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@Frittensauce

Was meinst du mit
Zitat von Frittensauce:
das gegenteilige Verhalten von den Libanesen

?

Gegenteilig zu was?

Ich hatte mich auch ein wenig angegriffen gefühlt, von Dir @Frittensauce Tut mir leid.

Du lebst doch hier in Deutschland und bist Libanese. Dann fühle wie ein Libanese und sei stolz
das Du einer bist und stehe für Dich ein. Ich glaube das geht nicht, das Du wie ein Deutscher fühlen
wirst. Der Ursprung ist ja ein ganz anderer.

A


Enttäuschende Reaktion von gutem Freund

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Zitat von jabadoo:
@Frittensauce Was meinst du mit ? Gegenteilig zu was?


Ich habe leider gerade nicht die Zeit es auszuführen.
Gegenteiliges Verhalten von Deutschen und Libanesen.

Zum Beispiel war mal ein entfernter Verwandter in der Stadt und gleichzeitig mit Freundin. Mein Verwandter brauchte Hilfe mit etwas. Er hat bei mir übernachtet und die anderen Familienmitglieder und ich haben ihm bei einem Problem geholfen. Er war auch am Wochenende da. Meine Freundin war sauer, denn sie wollte das Wochenende für uns beide.

Ich habe mich bemüht meiner Freundin erklären: „Das ist aber Familie. Das ist uns Libanesen sehr wichtig. Es ist ein entfernter Verwandter, aber für uns ist das Familie“
Ich habe meiner Familie erklärt: „Meiner Freundin ist es sehr wichtig, mal Zeit mit mir allein zu verbringen und sie hat nicht das Konzept von Familie wie wir“

Beide Seiten waren sauer auf mich.

@Frittensauce ahja, Klassiker.

Meiner Beobachtung nach verläuft eine Nord-Süd-Grenze in Europa, aber auch Amerika, vor allem, was die Wertigkeit von Familie/Unter-Menschen-sein/Gesellschaft anbelangt.

Nordtypen (in Europa: Skandinavien, GB, Nordfrankreich, Deutschland, Österreich, dtsch. Schweiz, Polen, Tschechien, evtl. Slowenien usw.) sind i.A. einzelgängerisch, das Individuum ist wichtiger, die Selbstverwirklichung, man würde für einen guten Job auch von der Familie und Freunden wegziehen, das eigene Handeln ist sehr auf Effizienz ausgerichtet.
Lebe, um zu arbeiten.
Südtypen hingegen trifft man fast nie alleine an, wenn, dann haben sie permanent das Telefon am Ohr. Will man mal zu einer gemeinsamen Unternehmung nicht mit, muss man sich rechtfertigen. Auch für individualistischeren Kleidungsstil.

Ich bin durch und durch Nordmensch, habe aber viel mit Südamerikanern zusammengelebt und auch mal eine Zeit in Südamerika verbracht.

Prägnantestes Beispiel finde ich immer die Art, wie man ins Kino geht. In Venezuela gingen einfach alle in den aktuellen Kassenschlager, es gab sehr wenige Off-Kinos, das Kinogehen war gesellschaftliches Ereignis, man ging mit, weil die anderen gingen, der Film selbst war Nebensache.
Deutsche hingegen gehen nur dann ins Kino, wenn sie der Film auch wirklich interessiert. Dann suchen sie nach Leuten, die der Film auch interessiert, und gehen mit denen. Gemeinschaft um der Gemeinschaft willen gibt es weniger. Man umgibt sich eher nur mit wirklich guten Freunden, diese sind dann aber auch loyal.
Zudem erscheint mir bei Nordländern die Verlässlichkeit auf das berechenbare Handeln des anderen einen höheren Stellenwert zu besitzen, während man bei Südländern menschlichen Unperfektheiten, was das Handeln betrifft, mehr mit laissez-faire gegenübertritt. (Stichwort Pünktlichkeit).

