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Hallo zusammen,
Ich bin gerade an meinem Arbeitsplatz und habe etwas Zeit.
Aktuell ist dieses Gefühl des Alleinseins und der mangelnden Zugehörigkeit wieder sehr stark.
Ich bin zur Zeit in Psychotherapie und habe dadurch ausgelöst zum ersten Mal intensiv Erinnerungen aus meiner Kindheit und Jugend.
Und mir wird bewußt, woher dieses Gefühl der Unverbundenheit kommt. Traumata und daraus resultierender Mangel an Vertrauen in sich und Andere haben es mir unmöglich gemacht dauerhafte, vertrauenswürdige Bindungen einzugehen. Es gab Zeiten wo dieser Mangel gut kompensiert war. Zu anderen Zeiten brachen Krisen aus, dessen Ursachen mir bislang nicht klar waren.
Ich bin 53 Jahre und war 3 Mal im Laufe meines Lebens für jeweils mehrere Monate in stationärer Depression/Angstbehandlung. In diesen Zeiten - und den Zeiten dazwischen - hatte ich keinen Zugang zu meinen Erinnerungen. Ich wußte schlichtweg nicht was mit mir los war. Das ist jetzt anders und es ist neu. Aber ich hab das Gefühl vor einem riesengroßen Berg zu stehen den ich abtragen muss. Manche Tage sind ganz ok und dann trifft mich meine ganze Problematik plötzlich wie ein Hammer.
Ich lass es erstmal bei diesen etwas allgemeinen Schilderungen. Kennt jemand von euch diesen Prozeß, bei dem man recht plötzlich die Ursachen seiner Probleme erkennt aber noch weit von einer (Auf-)Lösung ist? Wie geht ihr damit um und was macht ihr damit ihr in solch einer Zeit die nötige Sicherheit und Geborgenheit habt. Was macht ihr um im Jetzt zu bleiben oder zu kommen und nicht von den Erinnerungen und Zukunftsängsten weggeschwemmt zu werden.
Würde gern detaillierter meine Geschichte schildern, trau mich aber (noch) nicht, weil ich denke ich schreibe eventuell ins Leere.

16.01.2017 09:41 • 16.01.2017 #1


6 Antworten ↓


Hallo Kagu,
Erstmal herzlich willkommen hier im Forum. Ich hoffe, dass du Kontakte findest, mit denen du dich austauschen kannst und dir das hilft.

Dass während einer Therapie einiges im Inneren in Aufruhr und durcheinander gerät, ist normal und ja auch Sinn der Übung. Ich wünsche dir aber, dass du immer wieder auch den Deckel drauf bekommst.

Herzliche Grüße!

A


Erinnerungen werden wach

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Guten Morgen @Kagu

was mache ich um im jetzt zu bleiben? Ganz ehrlich, es dauerte sehr lange Zeit bevor es mir überhaupt Bewusst wurde was mich da treibt. Im Frühjahr 1998 bekam ich Panikstörungen und ich war damals schon jahrelang nur mit meinen Gedanken in der Vergangenheit unterwegs. Ich hatte/habe einen Psychiater und Therapeuten der es ganz schnell auf die Reihe bekam, und so landete ich im Herbst 1998 in einer Reha Fachklinik für acht Wochen. Bis 2004 war ich ständig in Therapie und danach bis Mai 2016 Beschwerdefrei.

Ich habe noch heute zu kämpfen mit der Vergangenheit, in dass alte Schema falle ich nur noch selten zurück. Ganz viel Beherrschung und Übungen, sein jetziges Leben annehmen und akzeptieren so wie es ist, sich an kleinen Dingen erfreuen wo andere denken könnten wie lächerlich. Das jetzige Dasein genießen und sich erfreuen wenn am Morgen die Sonne aufgeht und es ein klarer Tag wird. Negatives im Alltag nicht unterdrücken, es annehmen und willkommen heißen weil es einfach auch dazu gehört.

Depressionen habe ich verbannt aus meinem Leben so weit es eben möglich ist, weil ich weiß dass Depressionen mein Herz angreifen und auffressen. Wenn ich traurig werde oder es verspüre rede ich mit anderen darüber ja sogar mit Kollegen. Ich heitere mich selber auf was eine reine Übungssache ist, ich therapiere mich schon am frühen Morgen mit Meditation und einer Art 12 Schritte Programm. Ich fahre gerne mit dem Rad raus in die Natur wo ich einen klaren Kopf bekomme. Ich gehe Schwimmen und Power mich damit richtig aus.

