch Freundschaften zu finden. Ich weiß, dass ich mich entscheiden muss, entweder in die Offensive zu gehen und diese Schwächen anzusprechen, egal wer mir gegenübersteht oder aber darauf hoffen sollte, irgendwie durch Zufall die toleranten Menschen zu finden, bei denen ich so wohlfühle, dass ich ihnen das anvertrauen könnte. Naja, aber das ist wohl höchst unwahrscheinlich.
Kennst du Tipps, wie man sich selbst dahingehend überwinden kann, sich vor anderen nicht mehr für seine Person zu genieren? Oder hattest du diese Sorge nie verspürt?

@Williams-Christ
Ich bin von Hause aus eher nicht derjenige der auf andere zugeht, weil ich es auch nicht unbedingt für mich nötig finde, Bekanntschaften zu machen. Ich war und bin auch nicht jemand, den man als attraktiv oder interessant definieren würde. Aber ich bin, wenn ich unter Menschen gehe, zumindest keine Zumutung für andere, denke ich jedenfalls. Ich brezel mich nicht auf und versuche auch nicht, irgendwie angepasst zu sein. Aber ein halbwegs gepflegtes Äußeres erwarte ich ja auch bei anderen und somit ist mir das auch für mich wichtig. Kurzum solange ich nicht stinke oder mein gegenüber, ist eine Kontaktaufnahme für mich nicht undenkbar.

Meistens war es so, dass mich jemand angesprochen hat und ich habe festgestellt, dass es in einer Gemeinschaft von Menschen die ähnliche oder gleiche Interessen haben, es immer jemanden geben wird, der mich anspricht. Ich muss also nicht die Initiative ergreifen und tue das auch so gut wie nie. Und wenn doch, beschränkt sich das auch eher darauf, dass ich etwas frage, das allgemein mit dem Interessengebiet, dass mich mit dieser Person "verbindet", zu tun hat. So entstanden dann Gespräche und manchmal auch längerfristige Kontakte.

Natürlich sollte das Interesse auch echt sein. Für mich würde es keinen Sinn machen, wenn ich zum Beispiel zu einem Konzert gehe um Leute kennenzulernen, aber mit der Musik nix anfangen kann. Sowas könnte wirklich peinlich werden. Ansonsten gibt es doch für jedes Hobby auch Plattformen für gleichgesinnte und die nicht nur im Internet.

Wenn natürlich nichts an gemeinsamer Substanz vorhanden ist, wird es schwierig eingebunden zu werden. Aber wenn es einen gemeinsamen Nenner gibt, braucht es primär kein großes Selbstvertrauen und bis man die Menschen besser kennt, ist es eigentlich egal, ob ich in ein Fettnäpfchen treten könnte (was mir auch schon passiert ist), da ich sie ja nicht unbedingt wieder sehe.

Gedanken darüber peinlich sein zu können, mache ich mir eigentlich erst dann, wenn ich die andere Person langsam besser kennenlerne. Da ich eher zurückhaltend auftrete und mich ohnehin nicht im Mittelpunkt sehen will. Ne sogenannte Rampens.a.u wäre das genaue Gegenteil von mir und ich frage mich da auch, wer mag so jemanden. Aber auch diese Menschen finden Gleichgesinnte. Es muss einfach nur etwas, wie es neudeutsch heißt, matchen. Aber das es das kann, muss es eben auch die Gelegenheit geben.

Ich denke, seine Interessen und Fähigkeiten klar benennen zu können, ist ein immenser Cheat-Code, weil man dann an den richtigen stellen Begeisterung wecken kann und Gleichgesinnte anzieht - vorausgesetzt, man schafft den Rahmen, auf diese Menschen zu treffen. Und man muss natürlich diese Interessen haben.
An der Schule, spätestens am Gymnasium habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, anders zu sein, weil ich mich gefühlt als einziger Junge fürs Zeichnen interessiert habe, kreativ war, mir gerne Geschichten ausgedacht habe aber dagegen völlig unsportlich und handlich unbegabt. Ich habe schnell registriert, dass andere Jungs aus ihren Fähigkeiten Kapital schlagen konnten, ich hingegen nicht und begann, mich zu verstellen und mich für meine Interessen und Hobbies zu schämen. Hinzu kam, dass ich in diesen Jahren einen besten Freund hatte, der irgendwann keine Gelegenheit mehr ausgelassen hat, den Frust über den Leistungsdruck zuhause an mir abzutragen, indem er mir vorhielt, dass meine Unkonventionalität peinlich sei. Über die Zeit habe ich dann verlernt, mich für überhaupt irgendwas zu interessieren und meine Freizeitgestaltung war so ab 2014/15 hauptsächlich auf den Konsum digitaler Inhalte herabgestuft. Dessen Nachwehen prägen mich bis heute.

Tatsächlich habe ich heute eine bemerkenswert geringe Ausprägung an capabilities, d.h. vielseitige Fähigkeiten, die eine ausgeprägte und interessante Persönlichkeit zeichnen. Meine Ressourcen habe ich eigentlich immer nur ins Lernen gesteckt und das Interesse am Zeichnen, Geschichten ausdenken, usw. verloren. Deswegen bin ich heute in fachlichen Dingen (auch im Studium) interessiert und leistungsbereit, aber sonst nirgendwo. Leider hat meine soziale Isolation dazu geführt, dass mir eigentlich nur meine Eltern als Lehrmeister und Rollenmodelle zur Verfügung standen, aber von denen konnte ich nicht viel lernen, was mich für Gleichaltrige begehrenswert macht. Das einzige, was mich heute wirklich ausprägt, ist eine Form von schwarzem Humor, den ich durch entsprechenden Medienkonsum sowie den einzigen am Ende meiner Schulzeit noch vorhandenen Freund entwickelte.