Das sind natürlich plakative Beispiele, und es gibt natürlich Menschen, die in beide Muster nicht reinpassen, aber die Grundtendenz besteht doch, meine ich.

Bei Nordmenschen ist das Reinkommen in die Gesellschaft schwieriger, bei Südländern das Rauskommen.
Bei Nordmenschen wird der gesellschaftliche Stand durch das eigene Handeln bestimmt, bei Südländern durch die Gemeinschaftsfähigkeit.

Lieber @jabadoo, ich danke Dir für diese gute Beschreibung der Unterschiede zwischen Gesellschaftsgruppen. Ich kann mir vorstellen, dass das Dir liebe @Frittensauce helfen könnte, ein stückweit Deine Zerrissenheit, bzw. Dein nirgends wirklich 100% dazu zu gehören zu verstehen.

Meinerseits fühle ich mich als Diplomatentochter, die ihre Kindheit und Jugend in diversen Ländern und Kontinenten verbrachte, auch nirgends wirklich wirklich zugehörig. Die Eltern waren Schweizer, doch ich hatte sehr viel mit Deutschen und Amerikanern zu tun. Ich mag vieles an diesen Menschen, und fühlte mich überall irgendwie dazugehörig, während ich mir jedoch auch bewusst war/bin, dass ich nirgends waschecht war/ bin. Lange haderte ich mit diesem Schicksal, doch

inzwischen hörte ich damit auf. Es ist wie es ist. Ich bin wie ich bin, und ich freue mich, dass es ein paar Menschen gibt, die mich nehmen wie ich bin. Halt multikulti. Doch wie Dir fiel es mir auch nicht leicht, solche Menschen zu finden. Und es sind nicht so viele.

Ich wünsche Dir, dass Du Dein Schicksal annehmen kannst, und Menschen findest, die Dich annehmen wie Du ( geworden) bist. Viel Glück dazu !

Zitat von Hotin:
Nun es kann ja sein, dass Du das deutlich gesagt hast. Menschen sind aber manchmal einfach nicht in der Lage, gefühlsmäßig gut und helfend zu reagieren. Nun könnte ich Dir etwas darüber sagen, wie Du lernen kannst, damit besser zurecht zu kommem, dass andere Menschen nicht so reagieren, wie Du es Dir eigentlich ...

Das ist ein Thema für mich. Erzähl bitte.

Zitat von jabadoo:
@Frittensauce ahja, Klassiker. Meiner Beobachtung nach verläuft eine Nord-Süd-Grenze in Europa, aber auch Amerika, vor allem, was die Wertigkeit von Familie/Unter-Menschen-sein/Gesellschaft anbelangt. Nordtypen (in Europa: Skandinavien, GB, Nordfrankreich, Deutschland, Österreich, dtsch. Schweiz, Polen, Tschechien, ...

Das ist sehr interessant!
Wir Libanesen sind, anders als die Venezueler, sehr loyal bei unseren Familien. Wir finden es sogar unverzeihlich, wenn jemand das nicht ist. Allerdings sind wir auch überaus gesellig. Mich nervt das manchmal, weil man sich tatsächlich schlecht entziehen kann.

Ich wohne allein. Das ist aber auch nicht gut für mich. Mich nervt beides - die übertriebene Geselligkeit und die Einsamkeit. Geselligkeit nervt mich, weil ich nicht wirklich fit bin, Probleme beim Essen habe und so weiter. Mit Einsamkeit kann ich nicht umgehen.

Übertriebene zur Schau getragene Lebensfreude geht mir auch auf die Eier. Ist für euch nachvollziehbar, warum? Weniger Zwang zum gut drauf sein wäre besser.

Ich fühle mich wie ein Fremdkörper.

Zitat von Hotin:
Nun könnte ich Dir etwas darüber sagen, wie Du lernen kannst, damit besser zurecht zu kommem, dass
andere Menschen nicht so reagieren, wie Du es Dir eigentlich gerade wünschen würdest?


