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Weihnachten macht mir relativ wenig aus, da ich unter Freunden auch der Grinch genannt werde. Liegt wohl an meiner Abneigung gegen diese Konsumschlacht, die den ursprünglichen Wert längst überschrieben hat.

Sylvester sieht es schon anders aus. Die letzten fünf Jahre war ich Sylvester alleine und ich es macht mir zu schaffen. Der Freundeskreis in meinem Alter erstreckt sich über ganz Deutschland... Berlin, Lüneburg, München, etc.. und meine Kommilitonen (Generation 20-25) mögen mich zwar, aber für solche Parties bin ich dann wohl zu alt. Hinzu kommt, dass ich mitten in der Provinz wohne und es wirklich keine Alternativen für mich gibt, dem zu entfliehen.
Ich stehe dann um Mitternacht auf dem Balkon, schaue mir das Feuerwerk an und sehe vorm geistigen Auge all jene, die sich lachend in den Armen liegen (ich spreche jetzt von Paaren in Beziehungen), sich küssen und sich ein schönes neues Jahr wünschen und sich auf das gemeinsame neue Jahr freuen. Beinanderstehend, kuschelnd.. etc.
Das zieht mich extremst runter... und jedes mal habe ich mir gesagt: Ach komm.. was solls, ist doch nur Jahreswechsel... viele von denen, die sich jetzt so schön anlächeln werden wohl bald wieder Alltag haben und sich gegenseitig auf die Nerven gehen oder sonst irgendwas.
Dieser Selbstbetrug hält aber nicht lange an. Wenn es hochkommt... 10 min. und dann merke ich, dass ich alleine bin und wieder Sylvester in Einsamkeit verbringe.
Meistens schnappe ich mir meine Katzen und hocke dann depressiv bis früh Morgens vorm Rechner. Bloß nicht ins Bett gehen. In der Dunkelheit und der Stille kommen diese Dämonen mit ihrem gehässigen Lachen und Kichern. Dieses flüstern: Naaaaaaaaa... bist immer noch allein. Du raffst es nicht... Du warst die letzten Jahre alleine, Du bleibst alleine. Feier mit uns... ach was, vergiss es, Du bist uns zu langweilig. Und so geht es die ganze Nacht... sie kommen und gehen, verhöhnen mich und streuen weiter Salz in meine Wunde.

Ätzend... und ich freue mich überhaupt nciht auf Sylvester dieses Jahr.

Es ist wirklich traurig zu lesen, dass auch andere dieses Schicksal tragen müssen. Und ich dachte immer, nur mir geht es so Man kann sich viel in seiner Verzweiflung einreden und man kann auch so viel träumen und hoffen wie man will, am Ende wird man ja doch nur wieder enttäuscht. Und sei es von sich selbst! Manchmal ist es besser alleine zu sein. Aber gerade an solchen Tagen tut es einfach nur unheimlich weh!

A


Einsamkeit: Weihnachten und Silvester

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Zitat von your_sista:
Für mich ist Silvester/Neujahr das schlimmste am ganzen Jahr. [...]
Vielleicht sollte die Gesellschaft mehr Rücksicht nehmen. Ich finds irgendwie traurig, was für heuchlerische Ideale zu solchen Zeiten gepredigt werden, während jeder, der zumindest ein wenig über den Tellerrand blickt, doch ganz genau weiß, dass eben nicht jeder eine besinnliche Zeit mit Familie und Freunde feiern kann. Obdachlos zu sein ist hier vermutlich zweifach schlimm wegen Einsamkeit und der harten Kälte. Doch auch für normale Einsame ist das alles auf jeden Fall eine Ohrfeige.

Ich werde wohl auch meinen Hobbies fröhnen und so manches verschlafen. Das Geböllere anschauen hatte ich die letzten Jahre nie Lust zu. Fernsehprogramm kann man eh vergessen, was da alles läuft interessiert mich nicht, und da wird man nur wieder mit lauter Besinnlichkeit eingelullt, als wenn ich nicht schon von Arbeitskollegen oder in der Öffentlichkeit mir genug davon anhören/ansehen muss.

Ich bin gerade dabei mir eine Menge DVD´s auszuleihen. Vielleicht klappt es dieses Mal besser mit dem Ablenken... Wobei das auch wieder nur ein Fluchtversuch bzw. Zeittotschläger ist.