Ganz ehrlich gesagt liegt es in der Natur sich selber aus diesem Dreck ziehen zu können wenn man genügend Kraft dafür über hat! Medikamente lehne ich konkret ab, ganz besonders Psychopharmaka weil sie unser Wesen verändern und uns nur noch geduckt nach unten schauen lassen. Denk mal intensiv darüber nach was dir machbar erscheint!

Hallo Minos,

Danke für deine Antwort. Dadurch sind mir einige Aspekte meiner Geschichte deutlicher geworden.
Bei mir hat dieser Prozeß der Bewusstwerdung gerade erst angefangen. Es wird Zeit brauchen, bis ich das verarbeitet habe.
Zumal, ich bin nicht mehr ganz jung, 53 Jahre. Aber irgendeine kindliche Neugier treibt mich um weiter zu machen.
Wichtig ist, sich im Jetzt zu verankern. Ich fahre auch viel Fahrrad (Münsterländer). 8 km zur Arbeit. Und viele Radreisen gemacht. Hoffe, dass ich es dieses Jahr nicht nur wieder schaffe sondern genießen kann.
Meditation übe ich seit September letzten Jahres. Bis zu einer halben Stunde abends „sitze“ ich. Allerdings bin ich über das Stadium einer Selbstbeherrschung noch nicht hinaus. Ich spüre meinen Körper nicht. So komm ich zu den Punkt Körperwahrnehmung. Zig Jahre ausgeblendet. Jetzt spüre ich meine Anspannungen, Erschöpfungen, Fehlhaltungen (besonders im HWS-Bereich), auf die man mich immer mal wieder hingewiesen hatte und von denen ich nichts wissen wollte. Ich lerne hinzuschauen, zu akzeptieren. Habe einen QiGong-Kurs belegt und lass mich diese Woche mal massieren (Rebalancing) und beraten, was man für die Körperwahrnehmung tun kann.
Die depressiven Verstimmungen sind gerade morgens noch z.T. schlimm. Ich nehme aber auch keine AP mehr ein (seit ca. 3 Monaten nicht mehr). Baclofen (nach eigener Recherche und auf eigenen Wunsch) und Seroquil bei Bedarf sind die Medikamente, die ich nehme.
Ja, schön dein abschließender Satz...“liegt es in der Natur sich selber aus diesen Dreck ziehen zu können“: Selbstheilungskräfte. Diese zulassen lernen. Wenn man allerdings fast sein ganzes Leben sich und seine Umwelt eher negativ erlebt hat, braucht es Zeit und Geduld und viel Akzeptanz des „so sein dürfen wie man ist“.
Problematisch bleibt bei mir noch die vertrauensvolle soziale Einbindung.
Aber das sich Öffnen hier im Forum und bei meinem Therapeuten und ein wachsendes Bedürfnis sich mitzuteilen lassen mich hoffen.
Wenn du Tips hast zur Meditation: sehr willkommen. Habe viel drüber gelesen, über ZEN (u.a. Kodo Sawaki) und Vipassana (Ayya Khema) etc. habe praktiziert und komme aber nicht „rein“ wie oben beschrieben. Die Pforten öffnen sich nicht

Ich versuche beim Meditieren einfach garnix zu machen. Keine Sperenzchen, nichts erzwingen. Und die Ehrfurcht vor Meditation zu verlieren. Dabei fiel mir auf, ich Meditiere schon immer. Jedenfalls bezeichne ich so den Vorgang wenn ich die Augen auf Unendlich stelle und mich in einer Art Standby Modus befinde.
Und nicht erwarten das sich irgendwas einstellen muss. Da stellt sich was ein aber Unterschwellig.

Kollegialer Gruss.

Danke Robinson,
den Ansatz hatte ich auch schon. Ich werde es immer wieder versuchen.
Seit wie lange meditierst du schon? Und was sind in groben Zügen deine Erfahrungen oder Erfolge?

Ich brauche schon eine gewisse Grundgelassenheit zum Meditieren.
Und wenn ich traurig bin traue ich mich nicht. Aber das wäre Gesund, um mal auch alle Gefühle zuzulassen. Aber als Mann kommt man sich ja komisch vor, dazusitzen und loszuheulen. Hör auf mit dem Selbstmitleid sagt da mein ÜberIch.

Kollegialer Gruss...





Dr. Reinhard Pichler
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