Zitat von Frittensauce:
Das ist ein Thema für mich. Erzähl bitte.

Heute kann ich dazu nichts mehr sagen. Ich muss morgen sehr früh aufstehen.
Ich versuche mal, ob ich das Thema in den nächsten Tagen noch mal aufgreifen kann.

Zitat von Hotin:
Heute kann ich dazu nichts mehr sagen. Ich muss morgen sehr früh aufstehen. Ich versuche mal, ob ich das Thema in den nächsten Tagen noch mal aufgreifen kann.


Das würde mich freuen. Ich danke dir für deine vielen einfühlsamen Beiträge heute.

@Frittensauce Du hast jetzt aus beiden Welten das für dich Negative herausgezogen und betrachtet.
Wäre es dir nicht genauso möglich, das Positive aus beiden Welten mitzunehmen? Das ist oft nur eine Betrachtungsverschiebung.
In deinem Fall:
Zitat von Frittensauce:
Mich nervt beides - die übertriebene Geselligkeit und die Einsamkeit.

- ich mag von beiden Welten etwas: bei den Nordländern die größere Abgrenzungsmöglichkeit und bei den Südländern die Tatsache, dass man nicht vereinsamen kann.

Nur so als Versuch.

Denn eins ist doch auch sicher: diese Einblicke in gleich zwei Lebenswelten (und die Möglichkeit, dir aus beiden das beste herauszuziehen), die hat unsereins nicht. Wir Einkulturler sind gefangen in einer einzigen Betrachtung der Gesellschaft, wo du zwei zur Auswahl hast.
Wie gesagt, ich verstehe die Probleme, die damit einhergehen, aber man könnte das eben auch versuchen, anders zu bewerten und aus dem bug ein Feature zu machen.

Zitat von jabadoo:
@Frittensauce Du hast jetzt aus beiden Welten das für dich Negative herausgezogen und betrachtet. Wäre es dir nicht genauso möglich, das Positive aus beiden Welten mitzunehmen? Das ist oft nur eine Betrachtungsverschiebung. In deinem Fall: - ich mag von beiden Welten etwas: bei den Nordländern die ...


Ich musste gerade lachen. Deine Betrachtungsweise hört sich viel positiver an. Ich war gestern gar nicht gut drauf. Heute hingegen geht es mir besser. Ich habe bis 4:30 Uhr durchgeschlafen. Das ist für meine Verhältnisse sehr gut. Meine Kopfschmerzen sind weg, meine Bauchschmerzen viel geringer.

Libanese zu sein ist manchmal sehr schön. Ich hatte mal ein schlimmes Erlebnis mit Gewalt. Ich kam ins Krankenhaus und sie schickten meine Familie weg, weil man angeblich über Nacht keinen Besuch haben durfte. Mein Erlebnis im Krankenhaus war für mich fast schlimmer als mein traumatisches Erlebnis selbst.
Danach war ich ganz traumatisiert. Ich hatte Todesängste. Ich konnte mit keinem darüber reden, aber meine Cousins haben gespürt, wie es mir geht und haben mich nicht aus den Augen gelassen, sind zum Einkaufen mitgegangen und so weiter. Ein Cousin wurde temporär „zu meinem Schatten“.
Ich habe erst viel später angefangen über meine Ängste zu reden.
Ich bin dankbar.

Einmal, viel später und sie wussten schon von meinen Problemen, ging es mir sehr schlecht und ich war einsam. Da habe ich das in einer Familiengruppe gepostet. Es war sehr spät abends. Zwei meiner Cousins kamen und haben bei mir auf der PlayStation gespielt. Ich wollte nicht darüber reden. Sie haben auf der PlayStation gespielt und nicht gefragt. Am nächsten Morgen waren sie noch. Sie waren wieder wach und haben geredet und auf der PlayStation gespielt. Meinen Cousin, Schüler, mussten wir zwingen zur Schule zu gehen. Ich musste ins Homeoffice. Mein anderer Cousin ist geblieben Bus er sicher war, dass es mir gut geht.