Ich glaube dass liegt nicht nur an den Festtagen, dieses blöde Einsamkeitsgefühl. Das ist doch schon ein Problem, wenn Du krank bist und Du alleine rumhängst. Mein Glück war am Dienstag, dass ich eine tolle Apotheke habe, die mir am Abend (nach der Kiefer-OP) noch ein Medikament gebracht hatte. Ich war der Meinung dass ich noch einen Vorrat hätte, dem war aber nicht so gewesen.
Schei..., dachte ich mir. Mir gehts so elend und jetzt wieder raus und zur Apotheke gehen. Also habe ich angerufen und die waren so nett, die haben mir das Medikament nachhause gebracht mit einer Packung Taschentücher und einer Karte auf der ein Bär zu sehen war mit der Aufschrift: Gute Besserung. Ich habe dann angerufen und mich bedankt. Sowas gibt es echt noch, ich war echt froh darüber gewesen.

Das sind dann die Momente, wo ich sagen muß - es ist schrecklich. Alleine, einsam und krank. Jetzt verstehe ich auch die alten Menschen, die alleine sind. Es ist einfach nicht richtig, was bei uns auf der Welt abläuft.

Weihnachten alleine finde ich sehr schlimm. Letztes Jahr war ich das erste Mal bei einer Veranstaltung für einsame Menschen an Heiligabend, ausgerichtet von einer ev. Kirchengemeinde und war ganz toll. Mit viel Liebe gemacht und wir waren so ca. 70 Leute. Tolle Sache und für dieses Jahr bin ich auch schon angemeldet. Hätte ich das nicht entdeckt, ich würde mir die Kante geben. Früher war ich ein paar mal alleine an Heiligabend und es war traurig. Ich war traurig...
Und das, obwohl ich ja nie Weihnachten gefeiert habe, da ich ja bei den ZJ war...

Silvester ist mir wurscht. Habs auch schon oft verpennt

An Weihnachten bin Ich nie alleine, war Ich auch nie. Sylvester habe Ich zuletzt vor 9 Jahren gefeiert, war aber auch nicht der Bringer, da Hose angekokelt. Mich schockt die Einsamkeit an S. nicht, meist gucke Ich abends fern, gucke mir das Spektakel aus dem Fenster an und das war's. Es hat mich schon seit mehreren Jahren nicht mehr deprimiert. Ein Tag wie jeder andere. Ich mache mir auch nie Vorsätze für's nächste Jahr, das finde Ich albern.

Zitat von Mary45:
Alleine, einsam und krank. Jetzt verstehe ich auch die alten Menschen, die alleine sind. Es ist einfach nicht richtig, was bei uns auf der Welt abläuft.

Das stelle ich mir auch schlimm vor. Ich kann mir sehr gut vorstellen später mal in ein Mehrgenerationenhaus zu ziehen...

Ich werde es wie die Stoiker halten.... wenn mir dieses Leben wirklich irgendwann zum Hals raushängen sollte und ich es ausschließlich als Leid empfinde, kann ich mich, zum Glück, für den freiwilligen Abtritt entscheiden. Lieber selber den letzten Vorhang fallen lassen, als möglicherweise Jahre zu warten, bis sich Meister Tod erbarmt einen abzuholen.
Soweit ist es aber noch nicht. Wenn er jetzt kommen würde, könne er gerne noch paar Runden durch die Nachbarschaft ziehen. Aber es ist tröstlich zu wissen, dass man letztendlich selber über sein eigenes Schicksal bestimmen kann.

Nachtrag: Ich trinke ja noch nicht mal Alk., also kann ich mir auch nicht die Kante geben und einfach Sylvester im Delirium überstehen. Wäre ziemlich billig. Zwei Gläser Wein und ich bin voll wie eine Haubitze, vier Gläser Wein und ich müsste wohl mit einer Alk. ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ziemlich blöd, wenn keiner da ist und meine Katzen würden wohl nicht in der Lage einen Krankenwagen zu rufen. Ergo... Frustbesäufnis fällt auch flach. Ausserdem habe ich keinen Bock auf den Schädel am nächsten Morgen, der durch keine Tür passt und auf einem Tag, an dem wohl die Toilettenschüssel das einzige sein wird, was ich dann knuddel und im Arm haben werde.