Vor einem Monat ungefähr habe ich mir eine Liste von Dingen gemacht, die ich gerne einmal in Angriff nehmen würde. Dazu zählten neben dem im Eingangspost besagten Fitnesstraining auch spezifische Outdoor-Aktivitäten, wie etwa das Aufsuchen sogenannter Lost-Places, Camping, Geländespiele und Wandern. Leider habe ich dazu bisher in meinem Umfeld kaum etwas an Vereinsaktivitäten gefunden. Entweder ist dies so spezifisch, dass es gar keine Vereine gibt, oder die sind z.T. eine Stunde Fahrtzeit entfernt, was mir einfach zu weit ist, da es ja darum geht, mich ungefähr dort zu integrieren, wo ich wohne und das Hobby dann auch regelmäßig ausüben zu können. Ich könnte jetzt alternativ auch auf diverse öffentliche Feste gehen und diverse Leute anquatschen, ob sie sich für sowas interessieren oder welche kennen, die das tun. Das traue ich mich aber mit meinem jetzigen Selbstbewusstsein noch nicht.

Cheat Code klingst so nach schummeln, zumindest ist das die Bedeutung die ich kenne. Bei Computer Games mag das einen Vorteil bringen, aber im Umgang mit Menschen bezweifle ich das. Etwas vortäuschen, das nicht ist, kommt für mich schon aus einem gravierenden Grund nicht in Frage. Es ist mir schlichtweg zu anstrengend. Einzige Ausnahme, zumindest früher war es mal eine, sind Bewerbungsgespräche. Da gab ich mich so, wie ich dachte, dass der potentielle Arbeitgeber mich gerne haben würde.

Du schreibst vom anders sein. Ich bin mein ganzes, mittlerweile recht langes Leben, anders. Mein familiäres Umfeld war anders, jedenfalls im Vergleich zu dem das üblicherweise als Standard galt. Da gab es vieles was während der Kindheit und Schulzeit große Unterschiede zu meinen Freunden und Klassenkameraden machte und mit dem sie nichts anfangen konnten. Aber es gab trotzdem gemeinsame Interessen, die ein "Zusammensein" ermöglicht haben, wenn ich es zugelassen habe. Ich habe schnell gewusst wo meine Defizite sind und es dann vermieden, mich in Situationen zu bringen, in denen sie offenkundig würden.
Das Gefühl von Scham kenne ich sehr gut, auch die Gedanken nicht gut genug zu sein.

Dabei ging und geht es mir bis heute nicht darum gemocht zu werden, denn das kann ich meiner Meinung nach ohnehin nicht beeinflussen. Mir ist es aber immer wichtig gewesen, einen menschlichen Umgang mit anderen zu pflegen, was aber nicht ausschloss auch mal Ärger offen zu zeigen.

Alleine dadurch, dass ich immer irgendwann das Interesse an den Dingen die ursprünglich zu Kontakten führten, verloren habe und etwas anderes mein Leben bereicherte, sind viele Kontakte auch wieder abgeebbt. Dafür kamen neue hinzu, die dann auch wieder verschwanden. Eine wirklich innige Freundschaft über nahezu mein ganzes Leben gesehen, habe ich eigentlich nur zu einer Person, weshalb ich auch eher von Bekannten statt von Freunden spreche, wenn ich darüber rede. Aber ich werte diese Menschen deswegen nicht ab. Es liegt wohl eher an meiner Definition von Freund, dass ich das so handhabe.

Du bezeichnest Dich als sowas wie einen Außenseiter, aber wer ist das nicht auf irgendeine Art und Weise. Die Liste die du für dich an Aktivitäten erstellt hast, ist keine, die ich einem Außenseiter zusprechen würde. Jedenfalls kenne ich einige Menschen, die solche Interessen verfolgen. Natürlich ist ein erkunden von Lost Places nichts, wo man einen Haufen potentieller Freunde treffen würde, aber das wäre auch nicht sinn der sache. Dann wären es keine Lost Places

Einiges was Du schreibst, liest sich als würdest Du annehmen, es ginge darum anderen etwas bieten zu müssen oder gar beweisen zu müssen um mitreden zu können. Für mich kommt dieser Gedanke nicht mehr in frage, jedenfalls nicht im Bezug auf Bekanntschaften.
Auch wenn ich aus Gründen die ich jetzt nicht ausführen will, so gut wie keinen Selbstwert empfinde und auch nicht sonderlich viel Selbstvertrauen habe, bin ich doch in gewisser Hinsicht selbstbewusst. Ich bin mir über mich im klaren und mache mir da auch nichts mehr vor. Ich bin was ich bin und ich will nicht sein, was ich nicht im Stande bin zu sein.

Das heißt für diejenigen, die in mein Leben treten, take it or leave it. Und ich glaube, dass diejenigen die ein Interesse an meiner Gesellschaft haben, es auch tatsächlich selbst so empfinden.

@Disturbed Take it or leave it, dass wäre genau diese Mentalität, die ich einmal erreichen will gegenüber anderen. Was mich lange zurückgehalten hat, war, dass ich mir meiner Defizite überhaupt nicht bewusst war. Ich habe sie schlichtweg verdrängt, um mit mir einigermaßen klarzukommen. Erwartungsgemäß hat das nicht so wirklich geklappt, es traten irgendwann neurotische Symptome auf, die ich jetzt auch nicht in aller Ausführlichkeit erläutern möchte. Fakt ist aber, dass ich erst die Spiegelung (in diesem Fall durch meine Therapeutin) brauchte, um mir überhaupt darüber im Klaren zu sein, dass ich ein Hochgebirge an nicht aufgearbeiteten Problemen mit mir rumschleppte.

So langsam dringt das Unbewusste ins Bewusstsein und erlaubt mir, an den Problemen aktiv zu arbeiten. Ich fühle mich tatsächlich etwas besser, denn es hilft mir zu wissen, dass es eine kausale Erklärung dafür gibt, warum ich mich anders entwickelt habe. Genau deswegen werde ich das Vergangene auch nicht ungeschehen machen können und vieles, was ich bislang als Defizite ansehe, muss ich wohl als nur noch geringfügig änderbar betrachten. Möglicherweise komme ich dann auch darüber hinweg, mich für ungenügend oder unangemessen zu halten und kann mich vor anderen mit einem gewissen Stolz präsentieren. Seine Schwächen zuzugeben ist schließlich auch eine Stärke.