Libanesen sind stark darin, einander unaufdringlich Gesellschaft leisten. Einfach da sein, auf der PlayStation spielen. Du musst nicht über deine Probleme reden.

In meiner Familie hingegen reden wir auch kaum über Probleme. Ich kann ihnen nur schwer erklären, was ich auf dem Herzen habe. Ich fühle einsam trotz Familie.

Mitunter nervt Geselligkeit mich aber auch. Ich fühle mich zu krank, um raus gehen, und das kommt bei der Familie nicht gut an. Ich werde zum Aussenseiter. Das ist ein großer Druck.

@Frittensauce

Genau, gerade dieses einfach so Gesellschaft leisten ist was, das ich von Nordländern kaum kenne. Man trifft sich für eine bestimmte Unternehmung oder zum reden, und wenn das rum ist, geht man wieder auseinander. Das habe ich an anderen Gesellschaften immer schon bewundert, dieses einfach so zusammen sein, aber als ich dann selbst 24/7 in so einer Gesellschaft war, hat es mich MASSIVST überfordert und ich habe einen Koller bekommen, weil ich endlich wieder allein sein wollte.
Man muss in sowas reinwachsen, sonst kann man damit nicht umgehen.

Im Kkh darf man übrigens meines Wissens nach tatsächlich nicht über Nacht bleiben.

Noch eines:
ich gebe offen zu, dass mir die südländische, und insbesondere auch die nahöstliche Kultur sehr, sehr fremd ist und mich oft überfordert, ja, mir auch suspekt ist. Oft genug wird mir viel zu viel verhandelt und zu wenig ist fest in Stein gemeißelt. Für mich Nordtypen ist das meist etwas, das mir Vertrauen nimmt. Feste Umgangsregeln geben mir Vertrauen, und wenn diese nicht eingehalten werden, macht mich das hilflos.

Gleichzeitig möchte ich aber auch von anderen Kulturen lernen, in sie Einblicke haben, und freue mich, wenn ich Menschen treffe, die mir Einblicke geben können, gleichzeitig aber auch meine Kultur, dieses Festgezurrte, Sicherheitgebende schätzen und verlässlich sind in dieser Hinsicht.
Jemand, der sich also in zwei Kulturen auskennt und meine Kultur schätzt und sich zumindest versucht, an bestimmte Regeln meiner Kultur zu halten, der trägt für mich ein großes Geschenk in sich und wird allein durch seinen größeren Horizont enorm interessant.

Vielleicht hilft dir das, deine vermeintliche Schwäche als Stärke anzusehen. Du kannst sozusagen als eine Art Botschafter zwischen zwei Welten fungieren. Das aber eben nur, wenn du in beiden Welten die Betrachtung darauf legst, was du an ihnen schätzt.

Zitat von Hotin:
Nun es kann ja sein, dass Du das deutlich gesagt hast.
Menschen sind aber manchmal einfach nicht in der Lage, gefühlsmäßig gut und helfend zu reagieren.

@Frittensauce
Im Grunde hat fast jeder Mensch eine gewisse Erwartung an seine Mitmenschen.
Das hängt vor allen davon ab, was man sich selbst für ein Weltbild geschaffen hat. Freundschaften entstehen leicht, wenn man sich von einer anderen Person verstanden fühlt.
Bei Freundschaften entstehen leider häufig schnell mal Verständigungsprobleme. Fast jeder hat Erwartungen
an andere Menschen, vor allem an die Menschen, die man Freunde nennt. Das ist meistens normal.
Schwierig wird es, wenn man beginnt seine Zufriedenheit und sein Selbstbewusstsein sehr stark
beeinflusst von der Meinung von guten Bekannten und Freunden abhängig zu machen.