Zitat von No_Smile:
Ich werde es wie die Stoiker halten.... wenn mir dieses Leben wirklich irgendwann zum Hals raushängen sollte und ich es ausschließlich als Leid empfinde, kann ich mich, zum Glück, für den freiwilligen Abtritt entscheiden. Lieber selber den letzten Vorhang fallen lassen, als möglicherweise Jahre zu warten, bis sich Meister Tod erbarmt einen abzuholen. [...]

Sind Stoiker nicht solche, die sich gar nicht erst groß genug darum scheren, wie ihr Leben aussieht, dass sie überhaupt je auf den Gedanken kämen, es sich freiwillig zu nehmen? Ich verbinde mit Stoismus Passivität oder - böser ausgedrückt - Gleichgültigkeit.

Bis auf Heiligabend bin ich auch alleine bzw mit meinen Eltern zusammen. Aber so ganz alleine könnte ich nicht. Da würde ich dann auch zur Kirche oder anderen Einrichtungen gehen. Oder die Kneipe anne Ecke.
Sylvester ist für mich auch nichts besonderes. Ein ganz normaler Tag.
Und die ganze Knallerei ist ja eigentlich nur Geldverschwendung.

@Arbiter: Nicht Gleichgültigkeit, sondern Gleichmut. Also eine Haltung die sich von der Emotionalität entsagt. Ein gutes Leben ist ein Leben was nicht von Gefühlsschwankungen dominiert wird, sondern von einem stabilen Gleichgewicht. Für Stoiker bedeutet ein gutes Leben nicht unbedingt ein langes Leben. Gefühlsschwankungen beeinträchtigen die Lebensqualität und so versucht die Philosophie der Stoa sich von jenen Phänomenen loszulösen, die maßgeblich auch für Lebensqualität verantwortlich sind: Emotionen. Wenn die Summe des Leids im Leben überwiegt, so ist es besser den Selbstmord zu wählen. Leidvoll kann vieles sein: Krankheit, unter der Herrschaft eines Despoten zu seinen, etc.. etc.. etc.

Zitat von Arbiter:
Zitat von No_Smile:
Ich werde es wie die Stoiker halten.... wenn mir dieses Leben wirklich irgendwann zum Hals raushängen sollte und ich es ausschließlich als Leid empfinde, kann ich mich, zum Glück, für den freiwilligen Abtritt entscheiden. Lieber selber den letzten Vorhang fallen lassen, als möglicherweise Jahre zu warten, bis sich Meister Tod erbarmt einen abzuholen. [...]

Sind Stoiker nicht solche, die sich gar nicht erst groß genug darum scheren, wie ihr Leben aussieht, dass sie überhaupt je auf den Gedanken kämen, es sich freiwillig zu nehmen? Ich verbinde mit Stoismus Passivität oder - böser ausgedrückt - Gleichgültigkeit.

Ein Stoiker strebt eher nach Weisheit. Er hat erkannt, dass das ganze Leben ein Lernprozess ist. Die Weisheit ist die höchste Seins-Stufe. Das versucht er durch Selbsterkenntnis, Gelassenheit, Selbstformung und Selbstbeherrschung zu erreichen. Stets im Einklang mit Natur und Kosmos und zum Wohle der Gemeinschaft. Das Christentum hat viele Aspekte dieses Zweigs der Philosophie übernommen.

Zitat:
Nachtrag: Ich trinke ja noch nicht mal Alk., also kann ich mir auch nicht die Kante geben und einfach Sylvester im Delirium überstehen.

Das ist eigentlich das Blödeste an Festen und Partys generell. Ich war auch nie so der Trinker. Ich wurde auch schon oft schief angeschaut, weil ich 2 Stunden an meinem B. nippe oder nach 3 Stück sage, dass Schluss ist. Das ist fast schon unsozial. Später hast du dann die ganzen Besoffenen um dich herum. Ich war zwar nie militant Abstinent, ganz im Gegenteil - früher hab ich mir so ziemlich alle Dro. reingehauen, die es so gibt, aber darauf hab ich mittlerweile einfach keinen Bock mehr. Für Manche ist das scheinbar echt schwer zu akzeptieren.

Ich habe einen Taxischein und habe die letzten Jahre an Sylvester (und meist auch an Weihnachten ) gearbeitet. Nicht, weil ich die Dollarzeichen in den Augen hatte und der großen Kohle hinterher gerannt bin, sondern eher weil ich (fast) keine Freunde habe und sonst nicht gewusst hätte, wie ich die Abende verbringen soll.