Klar ist nur, dass es ein Prozess ist. Was du beschreibst, hilft mir, dieses Blasendenken zu verlassen und auf die eigenen Widersprüche aufmerksam zu werden. Allerdings dauert das so seine Zeit. Den Dämon, der mich mit dieser boshaften Selbstentwertung füttert, habe ich noch nicht besiegen können. Ich habe eine Ahnung, woher er kommt, aber es wird schwer, sich von ihm zu trennen.

@Williams-Christ
In dem was Du über die Spiegelung durch deine Therapeutin schreibst erkenne ich mich eins zu eins wieder. Es brauchte diesen Anstoß um meinen Prozess in Gang zu setzen und er ist noch lange nicht abgeschlossen. Was mir tatsächlich zu meiner jetzigen Mentalität bezüglich Take it, or leave it maßgeblich geholfen hat, waren meine Klinikaufenthalte. Dort wurde ich mit Menschen konfrontiert, die mich sowohl positiv als auch negativ tangiert haben. Der große Unterschied war allerdings, dass meine "Art" eben keine existenziellen Auswirkungen hatte. Im "normalen" oder Berufsleben wäre es nie dazu gekommen, mich derartig zu demaskieren. Ich hätte mich in vielerlei Hinsicht wohl angreifbar gemacht und möglicherweise auch zusätzlich isoliert. Aber in der Klinik passierte genau dass, was ich schon beschrieben habe. Ich wurde ohne wirklich eigenes Zutun angesprochen, so wie ich war, trotz meiner Defizite. Natürlich war ich auch nicht everybodys Darling. Was aber auch als einzige Konsequenz nur ein nicht befassen mit bestimmten Menschen hatte.

Was Du als Blasendenken bezeichnest, kenne ich nur zu gut. Gänzlich ablegen kann ich es bis heute nicht. Bin auch deswegen wieder aktuell in einer Tagesklinik. Nebenbei versuche ich wieder eine geregeltere Tagesstruktur zu bekommen. Aber mein Prozess ist weiter im Gange und das ist wichtiger für mich, als der Gedanke, dass er irgendwann abgeschlossen sein könnte. Allerdings ist da immer eine Ambivalenz in mir, die weiter Zweifel schürt.

Mit einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik habe auch ich tatsächlich immer wieder kokettiert. Bislang konnte ich mich zu diesem Schritt ehrlicherweise noch nicht überwinden, weil ich mir schon so meine Gewohnheiten aufgebaut habe (mich mit meinen wenigen Freunden so oft wie möglich zu treffen, Vereinsaktivitäten usw.) und auch mein Bachelorstudium ohne Unterbrechung zu Ende bringen möchte. Außerdem war ich noch nie länger als eine Woche zu Hause weg und würde in meinem jetzigen Geisteszustand wohl durchdrehen, wenn dem so wäre. Es käme also auch maximal eine Tagesklinik in Frage. Wenn du mir etwas von deinen Erfahrungen aus der Klinik mitteilen möchtest, wäre ich dafür sehr offen. Denn ich finde schon, dass ich noch intensiver an mir arbeiten könnte, aber der Rahmen ist dafür einfach zu sporadisch (die Psychotherapie findet nur alle 2 Wochen statt).

Ich habe außerdem noch einmal darüber nachgedacht, was Einsamkeit wirklich bedeutet. Lange ging ich davon aus, dass es sich schlicht um Kontaktarmut und die daraus resultierende Langeweile handelt, aber mittlerweile denke ich, dass es vielmehr um die Qualität von Kontakten geht. Einsam fühlt man sich nicht unbedingt, wenn man allein ist, sondern, wenn man sich den Menschen um einen herum nicht in voller Weise offenbaren kann - entweder, weil diese toxisch sind und Schwächen erbarmungslos ausnutzen, wo sie sich ihnen bieten oder aber weil man selbst mit Schamkomplexen behaftet ist, die einen daran hindern. Deswegen weiß ich, wo ich schon, wo ich Verbesserungsbedarf habe, aber noch fehlen mir dafür die Instrumente. Gleichzeitig will ich aber auch nicht unterschlagen, dass sich Kontaktarmut und fehlende Öffnungsbereitschaft für die Interaktion wechselseitig bedingen. Ich würde von mir sagen, dass ich sogar an beiden Problemen leide. Mein soziales Umfeld ist sehr klein und ich habe in meinem Wohnumfeld im Moment kaum Möglichkeiten, dies zu ändern - da mir die Leute fehlen um effektives Networking zu betreiben. Jeder Entscheidung, den ersten Schritt zu gehen (z.B. durch einen Vereinsbeitritt) ist für mich so unfassbar schwierig, weil ich mir tausend Gedanken darüber mache, was ich alles falsches sagen könnte und mich lächerlich mache - dann schiebe ich es wieder auf oder schweige lieber. Es ist für mich so normal geworden, dass ich das oft gar nicht mehr merke. Ich war mir sicher, da müsste ich ganz klar ansetzen. Was ich mich jetzt aber auch frage, ist, ob das überhaupt erstrebenswert ist. Ich habe mich nun mal anders entwickelt und teile den Humor und das Wissen vieler Gleichaltriger halt nicht. Aufgrund meiner Rückstände seit der Kindheit kann ich das mit 21 auch nur noch bedingt aufholen. Macht es dann nicht vielleicht sogar eher Sinn, ganz gezielt nach wirklich Gleichgesinnten in entscheidenden Punkten, wie Humor zu suchen?

@Williams-Christ Ich kann Dir gerne ein paar Klinikerfahrungen etwas ausführlicher schildern, aber was ich jetzt so von Dir erfahren habe, scheint mir einen Klinikaufenthalt nicht unbedingt erforderlich zu machen. Stationär wäre ein solcher nur bei einer sehr schweren Krise oder gegebenenfalls zwecks eine kontrollierten Medikamenten Einstellung nötig, oder aber um aus einem negativ wirkenden familiären oder beruflichen Umfeld nötig, damit man da mal rausgenommen wird.
Tagesklinik finde ich persönlich neben den therapeutischen Angeboten gut, um eine abhanden gekommene Tagesstruktur wieder zu erlangen. Für mich ist sie ein guter Raum um mich zu ergründen und auszuprobieren ohne mein übliches Umfeld zu tangieren und trotzdem in Kontakt mit meinem üblichen Umfeld zu bleiben. Hauptsächlich ist es für mich auch die Möglichkeit für ein Feedback von anderen Erkrankten, das kein Forum der Welt bieten kann, denn es ist eben real und nicht virtuell und in Echtzeit. Bringt aber auch nur etwas, wenn die Bereitschaft dafür vorhanden ist, sich in einer Gruppe zu öffnen. Ansonsten ist eine ambulante Therapie sicher eher das Mittel der Wahl.