Besser ist es, wenn man sich freut, wenn Freunde ähnliche Meinungen vertreten, aber wenn man nicht gleich enttäuscht ist,
wenn Freunde andere Meinungen vertreten. Meine Zufriedenheit muss ich versuchen überwiegend
mit mir selbst auszumachen.
Denn: Wenn ich mit mir und meinen Sichtweisen gut klar komme und zufrieden bin, dann komme ich auch mit
anderen Menschen besser klar. Andere können mir ihre Meinung sagen. Wenn ihre Meinung aber meiner
Meinung sehr entgegen steht, dann ist es erst einmal so. Traurig brauche ich deswegen aber nicht zu sein.

Zitat von jabadoo:
@Frittensauce Genau, gerade dieses einfach so Gesellschaft leisten ist was, das ich von Nordländern kaum kenne. Man trifft sich für eine bestimmte Unternehmung oder zum reden, und wenn das rum ist, geht man wieder auseinander. Das habe ich an anderen Gesellschaften immer schon bewundert, dieses ...

Diese unaufdringliche Art, wie Libanesen einander Gesellschaft leisten, empfinde ich oft als beruhigend. Trotzdem fühle ich mich oft als Fremder unter Menschen. Ich möchte das gerne erklären und auf das eingehen, was ihr beide schriebt.
Ich muss aber weit ausholen und werde mehrere Posts brauchen. Mir hilft es, mir Dinge von der Seele reden. Wenn es euch ermattet, dann sagt mir Bescheid.

Diese Geschichte lässt mich nicht gut aussehen. Unlängst ging ich mit meinen Cousins in die Stadt. Es war schön geschmückt, überall glücklich Menschen. Ich war todmüde, aber glücklich. Obwohl wir Muslime sind, entschlossen einer meiner Cousins und ich uns, Glühwein zu trinken. Nicht viel, allerdings ich vertrage es nicht.
Ich hatte mal ein schlimmes Erlebnis mit Gewalt und in Folge Ängste. Dann sah ich etwas, dass mich an diese Ängste erinnerte. Ich hatte keine Angst, aber eine Erinnerung an die Angst. Ich fühlte mich hilflos und überschwemmt… und mit einem Mal anders… und fremd… und müde… und gestresst. Da habe ich meinen Cousin geschubst. Ich habe keine Ahnung, warum. Nicht stark eigentlich, jedoch er war angeheitert… und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren, musste sich festhalten. Neben uns stand eine Gruppe, die das sehr lustig fanden.
Ich weiß nicht, was meine Cousins gefühlt haben. Er war zuerst sauer, aber schon bald sagte er nichts mehr dazu. Ich brachte das Thema auch nicht mehr auf.
Ich wollte ab diesem Augenblick nur noch weg, habe mich geschämt und gedacht, dass ich eine Belastung für die Familie bin.

Ich bin eigentlich nicht aggressiv. Eine Belastung hingegen eventuell häufiger. Wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin, bin ich längst nicht so energiegeladen und amüsierend, wie ich sein sollte.
Post 1. Ich wäre froh, wenn ihr mir weiter zuhört, falls ihr es nicht abstoßend findet.

Zitat von Frittensauce:
Da habe ich meinen Cousin geschubst. Ich habe keine Ahnung, warum. Nicht stark eigentlich, jedoch er war angeheitert… und hätte beinahe das Gleichgewicht

Hallo Frittensauce,

ich finde, Du beschreibst hier etwas, wie es immer und überall passieren kann. Genaugenommen ist doch nichts Schlimmes passiert. Oder doch?

Zitat von Frittensauce:
Ich weiß nicht, was meine Cousins gefühlt haben. Er war zuerst sauer, aber schon bald sagte er nichts mehr dazu. Ich brachte das Thema auch nicht mehr auf.