Diese ewige aufgesetzte Fröhlichkeit an Sylvester ging und geht mir immer noch auf den Sack, aber im Taxigewerbe ist es nun einmal eine der besten Schichten und ich war immer ganz froh, dass ich irgendwie unter Leuten war, auch wenn es nur Fremde waren, die ich von A nach B gebracht habe und ganz nebenbei konnte ich noch etwas Geld verdienen.

Das war allemal besser, als einsam u. allein in der Bude zu sitzen, sich einen anzutrinken und um kurz nach Mitternacht deprimiert ins Bett zu gehen.

Bitte nicht falsch verstehen. Ich will hier niemandem raten Taxifahrer zu werden, nur um Sylvester oder Weihnachten nicht allein zu Hause verbringen zu müssen. ( Zumal man mit diesem Beruf in Deutschland sowieso wie der letzte Penner angesehen und behandelt wird. ) Es ist nur die Art und Weise, wie ich mit dem Problem der Einsamkeit an diesen Tagen umgegangen bin.

Viel mehr kann ich dazu leider auch nicht beitragen.

@sunrise85:
Ich finde, du hast dein Problem gut gelöst. Und wenn es dir hilft, warum denn nicht?! Andere Menschen arbeiten auch an Weihnachten und Silvester, obgleich freiwillig oder nicht.

Eines würde mich aber noch interessieren: Wie geht es dir, wenn deine Schicht vorbei ist? Gehst du dann zufrieden schlafen oder sucht dich die Einsamkeit doch wieder heim? Ich denke nämlich auch schon länger darüber nach vom KiGa in die JuHi zu wechseln, wo Schichtdienst und Feiertagsarbeit verlangt wird. Aber versucht man sich damit nicht selbst zu täuschen, wenn man vor der Einsamkeit davon läuft und sich in Arbeit stürzt? Ich weiss es nicht... Andererseits, was bringt einem schon Nichtstun...

ich hatte mal überlegt, ehrenämter wahrzunehmen. irgendwie scheinen es manche als patentlösung zu betrachten, wenn man sich irgendwo reinstürzt. man müsse nur mal unter leute kommen und so. aber so einfach ist es dann wohl doch nicht. mir reicht die arbeit, die ich so schon machen muss, da hab ich wenig lust mich noch sonst wo hinzuquälen und anzupassen. da zieh ich es im moment vor mit meiner einsamkeit zuhause allein zu sein. und wenn es nur das bett und der schlaf ist. sorgen und gedanken lassen sich mit leise mitlaufendem fernseher, musik oder kopfkino betäuben. oder ich power vorher genug rum dass ich zu müde zum denken bin. wenn man lust hat irgendwo was zu machen statt zuhause zu versauern ist irgendwo noch zu arbeiten aber vermutlich eine alternative. nur halt kein garant für irgendwas.

Nen Ehrenamt sollte man schon aus Überzeugung machen...für die Sache! Und nicht weil irgendwer das rät oder als ultimative Lösung empfindet
Das weißt du aber auch Arbiter
Sponsor-Mitgliedschaft

Verständlich, mit 'ner Vollzeitstelle ist die Woche mehr oder minder gelaufen.

Zitat von Flocke_79:
Nen Ehrenamt sollte man schon aus Überzeugung machen...für die Sache! Und nicht weil irgendwer das rät oder als ultimative Lösung empfindet
Das weißt du aber auch Arbiter
ich hab da verschiedene meinungen gehört. man kann spekulieren wie viele leute ehrenämter auch oder im wesentlichen für soziale kontakte ausüben. vermutlich gestehen das weniger leute offen ein, aber insgeheim ist es doch das was sie antreibt. auf meiner arbeit glaub ich, dass es manch einem auch wichtiger ist soziales zu pflegen statt zu arbeiten. dass das weniger der fall sein soll bei einer sache, die man freiwillig macht und wo nicht zwingend irgendein chef mit der peitsche hinter einem steht, kann ich mir nur schwer vorstellen. aber ich glaub eh nicht so wirklich an echte menschenliebe. selbst der größte, engagierteste wohltäter tut das, was er tut, auch zu seinem seelenheil.

Was ist falsch daran?
Wir beide haben uns beim Stammtisch über mein Ehrenamt unterhalten...
Ich mache es aus allen genannten Gründen

Überzeugung
soziale Kontakte
Selbstwertgefühl

Aber ohne Überzeugung wäre ich nicht seit 4,5 Jahren dabei!

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