Bezüglich dem Finden von Gleichgesinnten habe ich ja schon mal geschrieben, dass es dazu erforderlich ist, sich an den Orten aufzuhalten, wo sich potentiell Gleichgesinnte auch aufhalten. Das tue ich bisweilen auch und entscheide dann eben ob ich jemanden anspreche, was eher selten vorkommt, oder ob ich offen dafür bin, dass andere mich ansprechen können. Letzteres hat mir schon oft zu neuen Bekanntschaften verholfen.

@Disturbed Ich finde das richtig klasse, dass du die Möglichkeit für dich hast, zu entscheiden, ob du jemanden ansprechen willst oder lieber angesprochen werden willst. Bei mir ist es so, dass ich sehr gerne die Initiative übernehmen möchte, mich aber dazu einfach nicht traue. In diesen Momenten verweigert mein Gehirn dann die Arbeit. Ich kann einfach nicht darüber nachdenken, was ich jetzt sagen soll, bzw. alles wird von meiner inneren Stimme sofort relativiert. Im Sinne von: Das ist unangemessen. Es könnte falsch sein. Was ist, wenn ich den Kontext nicht verstanden habe, weil ich ja eh so wenig weiß und mich blamiere? Die Angst, peinlich zu erscheinen ist überwältigend. Ich weise viele Symptome auf, die einer Ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung ähneln. Allerdings habe ich nie eine fundierte Diagnose in die Richtung bekommen.

Aus deinen Beiträgen lese ich eine ziemliche Lockerheit im Umgang mit Kontakten und dem Knüpfen neuer heraus. Alles kann, nichts muss. Das ist sicherlich eine sehr hilfreiche Einstellung, weil man sich nicht zu abhängig davon macht, wer um einen herum ist und ob Interaktionen klappen oder eher nicht so. Ich bin dahingehend wohl auch (noch) ziemlich verkrampft, weil ich gerne meine ganze Person auf links gedreht hätte und in den Jahren, die in meiner Jugend noch verbleiben, etwas nachholen möchte, was ich eigentlich nicht kann. Ständig bekomme ich den Zeitdruck zu spüren und das Gefühl, dass sich bald etwas Radikales in meinem Leben verändern MUSS. Ich neue Freundesgruppen finden MUSS. Auf so vielen Konzerten, Partys, Events oder Reisen wie möglich gewesen sein MUSS. Im Moment arbeite ich daran, diese Erwartungshaltung zu reduzieren, aber immer mal wieder kommt das irrationale Verlangen nach Affekten und Geborgenheit dann wieder durch, was mir mein bisheriges Leben doch recht erbärmlich erscheinen lässt.

Deswegen tingelt mein psychischer Zustand zwischen weitestgehend ruhigen Phasen und harten Breakdowns hin und her. So einen hatte ich dieses Jahr zwischen Mitte und Ende Juli und auch letztes Jahr, ugf. zur selben Zeit. Ich denke aus diesem Grund schon, dass mir ein Klinikaufenthalt helfen könnte, im Moment ist es nur wieder weitgehend stabil. Es ist nur eine trügerische Sicherheit.

@Williams-Christ Ängstlich vermeidende Züge habe ich schon mein ganzes Leben lang. Ich traf deswegen viele Entscheidungen gegen Entwicklungsmöglichkeiten, die mein Leben wohl positiver oder erfolgreicher verändert hätten. Du schreibst, Du bist noch relativ jung, sicher allemal jünger als ich. Wenn ich so rückblickend darüber nachdenke, wäre es vermutlich besser gewesen, ich hätte mich viel früher diesbezüglich mal in Behandlung gegeben. Denn diese Art mit Ängsten umzugehen, indem ich Vieles vermieden habe, bei dem ich dachte ich könnte mich blamieren oder unangenehm Auffallen, oder ich könnte dem nicht gewachsen sein, was da auf mich zu kommt, hat sich derart in mir eingebrannt, dass ich sie bis heute nicht mehr los wurde. Ständige Selbstzweifel, ständiges kontrollieren meiner selbst, dass kostet Kraft und Nerven und ist objektiv betrachtet unsinnig, weil es tatsächlich keine Schande ist, zu sein wie man ist.

Letztlich habe ich nur zwei Möglichkeiten, Konfrontation mit dem mir unbehaglichen, oder ängstlich dahindümpeln im immer gleichen Trott, der aber nicht vor "was wäre wenn oder hätte ich doch nur" Frustrationen schützt und somit alles auch nicht besser macht, dafür aber ständig Stoff zum grübeln liefert. Das komische ist, indem ich das hier schreibe, sollte man meinen, ich könnte das auch umsetzen. Dem ist aber nicht so, weil ich dass schon so lange zugelassen habe, statt daran zu arbeiten, etwas zu verändern. Ich glaube, sofern dieses Verhalten nicht traumabedingt ist, ist es eine Frage der Zeit, bis eine chronifizierung eintritt, die bei einer frühen Intervention durchaus vermeidbar wäre.

Die Frage, ob dazu ein Klinik Aufenthalt nötig ist, kannst Du nur zusammen mit deinem Arzt entscheiden. Aber eines ist klar, Klinik bringt nur was, wenn Konfrontation nicht vermieden wird. Aber, es ist der perfekte Ort, sich auszuprobieren und Feedback zu erhalten. Das erlebe ich selbst gerade wieder ein mal und ich kann es (noch) annehmen, auch wenn es teilweise recht schwierig ist. Das allerwichtigste ist aber offen zu sein, beim schildern der eigenen Problematik, gleich was man denkt, was die anderen über einen denken könnten und Feedback zuzulassen.