Nun, das hättest Du doch klären können.
Du hättest Dich z.B entschuldigen können. Tut mir leid, dass wollte ich nicht.
Du hättest ihn fragen können, ob er sich erschreckt hat.
Da Deinem Cousin nichts passiert ist, lohnt es sich kaum, da noch viel drüber zu reden.

Zitat von Frittensauce:
Ich wollte ab diesem Augenblick nur noch weg, habe mich geschämt und gedacht, dass ich eine Belastung für die Familie bin.

Wie kommst Du darauf. dass Du nur eine Belastung für andere bist? Ich sehe das nicht so.

Zitat von Frittensauce:
Wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin, bin ich längst nicht so energiegeladen und amüsierend, wie ich sein sollte.

Solche Aussagen, wie Deine hier sind schädlich für Deine Zufriedenheit und Lockerheit!
Wenn Du selbst entscheidest, wie locker Du sein solltest, damit Du und andere sich gut fühlen,
machst Du einen Fehler. Glaubst Du die anderen denken auch ständig darüber nach, wie sie sin sollten?
Das ist doch sehr anstrengen . so etwa wie, Leben nach Regeln.
Bitte sei einfach so, wie Du gerade bist.
Mal gut gelaunt und ein anderes mal nicht so gut gelaunt.

@Frittensauce

Ich finde deine Ehrlichkeit super, und dass du selbst Dinge schreibst, die dich in ungutem Licht dastehen lassen, noch superer. Ehrlichkeit mit sich selbst finde ich eine ungemein wichtige Eigenschaft.

Zitat von Frittensauce:
Er war zuerst sauer, aber schon bald sagte er nichts mehr dazu. Ich brachte das Thema auch nicht mehr auf.

Was würde denn passieren, wenn du in der Situation genau das sagen würdest, was du hier sagst? Sorry, ich habe mich grad gestresst und müde gefühlt.
Wenn Ihr doch ständig in Gesellschaft seid, wie normal und üblich ist es da, die anderen auch über den augenblicklichen Gemütszustand aufzuklären?

Zitat von Frittensauce:
Mir hilft es, mir Dinge von der Seele reden. Wenn es euch ermattet, dann sagt mir Bescheid.

Deine Beiträge sind nix im Vergleich zu meinen hier im Forum von Länge und Ausschweifung her, zumindest die, die ich in diesem Strang hier von dir mitbekomme. Und trotzdem finden sich seltsamerweise immer wieder Leute, die sich das durchlesen und kommentieren.

Zitat von Hotin:
Hallo Frittensauce, ich finde, Du beschreibst hier etwas, wie es immer und überall passieren kann. Genaugenommen ist doch nichts Schlimmes passiert. Oder doch? Nun, das hättest Du doch klären können. Du hättest Dich z.B entschuldigen können. Tut mir leid, dass wollte ich nicht. Du hättest ihn ...

Etwas Schlimmes ist doch passiert. Eine Gruppe neben uns haben uns ausgelacht.

Es fällt mir schwer, diese Sorte von Sachverhalten zu klären, weil ich darüber nicht reden kann. Über negative Dinge zu reden schmerzt. Ich finde keine Worte. Schreiben ist einfacher.
Die Sprachlosigkeit kenne ich schon immer, obwohl ich in anderen Kontexten redselig bin und obwohl das Reden mir hilft, aber es tut so weh.

Bei meinem schlimmen Erlebnis wurde ich Opfer von Gewalt. Das Resultat war eine neue Form von Sprachlosigkeit.

Ich erzähle dir, warum ich glaube, dass ich eine Belastung für meine Familie bin:

Da waren wir bei meinem Cousin zum Essen, nicht der Cousin vom Glühweinstand, aber einer von denen, die sich um mich gekümmert haben, als ich aus dem Krankenhaus kam. Seine Frau und ihre Freundin hatten ganz viele verschiedene Sachen gekocht. Sie können sehr gut kochen. Ich aber leide unter Appetitlosigkeit und vertrage manche Sachen nicht.
Ich wurde gefragt über jede Sache, ob ich sie schon probiert hätte. Ich konnte nur sagen „Oh ja, noch besser als köstlich“. Ich befürchtete, dass man merkt, dass ich lüge.

