Hi WasGeht,
ich weiß nicht, ob ich zu den Gleichgesinnten gehöre, weil meine Beziehungslosigkeit durch meine soziale Angststörung begründet ist, aber für mich war es auch extrem wichtig mir klar zu machen, dass so ein Leben als Single durchaus okay und auch lebenswert ist.
Ich (43) selbst hätte zwar durchaus gerne eine Partnerin, aber wegen meiner sozialen Angststörung ist mir eine Beziehung bisher, momentan und zumindest bis auf weiteres nicht möglich, vor allem weil ich die persönliche und körperliche Nähe und Bindung nicht ertragen kann und auch nicht eingehen könnte. Hinzu kommen dann noch weitere reale oder auch nur vermutete persönliche Schwächen und Mängel, durch die es extrem schwer für mich wird mich dazu motivieren zu wollen eine Frau kennenlernen zu wollen, da ich typische Erwartungen eher nicht erfüllen könnte. Theoretisch glaube ich inzwischen zwar, dass es für mich möglich sein könnte eine Frau entsprechen kennenzulernen, aber der Gedanke es dann immer und immer wieder zu versuchen ist doch sehr entmutigend und ermüdend.
Früher litt ich deshalb extrem unter Einsamkeit, weil ich glaubte, dass das gesamte Lebensglück von einer Beziehung abhängig wäre. Inzwischen habe ich mich aber viel mit Akzeptanz und Achtsamkeit beschäftigt, und mir ist klar geworden, dass ich momentan und zumindest bis auf weiteres sowieso keine Beziehung haben könnte - egal wie sehr ich mir dies auch wünsche oder welche Chancen sich mir bieten würden. Um nun mit der ewigen Beziehungslosigkeit und vor allem der Einsamkeit besser klar zu kommen, habe ich mir selbst immer wieder bewusst machen müssen, dass auch ein Leben als Single okay und lebenswert ist.
Dies hilft mir persönlich sehr den Druck aus der ganzen Sache zu bekommen, weil zu viel Einsamkeit bedingter Leidensdruck mir auch nicht weiter hilft. Ohne diesen Druck kann ich viel leichter lernen, dass das eigene Lebensglück eben nicht von einer Beziehung abhängig ist. Außerdem hat so ein Leben als Single durchaus auch seine Vorzüge, weil man ja eben viel freier ist und beispielsweise nicht ständig irgendwelche Kompromisse usw. eingehen muss. Auch muss man sich nicht der mühevollen Partnersuche mit all ihren möglichen Zurückweisungen und Enttäuschungen hingeben. Im Grunde ist es sogar erstaunlich wie verführerisch leicht es als Single sein kann, wenn man erst einmal den Leidensdruck der Einsamkeit überwunden oder zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert hat. Inzwischen geht mein Wunsch nach einer Beziehung sogar oft gegen Null, aber ich versuche mir diese Möglichkeit doch irgendwie offen zu lassen, falls sich irgendwann doch noch etwas ändern oder ergeben sollte.
Dass man auf andere wegen des dauerhaften Single-Daseins seltsam wirkt, ist wohl völlig normal, eben weil Beziehungen wirklich normalerweise einen wichtigen Teil des menschlichen Lebens darstellen.
Persönlich habe ich aber die Erfahrung gemacht, dass man sich eigentlich nur so lange an solchen komischen, kritischen oder auch gut gemeinten Reaktionen stört, solange man selbst das eigene Single-Leben noch nicht ganz akzeptiert hat.
Meiner Erfahrung nach hilft da besonders Akzeptanz und Verständnis, für sich selbst, aber ebenso auch für die Anderen.
Die eigene Beziehungslosigkeit und Einsamkeit ist und bleibt ein wunder Punkt, weil man sich tief im Inneren eben doch etwas anderes wünscht. Es ist zwar okay ein Single zu sein, und man kann damit durchaus auch ein erfülltes und glückliches Leben führen, aber der Wunsch nach Beziehung und Nähe ist eben auch etwas zu tiefst menschliches und auch angeboren. Sich selbst einzureden, dass ein Leben als Single okay ist, ist eben letztlich nur eine Bewältigungsstrategie, um mit dem Alleinsein, unerfüllten Bedürfnissen, dem Gefühl der Einsamkeit usw. konstruktiver leben zu können. Dieser wunde Punkt wird wohl auch immer irgendwie bleiben, was letztlich ebenfalls okay sein sollte und wo nur Verständnis für sich selbst helfen kann.
Mit diesem Verständnis für sich selbst, dass man eben diesen inneren wunden Punkt hat, kann man dann auch lernen für die Rationen der Anderen mehr Verständnis aufzubringen. Für viele Menschen ist eine Beziehung eben durchaus etwas schönes und wichtiges, und sie sehen es einem vielleicht auch an, dass man eigentlich etwas anders möchte. Diese Reaktionen sind daher oft einfach nur gut gemeint, aber diese anderen Menschen stecken eben nicht in der eigenen Haut. Letztlich ist es aber egal, weil man sich eben nicht ständig rechtfertigen möchte. Am Ende muss man lernen, dass der Satz :Es ist okay ein Single zu sein noch erweitert werden muss, vielleicht in: Es ist okay ein Single zu sein, und genauso okay sind mögliche komische Reaktionen anderer Menschen darauf.
Ich denke wirklich wichtig ist nur, dass man sich trotz allem irgendwie noch die Möglichkeit offen hält, dass es in einigen Jahren vielleicht doch noch möglich sein könnte jemanden kennenzulernen - vielleicht auch nur in einer eher losen Beziehung. Der Satz: Es ist okay ein Single zu sein könnte sonst leicht in der Selbstlüge enden: Ich möchte eigentlich keine Beziehung, wodurch man sich nur selbst blockieren und mögliche Chancen berauben würde. Solche Selbstlügen sind leider sehr verführerisch, weil sie helfen die eigene Einsamkeit auf Dauer stark gegen NULL zu drücken, was aber eigentlich nur eine Gefühlsvermeidung darstellt und nicht gesund sein kann. So gesehen sollte man sich sogar immer ein wenig Einsamkeit bewahren, weil es einen an die eigenen wahren Wünsche und Bedürfnisse erinnert.