Hallo @Williams-Christ,

ich hab jetzt nicht den ganzen Thread gelesen, nur deinen ersten Beitrag und den Rest überflogen, aber ich glaube, ich kann deine Situation ganz gut nachvollziehen.
Auf mir ist von der Kindergartenzeit an oft rumgehackt worden, weil ich damals ein sehr stiller, schüchterner und ängstlicher Mensch war. In der Schule hatte ich zwei, drei Leute, mit denen ich mich gut verstanden habe, aber in der Freizeit hatte ich mit denen auch nie etwas zu tun. Ich war bei keiner Party dabei, wollte es auch nicht. Ich trinke bis heute keinen Alk. und konnte damals wie heute nie bei den angesagten Themen mitreden. Tanzen (bzw. das Rumhüpfen, was gerne als Tanzen bezeichnet wird..) ist auch nicht meins und, ohne jemanden beleidigen zu wollen, das Programm der üblichen Dorfparties im Umkreis war mir immer zu primitiv. Die meiste Zeit war ich also zuhause oder bei meinen Großeltern.

Deine Gedanken gewissermaßen totaler Anfänger im Umgang mit anderen Menschen zu sein kenne ich auch gut. Ich wusste einfach nicht, wie man das macht. Mit Leuten ins Gespräch kommen, Kontakte aufbauen, sich treffen usw. Darüber habe ich lange gegrübelt und mit der Zeit eine halbe Wissenschaft daraus gemacht, mich lange belesen, wie Menschen miteinander interagieren, wie zwischenmenschliche Beziehungen verschiedenster Art zustande kommen etc. Alles sehr interessant, aber letztlich habe ich nichts davon gebraucht, um die Hand voll Menschen kennenzulernen, die heute meinen kleinen aber feinen Freundeskreis bilden. Mit all diesen Leuten bin ich übrigens erst seit dem Wechsel zum Fernstudium in Kontakt gekommen. Dementsprechend glaube ich nicht, dass man nur innerhalb einer Gruppe im Stil einer Schulklasse/eines Unijahrgangs/eines Vereins die Chance hat jemanden kennenzulernen. Für mich ist das Gegenteil der Fall.

Zitat von Williams-Christ:
Bei mir ist es so, dass ich sehr gerne die Initiative übernehmen möchte, mich aber dazu einfach nicht traue. In diesen Momenten verweigert mein Gehirn dann die Arbeit. Ich kann einfach nicht darüber nachdenken, was ich jetzt sagen soll, bzw. alles wird von meiner inneren Stimme sofort relativiert. Im Sinne von: Das ist unangemessen. Es könnte falsch sein. Was ist, wenn ich den Kontext nicht verstanden habe, weil ich ja eh so wenig weiß und mich blamiere? Die Angst, peinlich zu erscheinen ist überwältigend. Ich weise viele Symptome auf, die einer Ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung ähneln. Allerdings habe ich nie eine fundierte Diagnose in die Richtung bekommen.

Diese Gedanken kenne ich von mir selbst auch. Nach dem Wechsel ins Fernstudium + diverse Lockdowns habe ich mich auch sehr einsam gefühlt (siehe meinen Thread vom Anfang dieses Jahres) und versucht endlich mit anderen in Kontakt zu kommen. Immer wieder bin ich gescheitert jemanden anzusprechen durch genau die von dir genannten Gedanken. Ich bin kein Psychologe, kenne dich nicht persönlich und kann aus der Ferne erst recht nichts zu deiner Situation sagen. Meiner Meinung nach sind diese Gedanken und die Angst vor Ablehnung aber etwas völlig normales, natürlich in gewissen Grenzen. Heute nutze ich sie eher als Indikator, ob eine Situation geeignet ist mit jemandem ins Gespräch zu kommen, oder nicht. Wie ich festgestellt habe, kann ich dabei durchaus auf meine Intuition vertrauen und ich sehe es nicht mehr als Unfähigkeit meinerseits, wenn es deshalb nicht geklappt hat. Gegen sich selbst zu arbeiten ist immer gezwungen und verkrampft. Das merkt man auch und je nachdem wie nachsichtig die andere(n) Person(en) ist/sind, wird es dann schnell peinlich.

Im Laufe dieses Jahres hat sich für mich viel verändert und ich habe eine andere Herangehensweise (wenn man es so nennen will) ans Leben gefunden, die für mich wesentlich besser funktioniert. Entscheidend war diese immer wiederkehrenden Gedanken, die Grübelei, die Planerei wie mein Leben aussehen soll usw. nach und nach abzulegen und darauf zu vertrauen, dass sich die Dinge zur richtigen Zeit einfach ergeben werden. Das klingt im ersten Moment unheimlich passiv, ist es aber nicht. Ich habe weiterhin Ziele im Leben, stelle mir vor, was mal sein könnte und wünsche mir Verschiedenes. Aber ich suche nicht mehr den direkten Weg dorthin, versuche nicht mehr all das als Aufgaben anzusehen, die geplant und abgearbeitet werden müssen. Ich schaue einfach welche der sich ergebenden Möglichkeiten am besten zu meinen Vorstellungen passt und gehe dann diesen Weg bis zur nächsten Abzweigung.
Loslassen war für mich der Schritt, der wirklich Veränderungen gebracht hat und ich bin wahrscheinlich noch lange nicht fertig damit. Je mehr Ballast ich abwerfe, desto ruhiger und entspannter bin ich innerlich und desto offener kann ich der Welt begegnen.

Zum Schluss noch ein paar Fragen an dich: Wieso glaubst du lernen zu müssen Alk. zu trinken, inhaltslose Gespräche zu führen und feucht-fröhliche Parties zu feiern?
Inwiefern hilft es dir bezüglich dem Einsam-sein Teil einer Gruppe von 0815-Jugendlichen/jungen Erwachsenen zu sein? Glaubst du, dass du dort die Art Anerkennung bzw. Wertschätzung findest, nach der du suchst?
Ist das alles für dich ein Neuansetzen in der Vergangenheit, evtl. um etwas nachzuholen, oder ein Schritt in die Zukunft?