Ich bin ganz häufig in dieser Zwickmühle oder man drängt mir Kaffe und Pepsi auf.

Es kam aber noch schlimmer, weil ich auf die Toilette musste. Ganz lange. Eine halbe Stunden später musste ich wieder auf die Toilette. Wieder ganz lange. Eine halbe Stunde später wieder. Dann habe ich mich verabschiedet, bin nachhause gegangen und habe geweint.

Die wissen, dass ich das Verdauungsprobleme habe und kochen nur Dinge von denen sie denken, dass ich sie vertrage. Fatalerweise lagen sie total daneben.

Ich erzähle dir noch mehr:

Ich nicke immer ein. Ich kann nicht schlafen, wenn ich allein bin. Wenn ich aber mit anderen rausgehe, um Spaß zu haben, schlafe ich ein. Das ist mir sogar schon im Kino, in der Shishabar und Bekannten der Familie in der Wohnung passiert.
Sie wollen nachts um die Häuser ziehen. Mein Körper macht das nicht mit.

Wenn ich meine Freundin besuche schlafe ich sehr viel, weil mein Körper sich den Schlaf holt.
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Zitat von jabadoo:
@Frittensauce Ich finde deine Ehrlichkeit super, und dass du selbst Dinge schreibst, die dich in ungutem Licht dastehen lassen, noch superer. Ehrlichkeit mit sich selbst finde ich eine ungemein wichtige Eigenschaft. Was würde denn passieren, wenn du in der Situation genau das sagen würdest, was du hier sagst? ...


Du möchtest wissen, ob es für Libanesen üblich ist über ihren Gefühlzustand zu sprechen?

Das kommt auf das Gefühl an. Ist es ein erwünschtes Gefühl, wie zum Beispiel Familienzusammenhalt oder Spaß an einer Party, dann ist es üblich den Gefühlzustand zur Schau zu tragen. In einer Art und Weise, die, so glaube ich zumindest, übertrieben auf die Nordländer wirkt.
Die Libanesen sind ziemlich sentimental. Sie mögen Dolce Vita.

Man fühlt sich zerrissen zwischen den Kulturen, weil man nirgendwo hinpasst, wenn man ein bisschen sentimental ist. Man ist zu wenig sentimental für die Libanesen, zu sentimental für die Deutschen.

Ist es jedoch ein negatives Gefühl, wie zum Beispiel Feigheit, dann ist es nicht üblich darüber zu sprechen.

Bei den negativen Gefühlen, wie Feigheit, versucht man den Betroffenen zu helfen nicht das Gesicht verlieren, indem man darüber hinweg sieht, vertuscht oder Dinge umdeutet. Es ist üblich, dass man diese Dinge nur sehr indirekt und mit positiven Formulierungen anspricht.

In der libanesischen Kultur wird über negative Gefühle eher diplomatisch kommuniziert, weil man so versucht die eigene Würde zu wahren beziehungsweise die Würde des anderen nicht zu verletzen.

Im Grunde genommen ist es doch egal, welcher Nationalität man angehört.
Du bist Libanese im deutschen Land. Vielleicht muß man sich manchen Kulturen
unterordnen, sowie man in der Türkei, nicht leicht bekleidet in einer Moschee gehen
sollte, aber im goßen und ganzen, sollte doch jeder so bleiben wie er oder sie ist.
Ich glaube Du machst Dir da einen zu großen Kopf, mit vielen Gedanken, daher kommt
auch die Zerrissenheit. Bleib so wie Du bist, alles andere wäre ja auch gekünzelt und recht anstrengend.

A


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Dr. Reinhard Pichler
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