Hallo @Williams-Christ
dein erster Post beschreibt meine Situation fast 1:1. Ich kann mir relativ gut vorstellen, wie es dir geht.
Einige Jahre habe ich wie du die Einsamkeit bzw. besser gesagt das Allein sein sehr genossen, anschließend habe ich es um ehrlich zu sein verdrängt und mittlerweile erdrückt mich die Einsamkeit.

Als Tipp um neue Freunde zu finden liest man oft, sich möglichst vielen Vereinen anzuschließen und möglichst viel zu unternehmen. Das klingt sehr einfach und naheliegend, hat bei mir aber absolut keinen Erfolg gebracht. Ich war immer das fünfte Rad am Wagen und fand keinen Anschluss. Egal wo ich war.
Ich habe das Gefühl, dass man irgendwann sozial abstumpft und alle Kompetenzen in diesem Bereich - sofern man welche hatte - über die Jahre komplett verliert. Die eigene Unsicherheit, fehlendes Selbstvertrauen, Angst vor Ablehnung, die ablehnende Haltung gegenüber anderen - mir kommt es immer so vor, als würde man die ganzen schlechten Eigenschaften ausstrahlen und es somit unmöglich machen, neue Menschen kennenzulernen.

Leider kann ich nichts wirklich hilfreiches beitragen. Über eine Psychotherapie habe ich erst vor kurzem nachgedacht, um genau diese schlechten Eigenschaften zu ändern. Auch wenn bei dir eine Therapie wohl nicht den Erfolg gebracht hat, den du dir erhofft hast.

@randUser
Deine Herangehensweise klingt sehr interessant. Ich plane auch sehr viel für mein Berufs- und Privatleben und hake Punkt für Punkt ab. Wie hast du es geschafft, das abzulegen?

Hallo @Doug-Heffernan,

ich kann alles, was du schreibst auch aus meiner eigenen Erfahrung heraus bestätigen. Vor allem dieses Gefühl sozial abgestumpft zu sein erlebe ich immer noch, aber ich habe jetzt zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich die Möglichkeit habe das zu verändern und, dass die ersten kleinen Schritte langsam Wirkung zeigen.

Zitat von Doug-Heffernan:
Wie hast du es geschafft, das abzulegen?

Also erstmal: Ich bin wahrscheinlich noch lange nicht fertig damit, vielleicht gibt es dabei auch kein fertig. Ich glaube auch nicht, dass das der einzig wahre Weg zum Erfolg ist, es ist vielmehr der Weg, der sich für mich nach und nach ergeben hat.
Dabei haben ganz viele kleine Faktoren eine Rolle gespielt. Mal war es ein Buch, oder ein Film, oder sonstige kleine und größere Ereignisse, die so passiert sind.
Vor ein paar Monaten habe ich dann mal auf die letzten zwei Jahre (seit ich von zuhause ausgezogen bin) zurückgeschaut und gemerkt, dass ich absolut nichts davon geplant hatte. Das was heute meine Lebenswirklichkeit ist, hätte ich mir so nie vorstellen können und doch passt alles zusammen.

Anstatt jetzt hier alles haarklein zu erklären (was ja auch irgendwie der Idee widerspricht, sich nicht so viele Gedanken zu machen), erzähle ich mal eine kleine Geschichte, die mir in den letzten Wochen passiert ist:
An einem Abend war ich mal wieder ein kleines bisschen ins Grübeln geraten und hatte noch ein paar Gedanken in meinem Tagebuch notiert. Ich saß also spät Abends noch im Bett, hab gedankenverloren aus dem Fenster geschaut und plötzlich flog eine Sternschnuppe vorbei. So wirklich abergläubig bin ich eigentlich nicht, aber irgendwie hab ich mir dann doch irgendetwas gewünscht, vielleicht klappts ja doch. Die nächsten Tage ging es mir jedenfalls besser und ich habe auf Arbeit dann eine Prüfung für eine wichtige Zertifizierung gemacht und bestanden. Noch am selben Abend habe ich mich aus mir bis heute unbekannten Gründen bei einer Plattform angemeldet, bei der man Leute aus der eigenen Stadt anschreiben und sich verabreden kann. Ich hatte so etwas schon ein paar mal krampfhaft probiert, aber nie mit Erfolg. Ich habe dann dort noch jemanden angeschrieben und bin ins Bett gegangen. Eigentlich habe ich überhaupt nichts erwartet, aber schon am nächsten Vormittag hatte ich eine Antwort bekommen. Zwei Tage später waren wir das erste Mal zusammen in der Stadt spazieren und machen das seit dem öfter mal spontan.

Ich glaube nicht wirklich, dass die Sternschnuppe hier ihre magischen Kräfte ausgespielt hat (kann es streng genommen aber auch nicht wiederlegen). Für mich ist an solchen Ereignisketten vor allem interessant, wie schon ganz kleine zufällige Ereignisse manchmal etwas verändern können. Ich kann nicht mal sagen, ob diese Dinge überhaupt miteinander in Verbindung stehen, aber genau das ist der Punkt: Ich kann es nicht denklogisch erklären, ich hätte es nie vorhersagen oder planen können und trotzdem ist es passiert und ich habe ein paar wunderbare Erinnerungen mitgenommen.

Ich will damit nicht sagen, dass man aufhören sollte zu denken, davon wird die Welt definitiv nicht besser. Ich habe auch immer noch Freude am Nachdenken, an Philosophie, Psychologie u.ä. Aber ich brauche keine Wissenschaft, die mir erklärt wie das Leben funktioniert, um zu leben. Alles was ich wissen muss, ist in meinem Unterbewusstsein hinterlegt. Ich habe es nur über viele Jahre mit jeder Menge Gerümpel zugestellt, weil ich es verstecken wollte. Weil ich mich nicht getraut habe mich so zu zeigen, schließlich dachte ich, das wäre komisch.

Um nun nicht völlig haltlos umherzutrudeln, behalte ich mir weiterhin meine Ziele, Vorstellungen und Wünsche. Hätte ich mir nicht schon länger gewünscht mal jemanden zu haben, mit dem ich spontan mal was unternehmen, oder mich einfach nur unterhalten kann, hätte ich im obigen Beispiel sicher nicht die Gelegenheit genutzt mich auf dieser Plattform anzumelden. Vielleicht hätte ich mit einem anderen Wunsch im Hinterkopf mit der guten Laune etwas anderes ausprobiert. Letztlich hat aber alles, was mir in meinem Leben heute etwas bedeutet eines gemeinsam: Ich habe nicht darüber nachgedacht, als es passiert ist. Sicher war ich nervös, oder aufgeregt, aber nicht ängstlich, oder extrem unsicher. Und sobald ich heute merke, dass ich anfange mir in einer Situation mehr und mehr Gedanken zu machen, breche ich ab. Irgendetwas passt dann einfach nicht, aber es wird sich sicher später wieder etwas ergeben.

Ich hoffe, das Ganze ist nicht zu spirituell geworden. Ich finde nur, dass man aus Gechichten oft am meisten lernt und die besten Geschichten schreibt nach wie vor das Leben

In diesem Sinne beste Grüße in die Runde

Hallo @randUser
das ist eine schöne Geschichte. Mittlerweile kann ich ganz gut nachvollziehen, was du mit deiner Herangehensweise meinst. Eine ähnliche Herangehensweise habe ich mir auch schon vorgenommen. Ich will z.B. Spanisch lernen und habe mir dazu ein Buch gekauft. Denn mit Büchern und Online bekommt man das ziemlich gut hin, auch ohne Sprachkurs. Dann dachte ich mir: Warum nicht doch ein Sprachkurs, vielleicht abends hier in der Nähe? Auch wenn es allein zu Hause klappt besteht hier die Chance, ein paar nette Leute kennenzulernen.
Mein großes Problem ist aber, dass ich sozial so abgestumpft bin. Darum frage ich mich, ob ich nicht zuerst an diesem Problem arbeiten soll/muss (wie auch immer ich das anstelle), dass ich in solchen Situationen überhaupt die Chance habe, Leute kennenzulernen.

Hallo @Doug-Heffernan,

ich habe eine Zeit lang auch gedacht, ich müsste jetzt erstmal alle meine Ressourcen darauf konzentrieren ein paar Leute zu finden und meine soziale Unfähigkeit aufzuarbeiten. Dementsprechend habe ich dann nach und nach meine Hobbies immer weiter hinten an gestellt und mich irgendwann nur noch damit beschäftigt. Man kann sich sicher vorstellen, dass ich dadurch noch viel verkrampfter geworden bin.

Es wird jetzt besser, aber manchmal fühle ich mich immer noch wie ein Analphabet, wenn ich mich mit jemandem treffe. Einfach dieses Gefühl etwas nicht zu können (soziale Interaktion usw.), was für viele andere scheinbar so selbstverständlich ist und was quasi implizit erwartet wird.
Im Nachhinein würde ich sagen das Wichtigste war meine Einstellung dazu zu verändern. Sicher ist es etwas, was ich lange gar nicht konnte, aber auch das kann man lernen, wenn man will. Auf die Frage wie genau das anzustellen ist, gibt es wahrscheinlich keine eindeutige Antwort. Ich gebe aber mal folgendes zu Bedenken: Wenn ich einen mathematischen Zusammenhang verstehen will, lese ich Bücher, in denen die Theorie dazu beschrieben ist. Wenn ich lernen will wie man einen Tisch baut, kann ich dazu auch erstmal ein paar Bücher lesen. Irgendwann werde ich aber anfangen müssen, mir Holz zu besorgen und es auszuprobieren, sonst bleibt mein Tisch ein rein theoretisches Konstrukt.
Ausprobieren ist überhaupt ein wichtiges Stichwort. Um im Bild zu bleiben, der erste Tisch wird sicher nicht so aussehen, wie man ihn sich erträumt hat. Vielleicht bricht er sogar beim ersten Belastungstest einfach auseinander. Aber das ist nicht schlimm. Wenn man quasi bei Null anfängt, ist es völlig normal, dass es erstmal nur langsam, in kleinen Schritten und mit Rückschlägen voran geht. Man sollte da nicht zu viel von sich erwarten.

Bezogen auf deine Idee mit der Sprachschule: Geh gerne da hin, wenn du Lust hast auf diese Art die Sprache zu lernen. Wenn du es vorrangig in Betracht ziehst, um dort neue Leute kennenzulernen und der Sprachteil nur Mittel zum Zweck ist, lass es lieber sein. Ich bin aus ähnlichen Gründen mal in einen Verein eingetreten und ein Jahr später wieder aus. Was mich wirklich voran gebracht hat, waren ganz kleine Schritte. Z.B. habe ich mal einen Straßenmusiker auf einem abendlichen Spaziergang angesprochen, dessen Musik mir sehr gefallen und der nach seinem letzten Lied gerade zusammengepackt hat. Es waren nur vier fünf Sätze, aber das reicht schon. (Nebenbei bemerkt hatte ich mir auch diese Situation nicht vorgenommen, oder geplant, wie auch?)

Wenn dir irgend ein Schritt noch zu groß erscheint, dann mach ihn kleiner. Das ist keine Unfähigkeit deinerseits sondern vielmehr eine realistische Einschätzung deiner Fähigkeiten. Um voran zu kommen, sollten die Schritte natürlich auch nicht hinter deinen Möglichkeiten zurückbleiben. So groß wie möglich, aber nicht größer. Sich selbst realistisch einzuschätzen, ist auch im Umgang mit anderen eine wichtige Fähigkeit. Irgendwann wirst du an den Punkt kommen, an dem du merkst, dass du allein nichts Weiteres mehr über dich herausfinden kannst. Du brauchst dann andere Menschen, in denen du dich spiegeln kannst und das ist für mich heute eine große Motivation neue Leute kennenzulernen.
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Zitat von Doug-Heffernan:
Hallo @randUser das ist eine schöne Geschichte. Mittlerweile kann ich ganz gut nachvollziehen, was du mit deiner Herangehensweise meinst. Eine ähnliche Herangehensweise habe ich mir auch schon vorgenommen. Ich will z.B. Spanisch lernen und habe mir dazu ein Buch gekauft. Denn mit Büchern und Online bekommt man das ...

Hallo @Doug-Heffernan,

es ist wohl sinnvoll, sowohl gleichzeitig an sich selber zu arbeiten, wie auch zu versuchen, neue Leute kennenzulernen und seine Skills im Learning-by-Doing auszutesten. Ich habe dazu vor ein paar Tagen auf YouTube ein Video gesehen, in dem ein Psychologe genau dieses Thema behandelte.

Sinngemäß sagte er, dass für Spätis in der Sozialentwicklung in der Regel mit jeder verpassten Chance, sein Level der Sozialskills voranzubringen, eine weitere Unsicherheitserfahrung entsteht, die die Pfadabhängigkeiten des Lebens mit Furcht und Scham überlagert, welche sich aber in der Regel unterbewusst abspielen. Diese sind es, die unsere Gesten in jeder neuen Situation steuern und uns wiederum unattraktiv für andere machen, weswegen jede negative Pfadabhängigkeit das Rad des Teufelskreises schneller dreht, der ohne Eingriffe von außen ab dem Zeitpunkt des frühen Erwachsenenalters zu einer Self Fulfilling Prophecy für das ganze Leben zu avancieren droht.
Aber Achtung: Bei der Annahme äußerlicher Hilfe würden die meisten Betroffenen den großen Fehler begehen, entweder rein therapielastig an sich heranzugehen, wo sie zwar jede Menge theoretisches Wissen über ihre unaufgearbeitete Vergangenheit und unterbewusste Gefühle von Minderwertigkeit und Schock in sozialen Situationen erfahren und im Umgang mit sich selbst bewusster werden, jedoch zu wenig Anwendungsbezug erhalten, weil sie ja nach wie vor einfach nicht das Skillset haben, um bspw. jemanden im Smalltalk ansprechen zu können. Oder aber, sie suchen sogenannte Life-Coaches oder Mentoren auf, die einem in bester neoliberaler Manie erzählen, dass man alles werden kann, wenn man nur fest genug dran glaubt, aber dabei ignorieren, dass so etwas einfach nicht funktioniert, wenn psychische Barrieren einen daran hemmen. Das soll nicht heißen, dass die dort vermittelten Skills gänzlich unbrauchbar wären (neben viel BS ist da auch Sinnvolles dabei), aber es ist das falsche Werkzeug für jemanden, der es wegen seiner mentalen Beschränkung (noch) gar nicht anwenden kann. Das Ergebnis ist in beiden Fällen dann noch mehr Frust und ein Rückfall in alte Muster bzw. sogar deren Verschlimmerung.

Ich würde dir daher empfehlen, Theorie und Praxis (also Selbstmonitoring, Analyse mit einem Therapeuten usw.) mit Anwendungsübungen zu koppeln (bspw. indem du dich bei einem Experten für Kommunikation erkundigst, wie man jemanden auf der Straße unverfänglich und doch interessant ansprechen kann). Ich bin gerade selbst auf der Suche nach einem Angebot, mit dem ich parallel zu meiner tiefenorientierten Psychotherapie, die mir schon viel geholfen hat, jetzt Know-How im Bereich der Praxis kriege. Teilweise merke ich das schon bei Interaktionen, dass es nicht unbedingt mehr die Angst vor Scham und Blamage sind, die mich daran hindern, aus mir zu kommen, sondern jetzt wirklich das Fehlen von Routinen und Erfahrungen, wie ich bspw. Smalltalksprüche platzieren kann.

Hallo @Williams-Christ,

meiner bescheidenen Meinung nach bist du jetzt in die richtige Richtung unterwegs. Weder reine Theorie noch auswendig gelernter Smalltalk helfen einem weiter, sondern man muss die für sich passenden Maßnahmen zum jeweiligen Zeitpunkt kombinieren.

Zitat von Williams-Christ:
Ich bin gerade selbst auf der Suche nach einem Angebot, mit dem ich parallel zu meiner tiefenorientierten Psychotherapie, die mir schon viel geholfen hat, jetzt Know-How im Bereich der Praxis kriege.

Dazu kann man sich natürlich gerne externen Rat holen, allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass es den einen richtigen Weg oder die eine Methode jemanden anzusprechen nicht gibt. Versuche also nicht die Routinen und Erfahrungen anderer einfach zu übernehmen. Zum Ausprobieren ist das in Ordnung, aber langfristig musst du deinen eigenen Stil finden.

Beste Grüße

Hallo,
ich bin leider kein gutes Beispiel.
Habe meine Freunde zT schon seit dem Kindergarten.

Was ich bei anderen aber beobachtet habe, bzw. wodurch sich mein Freundeskreis erweiterte, auch nach der Schule, und das machst du im Prinzip schon richtig so:

Hobbys, Vereine, Clubs, etc.

Nun hast du dir mit dem NABU scheinbar einen Verein gefunden mit eher älteren anstatt gleichaltrigen Menschen.

Mit deinen Anfang 20 Jahren würdest du sicher Anschluss finden bei zB:

- Pfadfinder in deinem Ort (wenn vorhanden): Dort war ich selbst über 10 Jahre lang aktiv und habe da als Betreuer neue Menschen kennen gelernt. Altersschnitt ist eher jung, das würde bei dir super passen. Themen wie Natur und Zelten sind Themen. Wenn dir das liegt, erkundige dich doch mal dahingehend. Zumindest bei uns fand ich die Möglichkeit, Anschluss zu finden, super. Neue Personen wurde mit offenen Armen empfangen und haben sich oft gut integriert.

- Messdiener (sofern du christlich veranlagt bist oder die Werte vertrittst halt): Ähnliches Prinzip wie Pfadfinder. Man kann als Betreuer Kindergruppen beaufsichtigen und die Betreuer untereinander lernen sich kennen.

- Tafel Jugend: Die Tafel hat auch eine Jugendabteilung für Menschen bis Mitte/Ende 20. Dort finden regelmäßig Aktionen statt.

- Sicher gibt es auch andere Vereine, die eher auf jüngere Mitglieder ausgelegt sind. Diese fielen mir nur spontan ein.

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Dr. Reinhard Pichler
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